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Telefon: 233-28619 Telefax: 233-25090 Seite Referat für Arbeit und Wirtschaft Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung Unterstützung des Strukturwandels Ergebnisse des Pilotprojekts Anonymisierte Bewerbungsverfahren und deren Bewertung durch die Wirtschaft Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 10878 Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 19.11.2013 (SB) Öffentliche Sitzung Kurzübersicht zur beiliegenden Beschlussvorlage Anlass Inhalt Entscheidungsvorschlag Gesucht werden kann im RIS auch nach Antrag Nr. 08-14 / A 01861 der Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL vom 30.09.2010 und Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft der Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 06536 vom 10.05.2011 Die Ergebnisse des von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführten bundesweiten Pilotprojektes Anonyme Bewerbungen werden zusammengefasst, eine Bewertung dieser Ergebnisse durch die Münchner Wirtschaft wird dargestellt. Die Vermeidung von Diskriminierung im Arbeitsleben ist Bestandteil der Beratungs- und Projektarbeit im RAW. Ein gesondertes Pilotprojekt Anonymisiertes Bewerbungsverfahren wird nicht durchgeführt. Anonymisierte Bewerbungsverfahren, Vermeidung von Diskriminierung im Arbeitsleben, Bestenauslese.

Telefon: 233-28619 Telefax: 233-25090 Seite Referat für Arbeit und Wirtschaft Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung Unterstützung des Strukturwandels Ergebnisse des Pilotprojekts Anonymisierte Bewerbungsverfahren und deren Bewertung durch die Wirtschaft Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 10878 Vorblatt zur Beschlussvorlage des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 19.11.2013 (SB) Öffentliche Sitzung Inhaltsverzeichnis Seite I. Vortrag des Referenten 1 1. Das bundesweite Pilotprojekt 2 2. Zusammenfassung der Ergebnisse 3 2.1 Die Personalverantwortlichen der beteiligten Betriebe 3 2.2 Die Bewerber/-innen 4 2.3 Wirkungsanalyse 4 3. Bewertungen 5 3.1 Bewertung durch das POR 5 3.2 Bewertung durch die IHK - Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern 6 3.3 Bewertung durch die HWK - Handwerkskammer für München und Oberbayern 6 4. Diskussion 7 II. Antrag des Referenten 8 III. Beschluss 9

Telefon: 233-28619 Telefax: 233-25090 Seite Referat 1 für Arbeit und Wirtschaft Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung Unterstützung des Strukturwandels Ergebnisse des Pilotprojekts Anonymisierte Bewerbungsverfahren und deren Bewertung durch die Wirtschaft Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 10878 5 Anlagen Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 19.11.2013 (SB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag des Referenten Die Stadtratsfraktion Die Grünen/RL hat am 30.09.2010 den Antrag Nr. 08-14 / A 01861 (Anlage 1) gestellt, in dem Bezug genommen wird auf ein bundesweites Projekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit vier weltweit agierenden Konzernen, drei öffentlichen Verwaltungen und einem mittelständischen Unternehmen, die alle über einen Zeitraum von einem Jahr mit anonymisierten Bewerbungsunterlagen alle Bewerbungsverfahren bearbeiten. Am 10.05.2011 hat der Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft mit der Sitzungsvorlage Nr. 0804 / V 06536 beschlossen, die Ergebnisse des Pilotprojektes abzuwarten und dann den Stadtrat zu unterrichten. Das Pilotprojekt konnte in 2012 zum Abschluss gebracht werden. (Siehe in der Anlage 2 eine Zusammenfassung der Ergebnisse.) Der Antrag Nr. 08-14 / A 01861 vom 30.09.2010 zielte darauf, ein vergleichbares Projekt durchzuführen: Das Referat für Arbeit und Wirtschaft wird gebeten, ein Pilotprojekt für anonymisierte Bewerbungen nach dem Vorbild des Bundesprojektes zu initiieren. Im April 2012 hat der Referent für Arbeit und Wirtschaft den Referenten für Personal und Organisation um eine Stellungnahme gebeten. (Siehe in der Anlage 3 die Antwort des Referenten für Personal und Organisation.) Im Februar 2013 hat der Referent für Arbeit und Wirtschaft die HWK - Handswerkskammer für München und Oberbayern und die IHK Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern zum Thema Anonymisierte Bewerbungsverfahren befragt. (Siehe in der Anlage 4 das Antwortschreiben der HWK und in der Anlage 5 das Antwortschreiben der IHK.) Mit dieser Beschlussvorlage legen wir die Ergebnisse dem Stadtrat vor und bewerten diese.

Seite 2 1. Das bundesweite Pilotprojekt Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat im November 2010 das Modellprojekt Anonymisierte Bewerbungsverfahren offiziell gestartet. Für je 12 Monate sollten Deutsche Post, Deutsche Telekom, das Kosmetikunternehmen L Oréal, der Erlebnisgeschenkdienstleister Mydays, der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble, das Bundesfamilienministerium, die Bundesagentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Stadtverwaltung von Celle Bewerbungen ohne - Name, - Geschlecht, - Nationalität und Geburtsort, - Behinderung, - Geburtsdatum (bzw. Alter) - Familienstand und - Foto entgegen nehmen. Im Rahmen des Pilotprojektes wurden 8.550 Bewerbungen für rund 225 Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätze anonymisiert eingesehen. Die Stellen reichten von der Lehrlingsausbildung über die zu vergebenden Studienplätze bis hin zu technischen Berufen oder Jobs im Kundenservice. Die Anonymisierung bezog sich dabei allein auf die erste Phase der Bewerbungsverfahren, die Zeit vor der Einladung zum Bewerbungsgespräch. Hier wurde auf persönliche Angaben und Fotos verzichtet, um den Fokus auf Fähigkeiten und Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber zu lenken. Ausgangspunkt für das Modellprojekt war die These, dass vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Arbeitssuchende und Frauen mit Kindern in Bewerbungsverfahren oft benachteiligt werden; sie sollen nach Studien und gemäß der Beratungserfahrung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) deutlich schlechtere Chancen haben, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Die Anonymisierung musste während des Modellprojekts an die bisherigen Bewerbungsverfahren im Unternehmen angepasst werden. Sämtliche Anonymisierungsmethoden sollten getestet und auf ihre Tauglichkeit geprüft werden: - Anonymisierte Online-Bewerbungsbögen, die passgenau die Kompetenzen, Qualifikationen und Motivation erfassen sollten, die für die Arbeitgeber wichtig waren; - einheitliche, anonymisierte Bewerbungsformulare, die Bewerberinnen und Bewerber per Download, E-Mail oder Post erhielten und ausgefüllt zurückschicken sollten; - nachträgliche Anonymisierung der herkömmlichen Bewerbungsunterlagen (durch Schwärzen oder Übertragen von Daten).

Seite 3 Die Verfasser (kowa - Kooperationsstelle Wissenschaft und Arbeitswelt an der Europa-Universität Viadrina und IZA Institut zur Zukunft der Arbeit) des Abschlussberichtes zum Projekt gingen von zwei Hypothesen aus: - Anonymisierte Bewerbungen bieten keine Garantie gegen Benachteiligungen, sie können aber dabei helfen, Diskriminierung abzubauen. Statistisch gesehen findet Diskriminierung vor allem in der ersten Phase von Bewerbungsprozessen statt, also vor der Einladung zum Vorstellungsgespräch. Es wurde unterstellt, dass wenn Bewerbende erst einmal die Chance bekämen, sich persönlich zu präsentieren, manches Vorurteil seine Kraft verlöre. Bei anonymisierten Bewerbungsverfahren geht es um genau diese erste Chance. - Anonymisierte Bewerbungen sollen außerdem helfen, neue Bewerbergruppen zu erschließen und sicherzustellen, dass Unternehmen die qualifiziertesten Bewerberinnen und Bewerber zum Vorstellungsgespräch einladen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes setzt daher auf Freiwilligkeit und Überzeugung, nicht auf gesetzliche Regelungen. Sie will Unternehmen anregen, ihre bisherige Bewerbungskultur zu überdenken. Insgesamt wurden bei den acht beteiligten Organisationen nach Sichtung der 8.550 Bewerbungen innerhalb des einen Pilotjahres 1.293 Personen zu einem Eignungstest oder einem Vorstellungsgespräch eingeladen. 246 Personen erhielten ein Arbeitsplatzangebot bzw. das Angebot eines Studien- oder Ausbildungsplatzes. 2. Zusammenfassung der Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse aus verschiedenen Perspektiven dargestellt: aus der Erfahrung der beteiligten Personalverantwortlichen und der der Bewerbenden sowie aus einer Wirkungsanalyse. 2.1 Die Personalverantwortlichen der beteiligten Betriebe Die beteiligten Personalverantwortlichen kamen zu dem Resumé, dass sich anonymisierte Bewerbungsverfahren nahezu in allen Beschäftigtenbereichen umsetzen lassen und Stellen erfolgreich besetzt werden können. Da persönliche Angaben bei der Erstsichtung der Bewerbungen fehlten, könnte man sich ausschließlich auf die Qualifikationen bei der Auswahl der Einladungen zu Gespräch oder Test konzentrieren. Es wurde sogar vermutet, dass man bei dem anonymisierten Verfahren manch eine/n Bewerber/in eingeladen hat, die man sonst womöglich übersehen hätte.

Seite 4 Die Verwendung von standardisierten Bewerbungsformularen habe sich bewährt, nicht dagegen das Schwärzen von herkömmlichen Bewerbungsunterlagen, weil letzteres Verfahren zu viel Zeit in Anspruch nähme und daher unpraktikabel sei. Allein die Einführung der anonymisierten Bewerbungsverfahren habe zu einer innerbetrieblichen Diskussion der bisherigen Rekrutierungsverfahren geführt. Da in den beteiligten Organisationen beim bisherigen Rekrutierungsverfahren Diversity bereits umfassend berücksichtigt werde, könnte das anonymisierte Verfahren allerdings nur ein begrenztes Potential entfalten. Einige der beteiligten Organisationen sahen positive, immaterielle Effekte durch anonymisierten Bewerbungsverfahren wie zum Beispiel einen Imagegewinn bei Bewerbenden. 2.2 Die Bewerber/-innen Die Bewerbenden, die im Rahmen des Pilotprojektes ein standardisiertes Bewerbungsformular ausgefüllt haben, wurden zu ihren Erfahrungen befragt. 31 % der Bewerbenden benötigten nach eigener Einschätzung mit einem standardisierten Bewerbungsformular weniger Zeit als für herkömmliche Verfahren, 25 % sahen einen höheren Zeitaufwand, 44 % sahen keinen Unterschied. 41 % der Befragten schätzten ihre Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, beim anonymisierten Verfahren höher ein als beim herkömmlichen Verfahren, 26 % schätzten ihre Chancen beim herkömmlichen Verfahren höher ein, 33 % sahen keinen Unterschied. 54 % der Befragten gaben an, dass sie ihr Potential beim anonymisierten Verfahren besser darstellen könnten bzw. dass sie zwischen herkömmlichen und anonymisierten Verfahren keinen Unterschied sähen, 46 % glaubten, beim herkömmlichen Verfahren ihr Potential besser darstellen zu können. 2.3 Wirkungsanalyse Im Rahmen einer Wirkungsanalyse von anonymisierten Bewerbungen haben die Verfasser der Studie drei Tendenzen ausgemacht: - Bei Anonymisierung herrsche tendenziell Chancengleichheit für alle Bewerbendengruppen. - Frauen hätten im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren tendenziell bessere Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. - Hatten Bewerbende mit Migrationshintergrund zuvor schlechtere Chancen auf eine Einladung, so hätten sich diese nach der Einführung anonymisierter Bewerbungsver-

Seite 5 fahren verbessert, da sie dann die gleichen Chancen auf eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wie andere Bewerbende hätten. Die ermittelten Effekte anonymisierter Bewerbungsverfahren seien, so die Verfasser der Studie, allerdings nicht als repräsentativ zu betrachten, da die Mehrheit der teilnehmenden Organisationen bereits zuvor aktive Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt ergriffen hätten, und vermuten, dass bei weniger engagierten Organisationen, die der Diversity keine / kaum Aufmerksamkeit widmeten, die Unterschiede zwischen den Bewerbungsverfahren signifikanter wären. 3. Bewertungen 3.1 Bewertung durch das POR der LHM Diskriminierungen bei Bewerbungsverfahren sollen bei der Landeshauptstadt München grundsätzlich vermieden werden. Alle Bewerber/-innen sollen gleichgestellt und gleichbehandelt werden, so betonen die Ausschreibungsrichtlinien: Die Landeshauptstadt München fördert aktiv die Gleichstellung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir begrüßen deshalb Bewerbungen von Frauen und Männern, unabhängig von deren kultureller und sozialer Herkunft, Alter, Religion, Weltanschauung, Behinderung oder sexueller Identität. Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber werden bei gleicher Eignung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls bevorzugt. Um diesen Anspruch zu gewähren, sind alle Stellenbesetzer/innen verpflichtet, Fortbildungen zu besuchen, um verantwortungsvoll und ohne Vorurteile eine freie Stelle besetzen zu können. Diese Fortbildungen haben ein Ziel: Vermeidung von Diskriminierung bei der Auswahl von Bewerber/-innen und Erhöhung des Anteils von Mitarbeiter/-innen mit Migrationshintergrund. Grundsätzlich werden bei der Stadt München auch anonymisierte Bewerbungen akzeptiert. Aber eine Anonymisierung könne nicht eine Diskriminierung vermeiden helfen, wenn das Ziel verfolgt werden soll, die Migrantenquote oder die Frauenquote zu erhöhen. Ein durchgehendes anonymisiertes Bewerbungsverfahren verlängere die Abläufe und erhöhe die Kosten. (Dies wird im Grunde auch durch die Studie der Antidiskriminierungsstelle bestätigt.) 46 % der Bewerbenden der Studie der Antidiskriminierungsstelle gaben an, beim herkömmlichen Verfahren ihr Potential besser darstellen zu können, 25 % sehen einen erhöhten Zeitaufwand. Die öffentliche Verwaltung könne es sich aber nicht erlauben, durch anonymisierte Verfahren potentiell Interessierte zu vergraulen.

Seite 6 3.2 Bewertung durch die IHK - Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern Die IHK für München und Oberbayern unterstützt alle Verfahren zur Vermeidung von Diskriminierung in der Arbeitswelt, nicht nur innerhalb der Kammer, sondern auch in den Mitgliedsunternehmen. Nur so wird es in Zeiten des Fachkräftemangels gelingen, die qualifiziertesten und für die ausgeschriebene Stelle am besten geeignete(n) Bewerber/-innen zu gewinnen. Das Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist von der IHK aufmerksam aufgenommen worden. Im Rahmen einer IHK-Fachkräftekonferenz im März 2013 hat die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Frau Christine Lüders, einen Vortrag zum Thema Potentiale und Grenzen anonymisierter Bewerbungsverfahren gehalten. Das Verfahren der anonymisierten Bewerbung weist einige Nachteile aus: - Das Schwärzen der Bewerberunterlagen ist zeitintensiv; - keine Durchsicht von Zeugnissen bei der Begutachtung der Bewerbung vernachlässigt deren Bedeutung für die Auswahl und verdoppelt den Zeitaufwand; - fehlende Auskunft über die Motivation des Bewerbenden und auch die fehlende Einsicht in die individuelle Note des Anschreibens verhindern eine punktgenaue Auswahl. Anonymisierte Bewerbungen kämen nur auf freiwilliger Basis in Betracht und eignen sich nicht für mittlere und kleine Unternehmen, die nur selten Mitarbeiter einstellen. Der Aufwand ist für diese Unternehmen zu hoch. Wie das Pilotprojekt nachgewiesen hat, entstehen durch anonymisierte Bewerbungen kaum Vorteile für die Unternehmen, in denen Diversity einen hohen Wert besitzt; die IHK wird auch in der Zukunft für eine offene Unternehmenskultur werben. 3.3 Bewertung durch die HWK - Handwerkskammer für München und Oberbayern Ein grundlegender Teil der Beratungspraxis der HWK ist die benachteiligungsfreie Stellenbesetzung in den Handwerksbetrieben unter besonderer Beachtung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Auf das Pilotprojekt Anonymisierte Bewerbungsverfahren hat die HWK in ihren Veröffentlichungen (wie zum Beispiel in der Deutschen Handwerkszeitung DHZ) mehrfach hingewiesen. Die HWK für München und Oberbayern stellt aber auch fest, dass das Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von einer Ausnahme abgesehen sehr stark auf Großunternehmen und die öffentlichen Verwaltungen und deren Infrastrukturen focussiert ist. Der durchschnittliche Handwerksbetrieb dagegen hat weniger als fünf Beschäftigte, für die andere Bedingungen gelten. Dies ist auch eine Kritik an der Anlage des Pilotprojektes und auch ein Vorbehalt den geäußerten Empfehlungen und Generalisierungen nach Abschluss des Projektes gegenüber.

Seite 7 Anonymisierte Bewerbungsverfahren eignen sich für Handwerksbetriebe nur sehr eingegrenzt: - Es gibt in der Regel keine Personalabteilung; - es fehlt eine unabhängige Stelle für die Verschlüsselungsverfahren; - der Aufwand für das Verfahren ist zu hoch und zu kostenintensiv. Handwerksbetriebe sind aus unternehmerischen Gründen auf die angemessene Qualifikation der Bewerber/-innen bei der Stellenbesetzung angewiesen. Die fachliche Eignung und soziale Kompetenzen sind gerade auch im Hinblick auf den Kundenkontakt die entscheidenden Kriterien für den Abschluss eines Arbeits- oder Ausbildungsvertrags im Handwerk. 4. Diskussion Diskriminierung im Arbeitsleben ist unbedingt zu vermeiden, die Landeshauptstadt München vertritt die Leitlinien der Diversity. Dazu soll das Pilotprojekt Anonymisierte Bewerbungsverfahren der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) beitragen. Es bleiben aber auch Fragen offen. Knapp die Hälfte aller befragten Bewerbenden (46 %) vertrat die Meinung, dass das herkömmliche Bewerbungsverfahren ihnen eine bessere Selbstdarstellung biete. Man kann davon ausgehen, dass anonymisierte Verfahren geeignet sind für Standardausschreibungen. Je mehr Individualität bei der Besetzung einer Stelle gefragt ist, um so weniger eignen sich anonymisierte Verfahren. Dies mag einer der Gründe für die Bewertung der Bewerbenden sein. Ein anderer mag der Wunsch des/-r Bewerbenden sein, selbst genau der/die Richtige für die ausgeschriebene Stelle zu sein, was man nur durch eine originäre und individuelle Bewerbung vorweisen kann. Die gewählten Verfahren haben ausschließlich Einfluss auf die Auswahl der Eingeladenen zu einem Vorstellungsgespräch oder einem Eignungstest, wobei nach dem Auswahlverfahren der anonymisierten Bewerbung die Anonymisierung aufgehoben wird. Die Anonymisierung hat nur Einfluss auf die Auswahl für Eignungstest oder Vorstellungsgespräch. Ob damit auch Einfluss genommen wird auf die Besetzung der Arbeits- oder Ausbildungsplätze, bleibt zunächst eine Behauptung. Der Aufwand für das Anonymisieren ist hoch, wenn wie im Pilotprojekt für 246 besetzte Stellen bzw. für Studien- und Ausbildungsplätze 8.550 Bewerbungen anonymisiert werden müssen. Dies gilt weniger bei standardisierten Bewerbungsformularen, aber ganz besonders, wenn zur Anonymisierung die Daten in eine standardisierte Tabelle übertragen werden müssen, und noch viel mehr für Verfahren, wenn sensible Angaben aus der Bewerbung geschwärzt werden müssen.

Seite 8 Die teilnehmenden Organisationen im Pilotprojekt sind eine Positivauswahl im Sinne von Befürwortung von Diversity, was im übrigen auch die Stadtverwaltung für sich in Anspruch nimmt (siehe dazu den im Oktober 2012 erschienenen PeCon Standardbericht 2012 ). Anonymisierte Bewerbungen haben nur wenig Einfluss auf die Bewerbungsverfahren in diesen Betrieben und Organisationen. Ob aber Betriebe, die sich der Themen von Diversity nicht annehmen, mit anonymisierten Bewerbungsverfahren geholfen ist, qualifizierte Bewerbende zu finden, kann bisher nicht beantwortet werden. Die Debatte um Anonymisierte Bewerbungsverfahren hat sich für die öffentliche Meinungsbildung gelohnt, weil damit eine Diskussion geführt wurde über Themen wie Vermeidung von Diskriminierung in der Arbeitswelt und Diversity. Für Organisationen, die ohnehin diesen Themen hohe Aufmerksamkeit und wichtige Handlungsrelevanz beimessen, kann der Ertrag von Anonymisierten Bewerbungsverfahren den doch deutlich erhöhten Aufwand nicht aufwiegen. Unternehmen und Organisationen, die zur Vermeidung von Diskriminierung im Arbeitsleben Anonymisierte Bewerbungsverfahren nutzen wollen, liegen mit dem Pilotprojekt genügend Erfahrungen vor, dies zu tun. Diese Empfehlung gilt ganz besonders für Standardausschreibungen mit einem standardisierten Verfahren. Anhörungsrechte eines Bezirksausschusses sind nicht gegeben. Der Korreferent des Referates für Arbeit und Wirtschaft, Herr Stadtrat Helmut Schmid, und die Verwaltungsbeirätin für Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung, Frau Stadträtin Lydia Dietrich, haben jeweils einen Abdruck der Sitzungsvorlage erhalten. II. Antrag des Referenten 1. Angesichts der vorliegenden Stellungnahmen von POR, IHK und HWK wird kein zusätzliches Pilotprojekt Anonymisierte Bewerbungsverfahren vom RAW in München durchgeführt. 2. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.

Seite 9 III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der/Die Vorsitzende Der Referent Ober-/Bürgermeister/-in ea. Stadtrat/-rätin Dieter Reiter Berufsm. Stadtrat IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium Dokumentationsstelle (2x) an die Stadtkämmerei an das Revisionsamt z.k. V. Wv. RAW - FB III zur weiteren Veranlassung. 1. Die Übereinstimmung des vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das Peronal- und Organisationsreferat An die IHK - Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern An die HWK - Handwerskammer für München und Oberbayern z.k. Am