Dr. Bernhard Schneider Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
EU-Bauproduktenverordnung und BauPG-Anpassungsgesetz Aktueller Stand Dr. Bernhard Schneider, BMVBS Symposium zur EU-Bauproduktenverordnung 8. November 2012
Überblick Bauprodukte und Binnenmarkt Die wesentlichen Regelungen der EU-Bauproduktenverordnung Der zweite Weg zur CE-Kennzeichnung von Bauprodukten: die Europäische Technische Bewertung Das nationale Bauproduktenrecht
Der europäische Binnenmarkt Der Europäische Wirtschaftsraum: EU: 27 Mitgliedstaaten plus EFTA: Norwegen Liechtenstein Island (ohne Schweiz)
Binnenmarkt: Wozu? Abbau von Handelshemmnissen, Pass- und Zollkontrollen freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital ökonomisches, politisches und kulturelles Zusammenwachsen Europas
Binnenmarkt: drei Pfeiler Notifizierung neuer technischer Vorschriften Info-Rl 98/34/EWG; wird überarbeitet Gegenseitige Anerkennung Art. 34-36 EUV, alt: Art. 28-30 EG Verordnung (EG) Nr. 764/2008 Harmonisierung technischer Vorschriften Bauproduktenrichtlinie (89/106/EWG), Bauproduktenverordnung (2011/305/EU) (ab 01.07.2013) Maschinenrichtlinie (2006/42/EG)
Harmonisierung im new approach (1985) Eine (EU-) Regelung statt 27 (MS-) Regelungen Die Harmonisierung beschränkt sich auf wesentliche Anforderungen: Produkte, die den wesentlichen Anforderungen entsprechen, dürfen in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden ( Konformität ). Harmonisierte Normen mit Vermutungswirkung für Konformität. Anwendung von harmonisierten Normen ist freiwillig. CE als Konformitätszeichen.
Bauprodukte und Bauwerke Marktakteure Bauherren... Martin Osen Folie 8
Heute: Bauproduktenrichtlinie Folie 9
Juli 2013: Bauproduktenverordnung Folie 10
EU-Bauproduktenverordnung Verordnung (EU) Nr. 305/2011 vom 09.03.2011 Grundanforderungen an Bauwerke 1: Standsicherheit und mechanische Festigkeit 2: Brandschutz 3: Hygiene, Gesundheit, Umweltschutz + Klima, 4: Nutzungssicherheit + Einbruch + Barrierefreiheit 5: Schallschutz 6: Energieeinsparung und Wärmeschutz 7: Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen Anforderungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf Wesentliche Eigenschaften von Bauprodukten Mandate KOM an CEN harmonisierte Europäische Normen (hen)
Beispiel: CE-Kennzeichnung eines Bauprodukts
Bauprodukte kein new approach Eine Regelung statt 27? ja, aber nur Prüfmethoden Wesentliche Anforderungen ja, aber an Bauwerke Konformität? ja, aber nur erklärte Leistung/ tatsächliche Leistung in Bezug auf wesentliche Eigenschaften Vermutungswirkung der hen? ja freiwillige Normanwendung? nein, ggf. Ausnahme bzw. Vereinfachung CE als Konformitätszeichen? ja, aber Zusatzangaben
Überblick Bauprodukte und Binnenmarkt Die wesentlichen Regelungen der EU-Bauproduktenverordnung Der zweite Weg zur CE-Kennzeichnung von Bauprodukten: die Europäische Technische Bewertung Das nationale Bauproduktenrecht
Grundanforderungen an Bauwerke (Anhang I) 1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit 2. Brandschutz 3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz jetzt auch bezogen auf Klimaschutz; Lebenszyklusansatz 4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung jetzt auch security / Einbruchssicherheit 5. Schallschutz 6. Energieeinsparung und Wärmeschutz jetzt auch während Auf- und Rückbau 7. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen Folie 15
Rechtspflicht zur CE-Kennzeichnung, Art. 4 Rechtspflicht bei Vorliegen von hen/ ETA, Art 4 (1) Verbot von Leistungsangaben in jeglicher Form, sofern sie nicht zugleich in der Leistungserklärung enthalten und spezifiziert sind, Art. 4 (2) Folie 16
Ausnahmen, Art. 5 Keine CE-Kennzeichnung ist nötig, wenn a) keine nationale oder europäische Erklärungspflicht eingeführt wurde b) einer von drei Ausnahmetatbeständen erfüllt ist: Folie 17
1. Sonderanfertigung Ausnahmetatbestände individuell gefertigt oder Sonderanfertigung nicht im Rahmen einer Serienfertigung, besonderer Auftrag, bestimmtes einzelnes Bauwerk + Einbau durch den Bauunternehmer 2. Baustellenprodukt Fertigung auf der Baustelle und für diese Baustelle + Einbau durch den Bauunternehmer 3. zum Zweck der Denkmalpflege Folie 18
Vereinfachungen (1) Mit CE-Kennzeichnung, aber vereinfacht: Artikel 36 Einschränkung des Performance-Prinzips (vgl. Art. 17 (3) 3, Art. 27 (5)) Teilen von Prüfresultaten (shared/ cascaded ITT) + Angemessene technische Dokumentation Folie 19
Artikel 37 Vereinfachungen (2) Kleinstunternehmen (Definition beachten!) können statt der Systeme 3 und 4 abweichende Verfahren nutzen System 3 durch 4 ersetzen + Spezifische technische Dokumentation über 1. das Erfüllen der Anforderungen und 2. die Gleichwertigkeit zur hen Folie 20
Artikel 38 Sonderanfertigung Vereinfachungen (3) individuell gefertigt oder Sonderanfertigung nicht im Rahmen einer Serienfertigung, besonderer Auftrag, bestimmtes einzelnes Bauwerk + Spezifische technische Dokumentation über 1. das Erfüllen der Anforderungen und 2. die Gleichwertigkeit zur hen Folie 21
Inhalt der Leistungserklärung Verwendungszweck gemäß hen/ ETA vollständige Liste aller Merkmale 1 Leistungswert, im Übrigen npd europäische Pflichtangaben nach Art. 3 (3) Leistung nach Stufen/ Klassen oder nach Berechnung Appell zu marktgerechten Angaben, Art. 6 (3) e beachte: eingeschränktes Marktbehinderungsverbot, Art. 8 (4) Folie 22
Angaben beim CE-Zeichen Verwendungszweck gemäß hen/ ETA (nur) positive Leistungsangaben mit Stufen/ Klassen formale Angaben (Jahr der erstmaligen Anbringung des CE-Zeichens, Identifikationsmerkmale des Herstellers, Kenncode des Produkttyps, Bezugsnummer der Leistungserklärung, Fundstelle der hen/ ETA, Kennnummer der Prüfstelle) Folie 23
Zusätzliche Informationen über Inhaltsstoffe, Art. 6 (5) Folgende Informationen müssen zusammen mit der Leistungserklärung zur Verfügung gestellt werden: Art. 31 REACH: Sicherheitsdatenblatt Art. 33 REACH: Stoffliste nach Anhang XIV (REACH beschränkt auf: auf Ersuchen des Verbrauchers ) Ziele: nachhaltigeres Bauen, umweltfreundlichere Produkte (Erwägungsgrund 25) ggf. Ausweitung (Berichtspflicht der KOM, Art. 67) KOM: möglichst wenig belastende Anwendung Folie 24
Pflichten der Wirtschaftsakteure umfassender Pflichtenkatalog für Wirtschaftsakteure, Art. 11 bis 16, insbesondere: ggf. aktive Beobachtung von Produkten auf dem Markt (Stichproben, Verzeichnisse, Informationen) Korrekturmaßnahmen einschl. Rücknahme und Rückruf Rückverfolgbarkeit Kooperation mit Behörden bei Produktänderung gilt Händler als Hersteller, Art. 15 Folie 25
Marktüberwachung Grundlage: Verordnung (EG) Nr. 765/2008 national durchgeführt im neuen ProdSG ergänzt durch Art. 56 bis 59: bei fehlerhafter Leistungserklärung bei Gefährdung der Einhaltung der Grundanforderungen an Bauwerke bei Gefahren für Sicherheit und Gesundheit durch vorschriftskonforme Bauprodukte Folie 26
MÜ auf der Baustelle Fragestellung: Direktlieferung auf die Baustelle aus dem Ausland Rechtsfragen Regelung in EU-BauPVO? Baustelle = Markt oder Nutzer/ Bauwerk? Bauunternehmer/ Bauherr = Wirtschaftsakteur? Regelung in künftiger MÜ-Verordnung? Folie 27
Notifizierte Stellen product factory 1+ 1 2+ 2 3 4 initial type-testing nb nb m m nb m testing of samples, prescribed test plan audit-testing of samples factory production control (fpc) initial inspection of factory and fpc continuous surveillance of fpc m = manufacturer nb = notified body m m m nb m m m m m m nb nb nb nb nb nb nb Folie 28
Weitergehende Anforderungen Anforderungen an die notifizierenden Behörden (Unparteilichkeit, Kenntnisse, etc.) Pflichtenkatalog für Drittstellen (z.b. Rechtspersönlichkeit, Unteraufträge nur mit Einverständnis, Nutzung externer Prüflabore, etc.) Verfahren zur Prüfung der Kompetenz der Drittstellen (Untersuchung durch Kommission), Art. 51 Pflicht zur Beteiligung an der Group of Notified Bodies Vorfahrt für Akkreditierung Folie 29
Produktinfostellen, Art. 10 informieren über nationale Anforderungen an die Verwendung von (harmonisierten) Bauprodukten in Deutschland bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Folie 30
Übergangsbestimmungen, Art. 66 keine Neudeklaration von Bauprodukten nötig Leistungserklärung kann auf der Grundlage eines Konformitätsnachweises nach BPR erstellt werden aber: neue Notifizierung auf der Grundlage einer Akkreditierung für Drittstellen nötig Folie 31
Überblick Bauprodukte und Binnenmarkt Die wesentlichen Regelungen der EU-Bauproduktenverordnung Der zweite Weg zur CE-Kennzeichnung von Bauprodukten: die Europäische Technische Bewertung Das nationale Bauproduktenrecht
Begriff und Voraussetzungen Europäische Technische Bewertung ist die Aussage einer Technischen Bewertungsstelle über die Leistungsfähigkeit eines Produkts in Bezug auf Wesentliche Eigenschaften, sofern keine hen einschlägig ist, ein in einer hen vorgesehene Bewertungsverfahren für das Produkt nicht geeignet ist oder die hen in Bezug auf mind. ein Wesentliches Merkmal kein Bewertungsverfahren vorsieht Folie 33
Das EBD als Grundlage Grundlage der Bewertung ist ein von der Organisation der Technischen Bewertungsstellen erarbeitetes Europäische Bewertungsdokument Inhalt allgemeine Beschreibung des Produkts Verfahren und Kriterien zur Leistungsbewertung Grundsätze der werkseigenen Produktionskontrolle Übergangsbestimmungen ETAGs gelten als EBDs fort Zulassungen nach BPR sind bis zum Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer verwendbar Folie 34
Verfahren der europäischen technischen Bewertung (Anhang II) Antrag durch Hersteller Vertrag mit Arbeitsprogramm Erstellung EBD in einem fristgesteuerten Verfahren (durch Organisation der Technischen Bewertungsstellen) Beteiligung KOM, ggf. Streitschlichtung durch KOM (Art. 23) Beteiligung Hersteller Ausstellung ETB (durch Bewertungsstelle) Veröffentlichung der Fundstelle des EBD, ggf. Anpassung an Erfahrungen ggf. formale Einwände (Art. 25) Folie 35
Rechtswirkung der Bewertungen Wegfall der Definition als positive technische Beurteilung der Brauchbarkeit eines Produkts hinsichtlich der Erfüllung der wesentlichen Anforderungen für Bauwerke, für die das Produkt verwendet wird (vgl. Art. 8 BPR) keine Anpassungsverpflichtung der Mitgliedstaaten keine Gültigkeitsdauer Folie 36
Überblick Bauprodukte und Binnenmarkt Die wesentlichen Regelungen der EU-Bauproduktenverordnung Der zweite Weg zur CE-Kennzeichnung von Bauprodukten: die Europäische Technische Bewertung Das nationale Bauproduktenrecht
BauPG-Anpassungsgesetz Stand: einstimmige Verabschiedung im Bundestag am 18.10.2012 (BT-Drs. 17/10310); nächster Schritt: Bundesrat (Einspruchsgesetz) DIBt als Technische Bewertungsstelle DIBt als notifizierende Behörde nach EU-Bauproduktenverordnung Akkreditierungspflicht für Drittstellen nach EU-Bauproduktenverordnung Folie 38
BauPG-Anpassungsgesetz Zum 01.07.2013: EU-Bauproduktenverordnung tritt in Kraft Sanktionenrecht Bußgeld: 10.000 bzw. 50.000 Strafe bis zu 1 Jahr: bei Wiederholung oder Gefährdung von Leib oder Leben Folie 39
CE- oder Ü-Zeichen im EU-Bauproduktenrecht: CE-Zeichen harmonisierte Europäische Norm (hen) via DIN/ CEN Europäisches Bewertungsdokument und Europäische Technische Bewertung via DIBt/ OTB im Landesbauordnungsrecht: Ü-Zeichen Übereinstimmung mit technischer Regel (z.b. DIN-Norm), allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung (DIBt) oder Zustimmung im Einzelfall (Bauaufsichtsbehörde) Folie 40
CE- und Ü-Zeichen?! Restregelungen (CE + Ü) Restnormen via DIN Restzulassungen via DIBt (mangels Norm, in Bezug auf bauaufsichtlich relevante Eigenschaften) Voraussetzung: (zeitweilige) Mängel/ Lücken in der hen + Antrag auf Mandatsergänzung bei KOM Anwendungsregelungen (nur CE) Bemessungsnormen nach DIN oder Eurocode Anwendungszulassung z.b. für für maschinelle Rauch- und Wärmeabzugsgeräte und Entrauchungsventilatoren Voraussetzung: keine Änderung des Produkts Folie 41
Am Beispiel: Klappbrücke Maschine Bauwerk Straße Bauprodukte eingebaut in Brückenfundament EU-Bauproduktenverordnung (305/2011/EU) (aus Grundanforderungen an Bauwerke gem. Anhang I ableitbar) nationales Bauproduktenrecht (soweit keine hen ETA vorhanden) Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) (erfasst von Maschinen ausgehende Gefährdungen gem. Anhang I)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Bernhard Schneider Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin bernhard.schneider@bmvbs.bund.de