Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie)

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Transkript:

Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Die systemische Sklerose ist eine ernst zu nehmende und komplizierte Erkrankung. Der Name Sklerodermie leitet sich vom Griechischen ab und bedeutet übersetzt harte Haut skleros (= hart) derma (= Haut). Anstatt des Begriffes Sklerodermie wird heute vermehrt der Begriff systemische Sklerose verwendet. Er verdeutlicht, dass die Verhärtung nicht nur das Organ Haut, sondern alle Körperorgane, z.b. auch die Blutgefäße, betreffen kann. Mit zirka 40 Erkrankten pro eine Million Menschen gehört die systemische Sklerose zu den seltenen Erkrankungen. Es sind vier Mal mehr Frauen betroffen als Männer. Häufig tritt die Krankheit im 3. bis 5. Lebensjahrzehnt auf. Die systemische Sklerose ist von verschiedenen Verlaufsvarianten gekennzeichnet, die aber alle eines gemeinsam haben: Es kommt zu einer Verhärtung des Bindegewebes. Teilweise ist davon nur die Haut betroffen (Sklerodermie), aber auch die inneren Organe und die Blutgefäße können verhärten und verengen (systemische Sklerose) und führen somit z. B. zu Lungenhochdruck (pulmonal arterieller Hypertonie, PAH). Eine weitere Folge der Gefäßverengung sind sehr schmerzhafte und die Lebensqualität einschränkende Geschwüre, meist an den Fingerspitzen (sog. digitale Ulzerationen). Im Extremfall kann dabei das Gewebe so stark betroffen und entzündet sein, dass es abstirbt und eine Amputation notwendig wird. Sklerodermie ist nicht heilbar, aber inzwischen behandelbar, so dass der Krankheitsverlauf verlangsamt und teilweise sogar gestoppt werden kann, also nicht voranschreitet. Deswegen wird auf den Zusatz progressive (= voranschreitende), wie er früher üblich war (Progressive Systemische Sklerose = SSC) heute verzichtet und einfach nur noch von einer systemischen Sklerose gesprochen. Bei einigen Erkrankten sind die Veränderungen nur mit technischen Geräten messbar und werden vom Betroffenen gar nicht wahrgenommen. Andere Erkrankte sind deutlich am ganzen Körper betroffen und haben Verhärtungen im Gesicht und an den Fingern, die teilweise absterben. Auch kann die systemische Sklerose mit ernsthaften Beschwerden bei der Atmung, dem Schlucken und der Verdauung verbunden sein. Da die Krankheit sehr variantenreich ist, vergehen oft Monate oder Jahre, bis bei einem Patienten die richtige Diagnose gestellt werden kann. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 1 of 10

Die genauen Ursachen der Sklerodermie sind nach wie vor unbekannt. Als Auslöser der Sklerodermie wird eine Fehlreaktion des Immunsystems (Autoimmunerkrankung) vermutet: Körpereigene Zellen (hier des Bindegewebes) werden als fremd oder fehlerhaft erkannt. Die Folge ist eine Entzündungsreaktion, bei der sich die Bindegewebszellen (Fibroblasten) übermäßig vermehren, so dass es zu einer Fibrose (Bindegewebszellenanhäufung) mit einer hohen Produktion an Kollagen kommt. Die Kollagenanhäufung führt zur Sklerose (Verhärtung) der Haut und zur Verengung von Blutgefäßen. Es ist nach wie vor unklar, inwieweit zusätzlich genetische Faktoren oder Störungen der Bindegewebsneubildung bzw. der Gefäßregulation ursächlich sind. Auch andere Faktoren wie der Einfluss von viralen oder bakteriellen Antigenen, UV-Licht, Umweltgiften, Geschlechtshormonen, Medikamenten und bestimmten Tumoren könnten eine Rolle spielen. Fest steht, dass bei der Entwicklung einer Sklerodermie folgende Gegebenheiten wichtig sind: Krankhafte Vermehrung des Bindegewebes (Fibrose) Schädigung der Blutgefäße (Vaskulopathie) Autoimmunerkrankung Genetische Veranlagung Vermehrte Bildung von Endothelin Endothelin ist ein Stoff mit starker gefäßverengender Wirkung, der in der Innenauskleidung von Blutgefäßen (Endothel) gebildet wird. Endothelin spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gefäßschäden: Es verursacht Gefäßverengungen und trägt außerdem zur Entstehung von Fibrosen und Entzündungen bei. Aus verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass bei SSC-Patienten die Endothelin-Konzentrationen im Blut erhöht sind. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 2 of 10

Was sind digitale Ulzerationen? Digitale Ulzerationen sind sehr schmerzhafte und nur schwer heilbare offene Wunden meist an Fingern und Zehen, die Narben hinterlassen. Die Geschwüre beeinträchtigen die Patienten in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit und in täglichen Verrichtungen, wie z. B. bei der Körperpflege, bei der Nahrungsaufnahme und beim Einkaufen. Patienten mit systemischer Sklerodermie haben ein hohes Risiko, an digitalen Ulzerationen zu erkranken. Wie häufig sind digitale Ulzerationen? 44 Prozent der Patienten mit systemischer Sklerodermie weisen nach einer Untersuchung von Hachulla 1 in der Vorgeschichte digitale Ulzerationen auf. 30 Prozent der Patienten mit anhaltenden digitalen Ulzerationen haben bereits Gewebeverluste. Wodurch werden digitale Ulzerationen hervorgerufen? Den digitalen Ulzerationen kann das sogenannte Raynaud-Syndrom (RS) vorausgehen. Das Raynaud-Syndrom tritt bei 90 bis 100 Prozent der Sklerodermie-Patienten auf. Häufig ist es ein Frühsymptom, das bereits mehrere Jahre vor der eigentlichen Diagnosestellung auftreten kann. Die Patienten leiden an einer anfallsweisen schweren Durchblutungsminderung der Finger nach Kälteexposition oder psychischer Belastung mit nur langsamer, meist schmerzhafter Erwärmung. Die Ursache liegt in einem gestörten Gleichgewicht zwischen vasokonstriktiven und vasodilatativen Regulationsmechanismen auf dem Boden einer Endothelstörung. Im ungünstigsten Fall kommt es durch die ausgeprägte Vasokonstriktion zu einer Minderdurchblutung des Gewebes und zu digitalen Ulzerationen. Endothelin, ein starker körpereigener Vasokonstriktor, spielt im Zusammenhang mit Vaskulopathien und den folgenden Gefäßschädigungen eine Schlüsselrolle. Die beiden Endothelinrezeptoren ET A und ET B werden u. a. in der Niere, Leber, Lunge und Haut exprimiert. Bei verschiedenen Erkrankungen (z. B. Sklerodermie, pulmonal arterielle Hypertonie) mit Gefäßschädigungen ist diese Expression verstärkt. Die vermehrte Endothelinausschüttung verursacht nicht nur pathologische Gefäßverengungen, sondern führt zusätzlich zu Fibrosen, vaskulärer Hypertrophie und Entzündungen. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 3 of 10

Wie wird die systemische Sklerose behandelt? Da die Ursache der systemischen Sklerose bisher nicht bekannt ist, können nur die Symptome behandelt werden. Diese treten aber nicht alle auf einmal oder in vollständiger Ausprägung auf. Experten empfehlen deswegen, zu Beginn der Erkrankung eine aufwendigere Untersuchung durchzuführen, um das individuelle, charakteristische Befallsmuster verschiedener Organe zu erkennen. Anhand dieser Befunde lässt sich dann eine angemessene Therapie einleiten und eine sinnvolle Zusammenstellung von Kontrolluntersuchungen realisieren. Derzeit gibt es noch keine Therapie bei SSC, die die Erkrankung heilen könnte. Die Behandlung konzentriert sich daher zunächst darauf, die Beschwerden zu lindern und die Beweglichkeit der Gelenke zu erhalten. Wichtig sind daher: Krankengymnastik Ergotherapie Physikalische Therapie Wärmebehandlung Massagen Akupunktur Ein weiterer Bestandteil der Behandlung ist die Gabe von durchblutungsfördernden und gefäßerweiternden Medikamenten, die der Fibrose entgegen wirken. Dazu gehören Endothelin- Rezeptor-Antagonisten wie Bosentan, Prostanoide und Kalzium-Kanalblocker. Der Verlauf der Erkrankung kann zudem mit Medikamenten verlangsamt werden, die die Reaktion des Immunsystems abschwächen. Zu diesen Immunsuppressiva (s. u.) gehören Methotrexat (MTX) und Cyclophosphamid. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 4 of 10

Lungenhochdruck / pulmonal arterielle Hypertonie Der Lungenhochdruck bzw. die pulmonale Hypertonie (abgekürzt PH) ist eine seltene Erkrankung, die ohne Behandlung lebensbedrohlich sein kann. Kennzeichnend für die PH ist ein hoher Druck in den Lungenblutgefäßen. Sind speziell die Arterien - also die Blutgefäße, die vom Herzen wegführen - betroffen, spricht man von einer pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH). Durch den ständig erhöhten Druck verschlechtern sich zunehmend die Durchblutung der Lunge und damit die Sauerstoffaufnahme des Blutes, so dass die Energiezufuhr des Körpers beeinträchtigt wird. Müdigkeit, Leistungseinbruch und Kreislaufstörungen sind die Folgen. Mit der Zeit verändern sich die Lungengefäße dauerhaft. Die Wände werden härter und dicker, der Innenraum der Gefäße kleiner. Der Körper kann immer weniger Sauerstoff aufnehmen. Im fortgeschrittenen Stadium ist der Erkrankte selbst im Liegen atemlos. Weil das Blut mit zunehmendem Druck durch die Lungengefäße gepumpt werden muss, vergrößert sich der Herzmuskel immer mehr, bis das Maximum erreicht wird und das Herz zum Schluss versagt. Bei Lungenhochdruck ist das Gleichgewicht zwischen gefäßverengenden Stoffen und gefäßerweiternden Stoffen zu Gunsten der Gefäßverenger gestört. Daher sind die Gefäße verstärkt zusammengezogen. Heute können viele Lungenhochdruck-Patienten langfristig medikamentös behandelt werden. Allerdings waren bisher alle Medikamente erst ab einer bestimmten Krankheitsschwere (NYHA- Klasse III) zur Behandlung von Lungenhochdruck zugelassen. Der Grund dafür war, dass es zum Zeitpunkt der Medikamentenentwicklung noch an Erfahrungswerten fehlte, so dass Patienten, die nur versteckte Veränderungen und kaum Beschwerden aufwiesen, zunächst nicht erkannt und nicht behandelt werden konnten. Doch besonders, wenn die Diagnose frühzeitig gestellt wird, kann die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit lange erhalten bleiben. Im Frühstadium ist es durch eine wirksame Behandlung möglich, die Verschlimmerung der Krankheit aufzuhalten oder doch zumindest zu verzögern. Bisher waren die spezifischen Lungenhochdruckmedikamente nur für Lungenhochdruck (pulmonal arterielle Hypertonie = PAH) in der NYHA-Klasse III zugelassen. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 5 of 10

Ein Verursacher des Lungenhochdrucks ist der Botenstoff Endothelin. Beim gesunden Menschen ist das Endothelin für die Eng- und Weitstellung der Blutgefäße notwendig, regelt das Wachstum von Gefäßzellen und ist an entzündlichen und immunologischen Vorgängen im Körper beteiligt. Lungenhochdruckpatienten haben übermäßig viel Endothelin im Körper. Die Auswirkungen sind schädlich. Die Blutgefäße werden dauerhaft verengt und ihre Wände durch Umbauvorgänge verdickt, so dass sie ihre natürliche Elastizität verlieren. Der Botenstoff Endothelin wirkt an speziellen Bindungsstellen (Rezeptoren), in die es wie ein Schlüssel in ein Schloss passt. Wirkstoffe, die sich anstelle des Endothelins an diese Rezeptoren binden und diese blockieren, werden Endothelin-Rezeptor-Antagonisten genannt. Der duale Endothelin-Rezeptor-Antagonist Bosentan ist jetzt auch für die gezielte Therapie in früheren Phasen (NYHA-Klasse II, s. Infokasten) der Erkrankung zugelassen. Das Medikament besetzt die Bindungsstellen an beiden Endothelin-Rezeptor-Typen und hemmt die Endothelin-Wirkung. Dieses haben Studien gezeigt, in denen Lungenhochdruckpatienten in frühen Krankheitsstadien bereits mit Endothelin-Rezeptor-Antagonisten behandelt wurden. Zwei Wirkstoffe dieser Substanzklasse (Ambrisentan und Bosentan) sind nun seit 2008 auch für die Behandlung von Lungenhochdruckpatienten in frühen Krankheitsstadien (NYHA-Klasse II) zugelassen. Darüber hinaus wirken spezielle Medikamente nicht nur gegen die aktuellen Beschwerden, sondern können schädigende Umbauvorgänge (medizinisch: Remodelling) in den Blutgefäßen der Lunge verlangsamen. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 6 of 10

Welche Therapie für welchen Patienten? Den typischen Lungenhochdruck-Patienten gibt es nicht. Da die pulmonale Hypertonie verschiedene Ursachen haben kann und verschiedene Formen existieren, ist auch die Therapie je nach Patient sehr individuell. Die Behandlung muss von einem Spezialisten - Lungenfacharzt (Pneumologe) oder Herzspezialisten (Kardiologe) - unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Verfassung des Patienten zusammengestellt werden. Die Therapie soll in einem spezialisierten Klinikzentrum eingeleitet werden. Hintergrundinformation: Die vier Stadien des Lungenhochdrucks Der Verlauf der Lungenhochdruckerkrankung wird in vier verschiedene Phasen unterteilt, die als NYHA (New York Heart Association)-Klassen bezeichnet werden. Die Klasse I ist die leichteste, die Klasse IV bezeichnet die am weitesten fortgeschrittene Ausprägung der Krankheit. In welcher Krankheitsstufe sich ein Patient befindet, hängt davon ab, wie stark beeinträchtigt er ist. PAH-Patienten in der Klasse II haben eine leicht eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit erst bei körperlicher Anstrengung leiden sie an Atemnot, Brustschmerzen und Müdigkeit bis hin zu Ohnmachtsanfällen. Im Ruhezustand sind die Erkrankten beschwerdefrei. Je weiter die Erkrankung voran schreitet, desto mehr verschlechtert sich auch die körperliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Patienten in der Klasse IV erleben Luftnot und Schwächegefühl bereits im Ruhezustand. Beides verstärkt sich bei Belastung. Die Betroffenen können keinerlei körperliche Tätigkeiten ohne Beschwerden verrichten. Die rechte Herzhälfte ist stark vergrößert und ihre Pumpleistung eingeschränkt. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 7 of 10

Wie werden digitale Ulzerationen behandelt? Zur Basis-Behandlung digitaler Ulzerationen gehören eine regelmäßige lokale Wundversorgung, Verbandsaustausch und Schmerzmanagement. Digitale Ulzerationen sind infektionsgefährdet. Daher sind häufig Antibiotikagaben notwendig. Bis 2008 gab es keine zugelassene Therapie gegen digitale Ulzerationen. In der Behandlungspraxis wurden Kalziumkanalblocker und andere vasodilatatorische Therapien sowie intravenöses Prostaglandin angewendet. Standardempfehlungen für die Behandlung von digitalen Ulzerationen gibt es nicht. Welche Rolle spielt Bosentan bei der Behandlung von digitalen Ulzerationen? Bosentan ist in der Europäischen Union seit 2007 zur Reduktion der Anzahl neu auftretender digitaler Ulzerationen bei Patienten mit systemischer Sklerodermie und anhaltenden digitalen Ulzerationen zugelassen. Bosentan ist das erste und einzige Medikament, das zur Behandlung von digitalen Ulzerationen zugelassen ist. Die Grundlage für die Zulassung von Bosentan in dieser Indikation bilden die beiden plazebokontrollierten, randomisierten Studien RAPIDS-1 2 und RAPIDS-2 3 (RAndomized Placebo-controlled Investigation of Digital ulcers in Scleroderma) - In RAPIDS-1 reduzierte sich die Anzahl neuer Ulzerationen bei den mit Bosentan behandelten Patienten signifikant. Im Mittel traten 2,7 neue Ulzerationen in der Plazebogruppe auf, in der Bosentangruppe dagegen 1,4. Das bedeutet eine 48 - prozentige Reduktion. - Bosentan konnte das Auftreten neuer Ulzerationen bei Patienten, die zu Studienbeginn an digitalen Ulzerationen litten, reduzieren. - In RAPIDS-2 konnte dieser Effekt von Bosentan bestätigt werden (2,7 neue Ulzera in der Plazebogruppe gegen 1,9 in der Bosentangruppe, was einer 30 prozentigen Reduktion entspricht). Die Auswirkung der Behandlung zeigten sich bereits nach 12 Wochen. - Bosentan verbessert die Lebensqualität: In einer Subgruppenanalyse konnte gezeigt werden, dass die Abnahme der Anzahl digitaler Ulzerationen mit einer Verbesserung der Lebensqualität verbunden ist. 4 Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 8 of 10

Hintergrundinformation Systemische Sklerodermie Systemische Sklerose oder Sklerodermie (SSc) ist eine chronische Autoimmunerkrankung des Bindegewebes. Charakteristisch für SSc sind ausgedehnte Kollagenablagerungen in der Haut und in den inneren Organen, wie z. B. im Gastrointestinaltrakt, in den Nieren, dem Herz und der Lunge. Inzidenz: Schwankend zwischen 4,5 und 18,7 Neuerkrankungen pro 1 Million Menschen. Prävalenz: 13 bis 48 pro 1 Million Menschen, das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen 30 und 50 Jahren, Frauen sind zwischen 5 bis 14 Mal so häufig betroffen wie Männer 5 Die Symptome und klinischen Manifestationen werden durch Gefäßschädigungen, Entzündungen und fortschreitende Fibrosen, die zu mikrovaskulären Verschlüssen führen, hervorgerufen. SSc wird allgemein in zwei Untergruppen unterteilt, die den Grad der Hautbeteiligung widerspiegeln: Diffuse kutane systemische Sklerodermie (dcssc) ist durch Hautverdickungen gekennzeichnet, die sich proximal und distal der Ellbogen und der Knie ausbreiten und auch Gesicht und Rumpf betreffen. Die Hautveränderungen beginnen oft innerhalb eines Jahres nach Manifestation eines Raynaud-Syndroms. Limitierte kutane systemische Sklerodermie (lcssc) ist durch eine erst spät auftretende, im Wesentlichen auf die Extremitäten und das Gesicht beschränkte Hautbeteiligung gekennzeichnet. Die Patienten leiden zunächst oft über Jahre hinweg nur an einem Raynaud-Syndrom. Aus der SSc zugrunde liegenden Vaskulopathie können sich andere Krankheiten entwickeln, wie pulmonal arterielle Hypertonie (bei etwa 15 Prozent der Patienten mit systemischer Sklerose 6 ), pulmonale Fibrose, Nierenkrise und digitalen Ulzerationen. Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 9 of 10

Literatur 1. Hachulla é et al. Natural history of ischemic digital ulcers in systemic sclerosis: single centre retrospective longitudinal study. Ann Rheum Dis 2007;66(Suppl II):210 2. Korn J et al. Digital ulcers in systemic sclerosis: Prevention by treatment with bosentan, an oral edothelian receptor antagonist. Arthristis & Rheumatism 2004; Issue 12;50: 3985-3993. 3. Seibold J et al. Bosentan prevents occurence but does not speed healing of digital ulcers in patients with systemic sclerosis (SSc). ACR 2005. Poster presentation L2: 552) 4. Denton CP et al. Long-Term Effects of Bosentan on quality of life (QOL) and survival, in patients with pulmonary arterial hypertension (PAH) associated with connective tissue disease (CTD): a subgroup analysis of patients with digital ulcers. Ann Rheum Dis 2007;66(Suppl II):208 5. Gaubitz M Epidemiology of connective tissue disorders. Rheumatology 2006;iii3-iii4 Ahmadi-Simab K et al. Pulmonale arterielle Hypertonie bei Kollagenosen: Klinik, Epidemiologie, Pathogenese, Diagnostik und Therapie. ZRheumatol 2006 ;65:297-305 Die systemische Sklerose (oder Sklerodermie) Seite 10 of 10