Hygienemaßnahmen bei Gastroenteritis Ausbrüchen durch Noroviren

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Transkript:

AWMF online Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Working Group 'Hospital & Practice Hygiene' of AWMF Leitlinien zur Hygiene in Klinik und Praxis AWMF-Leitlinien-Register Nr. 029/037 Entwicklungsstufe: 1 + IDA Zitierbare Quelle: HygMed 2013; Hygienemaßnahmen bei Gastroenteritis Ausbrüchen durch Noroviren Noroviren verursachen bei Erwachsenen bis zu 50 %, bei Kindern etwa 30 % aller nichtbakteriellen, akuten Gastroenteritiden. Nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen kommt es zu einer akuten Gastroenteritis mit heftigem Brechdurchfall, Bauchschmerzen, Kopf- und Muskelschmerzen aber nur geringem Fieber. Die Krankheitsdauer beträgt in der Regel 1 bis 3 Tage, bei Kindern evtl. länger. Bei Menschen mit reduziertem Allgemeinzustand oder Immunschwäche sind in allen Altersgruppen Todesfälle berichtet worden. Auch asymptomatische und leichte Verläufe werden beobachtet. Bei Neonaten kann der akute Brech-Durchfall fehlen (explosives Erbrechen nur in 27-50%, häufig nur aufgeblähtes Abdomen ohne akute Diarrhoe, sepsisähnliche Verläufe, nekrotisierende Enterokolitis und/oder Apnoe/Dyspnoe [1]. 2007 ereigneten sich knapp 80 % aller gemeldeten Ausbrüche in Krankenhäusern (39 %) und Pflegeheimen (38 %) [2]. Die Problematik von Norovirus-Ausbrüchen liegt in der explosionsartigen Ausbreitung unter Patienten ebenso wie unter dem medizinischen Personal. Stationsschließungen bis hin zu Aufnahmestopps aufgrund der hohen Ausfallrate unter dem Personal führen zu erheblichen Versorgungsengpässen und wirtschaftlichen Einbußen. Erreger und Epidemiologie Noroviren (früher: Norwalk-like Viren) gehören zu den Caliciviren und sind weltweit verbreitet. Der Mensch gilt derzeit als einziges epidemiologisch relevantes Erregerreservoir für humane noroviren. Infektionsquellen sind Stuhl und Erbrochenes. Ansteckungsfähigkeit besteht während der akuten Erkrankung und mindestens 48 h danach, wobei geringe Virusmengen bis 2 Wochen nach der Erkrankung evtl. auch länger ausgeschieden werden können [3-8]. 029/037 S1-Leitlinie Hygienemaßnahmen bei Norovirus-Ausbrüchen Seite 1

Die Übertragung erfolgt fäkal-oral als Schmierinfektion, meist über die Hände. Daneben spielen kontaminierte Lebensmittel und kontaminiertes Trinkwasser eine Rolle, möglicherweise auch Tröpfchen, wie sie bei heftigem Erbrechen freigesetzt werden. Der Erreger ist in der Umwelt stabil und kann in angetrocknetem Zustand über drei Wochen lang infektionstüchtig bleiben, sodass auch die Übertragung durch angetrocknetes Virus an Gebrauchsgegenständen und Medizinprodukten von Bedeutung ist. Die Infektion wird durch minimale Virusmengen (vermutlich 10 bis 100 Viruspartikel) übertragen [8]. Untersuchungsmaterial, Diagnostik, Meldepflicht Als Untersuchungsmaterial dient Stuhl, evtl. auch Erbrochenes. Bei Einzeluntersuchungen erfolgt der Erregernachweis molekularbiologisch mittels PCR (Polymerase Chain Reaction). Bei Ausbrüchen kann ein Antigen-ELISA zur Anwendung kommen. Nach dem ersten positiven Nachweis erfolgt die Diagnose anhand der klinischen Symptome, weitere molekularbiologische Einzelnachweise sind nicht mehr erforderlich. In Deutschland besteht Meldepflicht bei Krankheitsverdacht und Erkrankung ( 6 IfSG: akute Gastroenteritis) im Falle zweier oder mehrerer gleichartiger Erkrankungen bei wahrscheinlichem oder vermutetem epidemiologischen Zusammenhang; meldepflichtig ( 42 IfSG) ist darüber hinaus jede Erkrankung bei Beschäftigten im Lebensmittelbereich (z. B. Zentral- und Verteilküchen in Krankenhäusern). In Österreich besteht Meldepflicht gemäß Epidemiegesetz nur in lebensmittelassoziierten Fällen. In der Schweiz müssen nur laborchemisch nachgewiesene Fälle dem Bundesamt für Gesundheitswesen gemeldet werden. Hygienemaßnahmen Erkrankte Personen müssen isoliert werden und Zugang zu einer ei genen Toilette/Toilettenstuhl haben. Infolge des Epidemieverlaufs ist eine Kohortenisolierung sinnvoll. Die Isolierung darf frühestens 48 h nach Abklingen der klinischen Symptomatik aufgehoben werden. Da die Virusausscheidung i.d.r. noch 14-16 Tagen nach Sistieren der Symptome anhalten kann, ist für diese Zeitspanne eine viruzide Händedesinfektion nach jedem Toilettengang durchzuführen [9]. Auch die Desinfektion des WC-Bereiches muss für diesen Zeitraum weiter durchgeführt werden. Bei Kontakt mit dem Patienten oder seinen Ausscheidungen müssen raumbezogene, flüssigkeitsdichte Schutzkittel getragen werden. Bei Kontakt mit infektiösem Material und potenziell kontaminierten Gegenständen und Flächen sind Einmalhandschuhe zu verwenden. Nach Kontakt mit infektiösem Material und potenziell kontaminierten Gegenständen, nach Ausziehen der Einmalhandschuhe sowie vor Verlassen des Zimmers ist eine hygienische Händedesinfektion mit einem viruziden Einreibepräparat erforderlich. Für die Auswahl des Desinfektionsmittels ist der Nachweis einer Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren sinnvoll. Da sich das humane Norovirus nicht in der 029/037 S1-Leitlinie Hygienemaßnahmen bei Norovirus-Ausbrüchen Seite 2

Zellkultur vermehren lässt, wird die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln derzeit an Surrogatviren getestet; allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Wirksamkeit gegen Ersatzviren (z. B. das Poliovirus, Rotaviren oder murines Norovirus) nur einen eingeschränkten Rückschluss auf die Wirksamkeit gegen humane Noroviren erlaubt. Aufgrund aktueller Untersuchungen mit dem murinen Norovirus wird von einer deutlichen Überlegenheit ethanolischer Händedesinfektionsmittel (Ethanolgehalt 60 % v/v) im Vergleich zu Händedesinfektionsmitteln auf der Basis von 1-Propanol oder 2-Propanol ausgegangen [10]. Grundsätzlich sind, insbesondere auch bezüglich der Einwirkzeit, die jeweiligen Herstellerangaben zu beachten. Bei akutem Erbrechen und bei der Beseitigung von Erbrochenem ist weiterhin eine Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz) zu tragen. Handschuhe, Kittel und Maske sind nach einmaliger Verwendung zu entsorgen. Die Entsorgung erfolgt als "infektiöser Abfall" (deklarationspflichtig) in geschlossenen Behältern, die im Patientenzimmer bereit stehen und vor dem Abtransport äußerlich wischdesinfiziert (viruzide Mittel) werden. Leib- und Bettwäsche sowie mit Stuhl kontaminierte Wäsche wird nach dem Doppelsack-Prinzip (zum Transport sauberen Sack über den kontaminierten Sack ziehen) als Infektionswäsche entsorgt. Steckbecken (Leibschüsseln) und Urinflaschen werden im Reinigungs-Desinfektions-Gerät für menschliche Ausscheidungen (= Steckbeckenspülgerät ) gereinigt und thermisch desinfiziert. Hierbei sollte ein A0-Wert von 600 (dies entspricht 10 min bei 80 C oder 1 min bei 90 C) zur Anwendung kommen, da es Hinweise dafür gibt, dass das humane Norovirus hitzestabiler ist als das murine Norovirus oder das Hepatitis A-Virus [11]. Ein A 0 -Wert von 600 ist insbesondere dann zu fordern, wenn im Steckbeckenspülgerät nicht nur Steckbecken und Urinflaschen, sondern auch Waschschüsseln aufbereitet werden. Essgeschirr ist in üblicher, hygienisch einwandfreier Weise aufzubereiten. Im Krankenzimmer bzw. auf Station erfolgt eine tägliche Wischdesinfektion aller patientennahen Kontaktflächen (einschl. Türgriffe!) und des Fußbodens mit einem (gegen Caliciviren) wirksamen Flächendesinfektionsmittel und des Fussbodens mit einem viruziden Flaechendesinfektionsmittel. Um eine Weiterverbreitung aus der Isoliereinheit zu verhindern, ist die mindestens tägliche Desinfektion aller patientennahen Flächen und aller weiteren Flächen mit Handkontakt des Patienten und des Personals sowie des Fußbodens mit einem noroviruziden Präparat zu gewährleisten. Nach Entlassung ist eine Schlussdesinfektion durchzuführen. Das betrifft nicht nur die Isoliereinheit, sondern auch den WC-Bereich und die Spüle. Die Bereitstellung von dezentralen Notfalldepots mit Informations-, Isolier-, und Desinfektionsmaterial hat sich bei der zügigen Beherrschung von Ausbrüchen als außerordentlich nützlich erwiesen [12]. Nach Entlassung des/der Patienten erfolgt eine Schlussdesinfektion (Scheuer-Wisch- Desinfektion) unter Einbeziehung des Sanitärbereichs (Toilette, evtl. unreiner Arbeitsraum). Offen gelagerte, sterile Medizinprodukte (Spritzen, Kanülen, Verbandmaterial etc.) und Verbrauchsartikel (Toilettenpapier, Einmalhandtücher) müssen entsorgt werden. 029/037 S1-Leitlinie Hygienemaßnahmen bei Norovirus-Ausbrüchen Seite 3

Neu aufzunehmende Patienten mit Durchfallerkrankungen dürfen nicht primär kohortiert werden und müssen bis zur Diagnosestellung gesondert isoliert werden. Besucher Besuche sind soweit wie möglich einzuschränken. Besucher müssen die analogen Schutzmaßnahmen wie das Personal einhalten. Besucher melden sich vor Betreten des Zimmers beim Stationspersonal, von dem sie in der Durchführung der Isoliermaßnahmen, vor allem in der korrekten Ausführung der Händedesinfektion und der Verwendung des Isolierkittels, unterwiesen werden. Erkrankte Mitarbeiter Eine Freistellung erfolgt auch bei geringen gastrointestinalen Beschwerden. Die Beschäftigung darf frühestens nach 2 Tagen Symptomfreiheit wieder aufgenommen werden. Sofern die Ausbruchssituation dies erzwingt, kann infiziertes Personal (z. B. bei mildem Verlauf oder im Anschluss an eine akute Erkrankung) infizierte Patienten versorgen (Personalkohortierung). Literatur 1. Armbrust S, Kramer A, Olbertz D. et al. Norovirus infections in preterm infants: wide variety of clinical courses. BMC Res Notes. 2009; 2: 96. 2. Robert Koch-Institut. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2007. 2007. 3. Thornhill et al. Pattern of shedding of the Norwalk particle in stools during experimentally induced gastroenteritis in volunteers as determined by immune electron microscopy. J. Infect. Dis 132, 28-34, 1975. 4. Gaulin et al. Transmission of calicivirus by a foodhandler in the pre-symptomatic phase of illness. Epidemiol. Infect. 123, 475-478, 1999 5. Graham et al. Norwalk virus infection of volunteers: new insights based on improved assays J. Infect. Dis. 170, 34-43, 1994 6. Okhuysen et al. Viral shedding and fecal IgA response after Norwalk virus infection J. Infect. Dis. 171, 566-569, 1995 7. Rocks et al. Natural History of human calicivirus infection: a prospective cohort study. Clin. Infect. Dis. 35, 246-253, 2002 8. Rohayem, J. und Rethwilm A. Caliciviren. In Doerr HW und Gerlich WH "Medizinische Virologie", Thieme, Stuttgart-Newyork 2010, p. 499-504 und Green KY. Calciviridae: The Noroviruses. In DM Knipe und PM Howley Fields Virology, 5th ed, Lippincott, Williams & Wilkins, Philadelphia 2007, p. 949-979 9. Aoki Y, Suto A, Mizuta K et al. Duration of norovirus excretion and the longitudinal course of viral load in norovirus-infected elderly patients. J Hosp Inf. 2010; 75(1): 42-6. 10. Paulmann D, Steinmann, Becker B et al.: Virucidal activity of different alcohols against murine norovirus, a surrogate of human norovirus. J Hosp Infect 2011; 79:378-382 11. Hewitt J, Rivera-Aban M und Greening GE: Evaluation of murine norovirus as a surrogate for human norovirus and hepatitis A virus in heat inactivation studies. J Appl Microbio 2009; 107:65-71 12.Kramer A, Hübner NO, Steinmann J, Bartels C, Lerch M. Prävention und Ausbruchmanagement bei Auftreten von Norovirusinfektionen. Klinikarzt 2009 38 (4):182-6. 029/037 S1-Leitlinie Hygienemaßnahmen bei Norovirus-Ausbrüchen Seite 4

Verfahren zur Konsensbildung: Interdisziplinärer Experten-Konsens im Arbeitskreis "Krankenhaus- & Praxishygiene" der AWMF Verzeichnis aller Mitglieder siehe Homepage des Arbeitskreises: www.hygiene-klinik-praxis.de/mitglieder.htm Sekretariat: Bernd Gruber Vereinig. d. Hygiene-Fachkräfte e.v. Marienhospital, Osnabrück email siehe Homepage des Arbeitskreises: www.hygiene-klinik-praxis.de Erstellungsdatum: 08/2005 Letzte Überprüfung: 09/2013 Nächste Überprüfung geplant: 09/2018 oder früher bei Bedarf Die "Leitlinien" der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung. Die AWMF erfasst und publiziert die Leitlinien der Fachgesellschaften mit größtmöglicher Sorgfalt - dennoch kann die AWMF für die Richtigkeit des Inhalts keine Verantwortung übernehmen. Insbesondere für Dosierungsangaben sind stets die Angaben der Hersteller zu beachten! 2013 Arbeitskreis Krankenhaus- und Praxishygiene der AWMF Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online 029/037 S1-Leitlinie Hygienemaßnahmen bei Norovirus-Ausbrüchen Seite 5