PRESSE- KONFERENZ 28.02.2014 WOHNEN IST FÜR JUNGE OFT LUXUS! Eine IFES-Studie im Auftrag der AK Wien zeigt: Wohnungssuche für Junge aufgrund der hohen Wohnkosten beschwerlicher geworden Junge müssen wegen Mietbelastung oft finanziell kürzer treten Ihre Forderung daher: Mehr geförderte neue Wohnungen und klare Mietobergrenzen RUDI KASKE Präsident der AK Wien GABRIELE ZGUBIC Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik
Hohe Mieten drücken aufs Budget junger ArbeitnehmerInnen Das IFES hat im Auftrag der AK 500 junge ArbeitnehmerInnen befragt, die in den vergangenen fünf Jahren in Wien eine Wohnung angemietet haben. Dabei zeigt sich klar: + Schwierige Wohnungssuche: Für sieben von zehn Befragten war es in den letzten zwei Jahren schwer, eine passende Wohnung zu finden. Die Gründe: hohe Mietpreise, beträchtliche Maklergebühren, zu wenig neue Wohnungen. + Teure Mieten: Es gibt de facto keinen Preisunterschied zwischen privaten Altbaumieten mit einer Richtwertmiete und freien Marktmieten. Über Makler vermittelte private Wohnungen sind um mehr als einen Euro pro Quadratmeter teurer. + Mieten drücken auf Einkommen: Bei 65 Prozent der Befragten muss mindestens ein Drittel oder mehr vom Netto-Haushaltseinkommen für die warme Miete aufgewendet werden. + Finanziell einschränken: Knapp drei von vier Befragten geben an, dass sie sich wegen der hohen Mietkosten finanziell etwas oder sehr einschränken müssen. + Das wollen die Befragten: Die Mehrheit will mehr geförderte Neubauwohnungen, gesetzliche Mietobergrenzen und dass die Maklergebühren für MieterInnen fallen sollen. Das Hotel Mama wird von den Jungen oft nicht so schnell verlassen. Denn ein passendes Dach über den Kopf zu finden und zu finanzieren, wird zunehmend schwerer, resümiert AK Präsident Rudi Kaske. Hohe Wohnkosten und zu wenig leistbare Wohnungen machen die eigenen vier Wände für Junge oft zu einem nicht finanzierbaren Luxus. Die Regierung muss das Wohnthema endlich anpacken und rasch mieterfreundliche Regelungen vorlegen. Kaske verlangt vom Justizminister, dass er sofortige Verhandlungen über eine Mietenbremse im Mietrecht angeht. Zudem müssen die Länder die Wohnbaugelder aus dem Konjunkturpaket rasch abholen und in den sozialen Wohnbau stecken. Wohnen muss billiger werden konkret verlangt die AK: + Mieten senken + mehr soziale Wohnungen bauen Wohnbauförderung wieder rasch zweckbinden + weg mit den befristeten Mietverträgen + Betriebskosten senken + Maklergebühren für MieterInnen streichen + Erhaltungspflichten für VermieterInnen klar regeln. Wohnkostenbelastung junger ArbeitnehmerInnen in Wien zur Analyse Das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) befragte im Auftrag der AK Wien 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Alter von maximal 35 Jahren. Von Oktober bis Dezember 2013 wurden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer interviewt, die innerhalb der vergangenen fünf Jahre (2009 bis 2013) in Wien eine Wohnung angemietet hatten. Das Netto-Haushaltseinkommen inklusive staatlicher Zuwendungen der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lag im Schnitt bei 2.460 Euro im Monat. Rund ein Drittel hat weniger als 1.800 Euro monatlich zur Verfügung. Bei 22 Prozent sind es über 3.000 Euro. Oft steiniger Weg bis zur passenden Wohnung Der Traum von einer perfekten Wohnung ist immer schwieriger zu realisieren: Sechs von zehn Befragten sagten (über den gesamten Zeitraum betrachtet), dass es schwierig war, eine passable Wohnung in Wien zu finden. Seite 2 von 5
Konkret: War es 2009 für jeden zweiten Befragten mühevoll, in eine passende Wohnung zu ziehen, so war es 2012 und 2013 schon für 71 Prozent der Befragten schwer, die geeigneten vier Wände zu finden. Als Hauptproblem nannten von den Betroffenen 87 Prozent die hohen Mietpreise. Jeder zweite Betroffene gab als weiteren Kostenfaktor die hohen Maklergebühren an. Aber auch die schlechte Qualität vieler Wohnungen (51 Prozent), die zu knappen Neubau-Angebote und die zeitlichen Befristungen (je 40 Prozent) machten die Wohnungssuche beschwerlich. Wer ist wo eingezogen 42 Prozent gaben an, dass sie in eine private Altbauwohnung (Bau vor 1945) oder Neubauwohnung (Bau nach 1945) gezogen sind. Jeder Fünfte mietete sich in einer Gemeindewohnung ein, rund 37 Prozent in eine Genossenschaftswohnung. Dabei zeigt sich: Besserverdiener oder Paare ohne Kinder zogen in der Regel in eine private Mietwohnung. Immer mehr Befristungen: 41 Prozent der Mietverträge von privaten Altbaumietwohnungen waren befristet, von den privaten Neubauwohnungen waren 60 Prozent befristet. Insgesamt war rund jeder zweite private Mietvertrag befristet. Private Altbaumieten fast gleich teuer wie freie Marktmieten Die durchschnittliche kalte Miete (inklusive Betriebskosten, ohne Strom, Heizung) im privaten Mietsektor liegt bei 672 Euro. Bei Gemeindewohnungen sind es 454 Euro, bei Genossenschaften 549 Euro. Für den Quadratmeter in einer privaten Mietwohnung zahlen Mieter im Schnitt 9,62 Euro kalt (mit Betriebskosten und Umsatzsteuer, ohne Strom und Heizung). Bei der Gemeinde kostet die Wohnung auf den Quadratmeter gerechnet 7,37 Euro, bei den Genossenschaften 7,04 Euro. Private Altbauwohnungen kosten 9,46 Euro pro Quadratmeter, bei den neueren privaten Mietwohnungen mit freier Mietzinsbildung fallen 9,71 Euro pro Quadratmeter an. Die privaten Mietwohnungen sind um rund 30 Prozent teurer als die geförderten, so Kaske. In der Regel sind die privaten Altbaumietwohnungen schon so teuer wie jene am freien Markt. Das ist auf das Richtwertmietensystem mit dem undurchschaubaren Dschungel an Zu- und Abschlägen zurückzuführen. Es zeigt: Das Richtwertsystem funktioniert nicht. Befristet oder nicht der Preis ist fast gleich Befristete Mietwohnungen sind annähernd gleich teuer wie unbefristete. Bei privat vermieteten Altbauwohnungen belaufen sich die Durchschnittspreise pro Quadratmeter auf 9,85 Euro (inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer) bei unbefristeten Verträgen, bei befristeten Mieten auf 8,93 Euro. Der gesetzlich vorgesehene Abschlag von 25 Prozent für befristete Wohnungen ist nicht erkennbar, resümiert Kaske. Wer einen befristeten Mietvertrag hat, traut sich auch nicht gegen den Vermieter vorzugehen: 63 Prozent der Befragten mit einem befristeten Altbaumietvertrag sagen, sie lassen ihre Miete nicht überprüfen. Wer unternimmt schon etwas gegen seinen Vermieter, wenn er will, dass der Mietvertrag verlängert wird?, fragt Kaske. Was sonst noch alles dazu kommt Neben den laufenden Kosten fallen bei einer neuen Wohnung noch eine Reihe von Einmalkosten an. Im privaten Segment mussten 89 Prozent der Befragten eine Kaution bezahlen, die im Schnitt 2.245 Euro betragen hat. 51 Prozent zahlten durchschnittlich 1.678 Euro Maklerprovision. Seite 3 von 5
Finanzierungsbeiträge waren vor allem bei Genossenschaftswohnungen zu leisten. Gut drei Viertel der Betroffenen hatten im Schnitt rund 21.500 Euro zu zahlen. Für Wenigverdiener gehen diese Einmalkosten ganz schön ins Budget, sagt Kaske. Makler Schweigen ist Gold Jeder zweite Befragte, der privat eine Wohnung angemietet hatte, hatte die Wohnung über einen Makler bezogen. Auffällig: Vermittelt ein Makler eine private Wohnung, sind die Mietkosten deutlich höher im Schnitt um über einen Euro pro Quadratmeter (10,17 Euro pro Quadratmeter mit Betriebskosten und Umsatzsteuer). 82 Prozent von denen, die eine Altbauwohnung über einen Makler vermittelt bekamen, sagten: Der Makler hätte sie über gesetzliche Mietobergrenzen nicht informiert. Immerhin: Zwei Drittel der Befragten wussten, dass es gesetzliche Mietobergrenzen gibt. Die Mieter zahlten im Schnitt knapp 1.700 Euro Maklergebühr. Die Makler sind dem Vermieter und auch dem Mieter verpflichtet, aber in der Realität arbeiten sie nur für den Vermieter und kassieren vom Mieter, kritisiert Kaske. Was bekommen die Mieter? Schlechte bis gar keine Informationen. Mieten belasten junge Familien 65 Prozent der Befragten zahlen mindestens ein Drittel oder mehr des Netto-Haushaltseinkommens für die warme Wohnungsmiete (mit Betriebskosten, Umsatzsteuer und Energiekosten). Bei den 18- bis 25-Jährigen geht bei jedem zweiten Haushalt mindestens die Hälfte oder mehr des Netto- Haushaltseinkommens für die warme Wohnungsmiete drauf. Die Befragung zeigt: Wer eine private Mietwohnung bekam, hatte im Schnitt ein deutlich höheres Einkommen als die Mieterinnen und Mieter in geförderten Wohnungen. Nein sagen müssen Rund drei von vier Befragten (72 Prozent) geben an, dass sie sich wegen der hohen Mietpreise finanziell etwas oder stark einschränken müssen. Konkret: 17 Prozent müssen sich wegen der hohen Mietkosten sehr stark einschränken, mehr als jeder Zweite (55 Prozent) etwas. Viele können sich Dinge nicht leisten, die sie brauchen, sagt der AK Präsident. Besonders bitter ist es, wenn es um essentielle Sachen geht, zum Beispiel Arztbesuche, Reparaturen oder Kauf von Haushaltsgeräten. Ein Viertel sagt, dass sie notwendige Arzt- oder Zahnarztbesuche manchmal oder oft nicht bezahlen können. 60 Prozent können unerwartete Ausgaben nicht problemlos finanzieren, etwa eine neue Waschmaschine. Das wollen die Befragten 84 Prozent der Befragten wünschen sich, dass in Wien viel mehr geförderte Wohnungen gebaut werden. Sie halten auch die Einführung von gesetzlichen Mietobergrenzen für sehr notwendig. 77 Prozent sagen, dass die Vermieter die Maklergebühren übernehmen sollen. Wohnen muss billiger werden Mieten senken und mehr geförderter Wohnbau würden die Wohnkosten verbilligen, sagt Kaske. Die Regierung muss das Wohnthema schnell angehen. Was bisher im Regierungsprogramm steht, ist zu Seite 4 von 5
vage und ohne Zeitlimits. Kaske verlangt von Justizminister Wolfgang Brandstetter sofortige Verhandlungen über eine Mietenbremse im Mietrecht. Das Sechs-Punkte-Programm der AK für billigeres Wohnen: 1 Klare Mietobergrenzen Die Mieten im privaten Altbau können für Wohnungssuchende, also bei neuen Vertragsabschlüssen, sofort gesenkt werden. Dazu muss nur ein Satz im Mietrechtsgesetz eingefügt werden, wonach die Höhe des Hauptmietzinses in Summe nicht mehr ergeben darf als den Richtwert plus 20 Prozent. Außerdem muss es einen klaren Zu- und Abschlagskatalog im Mietrechtsgesetz geben. Die Angabe der Zu- und Abschläge muss im Mietvertrag verpflichtend angeführt werden. 2 Wohnbauförderung fürs Wohnen mehr sozialer Wohnbau Die Wohnbauförderung muss rasch zweckgebunden werden. Die Mittel müssen für den sozialen Wohnbau eingesetzt und an die Teuerungsrate angepasst werden. Kommt die Zweckwidmung nicht, sollen die Arbeitnehmer entlastet werden, verlangt Kaske. Dann soll die Regierung den Wohnbauförderungsbeitrag streichen. Immerhin zahlen Arbeitnehmer monatlich 0,5 Prozent ihres Lohns oder Gehalts für die Schaffung günstiger Wohnungen. Fakt ist: Die Städte wachsen stark. In Wien siedelten sich in den vergangenen zehn Jahren fast 170.000 Menschen an. Für die nächsten zehn Jahre wird mit rund 140.000 neuen Bürgerinnen und Bürgern gerechnet, das sind fast so viele wie derzeit in Salzburg leben. Aber: Es wird zu wenig gebaut. Wir brauchen in Österreich bundesweit 50.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon rund 35.000 geförderte. In Wien benötigen wir 10.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 8.000 geförderte das sind um rund 2.000 geförderte pro Jahr mehr als bisher. Alle Länder müssen sich die von der Bundesregierung zusätzlich bereitgestellten 276 Millionen Euro schnell abholen das Geld muss rasch in den sozialen Wohnbau fließen. Der Bund darf die Länder nicht aus ihrer Bauverantwortung entlassen. Wien hat kürzlich angekündigt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Wohnbau-Bundesmittel in der Höhe von 72 Millionen Euro zu bekommen. 3 Weg mit den Befristungen Die Befristungen sollen abgeschafft werden. Es kann darüber diskutiert werden, dass sie nur zulässig sind, wenn es einen sachlich gerechtfertigten Grund gibt. 4 Betriebskosten senken Niedrigere Betriebskosten durch Streichen der Grundsteuer und Versicherungskosten aus dem Betriebskostenkatalog diese Kosten sollen die Vermieter tragen. Als Betriebskosten sollen nur jene gelten, die die MieterInnen unmittelbar verursachen (etwa für die Wasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung). 5 Maklergebühren für MieterInnen streichen Die VermieterInnen sollen die Maklergebühren zahlen. Sie sind in der Regel die Erstauftraggeber. MaklerInnen arbeiten für und zum Vorteil der VermieterInnen, kassieren aber von den MieterInnen. Im Maklergesetz soll geregelt werden, dass nur der Erstauftraggeber das ist eben meistens die VermieterInnen gegenüber den MaklerInnen provisionspflichtig ist. 6 Klare Erhaltungsregeln festlegen Die Erhaltungspflichten für die VermieterInnen müssen gesetzlich klar geregelt werden. Im Klartext heißt das: VermieterInnen sollen die Reparatur der Therme bezahlen. Seite 5 von 5