Deutscher Bundestag Wahlperiode -2- Drucksache 18/3279 Gewährung von Leistungen nach 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch näher zu bestimmen.

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Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 18/3279 18. Wahlperiode 27.11.2014 Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Katja Dörner, Volker Beck (Köln), Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, Kai Gehring, Dr. Franziska Brantner, Tabea Rößner, Ulle Schauws, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Monika Lazar und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Gleichstellung verheirateter, verpartnerter und auf Dauer in einer Lebensgemeinschaft lebender Paare bei der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung A. Problem Viele Frauen und Männer wünschen sich ein Leben mit Kindern, Elternschaft gehört für sie zu einem glücklichen und erfüllten Leben dazu. Auch viele nicht verheiratete Paare wünschen sich Kinder, und auch von ihnen bleiben einige ungewollt kinderlos. Niemand hat ein Recht auf Elternschaft, sehr wohl aber darauf, dass sie bei der Chance auf Elternschaft nicht benachteiligt werden. Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 10.909 Kinder nach künstlicher Befruchtung geboren. Nach 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch haben lediglich verheiratete Paare einen Anspruch, dass ein Teil der Kosten nur für eine homologe künstliche Befruchtung (mit Samen und Eizellen des jeweiligen Paares) unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wird. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2014 (Az. L 1 KR 435/12 KL) festgestellt, dass gesetzliche Krankenkassen auch nicht auf freiwilliger Basis die Kosten einer künstlichen Befruchtung bei nicht verheirateten Paaren übernehmen dürfen, da Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen nur im Rahmen des 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erweitert werden dürfen. Das Bundesverfassungsgericht hatte allerdings bereits in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2007 (BVerfGE 117, 316) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Gesetzgeber freistehe, die Voraussetzungen für die

Deutscher Bundestag - 18. Wahlperiode -2- Drucksache 18/3279 Gewährung von Leistungen nach 27a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch näher zu bestimmen. B. Lösung 27a des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch wird dahingehend geändert, dass erstens die Voraussetzung der Ehe durch die Voraussetzung der eingetragenen Lebenspartnerschaft oder das Vorliegen einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergänzt wird. Zweitens werden auch die Behandlungskosten für eine heterologe künstliche Befruchtung übernommen, wenn die genannten Paare die übrigen Voraussetzungen erfüllen. Damit erhalten neben verheirateten auch verpartnerte sowie nicht formalisierte Paare für Maßnahmen der homologen oder heterologen künstlichen Befruchtung einen gesetzlichen Anspruch auf partielle Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung. C. Alternativen Keine. D. Kosten Es entstehen zusätzliche Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung sowie nach entsprechender Anpassung der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion vom 29. März 2012 für den Bundeshaushalt. Der Umfang dieser zusätzlichen Ausgaben kann derzeit nicht beziffert werden.

Deutscher Bundestag - 18. Wahlperiode -3- Drucksache 18/3279 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Gleichstellung verheirateter, verpartnerter und auf Dauer in einer Lebensgemeinschaft lebender Paare mit Kinderwunsch bei der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung Vom Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung 27a Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gesetzliche Krankenversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1346) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Berlin, den 24. November 2014 1. In Nummer 1 werden nach dem Wort Feststellung die Wörter aus medizinischen Gründen eingefügt. 2. In Nummer 3 werden nach dem Wort verheiratet die Wörter oder verpartnert und nach dem letzten Komma die Wörter oder miteinander in einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft leben eingefügt. 3. Nummer 4 wird wie folgt gefasst: 4. ausschließlich Eizellen der zu befruchtenden Frau verwendet werden und. 4. In Nummer 5 werden nach dem Wort Ehegatten ein Komma und die Wörter Lebenspartnerinnen oder die miteinander in Lebensgemeinschaft lebenden Personen eingefügt. Artikel 2 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag - 18. Wahlperiode -4- Drucksache 18/3279 Begründung A. Allgemeiner Teil Viele Menschen wünschen sich ein Leben mit Kindern, Elternschaft gehört für sie zu einem glücklichen und erfüllten Leben dazu. Niemand hat ein Recht auf Elternschaft, sehr wohl aber darauf, dass sie bei der Chance auf Elternschaft nicht benachteiligt werden. Veränderte gesellschaftliche Bedingungen und schädliche Umwelteinflüsse führen dazu, dass die Zahl Kinderloser gestiegen ist. Ein wesentlicher Grund liegt in der zunehmenden Verschiebung des Kinderwunsches in eine spätere Lebensphase, in der die natürliche Fruchtbarkeit (insbesondere bei Frauen) bereits deutlich gesunken und eine Schwangerschaft mit einer Risikoerhöhung für die Gesundheit von Mutter und Kind verbunden ist. Zum anderen gibt es Hinweise auf einen steigenden Anteil von Paaren mit Fruchtbarkeitsstörungen. Zur Zahl der ungewollt kinderlosen Paare mit Kinderwunsch gibt es keine validen Daten. Schätzungen gehen von deutlich unter 10 Prozent westdeutscher Paare und 5 Prozent ostdeutscher Paare aus, die ungewollt kinderlos sind. Davon bleiben etwa 3 Prozent auf Dauer kinderlos. Nach 27a Abs. 1 und Abs. 3 S. 3 SGB V werden bei Eheleuten die Kosten für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft zu 50% von den gesetzlichen Krankenversicherungen erstattet. Voraussetzungen für die hälftige Kostenübernahme sind neben der Erforderlichkeit der Maßnahmen, der hinreichenden Erfolgsaussicht und der ärztlichen Beratung, dass die Personen, die diese Maßnahmen in Anspruch nehmen wollen, miteinander verheiratet sind ( 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V) und dass ausschließlich Eiund Samenzellen der Ehegatten verwendet werden ( 27a Abs. 1 Nr. 4 SGB V). Erstattungsfähig ist somit nur die homologe Insemination, d.h. die künstliche Befruchtung durch das Sperma des Ehemannes. Aber auch viele verpartnerte oder nicht verheiratete Paare wünschen sich Kinder. Sofern sie unter einer nicht behandelbaren Unfruchtbarkeit leiden, ziehen sie dafür auch eine ärztlich assistierte Reproduktion in Betracht. Derzeit müssen sie - anders als verheiratete Ehepaare eine künstliche Befruchtung vollständig finanzieren. Die Zahlen von Kinderwunschbehandlungen sind von gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und der Art der Finanzierung der künstlichen Befruchtung abhängig. Unabhängig davon, ob sich Frauen und Männer nach Abwägung aller Chancen und Risiken für oder gegen die Durchführung dieser aufwändigen und belastenden Prozedur entscheiden, wird angenommen, dass diese Art der Behandlung für viele Paare aus Kostengründen nicht in Betracht kommt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2014 (Az. L 1 KR 435/12 KL) festgestellt, dass gesetzliche Krankenkassen auch nicht auf freiwilliger Basis die Kosten einer künstlichen Befruchtung bei nicht verheirateten Paaren übernehmen dürfen, da der Gesetzgeber die Leistungen nach 27a SGB V bewusst auf Ehepaare beschränkt habe. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. Februar 2007 (BVerfGE 117, 316) ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber freistehe, diese Unterstützung durch eine Änderung der gesetzlichen Grundlage auch auf nicht eheliche Lebensgemeinschaften auszuweiten. Die Gründe, die seinerzeit vom Gesetzgeber für eine Beschränkung der finanziellen Unterstützung auf Ehepaare angeführt wurden, entsprechen nicht mehr der gesellschaftlichen Realität. Die Annahme, dass die Ehe aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit und Stabilität mehr dem Kindeswohl entspricht als eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft, ist angesichts hoher Scheidungsraten zu hinterfragen. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland rund 169 800 Ehen geschieden. Fast die Hälfte dieser Paare hatte Kinder unter 18 Jahre. Insgesamt waren 2012 rund 136 000 minderjährige Kinder von einer Scheidung ihrer Eltern betroffen (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 22. Juli 2014). Hinzu kommt eine ungenannte Zahl von Paaren mit Kindern, die zwar (noch) verheiratet sind, aber bereits getrennt leben. Gleichzeitig stieg die Zahl der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften zwischen 1996 und 2012 um rund 50 Prozent auf 2,8 Millionen. Damit lag das Verhältnis von Ehepaaren und nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Jahr 2012 bei rund 6:1. Insbesondere in Ostdeutschland leben viele Eltern ohne Trauschein mit ihren Kindern zusammen. 74 Prozent der erstgeborenen Kinder kamen dort im Jahr 2012 nichtehelich zur Welt; in den alten Bundesländern betrug der Anteil immerhin 38 Prozent (Statistisches Bundesamt, Geburtentrends und Familiensituation in Deutschland 2012). Für die seinerzeitige Annahme des Bundesverfassungsgerichts, dass Ehen in der oft schwierigen Zeit einer Kinderwunschbehandlung im Gegensatz zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften eine erhöhte Belastbarkeit aufweisen (BVerfGE 117, 316), gibt es bislang keine Belege.

Deutscher Bundestag - 18. Wahlperiode -5- Drucksache 18/3279 Darüber hinaus hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 7. Juli 2009 (BVerfGE 124, 199) zu Regelungen der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes festgestellt, dass sich Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft hinsichtlich der auf Dauer übernommenen, auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner nicht unterscheiden. Beide sind auf Dauer angelegt und begründen eine rechtliche Einstandspflicht. In dem Urteil zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner vom 19. Februar 2013 (BVerfGE 133, 59) hat das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe. Leistungen der Reproduktionsmedizin müssen grundsätzlich allen Paaren offenstehen. Das gilt auch für solche Paaren, bei denen eine heterologe Insemination allein nicht ausreicht und daher aus medizinischen Gründen weitere reproduktionsmedizinische Maßnahmen erforderlich sind, um eine Schwangerschaft herbeizuführen. Zum Zugang von in eingetragener Partnerschaft lebenden lesbischen Frauen zur heterologen Insemination lag dem Bundestag in der letzten Wahlperiode ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor (BT-Ds. 17/7030). Für die Frage, ob Ärztinnen und Ärzte bei der künstlichen Befruchtung von eheähnlichen Paaren und von Lebenspartnerinnen assistieren dürfen, sind die Berufsordnungen und Richtlinien der Landesärztekammern maßgebend. Hier müssen ggf. Anpassungen an die neue Rechtslage erfolgen. B. Besonderer Teil Zu Artikel 1 (Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) Zu Nummer 1 ( 27a Absatz 1 Nummer 1 SGB V) Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass ein Anspruch auf Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft weiterhin nur dann besteht, wenn er medizinisch indiziert ist, d.h. wenn gesundheitliche Gründe der Herbeiführung der Schwangerschaft auf natürlichem Wege entgegenstehen. Nicht erfasst werden damit alle Fälle, in denen allein andere Gründe, bspw. das Nichtvorhandensein eines männlichen Partners, dafür verantwortlich sind. Zu Nummer 2 ( 27a Absatz 1 Nummer 3 SGB V) Mit der Änderung werden auch Lebenspartnerschaften und auf Dauer angelegte Partnerschaften in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen. Der Begriff der auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft erfüllt nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13.06.2014 (a.a.o.) die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Zu Nummer 3 ( 27a Absatz 1 Nummer 4 SGB V) Mit der Änderung bleibt weiterhin klargestellt, dass ausschließlich Eizellen der zu befruchtenden Frau verwendet werden dürfen. Damit bleibt die Eizellspende weiterhin ausgeschlossen. Heterologe Befruchtungen werden damit grundsätzlich erfasst; allerdings erfasst der Kostenanspruch aus 27a nur die ärztliche Behandlung selbst, nicht die Kosten für die Samenspende. Zu Ziffer 3 ( 27a Absatz 1 Nummer 5 SGB V) Es handelt sich um eine Folgeänderung. Zu Artikel 2 (Inkrafttreten) Diese Vorschrift enthält die Bestimmung für das Inkrafttreten des Gesetzes.