Talentmanagement für China

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Transkript:

Talentmanagement für China Qualifizierte chinesische Mitarbeiter gewinnen und nachhaltig binden White Paper 12/2013 Autor: Prof. Dr. Yasmin Mei-Yee Fargel Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 1

Strategisches Talentmanagement als Wettbewerbsvorteil Das zunehmend selbstbewusst werdende China strebt nach Wohlstand, Wachstum und wirtschaftlichem Weltmachtstatus. Kaum eine andere Volkswirtschaft wächst so rasant wie die chinesische. China ist inzwischen für eine Vielzahl an Produkten oder Dienstleistungen der größte Markt weltweit, beispielsweise für Automobile. Auch als Standort für Produktions- und Einkaufsaktivitäten nimmt China eine bedeutende Rolle ein. Um die ehrgeizigen Ziele in China zu erreichen, benötigen westliche Arbeitgeber qualifiziertes chinesisches Personal vor Ort. Doch stellt der chinesische Arbeitsmarkt mit seiner ausgeprägten Dynamik, seinen kulturellen Spezifika sowie seinen Tücken für viele westliche Unternehmen eine große Herausforderung dar. Viele Arbeitgeber haben Probleme, in China qualifizierte Mitarbeiter und Führungskräfte zu finden. Auch die Loyalisierung sowie nachhaltige Bindung chinesischer Mitarbeiter ans Unternehmen stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Gerade die nachhaltige Mitarbeiterbindung stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Realisierung ehrgeiziger Unternehmensziele in China sowie für die Vermeidung von riskantem Know-How-Verlust dar. Die große Mehrheit der westlichen Arbeitgeber, die in China aktiv sind, haben diese Herausforderungen bereits erkannt. Eine ausgereifte Talentmanagementstrategie jedoch, wie geeignete chinesische Mitarbeiter für das Unternehmen gewonnen, entwickelt und nachhaltig gebunden werden können, besteht oftmals nicht. So klafft also eine Umsetzungslücke zwischen strategischem Anspruch und tatsächlicher Umsetzung von Talentmanagementaufgaben in China. Diejenigen Unternehmen, denen es gelingt, ein strategisches Talentmanagement in China erfolgreich aufzubauen und umzusetzen, werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit einen erheblichen Wettbewerbsvorteil in China sichern können. Hierfür ist es erforderlich, die Gesetze und Besonderheiten des chinesischen Arbeitsmarktes und chinesischer Mitarbeiter zu verstehen. Heterogener chinesischer Arbeitsmarkt Die Volksrepublik China ist groß. Politisch betrachtet handelt es sich um ein Land, geographisch betrachtet muss man fast von einem Kontinent sprechen. Die reine Größe des Landes führt dazu, dass der chinesische Arbeitsmarkt sehr heterogen Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 2

ist. Wie äußert sich diese Heterogenität konkret? Im Landesinneren des Landes und in westlichen Regionen fällt der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter deutlich geringer aus als an der wirtschaftlich boomenden Ostküste. In ländlichen Gegenden ist der Wettbewerb geringer als in urbanen Regionen. Besonders deutlich allerdings zeigt sich die Heterogenität des chinesischen Arbeitsmarkts bei der Betrachtung der unterschiedlichen Qualifikationsniveaus. In niedrig qualifizierten Segmenten ist das Arbeitskräfteangebot groß. Auch die Jugendarbeitslosigkeit unter chinesischen Hochschulabsolventen, die über keine besonderen Qualifikationen verfügen, ist weit verbreitet. Im höher qualifizierten Bereich hingegen, insbesondere in den so genannten Tier 1 Cities, Peking, Shanghai und Guanzhou, zeigt sich eine völlig andere Arbeitsmarktsituation. Chinesische Talente, die praxisnah ausgebildet worden sind, über eine überdurchschnittlich gute Hochschulausbildung verfügen, fließend Englisch oder weitere Fremdsprachen sprechen und dazu geeignet sind, in multinationalen Unternehmen erfolgreich zu arbeiten, sind äußerst hart umkämpft. Bei diesem Arbeitsmarktsegment tobt ein intensiver War for Talents. Dies gilt insbesondere für berufserfahrene chinesische Mitarbeiter und Führungskräfte, die über einschlägiges Fachwissen verfügen, gut vernetzt sind, über Auslandserfahrung verfügen oder bereits für multinationale Arbeitgeber gearbeitet haben. Denn die genannten Qualifikationen und Erfahrungen befähigen sie, mit internationalen Kollegen und Führungskräften erfolgreich zusammen zu arbeiten. Gerade um jene Zielgruppe konkurrieren nicht nur diverse internationale Arbeitgeber in China. Auch staatliche Institutionen sowie chinesische Staats- und private Unternehmen buhlen um jene Talente. Dies spiegelt sich unter anderem auch in intensiven Aktivitäten chinesischer Headhunter wider. Inzwischen existieren Headhunter-Unternehmen, die auf das Abwerben erfahrener Fach- und Führungskräfte von internationalen Arbeitgebern spezialisiert sind. Denn das Interesse an derartigen chinesischen Wissens- und Erfahrungsträgern ist hoch. Schließlich kauft man auf diese Art und Weise nicht nur die Arbeitskraft an sich, sondern auch wichtiges Know-How, Erfahrungswissen und Kontakte ein. Gerade letztere sind im chinesischen Geschäftsleben oftmals erfolgsentscheidend. Aus Sicht europäischer Arbeitgeber in China bedarf es daher eines strategischen und personalprozessübergreifenden Ansatzes, um den Kampf um qualifizierte Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 3

chinesische Talente gewinnen und diese nachhaltig ans Unternehmen binden zu können. Strategischer, personalprozessübergreifender Ansatz Um qualifizierte chinesische Talente nicht nur zu gewinnen, sondern auch nachhaltig zu binden und für die Unternehmensziele begeistern zu können, reicht es nicht aus, sich allein auf intensive Recruitingmaßnahmen zu konzentrieren. Das beste Recruitingkonzept würde alleinstehend nicht zum Erfolg führen. Vielmehr ist ein strategischer und konzertierter Ansatz aus abgestimmten Maßnahmen entlang der Personalprozesse Employer Branding, Recruiting, Personalauswahl, Vergütung, Personalentwicklung sowie Personalführung erforderlich. Dabei sind die Spezifika des chinesischen Arbeitsmarktes zu berücksichtigen und in den Gesamtansatz zu integrieren (siehe Abbildung 1). Die wesentlichsten Punkte, die es jeweils zu berücksichtigen gilt, sollen daher nachfolgend prägnant vorgestellt werden: Employer Branding: Westliche Unternehmen unabhängig von der Unternehmensgröße sollten in China Maßnahmen ergreifen, bei den relevanten Mitarbeitergruppen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen und entsprechend bekannt gemacht zu werden. Grundsätzlich stehen die Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 4

Chancen für westliche Arbeitgeber gut, als attraktiv wahrgenommen zu werden, da sich chinesische Talente bestimmte Vorteile wie etwa internationale Arbeitskontakte und Reisetätigkeiten sowie Erfahrung mit innovativen Technologien und Arbeitsprozessen erhoffen. Beim Employer Branding ist in einem ersten Schritt zu verstehen, was die Bedürfnisse und Erwartungshaltungen der gesuchten Zielgruppe an einen attraktiven Arbeitgeber sind. Hierbei helfen Gespräche mit repräsentativen Vertretern der Zielgruppe oder Studien, die empirische Daten zu den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe umfassen. Diese Soll-Erwartungen der Zielgruppe, beispielsweise hinsichtlich Aufgaben- und Verantwortungsspektrum, Positionstitel, Arbeitsplatzgestaltung oder Weiterentwicklungsmöglichkeiten, sind mit dem vorhandenen Ist-Angebot abzugleichen, das man als Arbeitgeber anbietet. Bei größeren Abweichungen sind Anpassungen vorzunehmen. Auf Basis der jeweiligen Bedürfnisse der Zielgruppe sollten westliche Arbeitgeber dann zielgerichtet ihre individuellen Vorteile herausarbeiten und entsprechend nach innen und außen kommunizieren. Dabei sollte berücksichtigt werden, zwar einerseits nur ehrliche Botschaften zu kommunizieren, andererseits aber gleichzeitig die individuellen Vorzüge als Arbeitgeber bewusst zu akzentuieren. Wenn beispielsweise ein mittelständischer Arbeitgeber chinesischen Talenten frühzeitig Verantwortung überträgt, dann ist dies ein Vorzug, der hervorgehoben werden sollte. Bescheidenheit ist hier fehl am Platz. Was viele in diesem Kontext nicht wissen: China ist der weltweit größte Markt für Social Media. In keinem anderen Land der Welt gibt es mehr Menschen, die sich im Internet mit ihrem sozialen Netzwerk austauschen und persönliche Erfahrungen und Erlebnisse teilen. Dies geschieht oftmals mit einer überraschenden Offenheit. Dabei werden auch berufliche Themen und Erfahrungen diskutiert und ausgetauscht. Die Vorzüge von Arbeitgebern werden kommuniziert, ebenso aber auch negative Erfahrungen. Um mehr über die relevanten Zielgruppen zu erfahren, kann es empfehlenswert sein, so genanntes Opinion Mining in den Social Media zu betreiben. Hierbei geht es um die Fragen: Was wird über mich als Arbeitgeber erzählt? Welches Image wird transportiert? Wie tauschen sich die relevanten Zielgruppen über unser Unternehmen aus? Wie tauschen sie sich über andere Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 5

Unternehmen aus? Wie kann ich mich als Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber in den Social Media präsentieren und gezielt meine Vorzüge dort hervorheben? Opinion Mining sollte insbesondere in jenen Social Media durchgeführt werden, die für die gesuchten Zielgruppen relevant sind. Dies könnten etwa Sina Weibo (vergleichbar mit Twitter) oder Renren (vergleichbar mit Facebook) sein. Beide Dienste sind insbesondere bei chinesischen Akademikern beliebt und weit verbreitet. Recruiting: Um die gesuchten Zielgruppen erfolgreich rekrutieren zu können, muss verstanden werden, über welche Kanäle die chinesischen Kandidaten zu erreichen sind. Für die junge chinesische Zielgruppe spielen Online Job Portale wie beispielsweise Zhaopin.com oder 51job.com sowie die Karriereseiten auf den Homepages der Unternehmen eine wesentliche Rolle. Es ist daher sinnvoll, dort Stellenvakanzen zu veröffentlichen. Gängige Maßnahmen sind selbstverständlich auch der Besuch von Recruitingmessen oder die Kooperationen mit ausgewählten Hochschulen, an denen Unternehmensvertreter vor chinesischen Studierenden praxisbezogene Fachvorträge halten. Dabei kann die Gelegenheit genutzt werden, sich als Arbeitgeber an den Hochschulen bekannt zu machen und Einstellungsbedarfe sowie seine Vorzüge als Arbeitgeber zu kommunizieren. Auch die Vergabe von Praktika und Werkstudententätigkeiten sind bewährte Recruitingkanäle. Besonders wirksam in China sind Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Maßnahmen. Denn persönliche Beziehungen chinesischer Mitarbeiter Guanxi genannt sind in China oftmals sehr wirksam und können daher auch für Recruitingzwecke genutzt werden. Dies setzt voraus, dass zufriedene Mitarbeiter als Botschafter ihres Arbeitgebers agieren und geeignete Kandidaten aus ihren persönlichen Netzwerken ansprechen und ihren Arbeitgeber persönlich empfehlen. Mit Hilfe persönlicher Netzwerke können sowohl Nachwuchskräfte als auch berufserfahrene Mitarbeiter gewonnen werden. Gerade um berufserfahrene chinesische Talente zu rekrutieren, greifen viele europäische Arbeitgeber zudem auf Headhunter zurück. Ferner können auch die Dienstleistungen der jeweiligen Außenhandelskammern hilfreich sein, die bei der Personalsuche und bei Stellenausschreibungen unterstützen. Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 6

Auswahl: Wenn Personaler und Führungskräfte aus den westlichen Unternehmenszentralen chinesische Mitarbeiter auswählen, sollten sie entsprechend gut auf die Besonderheiten des Auswahlprozesses in China sowie auf kulturelle Spezifika chinesischer Mitarbeiter vorbereitet werden. Dies ist wichtig, um kulturelles Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen und um typische Fehler zu vermeiden. Letztere können zu Imageschäden als Arbeitgeber und darüber hinaus zu falschen Personalentscheidungen führen. Dies fängt schon bei der Vorauswahl bei der Sichtung der schriftlichen Bewerbungsunterlagen chinesischer Bewerber an. Hierbei sind die Besonderheiten des chinesischen Arbeitsmarktes zu berücksichtigen. Anders als in westlichen Ländern sind Arbeitszeugnisse in China nicht weit verbreitet, es gibt hierfür keine Tradition. Falls Zeugnisse vorhanden sind, sollte ihnen nicht allzu großer Wert beigemessen werden. Arbeitgeber sollten sich vielmehr ein eigenes Bild insbesondere auch von der praktischen Eignung der Kandidaten machen und auf die eigene Beurteilung der Qualifikationen während des Auswahlprozesses bauen. Auch sind chinesische Lebensläufe anders zu lesen als westliche. So sind häufige Arbeitsplatzwechsel in China üblicher. Sie sollten daher nicht zwingend gegen einen Kandidaten sprechen, insbesondere dann nicht, wenn die Arbeitsplatzwechsel zu einem frühen Zeitpunkt in der Karriere stattgefunden haben. Gleichwohl sind professionelle Job Hopper zu identifizieren, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der häufige Arbeitsplatzwechsel als Karrieremuster fortgesetzt wird. Derartige Kandidaten sind mit Vorsicht zu behandeln. Denn nachhaltige Mitarbeiterbindung beginnt bereits bei der richtigen Auswahl. Fluktuationsrisiken können oftmals schon im Vorfeld erkannt und vermieden werden, wenn das entsprechende Know-How hierzu vorliegt. Vergütung: Qualifizierte chinesische Talente kennen in der Regel ihren persönlichen Marktwert sehr gut. Dies liegt unter anderem daran, dass Chinesen sich untereinander, beispielsweise mit Freunden, ehemaligen Kommilitonen und Arbeitskollegen offen über ihre jeweiligen Gehälter, Zusatzleistungen, Bonuszahlungen und weitere Entwicklungschancen bei ihren aktuellen Arbeitgebern austauschen. Oftmals werden diese Informationen auch über die sozialen Netzwerke im Internet verbreitet und Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 7

von den Freunden dort entsprechend kommentiert. Dadurch entsteht weit reichende Transparenz darüber, was bei anderen Arbeitgebern verdient werden kann und welche Entwicklungschancen dort vorliegen. Westliche Arbeitgeber sind daher gut beraten, attraktive Gesamtvergütungspakete anzubieten und je nach Branche jährliche Gehaltssteigerungen von über 10 Prozent für chinesische Leistungsträger einzukalkulieren. Eine wettbewerbsgerechte Gehaltsentwicklung ist wichtig, um qualifizierte Mitarbeiter längerfristig ans Unternehmen zu binden. Aber auch nichtmonetäre Anreize spielen eine wesentliche Rolle und können eine große Wirkung auf die Motivation und Bleibebereitschaft chinesischer Mitarbeiter ausüben. Hierzu zählen etwa besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung von den Führungskräften, Sichtbarkeit beim Topmanagement oder klangvolle Titel, die auf Visitenkarten gedruckt werden. Diese Maßnahmen geben chinesischen Mitarbeitern Gesicht, was im chinesischen Kulturkreis eine wesentliche Rolle spielt. Personalentwicklung: Mehrere aktuelle Studien belegen, dass attraktive Karriereentwicklungs- und vor allem Aufstiegsmöglichkeiten noch vor dem Gehalt die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Bindung qualifizierter chinesischer Talente darstellen. Dies gilt insbesondere für chinesische Führungskräfte. Umso riskanter ist es für westliche Arbeitgeber in China, dass ihre chinesischen Mitarbeiter oftmals die Wahrnehmung haben, dass sie bei ihrem Aufstieg ab einem bestimmten Karrierelevel an eine gefühlte gläserne Decke stoßen. Dahinter verbirgt sich die Annahme der chinesischen Talente, dass weiterführende Fach- und Führungspositionen vornehmlich von Expatriates aus den westlichen Unternehmenszentralen besetzt werden. Für intensive Aufbauphasen ist ein hoher Expatriate-Anteil in China durchaus üblich. Doch für den Regelbetrieb nach der Aufbauphase sind westliche Arbeitgeber gut beraten, gezielt Karriereentwicklungs- und Aufstiegschancen für chinesische Fach- und Führungskräfte anzubieten und dies entsprechend klar zu kommunizieren. Es geht hierbei um nichts anderes als die Schaffung einer wertschätzenden und ernst gemeinten Willkommenskultur für chinesische Talente. Diesen sollte das Gefühl vermittelt werden, im Unternehmen gleichberechtigte Karriere- und Aufstiegschancen zu haben. Westliche Arbeitgeber, die eine solche Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 8

Willkommenskultur nicht schaffen, werden es schwer haben, nachhaltig chinesische Leistungsträger motivieren und an sich binden zu können. Gerade die sehr gut qualifizierten Mitarbeiter werden sich nach alternativen Arbeitgebern umsehen. Daher sollte die personalstrategische Devise, Let local talents lead local business, verfolgt werden. Hierfür sind geeignete Personalentwicklungs- und Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich, um eine lokale Fach- und Führungsmannschaft Schritt für Schritt aufzubauen. Oftmals schließt dies auch einen Qualifizierungsaufenthalt in der westlichen Unternehmenszentrale mit ein. Dabei ist es empfehlenswert, bereits realisierte Success Stories von aufgestiegenen chinesischen Talenten nach innen und außen zu kommunizieren. Dies schafft Anreize sowie Glaubwürdigkeit, dass attraktive Karrierechancen für lokale Talente tatsächlich existieren. Personalführung: Der Führungskraft in China kommt eine ganz besondere Rolle bei der nachhaltigen Bindung chinesischer Mitarbeiter zu. Westliche Expatriates, die chinesische Mitarbeiter führen, müssen daher entsprechend sorgfältig für diese Rolle vorbereitet und für das sehr spezielle chinesische Führungsverständnis sensibilisiert werden. Dieses weicht vom chinesischen Führungsverständnis ab. In der chinesischen Kultur wird von der Führungskraft noch mehr als in der westlichen Kultur erwartet, dass sie als Vorbild für ihre Mitarbeiter agiert und nicht nur für berufliche, sondern auch für private Belange ein offenes Ohr besitzt. Dies setzt wechselseitiges Vertrauen voraus, das von Beginn an bewusst aufgebaut werden sollte. Gerade für westliche Führungskräfte, die neu ein chinesisches Team übernehmen, ist es daher empfehlenswert, dass ausreichend Zeit für Mitarbeitergespräche eingeplant werden sollte. Derartige Gespräche tragen dazu bei, gegenseitige Erwartungshaltungen auszutauschen und sich auch auf einer persönlichen Ebene näher kennenzulernen. Ferner sind gemeinsame Abendessen oder Unternehmungen mit dem Team in der Freizeit wichtig, um sich auch auf einer persönlichen Ebene zu begegnen. Auch ein kulturadäquater Kommunikationsstil ist erfolgskritisch für eine gelungene Personalführung. Hierbei ist nicht nur ein einmaliges Führungstraining, sondern ein begleitendes China-Coaching für westliche Führungskräfte hilfreich. Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 9

Fazit Strategisches Talentmanagement ist für das Erreichen der unternehmerischen Zielsetzungen in China erfolgskritisch. In China qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren, ist dabei nur die halbe Miete. Es muss zudem entsprechend Zeit und Aufwand investiert werden, chinesische Talente auch nachhaltig ans Unternehmen zu binden, damit jene auch mittel- und langfristig zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen und sich loyal verhalten. Hierzu ist ein strategischer und übergreifender Ansatz aus verschiedenen Personalprozessen und -maßnahmen erforderlich, die in sich stimmig sind. Ferner sind insbesondere die beteiligten westlichen Führungskräfte für die Besonderheiten des chinesischen Arbeitsmarkts und chinesischer Mitarbeiter zu schulen, da die Führungskräfte die entscheidende persönliche Schnittstelle zu den chinesischen Mitarbeitern darstellen. Literaturhinweise Fargel, Y. (2011), Strategisches Talentmanagement in China. Die besten Mitarbeiter finden und binden, Wiesbaden 2011 Kontakt und weiterführende Beratung www.idcz.de info@idcz.de Institut für deutsch-chinesische Zusammenarbeit Prof. Dr. Fargel Seite 10