Zivil- und strafrechtliche Verantwortung. Betreuung Minderjähriger. Martin Stoppel

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Transkript:

Zivil- und strafrechtliche Verantwortung in der Betreuung Minderjähriger Martin Stoppel 13.4.2010 www.paedagogikundzwang.de martin-stoppel@gmx.de

Gliederung 1. Zivilrechtliche Aufsichtspflicht 1.1 Das Verhältnis zum primären Erziehungsauftrag 1.2 Die rechtlichen Grundlagen der Aufsichtspflicht 1.3 Die notwendige Sorgfalt/ Der Begriff Fahrlässigkeit 1.4 Inhalt der Aufsichtsverantwortung: allg. und im Einzelfall 1.5 Abstufung nach Aufsichtsintensität 1.6 Aufsichtspflichtverletzung/ Schadensersatzprozess 1.7 Organisationsverantwortung des Trägers/ der Leitung 1.8 Delegation der Aufsicht 1.9 Die gesetzliche Unfallversicherung 2. Der strafrechtliche Bezug: Die Fahrlässigkeitstat, Verletzen der Fürsorge- u. Erziehungspflicht ( 171StGB)

1. Zivilrechtliche Aufsichtspflicht 1.1 Das Verhältnis zum primären Erziehungsauftrag - In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen steht der Erziehungsauftrag im Vordergrund - Erfolgreiches pädagogisches Verhalten kann die zivilrechtliche Aufsicht reduzieren oder gar erübrigen - Jedes Aufsichtsverhalten ist pädag. zu begleiten bzw. nachträgl. päd. aufzuarbeiten; ohne päd. Begleitg. ist Aufsicht ungeeignet. - Es besteht die Verantwortung der geplanten (Konzept) und gelebten Synthese zwischen Persönlichkeitsentwicklung und Gefahrenabwehr

1. Die zivilrechtliche Aufsichtspflicht 1.2 Die rechtlichen Grundlagen der Aufsichtspflicht - Gesetzliche Aufsichtspflicht (BGB) - Vorbeugen von Eigen- o. Fremdgefährdungen des Kindes/Jugln - Reaktion auf Eigen- oder Fremdgefährdungen des Kindes/Jugln - Geschützt: bei Eigengefährdung Rechte des Kindes/Jugln, bei Fremdgefährdung Rechte anderer Personen (Mitschüler/ - bewohner, PädagogInnen, Lehrer, Dritte) - Das im Rahmen der Aufsicht erforderliche Verhalten richtet sich nach den Kriterien erforderlich, geeignet, verhältnismäßig, zumutbar

1. Die zivilrechtliche Aufsichtspflicht 1.3 Die notwendige Sorgfalt/ Der Begriff Fahrlässigkeit - Nach BGB ist Fahrlässigkeit das Außer- Acht- Lassen "der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt". Fahrlässigkeit grenzt sich von Vorsatz dadurch ab, dass die Folge der Handlung nicht willensmäßig herbeigeführt wird. Damit Fahrlässigkeit vorliegen kann, bedarf es der Vermeidbarkeit, der Voraussehbarkeit des pflichtwidrigen Handelns und der sich daraus ergebenden Folge. - Maßstab ist die objektiv erforderliche Sorgfalt, nicht die übliche: die "nach den Umständen des Einzelfalles gebotene Sorgfalt - Einfache Fahrlässigkeit = erforderliche Sorgfalt ist nicht beachtet - Grobe Fahrlässigkeit = erf. Sorgfalt in bes. Maße verletzt, Anforderungen wären in d. Situation jedem o. weiteres aufgefallen.

1.4 Inhalt der Aufsichtsverantwortung, allgemein - Es ist dafür Sorge zu tragen, dass Kinder/ Jugendliche nicht zu Schaden kommen oder Dritten einen Schaden zufügen. - Die/ der Aufsichtsverantwortliche muss im Einzelfall - die nach- folgenden Kriterien berücksichtigend - prüfen, ob und wenn ja welche Aufsicht geboten ist, d. h. was erforderlich ist, um zu verhindern, dass MJ zu Schaden kommt oder Dritte schädigt. - Zur Aufsicht gehört: sich über mögliche Probleme Gedanken machen, soweit wie möglich Gefahren beseitigen, Belehren und Warnen, Überwachen und Kontrollieren, bei Verstoß: Ermahnen oder Verwarnen bzw. Strafen oder Konsequenzen einleiten. - Unmittelbar aufsichtsverantwortlich sind die BetreuerInnen, mitteilbar- im Sinne der Organisation- die Leitungsverantwortlichen.

1.4 Inhalt der Aufsichtsverantwortung im Einzelfall/ Kriterien Der Umfang der Aufsichtsverantwortung hängt vom Einzelfall ab, wobei die/ der Aufsichtsverantwortliche bestimmte Entscheidungskriterien zu beachten hat. Das Maß der Aufsicht ist von personen- u. situationsbezogenen Faktoren abhängig: - Alter, Entwicklungsstand, verhaltensbez. Erfahrungen (vorherige Vorkommnisse, Selbständigkeit), Charakter (selbstbewusst,übermütig,ängstlich),bisherige Erziehungserfolge, körperlich/geistige/ seelische Erkrankungen/Behinderungn,Erfordernis regelm. Medikamenteneinnahme, familiärer/soz. Hintergrund, pers. Besonderheiten:Drogen,Gew.bereitschaft,Sexualverhalten,Straftatneigung - Sicherheit Umgebg (Verkehrslage/Milieu),Sicherheit Wegstrecke (öff. Verkehrsmittel/ Uhrzeit), Erreichbarkeit von Hilfe (Handy) - Rechtliche Schutzbestimmungen (Jugendschutzgesetz).

1.5 Abstufung nach Aufsichtsintensität - Die Frage, welche Aufsichtsintensität im Einzelfall angezeigt ist, orientiert sich an einer Gefährdungsprognose, welche die verantwortlichen Lehrer/ PädagogenInnen regelmäßig treffen. - Es empfiehlt sich, mit derartigen Prognosen verbundene organisatorische Abläufe in der Einrichtung zu strukturieren (Prozessqualität), z.b. unter den Aspekten regelmäßiger Teamabsprachen und Dokumentation, bei gleichzeitigem Festlegen wesentlicher Kriterien der Gefährdungsprognose. Sofern eine derartige Ablauforganisation vorhanden ist, verbessert sich die Position Aufsichtsverantwortlicher in einem eventuellen späteren GerichtsVerfahren in entscheidender Weise.

1.5 Abstufung nach Aufsichtsintensität Durchführung der Gefährdungsprognose, die - um im Einzelfall nicht überrascht zu werden- präventiven Charakter hat: - Feststellen der Risiken des Kindes/ Jugendlichen durch Bewerten der persönlichen Kriterien (siehe vorne) - Verbinden persönlicher Risiken mit den Risiken typischer Situationen (z.b. nächtl. pers. Wachpräsenz/ situative Kriterien,vorne). - Beantworten der Frage, ob angesichts festgestellter Risiken bestimmte Selbst- oder Fremdschädigungen vorhersehbar sind, weil ein Risiko in bestimmten Situationen konkretisiert wird - Festlegen der aufgrund voraussehbarer Schädigungen erforderlichen, verhältnismäßigen und zumutbaren Reaktionen

1.5 Abstufung nach Aufsichtsintensität Die Intensität der Aufsicht richtet sich nach: - Der Entwicklungsstufe des Kindes/ Jugendlichen - Dem Gefährdungspotential der jeweiligen Situation - Der Voraussehbarkeit einer Gefährdung - Der zur Verfügung stehenden Organisation, das heißt generellen Vorgaben des Trägers/ der Leitung, der personellen Besetzung, möglichen Informationswegen und Unterstützungsmodalitäten Negativwirkung: Organisationsverschulden des Trägers bzw. der Einrichtungsleitung

1.5 Abstufung nach Aufsichtsintensität Folgende Abstufung besteht im Kontext pers. Freiheit des MJ, wobei - wenn i. R. der Gefahrenlage verantwortbar- die in Intensität den MJ geringst belastende Maßnahme zu ergreifen ist: - Unbegleiteter Ausgang mit psychologischem Band : vorheriges Abstimmen beabsichtigter Freizeit/ Ausgangsdauer, anschließende Reflektion mit Plausibilitätskontrolle - Begleiteter Ausgang in Gruppe - Begleiteter Ausgang in Einzelbetreuung - Aufenthalt im abgetrennten Freigelände einer Einrichtung unter Beobachtung - Hausarrest für wenige Stunden - Hausarrest für längeren Zeitraum Freiheitsentzug/Richter

1.6 Aufsichtspflichtverletzung/ Schadensersatzprozess Im Rahmen eines Schadensersatzprozesses gilt Folgendes: - Grundsätzlich besteht gemäß 832 I Satz 2 BGB keine Haftung, wenn der Schaden auch bei richtiger Aufsichtsführung eingetreten wäre. Aber: eine Aufsichtspflichtverletzung wird bei eingetretenem Schaden kraft Gesetz vermutet. Demnach muss die aufsichtspflichtige Einrichtung schlüssig darlegen, dass sie die im Einzelfall erforderliche Aufsichtspflicht wahrgenommen hat. Sie muss sich also entlasten, das heißt der gesetzlich vermuteten Aufsichtspflichtverletzung entgegentreten und darlegen, dass sie die notwendige Aufsicht durchgeführt hat. Diese Umkehr der Beweislast gilt für private und öffentliche Einrichtungen. - Neben privatrechtlichen Schadensersatzansprüchen können strafrechtliche Sanktionen in Betracht kommen.

1.6 Aufsichtspflichtverletzung/ Schadensersatzprozess Darüber hinaus ist Folgendes zu beachten: - In der Betreuung Minderjähriger handelt der Betreuer für den Arbeitgeber/Träger als Verrichtungsgehilfe ( 831 BGB) und verursacht damit dessen Haftung. Freilich kann der Träger bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz seine/n Mitarbeiter/in intern in Regress nehmen. - Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, dass ein Geschädigter den MJ wegen Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz in Regress nimmt: MJ bis 6. haften nicht für Schäden; zwischen 7-17, wenn sie die erforderliche Reife und Einsichtsfähigkeit besitzen. Offen bleibt, ob der MJ zur Regulierung des Schadens im Stande ist. - Das Risiko des Schadensersatzes ist angesichts Betriebshaftpflichtversicherung begrenzt.

1.7 Organisationsverantwortung des Trägers/ der Leitung Im Rahmen der durch die Rechtsform vorgegebenen Funktionen haben Träger und Einrichtungsleitung ihre Aufgaben wahrzunehmen, in zivilrechtlicher Aufsicht die Organisationsverantwortung Die Organisationsverantwortung beinhaltet: - Das Zurverfügungstellen ausreichender personeller, sachlicher und organisatorischer Ressourcen (festgelegte Informationswege u. Unterstützungsmodi bei bes. Vorkommnissen, Krisenplan) - Generelle Vorgaben: Erziehungsmethodik, Konzept, Sicherstellen der Rechtmäßigkeit, Hausordnung, Dienstanweisungen, Dienstplan - Fachliche und rechtliche Aufsicht über die MitarbeiterInnen Negativwirkung: Organisationsverschulden

1.8 Delegation der Aufsicht Aufsichtsverantwortung kann in ihrer Durchführung auf Dritte delegiert werden. Beachten: - Richtige Auswahl im Sinne der Eignung: da die Betreuung MJ neben der Aufsicht pädagogische Inhalte hat, ist doppelte Eignung relevant: in Pädagogik und Aufsichtspflicht. - Durchführungsverantwortung bedeutet, dass der Auftraggeber zu Art und Weise der Betreuung grundlegende Vorgaben setzt. - Fortlaufende Stichproben, deren Intensität/ Regelmäßigkeit davon abhängt, welche Erfahrungen gemacht wurden.

1.9 Die gesetzliche Unfallversicherung Eine gesetzliche Unfallversicherung besteht für: - MitarbeiterInnen, - Kinder in Kindertagesstätten oder in Tagespflege - Schüler - Studenten - Auszubildende - Pflegepersonen - Helfer bei Unglücksfällen Ansonsten ist eine private Unfallversicherung angezeigt. Das Jugendamt erstattet nach 39 SGB VIII laufende Aufwendungen, auch nachgewiesene Beiträge für Unfallversicherung.

2. Der strafrechtliche Bezug Die Fahrlässigkeitstat - Fahrlässigkeit wird entsprechend dem Zivilrecht definiert - Fahrlässige Körperverletzung ( 229 StGB): Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

2. Der strafrechtliche Bezug 171 StGB Verletzen der Fürsorge- u. Erziehungspflicht Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Zum Abschluss noch ein Hinweis: Absicherungsmentalität ist nicht angebracht: 1. Angesichts Betriebshaftpflicht- / Unfallversicherung 2. Aufgrund des Auftrags Pädagogik und Aufsicht