Auslegung der Trajektoriegeschwindigkeit für simultane 5-Achs- Fräsbearbeitung durch kraftmodellbasierte Zerspansimulation 1

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Transkript:

Auslegung der Trajektoriegeschwindigkeit für simultane 5-Achs- Fräsbearbeitung durch kraftmodellbasierte Zerspansimulation 1 Dr.-Ing. Seok Won Lee 1 Einleitung Die Anforderungen an Informationssysteme für die Zerspanung werden ständig erweitert. Diese begründen sich z.b. einerseits durch die steigende Formenvielfalt und komplexität sowie Materialvielfalt der Bauteile und andererseits durch stark variierende Stückzahlen, kundenindividuelle Aufträge bis hin zur Prototypenfertigung. Durch die simultane 5-Achs-Bearbeitung als innovative Bearbeitungsform ist es möglich, diesen Anforderungen zunehmend gerecht zu werden. Die dazu notwendige leistungsfähige Prozessplanung ist nur durch den Einsatz von modernen Informationssystemen wirtschaftlich durchführbar. Hauptvertreter solcher Systeme sind CAM-Systeme zur Werkzeug-Bahnplanung (klassischer CAD-CAM-NC Planungsablauf) und zur Erstellung von Steuerungsprogrammen für die Maschine über NC-Datenschnittstellen. Diese Systeme unterstützen im Zusammenhang mit den genannten Anforderungen den Trend zur virtuellen Maschine. Der Markt bietet eine Vielzahl hochproduktiver 5-Achs-Maschinen und Werkzeuge. Die CAM-Systeme weisen aber speziell bei der simultanen 5-Achs-Bearbeitung derzeit noch erhebliche Defizite auf, wodurch die angebotene technische Leistungsfähigkeit ungenutzt bleibt. Für eine sichere Prozessplanung besteht die Notwendigkeit, nicht nur die geometrischen Vorgaben des Bauteils, der technischen Komponenten des Systems, wie es derzeit der Fall ist, zu berücksichtigen, sondern vor allem den eigentlichen Zerspanprozess als Abbild bereits im CAM-System einzubeziehen (vgl. Abbildung 1). Die ablaufenden Bewegungen und Bearbeitungsvorgänge können aus verschiedenen Blickwinkeln überprüft, bewertet und verbessert werden (CAD-CAM-NC-Planung mit Simulationsunterstützung). z y v f N WZ a e x a p aktuelles SpZ WSt F c Trajektoriegeschwindigkeit Werkzeugbelastung Eingriffsbedingungen t Abbildung 1. Optimierung der Trajektoriegeschwindigkeit mittels NC-Frässimulation 1 Gleichnamiges von der AIF gefördertes Projekt TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 28

2 Modellierung des SpZ und Volumenaktualisierung Das Spanungsvolumen pro Zahn (SpZ) stellt die Grundlage für das Zerspankraftmodell dar, da technologisch relevanten Spanungsparameter wie Spanungsdicke, Eingriffsfläche und Spanungsvolumen hierin enthalten sind. Daher werden geometrische Grundlagen zur Festlegung des virtuellen Zerspanprozessmodells beim simultan 5-achsigen Fräsen erforscht. Das Kernziel dieses Arbeitspunktes ist die geometrisch exakte Modellierung des SpZ unter Berücksichtigung des aktuellen Werkstückes. Das SpZ liefert die Primärdaten des Zerspanprozessmodells. Bevor das SpZ im Rahmen des OptiMill-5ax rechentechnisch implementiert wird, wurde zuerst die Machbarkeit mit Hilfe eines CAD-Systems untersucht. Dazu wurde das geometrisch exakte Spanungsvolumen pro Zahn für gängige Fräserwerkzeugtypen, das heißt für Kugelkopf-, Schaft- und Torusfräser mit Drallund Spanwinkel im CAD-System CATIA modelliert und analysiert. Abbildung 2 zeigt einige Ergebnisse der undeformierten SpZ für Schaftfräser mit Eckenradius. Der Machbarkeitstest beschränkt sich auf das Stirnfräsen bei Gleich- und Gegenlauf. Weitere Fräsertypen wie z.b. Walzen- oder Formfräser werden nicht berücksichtigt. Es werden ideale Bedingungen angenommen, erstens die Bearbeitung eines homogenen Materials, und zweitens die ideale Schneide der Haupt- und Nebenschneidkanten. Andernfalls würde sich die Geometrie des SpZ sehr kompliziert darstellen. Abbildung 2. Das undeformierte Spanvolumen pro Zahn /Crus-09/ 3 Modellierung des SpZ und Volumenaktualisierung Das geometrische Modell des Spanvolumens pro Zahn ist der Ausgangspunkt zur Ableitung der resultierenden Gesamtzerspankraft am Werkzeug. Der Schwerpunkt dieses Abschnittes ist die Erarbeitung eines Zusammenhangs zwischen der Geometrie des Spanvolumens pro Zahn und der resultierenden Kraft durch ein virtuelles Zerspankraftmodell. Die Zerspankraft ist maßgeblich von der zu entfernenden Materialstärke, ausgedrückt durch die Spanungsdicke, abhängig. Die Spanungsdicke kann anhand des geometrischen Modells des Spanvolumens pro Zahn für jeden beliebigen Zeitpunkt des Werkzeugeingriffes abgeleitet werden. 3.1 Entwurf des Zerspankraftmodells Zur Bestimmung der Zerspankraft sollte ein möglichst exaktes Kraftmodell aus den bestehenden empirischen und analytischen Kraftansätzen verwendet werden. Dieser TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 29

Kraftansatz soll aber noch nach Möglichkeit geschlossen lösbar sein, damit die spezifischen Schnittkräfte später experimentell ermittelt werden können. Es werden Zerspankraftmodelle für zylindrische Fräser und Kugelkopffräser mit und ohne Drallwinkel entwickelt. Dabei wird der Gegen- und Gleichlauf differenziert berücksichtigt. Das Zerspankraftmodell nach Richter und Jacobs /Rich-54, Jaco-70/ wird eingesetzt, da die Eckenrundung an der Schneidkante als Werkzeugverscheißfaktor integriert worden ist was in /Alti-00/ nicht berücksichtigt ist. Die Grundform des Zerspankraftmodell beruht auf der Gleichung (1). wobei :Schnittkraft, : Spannungsbreite, : Spannungsdicke, : Schneidkantenradius und, : die Koeffizienten für die spezifischen Schnittkräfte. (1) 3.1.1 Kraftberechnung bei nicht gedrallten und gedrallten Werkzeugen Die schneidbezogenen Spanungsgrößen Spanungsdicke h und Spanungsbreite b, die als Berechnungsgrundlage der Fräskräfte dienen, sollen jeweils an die verschiedenen Geometrien des Werkzeugs mit oder ohne Drallwinkel angepasst werden. Beim Fräsvorgang ist die Größe des Spanungsquerschnitts im Laufe der Zeit immer veränderlich. Zur anschaulichen Darstellung des aktuellen Spanungsquerschnitts wird nur das Werkzeug mit eindeutig gekennzeichneter Schneide im Werkzeugkoordinatensystem (s. Abbildung 3 und Abbildung 4) dargestellt und die Fräskraftkomponenten werden immer auf das Werkstück wirkend im Werkstückkoordinatensystem (s. Abbildung 5) abgebildet /Lu-10,Lee-10/. In Abbildung 3 wird der Spanungsquerschnitt einer nicht gedrallten Werkzeugschneide in einem bestimmten Zeitpunkt t gezeigt. Es wird angenommen, dass in einem Bearbeitungsprozess das Werkzeug eine Vorschubbewegung immer in x-richtung ausführt. Wird die Schneidkante des nicht gedrallten Schaftfräsers in viele unendliche Punkte zerlegt, haben in diesem Fall alle Schneidpunkte, die gleichzeitig im Eingriff sind, denselben Vorrichtungswinkel und damit die gleiche Spanungsdicke h. Die Spanungsdicke h der einzelnen Schneidpunkte kann mit der Gleichung (2) berechnet werden, die in die Gl.(1) ersetzt werden kann. mit und in rad. R der Werkzeugradius, f z Vorschub pro Zahn, der Vorschubrichtungswinkel zum Zeitpunkt t, θ der Zahnteilungswinkel, mit in rad. (2) TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 30

In Abbildung 4 wird der Spanungsquerschnitt des gedrallten zylindrischen Fräsers zu einem Zeitpunkt, zu dem die maximale Schnitttiefe a p gerade erreicht wird, dargestellt. Im Unterschied zu dem Fräsvorgang bei nicht gedralltem Schaftfräser ist hier die Spanungsdicke h der einzelnen Schneidpunkte entlang der Schneidkante nicht konstant. Betrachtet man nun die zwei Punkte P U und P O auf der Schneidkante, die jeweils den untersten und obersten Schneidpunkt repräsentieren, haben die beiden Punkte zwar den gleichen Betrag ihrer Schnittgeschwindigkeiten, aber unterschiedliche Vorschubrichtungswinkel. Während zum Zeitpunkt der unterste Schneidpunkt P U in das Werkstück einschneidet, hat der oberste Punkt P O, der einen Verzögerungswinkel zu dem Punkt P U besitzt, noch keinen Kontakt mit dem Werkstück und damit auch keine Spanungsdicke. Dieser Verzögerungswinkel kann durch einen festen Wert angegeben werden. Erst wenn das Werkzeug um weiter umdreht, beginnt der Punkt P O dann zum Eingriff in das Werkstück. Die Spanungsdicke jedes einzelnen Schneidpunkts, der einen eigenen Vorschubrichtungswinkel besitzt, kann mittels Gleichung (3) berechnet werden, weil alle Schneidpunkte eine gleiche trochoidale Bewegung innerhalb einer Umdrehung in den Ebenen, die senkrecht zur z-achse sind, ausführen. mit und in rad. (3) Abbildung 3. Spanungsquerschnitt eines zylindrischen Fräsers ohne Drallwinkel Abbildung 4. Spanungsquerschnitt eines zylindrischen Fräsers ohne Drallwinkel TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 31

3.1.2 Kraftkomponenten bei Gegen- und Gleichlauffräsen In Abbildung 5 werden die differentiellen Kraftkomponenten eines Schneidpunkts des gedrallten zylindrischen Fräsers beim Gegenlauf- und Gleichlauffräsen dargestellt. An der Werkzeugspitze wird ein Werkzeugkoordinatensystem für die beiden Bearbeitungsfälle festgelegt, dessen z-richtung der Schnitttiefe a p entspricht. Die Kraftkomponenten in diesem Koordinatensystem besitzen im Gegenlauf den Index ge, im Gleichlauf den Index gl. Abbildung 5. Kraftkomponenten des gedrallten zylindrischen Fräsers im Maschinenkoordinatensystem beim Gegen- und Gleichlauffräsen Werkzeug fährt entlang X MA und dreht sich um Z WZ im Uhrzeigersinn. Die Zerspankraft entsteht beim Gegenlauf nur, wenn sich alle Schneidpunkte im Winkelbereich befinden (siehe Abbildung 5 oben). Dabei ist der Eingriffswinkel, mit welchem das Werkzeug einen gewissen Arbeitseingriff a e hat. Im Gegensatz zum Gegenlauffräsen entsteht die Zerspankraft beim Gleichlauf nur, wenn sich alle Schneidpunkte im Winkelbereich im Werkstückkoordinatensystem (X MA, Y MA, Z MA ) befinden (siehe Abbildung 5 unten). In Abbildung 5 kann man noch feststellen, beim Gegenlauffräsen schneidet das Werkzeug mit einer minimalen Spanungsdicke in das Werkzeug ein, mit TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 32

einer maximalen Spanungsdicke aus. Dieses Verhalten ist im Gleichlauf aber umgekehrt. Die Anteile der radialen und tangentialen Kraftkomponente in dem ortsfesten Maschinenkoordinatensystem lassen sich auch beim Gleich- und Gegenlauffräsen unterscheiden. Dieser Unterschied in der Kraftrichtung wird durch Feststellung des Eingriffsbereichs (beim Gegenlauf: und beim Gleichlauf: ), der in SIN- oder COS-Funktion eingesetzt wird, berücksichtigt. 3.2 Volumenaktualisierung Das Zerspankräftemodell das im Abschnitt 3.1 ausführlich beschrieben wurde wird auf das undeformierte SpZ angewendet. Abbildung 6 zeigt die prinzipielle Darstellung der unterschiedlichen Booleschen Operationen: Abbildung 6 (a) zeigt das Differenzvolumen das aus dem Subtrahieren des Hüllvolumens vom Rohmaterial resultiert. Damit zu jeder Zeit wird die aktuelle Werkstückgeometrie erhalten. Hingegen Abbildung 6 (b) zeigt das Schnittvolumen zwischen In-Prozess Werkstück (IPW) und dem Hüllvolumen, das zur Berechnung der Zerspankräfte zugrunde liegt. Rohmaterial {A} SV {B} (a) Boolesche Differenzoperation IPW {A-B} oder IPW {A } SV {B} (b) Boolesche Schnittoperation Spanvolumina {A B} Abbildung 6. Prinzip der Volumenenaktualisierung /Nest-10/ 4 Zusammenfassung Mit der Arbeit konnte ein grundlegendes Fräsmodell abgebildet werden. Das Modell beruht auf eine linear lösbare Richter-Jacobs-Gleichung für den zylindrischen Schaftfräser, der sich rechentechnisch sehr gut umsetzen lässt und. Im nächsten Schritt soll das Modell durch aufwendige Fräsversuche validiert werden um den nicht optimierten NC-Code anzupassen und sicheren Prozess sichern zu können. Literatur TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 33

/Alti-00/ Altintas, Y.: Manufacturing Automation: Metal cutting Mechanics, Machine Tool Vibrations and CNC Design. Cambridge University Press, 2000. /Crus-09/ Crussard, Lucie: Modellierung und geometrische Analyse des Spanungsvolumens pro Zahn (SpZ), IFF TU Dresden, Großer Beleg, Oktober 2009 /Jaco-70/ Jacobs, H. J.: Problemlösungen für Forschungsschwerpunkte in der Abtrenntechnik, Habilitation, Technische Universität Dresden, 1970 /Lee-10/ Lee, S. W.; Nestler, A.: Modeling of Cutting Force for Cylindrical Milling Cutter and Feed Rate Optimization Using Five-Axis Milling Simulation, Proceedings of 8th International Conference on High Speed Machining (HSM), pp.64-70, Metz, France, December 8-10, 2010. ISBN 978-2-9534170-2-9 /Lu-10/ Lu, Z.: Entwicklung und Implementierung eines dynamischen Zerspankraftmodells, Großer Beleg, TU Dresden 2010 /Nest-10/ Nestler, A.; Lee, S.W.; Erler, M.: Geometrische Modelle zur realitätsnahen Simulation beim Mehrachsfräsen. Vortrag zum Fachkolloquium Intelligente Fertigungsprozesse am 24.09.2010, Dresden; Selbstverlag TU Dresden, ISBN 3-86005-463-3 /Rich-54/ Richter, A.: Die Zerspanungskräfte beim Drehen im Bereich des Fließspans, Fertigungstechnik, 4. Jahrgang, Heft 1, S. 3-9, Heft 2, S. 50-55, Heft 3, S. 102-106, 1954 TU Dresden IFF PAZAT - Forschungsergebnisbericht 2010 Seite 34