Herabsetzung der Quellensteuer an Zinszahlungen zwischen Polen und der Schweiz.

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Transkript:

Herabsetzung der Quellensteuer an Zinszahlungen zwischen Polen und der Schweiz. Dr. Jolanta Samochowiec Mathys, RA, Samochowiec, Mioduszewski sp.p. Warschau, Juli 2009 1/ 5

Seit 1. Juli 2009 sind in Polen die Zinszahlungen an verbundene Unternehmen in der Schweiz einer reduzierten Quellensteuer von nur 5% unterstellt. Diese Regelung ist indirekt auf die EU - Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3. Juni 2003 (nachfolgend Richtlinie ) zurückzuführen. Gemäss Richtlinie sind Zinsen und Lizenzgebühren, welche an ein verbundenes Unternehmen in einem anderen EU - Mitgliedstaat bezahlt werden, quellensteuerfrei. Die Richtlinie gewährt jedoch manchen Mitgliedstaaten Übergangsfristen für die Einführung des Nullsatzes. Unter den neuen EU Mitgliedern haben Lettland, Litauen und Polen einen derartigen Aufschub ausgehandelt. Für Polen gilt die vollständige Befreiung von der Quellen-steuer erst ab 1. Juli 2013; seit 1. Juli 2009 wird der Satz von 5% angewendet. Die Voraussetzungen für Anwendung des Steuerprivilegs gemäss Richtlinie sind: dass die beiden Unternehmen, die zahlende und die nutzungsberechtigte Gesellschaft, durch eine Beteiligung von mindestens 25% des Kapitals miteinander verbunden sind, dass die erwähnte Beteiligung zumindest zwei Jahre gehalten wird, dass die beiden Gesellschaften in ihrem Sitzstaat einer Körperschaftssteuer unterliegen (d.h. nicht steuerbefreit sind). In diesem Sinne werden nicht nur nationale Bestimmungen, sondern auch die Regelungen der diversen Doppelbesteuerungsabkommen im Anwen-dungsbereich der Richtlinie korrigiert. Nun ist die Schweiz zwar kein Mitgliedstaat der Europäischen Union, sie hat jedoch mit der EU eine Reihe von bilateralen Abkommen, darunter auch das Zinsbesteuerungsabkommen unterzeichnet. Das am 1. Juli 2005 in Kraft gesetzte Abkommen weitet die Regelungen der EU Richt-linie im Bereich der Besteuerung von grenzüberschreitenden Zinszahlungen auf die Schweiz aus. Sofern die obigen Voraussetzungen erfüllt sind, unterliegen 2/ 5

die an ein in der Schweiz steuerlich ansässiges Unter-nehmen zu zahlenden Zinsen von nun an einer reduzierten polnischen Quellensteuer. Damit wird in diesen Konstellationen nicht nur die 20%-ige Quellensteuer gemäss internem polnischen Steuerrecht, sondern auch die 10%-ige Quellensteuer gemäss Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppel-besteuerung ausser Kraft gesetzt. Für die Zinszahlungen aus der Schweiz, d.h. wenn die zahlende Konzern-gesellschaft in der Schweiz ansässig ist, hat diese Neuerung hingegen weniger Bedeutung. In der Schweiz werden derartige Zinszahlungen in den meisten Fällen ohnehin keiner Verrechnungssteuer unterstellt. Aus-nahmen gelten nur für Zinscoupons auf Anleihen, für Zinsen bei Umwandlungen von gruppeninternen Darlehen in Obligationen und für Zinsen auf grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen. Die Regelung des Zinsbesteuerungsabkommens fand bislang keinen Niederschlag in der internen polnischen Steuergesetzgebung. Insbesondere ist die Schweiz im Art. 21 des Körperschaftssteuergesetzes, der die 20% Quellensteuer an Zinszahlungen und auch (indirekt) die stufenweise Steuerbefreiung für die Gesellschaften der EU Mitglied-staaten regelt, nicht ausdrücklich erwähnt. Dies sollte die Anwendung des 5% - Satzes nicht verhindern. Nach der ständigen Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes ist ein von der EU mit einem Drittland abgeschlossenes Abkommen unmittelbar anwendbar, sofern sich aus diesem Abkommen eine klare und eindeutige Verpflichtung ergibt, welche nicht von weiteren Erlassen abhängt. Diese Meinung gilt eindeutig in der Schweiz. In Polen wurde sie bisher auch befolgt. Insbesondere wurde die aufgrund eines anderen bilateralen Abkommens zwischen der EU und der Schweiz eingeführte Bewilligungsfreiheit beim Erwerb von Grundstücken respektiert, bevor sie einen Eingang in das entsprechende polnische Gesetz gefunden hat. 3/ 5

Es ist unbestritten, dass Polen zur Umsetzung des Zinsbesteuerungs-abkommens in das nationale Rechtssystem verpflichtet ist; eine allfällige gegensätzliche Praxis der polnischen Steuerbehörde würde einen klaren Verstoss gegen die internationalen Verpflichtungen Polens und allenfalls einen Grund für eine diplomatische Intervention darstellen. Wer nun von der privilegierten Besteuerung von Zinszahlungen in die Schweiz Gebrauch machen möchte, muss allerdings auch die im pol-nischen Recht verankerte Bedingung eines Nachweises der schweizeri-schen Steueransässigkeit der Empfängergesellschaft (sog. certificate of residence) beachten. 4/ 5

(Die Broschüre stellt keine Rechtsberatung im konkreten Einzelfall und darf nicht als solche betrachtet werden. Gesetzesänderungen bleiben vorbehalten. Das Kopieren des vollständigen Beitrags oder seiner Ausschnitte ist nur unter Angabe der Quelle gestattet.) Datum: 10. Juli 2009 Autor: Dr. Jolanta Samochowiec Mathys Rechtsanwältin in der Schweiz und in Polen, Partnerin der Samochowiec, Mioduszewski Kancelaria Radców Prawnych Sp. Partnerska in Warschau, Konsulentin bei GLOOR RUGGLI Zürich/Rapperswil. Praktiziert selbständig seit 1987 in der Schweiz und seit 1993 in Polen. Spezialisiert auf Beratung bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften, Unternehmensgründungen, Umstrukturierungen und beim Erwerb von Beteiligungen im Verhältnis Schweiz/Polen. Umfassende Erfahrung in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Vertrauensanwältin der Schweizer Botschaft in Warschau, Gründerin und Präsidentin der Polnisch Schweizerischen Handelskammer, Schiedsrichterin bei mehreren Schiedsinstitutionen. Adresse des Autors: Samochowiec, Mioduszewski Kancelaria Radców Prawnych Sp. Partnerska Al. Jana Pawła II 15 00-828 Warszawa Tel: +48 22 697 75 00 Fax: +48 22 697 75 01 E-Mail: j.samochowiec@sm-juris.pl Internet: www.sm-juris.pl 5/ 5