An den Präsidenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Herrn Jochen Sanio Graurheindorfer Straße 108 53117 Bonn Aktenzeichen Telefon Telefax E-Mail Datum See/CM R 07 22-02-950-02/10 +49 30 27876-320 +49 30 27876-798 michel@dstv.de 19.7.2010 Anwendbarkeit des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auf die Tätigkeit von Steuerberatern Sehr geehrter Herr Sanio, der Deutsche Steuerberaterverband e.v. (DStV) vertritt als Spitzenorganisation die Angehörigen der steuerberatenden Berufe in der Bundesrepublik Deutschland. Dem DStV gehören 15 Mitgliedsverbände an, in denen über 33.000 Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer sowie Berufsgesellschaften freiwillig zusammengeschlossen sind. Am 31. Oktober 2009 ist das Gesetz zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie (Zahlungsdiensteumsetzungsgesetz, BGBl. I 2009, 1506 ff.) in Kraft getreten. Die aufsichtsrechtliche Umsetzung der Richtlinie erfolgte durch das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz ZAG). Es sieht für die Erbringung von Zahlungsdiensten eine schriftliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) vor. In einem aktuellen Fachbeitrag wird Steuerberatern, die im Zusammenhang mit der Lohnabrechnung für einen Mandanten unmittelbar in Zahlungsvorgänge eingebunden sind, zur Prüfung geraten, ob diese Tätigkeit eine entsprechende Erlaubnispflicht nach 8 ZAG auslöst (vgl. Beitrag von Linner, Corinna / Frey, Peter, Auswirkungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auf die Tätigkeit von Steuerberatern in DStR 2010, 1153 f.).
2 Nach Ansicht des Deutschen Steuerberaterverbandes e.v. (DStV) ist es fraglich, ob Steuerberater, die Zahlungsvorgänge für ihre Mandanten abwickeln, tatsächlich einer Erlaubnis nach dem ZAG bedürfen. Zur Beantwortung dieser Frage sind weder der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/11613 vom 16.1.2009) konkrete Aussagen zu entnehmen, noch enthält das Merkblatt der Deutschen Bundesbank (Stand 23.11.2009) über die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Zahlungsdiensten zu dieser Frage entsprechende Informationen. 1. Fehlende gewerbsmäßige Tätigkeit des Steuerberaters Nach 8 Abs. 1 ZAG bedarf einer schriftlichen Erlaubnis Ihres Hauses, wer als Zahlungsinstitut im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen will. Fraglich ist unseres Erachtens bereits, ob ein Steuerberater als Zahlungsinstitut in diesem Sinne anzusehen ist. Nach 1 Abs. 1 Ziff. 5 ZAG sind Zahlungsinstitute Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen. Als Zahlungsdienst ist nach 1 Abs. 2 Ziff. 2 ZAG u.a. die Ausführung von Zahlungsvorgängen ohne Kreditgewährung zu verstehen. Die Abwicklung des im Zusammenhang mit der Lohnabrechnung stehenden Zahlungsverkehrs in Form der Übermittlung von Geldbeträgen beispielsweise mittels einer Überweisung kann als Zahlungsdienst in diesem Sinne angesehen werden (vgl. 1 Abs. 2 Ziff. 2 b ZAG). Fraglich ist jedoch unseres Erachtens, ob ein Steuerberater diese Zahlungsdienste auch gewerbsmäßig im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG betreibt. Eine gewerbsmäßige Tätigkeit ist durch ein selbstständiges, gleichmäßig fortgesetztes und maßgebend vom erwerbswirtschaftlichen Streben nach Gewinn bestimmtes Handeln gekennzeichnet (vgl. Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 32 Rn. 8 m.w.n.). Hinsichtlich der Abwicklung von Zahlungsvorgängen durch Steuerberater für ihre Mandanten wird in dem genannten Fachbeitrag die Auffassung vertreten, eine Gewerbsmäßigkeit sei bereits deshalb anzunehmen, weil der Berater diese Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht bzw. gegen Vergütung vornehme (vgl. Linner, Corinna /Frey, Peter, Auswirkungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes auf die Tätigkeit von Steuerberatern in DStR 2010, 1153, 1154). Bei dieser Argumentation wird nach unserem Dafürhalten allerdings verkannt, dass Steuerberater ihren Beruf freiberuflich ausüben ( 32 Abs. 2 2.HS StBerG) und diese Tätigkeit
3 gemäß 32 Abs. 2 S. 2 StBerG ausdrücklich kein Gewerbe darstellt. Freiberufliche Tätigkeit und Gewerbe sind bereits ihrem Wesen nach grundsätzlich nicht miteinander vereinbar und schließen sich aus (vgl. Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Auflage, 32 Rn. 26). Die ausdrückliche Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit hat insoweit ebenfalls Eingang in das Steuerrecht gefunden: Steuerberater zählen einkommensteuerrechtlich zu den Katalogberufen des 18 Abs. 1 EStG mit der Folge, dass ihre selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, freiberuflich erfolgt, daher nicht als Gewerbebetrieb anzusehen ist (vgl. 15 Abs. 2 EStG). Abzugrenzen ist die gewerbsmäßige Tätigkeit außerdem vom Begriff der Geschäftsmäßigkeit. 32 Abs. 1 StBerG regelt, dass die Hilfe in Steuersachen durch Steuerberater geschäftsmäßig erfolgt. Geschäftsmäßigkeit ist anzunehmen, wenn eine Tätigkeit in der Absicht der Wiederholung zum Bestandteil der wiederkehrenden oder dauerhaften (selbstständigen) Beschäftigung geleistet wird (vgl. Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Auflage, 32 Rn.9). Bei der geschäftsmäßigen Tätigkeit kommt es nicht darauf an, ob der Steuerberater mit Gewinnerzielungsabsicht tätig wird oder für seine Arbeit eine Gegenleistung in Form von Einnahmen erhält (vgl. Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez/Willerscheid, Steuerberatungsgesetz, 2. Auflage, 2 Rn.10 m.w.n.). Die Durchführung der Lohnbuchhaltung für den Mandanten einschließlich der Abwicklung der damit verbundenen Zahlungsvorgänge durch den Steuerberater erfolgt daher zwar geschäftsmäßig. Sie ist allerdings keinesfalls gleichzusetzen mit einer gewerbsmäßigen Tätigkeit (vgl. Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 2 Rn. 3). Auch der dem ZAG zugrunde liegenden Zahlungsdiensterichtlinie ist nicht zu entnehmen, dass eine geschäftsmäßige Tätigkeit der besonderen Erlaubnis bedürfen soll. Artikel 4 Ziff. 3 der Richtlinie führt insoweit ausdrücklich aus, dass nur eine gewerbliche Tätigkeit als Zahlungsdienst in Betracht kommt. Im Ergebnis handelt der Steuerberater bei der Übernahme und Abwicklung der Zahlungsvorgänge für seinen Mandanten nicht gewerbsmäßig. Aus diesem Grund wird man auch keine Tätigkeit in einem Umfang annehmen können, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Steuerberater sind damit nicht als Zahlungsinstitut im Sinne des 1 Abs. 1 Ziff. 5 ZAG zu qualifizieren.
4 2. Beschränkung auf Juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften Dieses Ergebnis hält auch einer weitergehenden Prüfung anhand der Regelung des 9 S.1 Ziff. 1 ZAG stand. Danach ist die Erlaubnis durch die BAFin zu versagen, wenn der Antragsteller keine juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft ist. Lediglich ein geringer Anteil der Steuerberater in Deutschland übt seine Tätigkeit in Form einer Steuerberatungsgesellschaft und damit als juristische Person aus. Hierzu weist die Berufsstatistik der Bundessteuerberaterkammer (abrufbar im Internet unter www.bstbk.de) zum Stichtag 1.1.2010 einen Anteil der Steuerberatungsgesellschaften von 15,9 % aus. Die große Mehrzahl der Steuerberater ist danach in Form der Einzelpraxis (70,3 %) oder als Sozietät in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Partnerschaftsgesellschaft (13,8 %) tätig. Wollte man also in der Praxis eine Erlaubnispflicht für die Fälle der Zahlungsabwicklung auch für Steuerberater annehmen, wären nach dem Wortlaut des Gesetzes über 80 % der Steuerberaterpraxen per se bereits allein aufgrund ihrer Rechtsform von der Möglichkeit ausgenommen, eine Erlaubnis durch die BAFin erhalten zu können. Eine solche Ausgrenzung wäre verfassungsrechtlich bedenklich und würde einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs.1 GG darstellen, der nicht hinzunehmen wäre. Darüber hinaus würde die Erlaubniserteilung allein für die Gruppe der Steuerberatungsgesellschaften einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG darstellen, da keine sachlichen Gründe ersichtlich sind, warum diese den übrigen Steuerberaterpraxen vorzuziehen sein sollen. Die Gesetzesbegründung zu 9 S.1 Ziff.1 ZAG führt zu der vorliegenden Beschränkung auf juristische Personen aus, dass es sich dabei um eine zwingende Vorgabe aus der umzusetzenden Zahlungsdiensterichtlinie handelt (BT-Drs. 16/11613, S. 47). Der dortige Begriff legal persons sei in die deutsche Übersetzung als juristische Personen eingeflossen. Dieser Begriff müsse allerdings nicht wörtlich verstanden werden, sondern sei sinngemäß zu übersetzen; es sei an die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft anzuknüpfen, sodass in das Gesetz neben den juristischen Personen auch die Personenhandelsgesellschaften (namentlich OHG, KG und GmbH & Co. KG) aufgenommen wurden. Ausdrücklich keine Erwähnung in der Gesetzesbegründung finden allerdings Personengesellschaften, die kein Handelsgewerbe ausüben (Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaften). Durch die ausdrückliche Einbeziehung der Handelsgesellschaften in die gesetzliche Regelung hat der Gesetzgeber unseres Erachtens nochmals den gewerblichen Charakter der Zahlungsdienstleistung betont, der bei einem freiberuflich tätigen Steuerberater aus den oben genannten Gründen gerade nicht anzunehmen ist. Ein Ausschluss der Personengesellschaften
5 war damit vom Gesetzgeber offenkundig ausdrücklich beabsichtigt. Das Erfordernis einer Erlaubnis ist für sie ausdrücklich nicht vorgesehen. Insoweit enthält das auf Ihren Internetseiten eingerichtete öffentliche Register der Zahlungsinstitute bis dato auch keinerlei Steuerberaterpraxen, insbesondere auch nicht in Form von Steuerberatungsgesellschaften. 3. Fazit Nach unserer Auffassung ist das ZAG auf die Tätigkeit von Steuerberatern nicht anwendbar. Auch wenn ein Berater im Rahmen der Lohnabrechnung Zahlungen für seine Mandanten abwickelt, handelt es sich nicht um eine gewerbsmäßige Tätigkeit im Sinne des 8 Abs. 1 ZAG, die einer Erlaubnis der BAFin bedarf. Der Gesetzgeber ist offenkundig nicht von einer Erlaubnispflicht für Steuerberater in diesem Bereich ausgegangen, da er den gewerblichen Charakter der Zahlungsdienstleistung dadurch betont hat, dass allein juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften in den Regelungsbereich des ZAG aufgenommen wurden, die große Mehrzahl der Berufsangehörigen allerdings als Einzelberater oder in der Rechtsform der Personengesellschaft tätig ist. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen möchten wir Sie im Interesse unserer Mitglieder in dieser Frage um Ihre rechtliche Einschätzung und Rückäußerung bitten. Mit freundlichen Grüßen gez. StB/WP Dipl.-Kfm. Hans-Christoph Seewald (Präsident des DStV) Nachrichtlich an Bundesminister der Finanzen Bundesministerin der Justiz Bundesminister für Wirtschaft und Technologie