Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln Niveaudifferenzierung in Prüfungen vor dem Hintergrund situationsorientierter Prüfungsaufgaben Fulda, 13. April 2013 Rolf Richard Rehbold Das DHI e.v. wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages sowie von den Wirtschaftsministerien der Bundesländer und vom Deutschen Handwerkskammertag.
Zitiertext Rehbold, R. R. (2013): Niveaudifferenzierung in Prüfungen vor dem Hintergrund situationsorientierter Prüfungsaufgaben. Vortrag vor den Gesellenprüfungsausschüssen der Textilreiniger am 13. April 2013 in Fulda.!2
Zentrale Fragestellung und ihre Deutung Niveaudifferenzierung in Prüfung mit der Eingrenzung auf mündliche Prüfungen!3 Was ist das Gesellenniveau in Abgrenzung zum Meisterniveau? Meister Abstand / Unterschiede Geselle Wie können innerhalb des Gesellenniveaus unterschiedliche Schwierigkeitsgrade erreicht werden? Bandbreite innerhalb Geselle
Agenda Näherung der Lösung Bestandsaufnahme zum Fachgespräch und bestehenden Hilfestellungen Kompetenzbegriff als Schritt zur Klärung der Ausgangsfrage? Die zwei Seiten der Kompetenzmedaille: Kriterien zur Niveaudifferenzierung Diskussion Erkenntnisse aus der Wissenschaft zu einem Teilproblem der Staggered Task - Ansatz!4
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Varianten und Einordnung als Prüfungsinstrument Prüfungsinstrumente Präsentation Fachgespräch Gesprächssimulation fallbezogen auftragsbezogen situativ!5
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Varianten beim/ bei der Textilreiniger/in Durch das Fachgespräch soll der Prüfling zeigen, dass er fachbezogene Probleme und deren Lösungen darstellen, die für die Arbeitsaufgabe relevanten fachlichen Hintergründe aufzeigen sowie die Vorgehensweise bei der Ausführung der Arbeitsaufgabe begründen kann. (Verordnung über die Berufsausbildung zum Textilreiniger / zur Textilreinigerin, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 37, ausgegeben zu Bonn am 24. Juni 2002)!6 situationsorientiert, d.h. mit Bezug auf die komplexe, handlungsorientierte Aufgabenstellung (Aufgabenstellung in der Arbeitsprobe und Fachgespräch sind also zusammen zu denken) keine situationsunabhängige Wissensabfrage (unzulässig!) Selbstkontrolle und Selbstreflexion als Teil des Prozesses Auseinandersetzung zwischen Fachleuten (Prüfling und Prüfungsausschuss), ggf. ist Prüfungsausschuss Kunde Bewertungskriterien müssen vorab festgelegt werden (unter Berücksichtigung offene Aufgabenstellungen, d.h. nicht Abhaken einzelner Arbeitsschritte, sondern Dokumentation des Tun und Metakriterien zur Bewertung) Prüfer betrachtet Stärken Prüfling verteidigt seine Arbeiten Prüfer gibt Impulse und Hilfestellungen bei Blackout
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Hilfestellung zu typischen Fragestellungen bei auftragsbezogenen Fachgesprächen nach der Durchführung einer konkreten Prüfungsarbeit Was war das Arbeitsziel? Gab es Änderungsbedarfe? Gründe? Welche Techniken wurden eingesetzt? Alternativen? Begründungen Wo lagen Herausforderungen / Schwierigkeiten? Ergebnisbewertung? Schnittstellen zu anderen Personen? Kommunikation notwendig?!7 Vgl. IHK 2009, S. 110
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Hilfestellung zu typischen Fragen bei situativem Fachgespräch während der Durchführung einer Prüfungsarbeit (max. 20 min) Was machen Sie gerade? Wie haben sie die Arbeit geplant? Warum führen Sie die Arbeiten genau so und nicht anders aus? Unfallgefahren? Umweltbelastungen Wie wird Qualität gesichert? Was sind die nächsten Schritte?!8 Vgl. IHK 2009, S. 111
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Hilfestellung zur Fragestellung, wie Hilfen im Fachgespräch gegeben werden Gesprächshilfen, durch die die Aktivität der Prüflinge angestoßen, gefördert und gestützt wird!9 Gesprächsvorbereitung Erläuterungen zum Verständnis der Aufgabenstellung Wechsel Gesprächsrichtung bei Verkrampfung Ermutigung Hilfen zum Überwinden von Antwortschwierigkeiten Leichte Frage zum Einstieg (Erfolgsmöglichkeit) in gestaffelten Schritten weiterhelfen
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Hilfestellung zur Fragestellung, welche Kriterien zur Bewertung herangezogen werden können Gesprächshilfen, durch die die Aktivität der Prüflinge angestoßen, gefördert und gestützt wird!10 Erfassung der Problemstellung Begründung von Handlungen und Entscheidungen Darstellung der Lösung fachlicher Hintergrund Fehlerbehebung und Alternativen reflektieren Bewertung der eigenen Leistung
Bestandsaufnahme Fachgespräch: Quellen für weitere Hilfestellungen!11 vgl. Prüfung 2000plus unter www.hwk-hannover.de hier insbesondere die Dokumente 03060 und 03061
Ziel der nachfolgenden Diskussion Wird dadurch die Ausgangsfrage, mit welchen Stellschrauben das Niveau beeinflusst wird, schon beantwortet?!12
Kompetenzbegriff als Schritt zur Klärung der Ausgangsfrage!13 entnommen aus DILGER, B./ SLOANE, P.F.E. (2012), S. 35
Die zwei Seiten der Kompetenzmedaille Wodurch wird Niveau beeinflusst? Anforderung an die Disposition im Individuum Komplexität und Kompliziertheit der Situation!14 Wissensbreite (wie viele Domänen/Fachbereiche sind betroffen?) Wissenstiefe (wie tiefgehend muss das Wissen sein) Empathiefähigkeit Ausdauer Körperliche Kraft Feinmotorik Beobachtungsgabe Analysefähigkeit Gestaltungsfähigkeit Organisationsfähigkeit Sorgfalt... viele vs. wenige Arbeitsmittel / Materialien schwer vs. leicht zu bearbeitende Arbeitsmittel / Materialien wenige / viele Ziele unklare / klare Ziele eine oder mehrere Personen Personen mit / ohne Besonderheiten zu viele oder zu wenige vs. strukturierte Informationen unsichere vs. sichere Informationen...
Ziel der nachfolgenden Diskussion Wie drückt sich das Gesellenniveau konkret in Aufgabenstellungen aus? Konkretisierung der Punkte auf der Folie vorher und ergänzender Punkte für den Textilreiniger. Wie kann in Abgrenzung dazu das Meisterniveau gekennzeichnet werden?!15
Concept of Staggered Task ein Ansatz zum kompetenzbasierten Assessment auf der Basis der Orientierung am Problemlösungsprozess Hilfen im Problemlösungsprozess auf den unterschiedlichen Levels Problemsituation ohne Hilfe Problem-, Zieldefinition Lösungshinweis (Methode) Schritt-für-Schritt-Anleitung!16 Idee: Teilnehmer wählt im Prozess den Level der Selbständigkeit selbst, indem er Hilfestellungen in Anspruch nimmt oder eben nicht. Er sucht sich den Einstiegslevel selbst aus. entnommen aus DILGER, B./ Pechuel (2009), S. 1599
Literatur Dilger, B./ Pechuel, R. (2009): Staggered Tasks Identifying self regulation in performance based assessment. In: BASTIAENS, T. et al. (Hrsg.): Proceedings of World Conference on E-Learning in Corporate, Government, Healthcare, and Higher Education 2009. Chesapeake, VA: AACE, S. 1597-1602. Dilger, B./ Sloane. P. F. E. (2012): Kompetenzorientierung in der Berufsschule. Handlungskompetenz in den Versionen der Handreichungen der KMK zur Entwicklung lernfeldorientierter Lehrpläne. In BWP 4/2012, S. 32-35. Industrie- und Handelskammern Aachen, Arnsberg, Bonn/Rhein-Sieg, Dortmund, Düsseldorf (Hrsg.): Prüfungskompass. Eine Handreichung für Mitglieder von Prüfungsausschüssen zur Durchführung von Zwischen-, Abschluss- und Fortbildungsprüfungen bei den zuständigen Stellen für Berufsbildung. 7. Aufl., Bonn 2009. Kissel, R.: Abschluss der Ausbildung. In: Sackmann das Lehrbuch für die Meisterprüfung. Teil IV. Berufs- und Arbeitspädagogik. Ausbildung der Ausbilder. 38. Aufl, Düsseldorf 2006, S.268-289. Ver.di (Herausgeber): Das Prüferhandbuch. Eine Handreichung zur Prüfungspraxis in der beruflichen Bildung Voß, P.: Umgang mit mündlichen Prüfungssituationen. Ein Training zur Verbesserung der Sozialen Kompetenz. 2. Aufl., Rinteln 1995.!17
Kontakt Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln Rolf R. Rehbold Venloer Str. 151-153. 10. OG, Raum 1017 50672 Köln Telefon: +49 221 470 5679 Email: rolf.rehbold@uni-koeln.de Web: http://www.fbh.uni-koeln.de!18