TEDDYBÄR BILDER VÄSCHEN FEUERWEHRMANN TROMMELAFFE SPIELZEUGEISENBAHN LOSER KOPF HEMD BAUSTEINKISTE PAPIERKORB STUHL BECHER TASCHENTUCH STABENSTEMPEL BLEISTIFT WECKER LÖFFEL MEDIZINFLASCHE BETTVORLEGER TÜRKLINKE und, MUTTER und TANTE Seite 1 von 14
Episode 1 Durst Es war schon Viertel nach Gute-Nacht, und Hermann das Kind war noch ganz wach. TEDDYBÄR Wie kommt das? Fragte der Bär neben den Zehen. Ich habe Durst: Ich brauche ein Glas Wasser. BILDER Wasser!? Hhmmm Sagte das Bilderbuch und begann zu blättern. BILDER Ich habe ein Bild mit Wasser hier mit einem Fisch! VÄSCHEN Also ich bin ein Väschen. Und manchmal brauche ich Wasser für eine Blume. Aber dann verstehe ich nicht, woher das Wasser kommt. Ich weiß nicht viel. Ich bin eben nur ein Väschen. Zufällig weiß ich aber sehr viel. Ich bin nämlich der Lichtschalter. Meiner Meinung nach kommt das Wasser einfach aus der Wand. Wasser ist im Wasserhahn in der Küche. Aber ich trau mich nicht, es selbst zu holen. Die Lampe im Flur ist kaputt. Alle Spielsachen dachten gründlich nach. Und der Lichtschalter auch. Aber es half nichts. Da bog das Feuerwehrauto mit der echten Leiter um die Ecke der Bausteinkiste. Und der hölzerne Feuerwehrmann, vorn im Auto, fragte. FEUERWEHRMANN Wasser? In der Küche? Etwa beim Spülbecken? Ich habe eine echte Leiter! Seite 2 von 14
Und er fuhr durch den dunklen Flur, über den kalten Küchenfußboden bis zum Wasserhahn. Und kurz darauf war er wieder da, mit einem vollen Becher, und er hatte fast nichts verschüttet. Episode 2 Gewitter Hermann das Kind lag schon im Bett. Plötzlich wurde das Fenster für einen Moment weiß, und dann hörten die Spielsachen ein lautes Krachen. Und der Trommelaffe auf der Fensterbank fragte erschreckt. TROMMELAFFE Was war das? Gewitter. Die Wolken machen Lärm. VÄSCHEN Also ich bin ein Väschen. Und ich mag keinen Lärm. Denn wenn ich erschrecke, falle ich vielleicht vom Nachttisch. TROMMELAFFE Soll ich ganz laut trommeln? Dann hört man den Lärm nicht mehr zieh mich doch mal auf. Doch da wurde das Fenster wieder weiß. Und die Wand hinter Hermann dem Kind wurde für einen Moment auch sehr weiß. Und dann krachte es noch viel lauter. SPIELZEUGEISENBAHN Ich fahr mal eben weg. Sagte die Spielzeugeisenbahn. Und sie fuhr unter das Bett. Dort saß schon die Puppe ohne Kopf. Kann das nicht aufhören? Das hält mein Kopf nicht aus. Seite 3 von 14
Es begann heftig zu regnen, und alle lauschten und warteten auf das nächste Krachen. HEMD Es ist sehr unhöflich, nachts zu gewittern. Ich bin ein sauberes Hemd, und ich habe gute Manieren gelernt. Gewittern gehört sich nicht. Aber es kam kein nächstes Krachen mehr. Nur noch ein schwaches Grollen. Da sagte die Bausteinkiste. BAUSTEINKISTE Höre ich da eine andere Bausteinkiste? Räumt da jemand eine Bausteinkiste auf? Doch Hermann das Kind gab keine Antwort. Er war eingeschlafen. Episode 3 Oma Alle Spielsachen standen um den Stuhl von Hermann das Kind. Auf dem Stuhl lag ein weißes Ding und der Papierkorb sagte. PAPIERKORB Falls das ein Papierknäuel ist, will ich es haben! STUHL Nein, es ist kein Papierknäuel. Sagte der Stuhl. STUHL Ich glaube, das ist eine Blume. Es riecht gut. VÄSCHEN Also ich bin ein Väschen. Falls das Ding eine Blume ist, will ich sie haben. Es ist ein Taschentuch. Es gehört Mama. Es riecht immer so gut. Aber sie hat geweint. Seite 4 von 14
Was ist weinen? Fragte der Lichtschalter. Und der Feuerwehrmann antwortete. FEUERWEHRMANN Dann kommt Wasser aus dir raus. BECHER Aha, ein Wasserhahn. Sagte der Becher. BECHER Ich kenne einen Wasserhahn. Sie hat geweint, weil Oma gestorben ist. Das ist sehr traurig. Ich habe auch geweint. Weil es nämlich schade ist, dass Oma gestorben ist. Alle Dinge dachten einen Moment an Oma. Viele Spielsachen waren ein Geschenk von Oma gewesen. Da sagte das Taschentuch, das so gut nach Mama roch. TASCHENTUCH Ich bin froh, dass sie es dem Zimmer erklärt haben, denn ich verstehe es selbst nicht richtig. Ich verstehe es auch nicht. Dann ist es bestimmt sehr schwierig. Sagte die Puppe ohne Kopf von ihrem Platz unter dem Bett. Weil sie nämlich von sehr vielem etwas verstehen, Hermann das Kind. Jeder geht mal kaputt. Das ist wahr. Seite 5 von 14
Sagte die Puppe ohne Kopf und Hermann das Kind schlief ein. Niemand sprach mehr. Und morgens war das Taschentuch wieder getrocknet. Episode 4 Geschichten Woher kommen die Geschichten? Fragte die Puppe ohne Kopf. Und der Stuhl antwortete. STUHL Die kommen aus dem Kopf eines Vaters. Oder aus dem Kopf einer Mutter. Ein Kopf ist das Ding, auf dem man nicht sitzt. Mein Kopf liegt unter dem Bett. Sagte die Puppe ohne Kopf. Mein Kopf denkt sich nie Geschichten aus. Die Geschichten kommen aus mir. Sagte das Buch auf dem Regal. Es klappte auf und begann zu blättern. Alle Spielsachen warteten höflich. Dann wurde der Lichtschalter ungeduldig. Nun? Wo bleibt deine Geschichte? Ja, also hört mal ähhhh Sagte das Buch. Doch die Spielsachen hörten nichts, bis sich der Buchstabenstempel zu Wort meldete. Seite 6 von 14
STABENSTEMPEL Ich bin ein Buchstabenstempel. Geschichten macht man aus Buchstaben. Dann erzähl doch mal bitte eine. Bat der Lichtschalter. STABENSTEMPEL Ja, also hört mal ähhhh Sagte der Buchstabenstempel. Doch die Spielsachen hörten wieder nichts. Der Bleistift mit der scharfen Spitze rollte über das Malbuch. Er sagte. BLEISTIFT Geschichten kommen aus der Spitze des Bleistifts. Dann erzähl Du doch mal bitte eine. Bat der Lichtschalter. BLEISTIFT Ja, also hört mal ähhhh Sagte der Bleistift. Doch die Spielsachen hörten schon wieder nichts. Hermann das Kind setzte sich im Bett auf. Geschichten gibt es nicht, jedenfalls solange, bis man sie erzählt. Sie kommen nirgends raus. Sie kommen nirgendwo her. Man muss sie erfinden zusammenbauen. Wie man ein Haus aus Bauklötzen baut. BAUSTEINKISTE Ich habe es gewusst. Sagte die Bausteinkiste. BAUSTEINKISTE Aber ich wollte es nicht selber sagen. Seite 7 von 14
Episode 5 Husten Der Wecker von Hermann dem Kind war ein bisschen böse. Auf die braune Flasche, die vor ihm stand und sagte. WECKER Geh zur Seite! Sonst kann Hermann das Kind nicht sehen, wie spät ich bin. LÖFFEL Sie müssen aber höflicher sein. Das ist nämlich keine gewöhnliche Flasche. Sie tut viel Gutes. Sagte der Löffel neben der Flasche. Der Wecker war beleidigt. WECKER Ich tue auch Gutes. Ich wecke Hermann das Kind, wenn ich halb acht bin. Und dann steht er auf. MEDIZINFLASCHE Hermann das Kind steht morgen bestimmt nicht so früh auf. Sagte die Medizinflasche. MEDIZINFLASCHE Er macht seltsame Geräusche. Ich weiß das. Ich bin nämlich ein Hustensaft. LÖFFEL Er ist krank. Flüsterte der Löffel. Und der Wecker sagte. WECKER Er ist überhaupt nicht krank! Das seltsame Geräusch, das er macht, ist nicht schlimm. Ich glaube, er ist halb acht. Um halb acht mache ich nämlich auch ein Geräusch. LÖFFEL Sie müssen aber höflich bleiben. Sagte der Löffel. Seite 8 von 14
LÖFFEL Diese Flasche hat einen sehr vornehmen Namen. Sie heißt Dreimal-täglich-einen-Esslöffel. Sie wird Hermann das Kind gesund machen. Und ich helfe ihr dabei. WECKER Sag Du doch mal was, Hermann das Kind. Bat der Wecker. Uche, uche Hustete Hermann das Kind, denn er war zu schwach zum sprechen. Und der Lichtschalter fragte leise. Soll ich vielleicht das Zimmer dunkel machen? MEDIZINFLASCHE Mach mal. Sagte die Medizinflasche. Und der Löffel sagte streng. LÖFFEL Nicht mehr sprechen. Pssssst. Ruhe jetzt!! Sagte auch der Lichtschalter. Und der Wecker schaute sich verärgert in der Dunkelheit um. Mit seinen grünen Augen. Episode 6 Eis Hermann das Kind lag unter dem Bett. Nur die Dinge konnten ihn sehen. BETTVORLEGER Sie sind doch nicht etwa ein neuer Bettvorleger? Seite 9 von 14
Sagte der Bettvorleger. BETTVORLEGER Bitte werfen sie mich nicht weg. Ich werde auch nie mehr schief liegen. Ich verstecke mich. Niemand kann mich sehen. Ich bin nicht da. Ich bin weg. Wirklich weg? Fragte der Lichtschalter. Das mag ich nicht. Ich trau mich nicht, das Licht auszumachen, weil ich dann ganz allein bin. Aber die Spielsachen sind doch immer noch da, auch wenn es dunkel ist. Nein. Sagte der Lichtschalter. Frag doch die Vorhänge. Die Dinge sind nicht da, wenn es dunkel ist. Doch! Sie sind immer da. Aber ich sehe sie nicht. Wenn Mama mich ruft, dann gebe ich keine Antwort. Ich gehe nie mehr zu ihr. BAUSTEINKISTE Sollen wir eine Mauer bauen? Neben dem Bett? Fragte die Bausteinkiste. BAUSTEINKISTE Dann wohnst du ab jetzt auch hier unten, unter dem Bett. Seite 10 von 14
Die großen Bausteine legten sich aufeinander. Und die kleinen Bausteine bauten einen kleinen Stapel daneben. LOSER KOPF Ich kann sie noch ein bisschen sehen, Hermann das Kind. Sagte der lose Kopf von der Puppe ohne Kopf. Dann kam der dicke Ball unter das Bett. Und das Kissen vom Stuhl. Und auch das Kissen aus dem Bett. Und die Puppe ohne Kopf fragte ihren losen Kopf. Siehst du Hermann das Kind noch? LOSER KOPF Nein! Hermann das Kind gibt es nicht mehr. MUTTER Hermann! Rief die Mutter von Hermann dem Kind. MUTTER Hermann. Ich hab ein Eis für Dich. WECKER Zu spät. Sagte der Wecker. WECKER Jetzt kann Hermann das Kind es nicht mehr hören. STUHL Und dabei liebt er Eis so sehr. Sagte der Stuhl. Da fiel die Mauer aus Bausteinen um. BAUSTEINKISTE Verzeihung. Ich kann nichts dafür. Sagte die Bausteinkiste. Und der Ball rollte ins Zimmer und rief. Seite 11 von 14
BALL Jemand hat mich geschubst. Und die Kissen schoben sich zur Seite. Und Hermann das Kind rannte aus dem Zimmer. Und der Bettvorleger rief hinterher. BETTVORLEGER O je, jetzt liege ich schon wieder schief. Episode 7 Walter Hermann das Kind lag im großen Bett seiner Tante und horchte auf die Geräusche. Die Bäume bewegten sich im Garten. Die Vorhänge bewegten sich am Fenster. Die Heizung machte gluckernde Geräusche. Und unten im Wohnzimmer wurde gesprochen. Das waren die Tante und der Onkel. Das Buch lag auf dem Stuhl und fragte. Willst du mir eine Geschichte erzählen? Du hast doch selber Geschichten. Aber du erzählst viel schönere. Sagte das Buch und war unglücklich, dass es nicht Zuhause war. Mir gefällt es nicht bei der Tante und dem Onkel. Das ist nicht unser Zimmer. Und nicht unser Bett. Wir sind ganz allein. Wo sind die anderen Dinge? Daheim. Alle sind daheim. Dann werde ich wohl zugeschlagen auf dem Stuhl liegen bleiben. Und Du kannst einschlafen. Seufzte das Buch. Seite 12 von 14
Ich will nicht einschlafen. Ich will auf Mama warten. Dann lies doch was aus mir. Sagte das Buch. Also nahm Hermann das Kind das Buch, hielt es verkehrt herum und begann zu lesen. Eines Tages passierte nichts. Morgens passierte nichts. Mittags passierte nichts. Und abends passierte immer noch nichts. Diese Geschichte kenne ich schon, Hermann das Kind! Sagte das Buch und klappte beleidigt zu. Pssssst! Sagte Hermann das Kind. Schritte auf der Treppe. TÜRKLINKE Ich glaube, es kommt jemand. Ich mach mal auf. Quietschte die Türklinke. Und die Tante schaute herein. TANTE Hermann, schläfst du schon? Ja. Antwortete Hermann das Kind. TANTE Soll ich es dann morgen erst erzählen? Nein, jetzt. Seite 13 von 14
TANTE Du hast einen kleinen Bruder. Er heißt Walter. Dein Papa holt dich morgen ab. Schlaf gut, Hermann. Sie machte die Zimmertür wieder zu. Hermann das Kind nahm das Buch, klappte es auf und sagte. Es war einmal ein ganz kleiner Junge, der hieß Walter. Und sein großer Bruder, der hieß Hermann. Seite 14 von 14