Daher richtet sich dieser Beitrag nicht nur an die Fassaden-Fachverleger, sondern insbesondere

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Transkript:

Praxisseminar Fassadenbau: Photovoltaik als integraler Bestandteil vorgehängter hinterlüfteter Fassaden: Hinweise zur Planung, Ausschreibung und Ausführung Vorbemerkung Photovoltaik als integraler Bestandteil vorgehängter hinterlüfteter Fassaden gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dieser Tatsache will das Merkblatt Rechnung tragen und auf die besonderen konstruktiven und bauaufsichtlichen Anforderungen hinweisen. Daher richtet sich dieser Beitrag nicht nur an die Fassaden-Fachverleger, sondern insbesondere auch an die Hersteller und Vertreiber von Photovoltaik-Anlagen. Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Effizienz von in der Fassade integrierten Anlagen sind nicht Gegenstand dieser Veröffentlichung. Bauregelliste A Teile 1 und 2 [1] Die Grundlage für die bauaufsichtliche Bewertung von Photovoltaik-Anlagen liefert die Bauregelliste A. Demnach entsprechen Geregelte Bauprodukte dem Teil 1. Hierbei handelt es sich um Bauprodukte, die den bekannt gemachten Technischen Regelwerken entsprechen oder von diesen nicht wesentlich abweichen. Nicht geregelte Bauprodukte sind solche, die wesentlich von den in der Bauregelliste A Teil 1 bekannt gemachten Technischen Regelwerken abweichen, oder für die es keine Technischen Baubestimmungen o- der Allgemein anerkannte Regeln der Technik gibt. Im Sinne der Bauregelliste A Teil 2 handelt es sich daher um ein nicht geregeltes Bauprodukt. und Bauteilen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden, wie Fertighäuser, Fertiggaragen und Silos. In den Bauordnungen der Länder ist zwischen geregelten und nicht geregelten sowie sonstigen Bauprodukten unterschieden. Die Bauart der vorgehängten hinterlüfteten Fassade nach DIN 18516-1 [2] Wesentliches Merkmal ist die konstruktive Trennung von Witterungsschutz und Dämmung. Auf die statisch tragende Außenwand wird eine Unterkonstruktion - in der Regel aus Aluminium - aufgebracht. Die Auskragung der Unterkonstruktion richtet sich nach dem geforderten Hinterlüftungsraum, der Dämmstoffdicke und eventuell auszugleichenden Unebenheiten des Verankerungsgrunds. Die Dimensionierung der Unterkonstruktion ist rechnerisch nachzuweisen. Die eigentliche Fassadenbekleidung wird auf der Unterkonstruktion befestigt. Maßgebend für die Abmessungen und die Art der Befestigung sind die jeweiligen Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen der gewählten Bekleidungswerkstoffe. Bauprodukt Der Begriff wurde mit der Bauproduktenrichtlinie eingeführt und umfasst Baustoffe, Bauteile und Anlagen die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden sowie aus Baustoffen- 1

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder Zustimmung im Einzelfall Bei Photovoltaik-Elementen im Zusammenhang mit dem hier beschriebenen Einsatz handelt es sich im Sinne der Bauregelliste A Teil 2 um Nicht geregelte Bauprodukte. Ihre Verwendung bedarf daher einer Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung oder einer Zustimmung im Einzelfall. Damit gelten zugleich die Anforderungen der VOB C [3] als erfüllt. Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ) Die Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ist ein Verfahren zum Nachweis der Verwendbarkeit von nicht geregelten Bauprodukten und Bauarten. Zuständig für die Erteilung Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen ist das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt). Zustimmung im Einzelfall Diese ist zu erwirken für nicht geregelte Bauprodukte und Bauarten, für die weder eine Technische Baubestimmung noch eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung vorliegt. Der Nachweis der Verwendbarkeit kann durch eine Zustimmung im Einzelfall der Obersten Bauaufsichtsbehörde des jeweils zuständigen Bundeslandes erbracht werden. Eine Zustimmung im Einzelfall ist auf weitere, andere Anwendungsfälle nicht übertragbar. Konstruktive Anforderungen Wesentliche Anforderungen ergeben sich aus der Konstruktion in Verbindung mit der Statik: Statische Bewertung und Bemessung der Elemente, Größe der Elemente, Gewicht der Elemente, Befestigung der Elemente auf der Unterkonstruktion, Korrosionsschutz, Dauerhaftigkeit. 2

Übersicht über die grundsätzlich zu berücksichtigenden Einwirkungen Beanspruchungsart Erläuterungen Eigenlasten Schnee- und Eislasten Die zugrunde zu legenden Eigenlasten werden in DIN EN 1991-1-1 [4] geregelt. Sind die zu verwendenden Materialien nicht genormt, sind die Eigenlasten den bauaufsichtlichen Zulassungen oder Prüfzeugnissen einer amtlichen Materialprüfanstalt zu entnehmen. Schneelasten nach DIN EN 1991-1-3 [6] sind bei Vorsprüngen der Außenwandbekleidung zu berücksichtigen. Im Regelfall können - wenn die zuständige Bauaufsichtsbehörde nichts anderes verlangt - die Schnee- und Eislasten vernachlässigt werden. Windlasten Die für die Bemessung anzusetzenden Windlasten sind in DIN EN 1991-1-4 [5] geregelt. Dabei wird in Abhängigkeit von der betreffenden Höhe am Gebäude in Höhenbereiche und in Normal- bzw. Randbereiche unterschieden. In diesen Bereichen unterscheiden sich sowohl die anzusetzenden Winddruck- als auch die Windsogeinwirkungen. Temperatur Im Regelfall sind Temperaturdifferenzen zwischen der Montagetemperatur (im allgemeinen +10 C) und Grenztemperaturen von -20 C bzw. +80 C in Ansatz zu bringen. Alle Teile einer hinterlüfteten Fassade sind deshalb zwängungsfrei zu montieren (Fest- / Gleitpunktkonstruktion) [2]. Statischer Nachweis Der statische Nachweis umfasst die gesamte Lastübertragung von dem Bekleidungselement (Photovoltaik-Anlage) bis zur statisch tragenden Konstruktion. Dabei sind die folgenden Komponenten des Fassadensystems zu bemessen: Fassadenbekleidung (Photovoltaikelement) Unterkonstruktion Verbindungselemente (Schraub- oder Nietverbindungen) Verankerungselemente (Dübel- / Schraubkombinationen) Die Nachweisführung für die Photovoltaik- Elemente hat der Lieferant (z.b. der Hersteller) zu erbringen. Gegebenenfalls verfügt dieser über eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder er beantragt eine objektbezogene Zustimmung im Einzelfall. Auf dieser Grundlage übernimmt der Lieferant der Unterkonstruktion die statische Berechnung für die Profile, deren Verbindungen und die der Verankerungen. Für die Photovoltaik-Elemente selbst wird eine Größe bis zu zwei Quadratmetern als sinnvoll betrachtet. Korrosionsschutz Bauteile, die nach Fertigstellung der Außenwandbekleidung - hier also Photovoltaikelemente - ohne Teilabbau zu späteren Kontrollzwecken nicht zugänglich sind, müssen auf Dauer gegen biologische und chemische Einflüsse, z.b. Korrosion, geschützt sein. Ohne besonderen Nachweis dürfen nur die in der DIN 18516-1 genannten Werkstoffe verwendet werden [2]. Brandverhalten Für die Beurteilung des Brandverhaltens gelten besondere Richtlinien. Fassadenintegrierte Photovoltaikanlagen sind nach [2] zu bewerten, sofern die Verwendbarkeit nicht bereits durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen nachgewiesen ist. 3

Dauerhaftigkeit Die Forderung nach einem angemessenen dauerhaften Tragwerk gilt als erfüllt, wenn es während der vorgesehenen Lebensdauer seine Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit ohne wesentlichen Verlust der Nutzungseigenschaften und mit einem vertretbaren Instandhaltungsaufwand behält [2]. Wärmebrücken Lineare Wärmebrücken sind konstruktiv auszuschließen. Punktuelle Wärmebrücken sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren [7] [8]. Sanierung eines Wohnhochhauses mit 78 Wohneinheiten und Arztpraxen im Erdgeschoss, Fassade Aluminium-Verbundplatten mit integrierter Photovoltaikanlage, Wintergärten und zeitgemäßen, barrierefreien Grundrissen Bauherr und Architekten: Braunschweiger Baugenossenschaft e.g. Projektleitung: Dipl.-Ing. Melanie Drewes, Dipl.-Ing. Mathias Stumpf 4

In dieser Veröffentlichung zitierte Normen und Richtlinien [1] Mitteilungen des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik); Berlin [2] DIN 18516-1 Außenwandbekleidungen, hinterlüftet, Teil 1: Anforderungen, Prüfgrundsätze [3] VOB C ATV DIN 18351 Vorgehängte hinterlüftete Fassaden [4] DIN EN 1991-1-1 Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau [5] DIN EN 1991-1-4 Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen - Windlasten; [6] DIN EN 1991-1-3 Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen Schneelasten [7] DIN 4108-2 Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden; Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz [8] Richtlinie Bestimmung der wärmetechnischen Einflüsse von Wärmebrücken bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden. Alle Hinweise, technische und zeichnerische Angaben, entsprechen dem derzeitigen technischen Stand sowie unseren darauf beruhenden Erfahrungen. Die beschriebenen Anwendungen sind Beispiele und berücksichtigen nicht die besonderen Gegebenheiten im Einzelfall. Die Angaben und die Eignung der gezeigten Werkstoffe sind in jedem Fall für die beabsichtigten Verwendungszwecke bauseitig zu überprüfen. Eine Haftung des FVHF e.v. ist ausgeschlossen. Dies betrifft auch Druckfehler und nachträgliche Änderungen technischer Angaben, insbesondere bei Normen und anderen Regelwerken. 5