Schwierig nur, Kindern etwas zu erklären, was auch Erwachsene selten richtig verstehen.

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Transkript:

Panorama Nr.763 vom 14.02.2013 Merkwürdige Mülltrennung: was darf in den gelben Sack? Anmoderation Anja Reschke: Ja, es ist in der Tat vollkommener Irrsinn, was wir da treiben. Die Rede ist von Mülltrennung. Und ganz besonders von der gelben Tonne. Wehe, Sie wissen nicht genau, was da rein kommt. Das kann Sie teuer zu stehen kommen. Mit großem Aufwand erzieht der Staat seine Bürger zur korrekten Sortierung, maßregelt und bestraft sie bei Fehlbewurf. Und wofür? Für die Umwelt meinen Sie? Nö, die hat davon nichts. Johannes Edelhoff, Johannes Jolmes und Nils Naber über ein Gesetz, das alle Parteien für schwachsinnig halten und trotzdem keiner ändert. Umwelterzieher (singt im Kindergarten vor Kindern): Alle meine Pfännchen freuen sich auf den Müll, freuen sich auf den Müll! Braun, gelb, blau, grau oder Glas Müll zu trennen macht doch Spaß, macht doch Spaß! Müll-pädagogische Früherziehung in einer Essener KITA. Schon mit vier Jahren sollen die Kinder die deutsche VerpackV beherrschen die Verpackungsverordnung. Umwelterzieher: Wisst ihr Kinder, ich liebe Müll! Müll ist ein Schatz! Schwierig nur, Kindern etwas zu erklären, was auch Erwachsene selten richtig verstehen. Umwelterzieher: Aus was ist die Zahnbürste? Kind: Plastik. Umwelterzieher: Plastik, ja, Kunststoff. Du gehst zur gelben Tonne? Du hast die richtige Idee, aber stopp, es ist leider ein bisschen kompliziert. Und zwar ist das aus Plastik, aber es ist keine Verpackung und deswegen wird es nicht recycelt, nicht wiederverwendet. Sondern kommt in den Restmüll. Denn nur Verpackungen dürfen in die gelbe Tonne. Anderer Plastikmüll darf nicht hinein. Umwelterzieher: Da hab ich auch ein Problem, das zu erklären. Ich muss einfach sagen, das ist so. Es ist Plastik und die Kinder gehen immer zur gelben Tonne damit, weil ich das ja auch vorher so 1

gesagt habe. Plastik. Plastikverpackung. Aber es ist eben keine Verpackung. Ja, es ist mühsam. Auch die Erwachsenen haben so ihre Probleme mit dem gelben Sack. Dagegen kämpft dieser Mann unverdrossen. Er wird von der Hausverwaltung extra dafür bezahlt, dass er Plastikverpackungen aus dem Restmüll fischt. André Schaar, Müllsortierer: Das gehört hier alles nicht rein, die ganze Tonne ist im Grunde genommen fehlbefüllt, die ganzen Folien, Papiertüten, Plastiktüten, Tetrapacks, Verpackungsmaterialen - gehört alles in den gelben Sack und nichts davon ist im gelben Sack, sondern alles ist im Hausmüll. Mehr als die Hälfte des Grünen-Punkt-Mülls landet hier in der falschen Tonne, im Restmüll. Der Sortierer muss davon so viel wie möglich in die gelbe Tonne umsortieren. So spart die Hausverwaltung Müllgebühren. Es ist ein Kampf auf verlorenem Posten. André Schaar, Müllsortierer: Die gelbe Tonne, die befüll hauptsächlich ich aus der Feinsortierung der Restmüllbehälter. Panorama: Das heißt, es nutzt überhaupt niemand die gelbe Tonne? André Schaar, Müllsortierer: Von den zehn Leuten zwei, ja. Schuld an dem Chaos: Als 1991 der Grüne Punkt eingeführt wurde, entstand eine absurde Trennlogik. Nur Verpackungen dürfen in die gelbe Tonne. Dabei könnte man technisch viel mehr Plastik recyceln. Heute will von den Politikern keiner mehr Schuld daran sein. Panorama: Momentan gehört eine Plastikverpackung in den gelben Sack oder gelbe Tonne, eine Plastikzahnbürste nicht. Ist das eine besonders logische Lösung? Gerd Bollmann, SPD, Umweltausschuss im Bundestag: Das ist für die Menschen natürlich nicht logisch. Ralph Lenkert, Die Linke, Umweltausschuss im Bundestag: Es ist unlogisch, es ist falsch. Dorothea Steiner, Grüne, Umweltausschuss im Bundestag: Das ist überhaupt nicht logisch. Horst Meienhofer, FDP, Umweltausschuss im Bundestag: Das zeigt eigentlich schon, wie verrückt das ganze System ist. Ein unlogisches, verrücktes System und alle Parteien wissen davon nur geändert hat daran in den letzten 20 Jahren niemand etwas. Stattdessen wird diese unlogische Müllordnung mit bürokratischer Härte durchgesetzt, in Oberbayern sogar unter Einsatz konspirativer Methoden. Ein Müllspion überwacht die Container. Wer falsch trennt, bekommt ein Bußgeld. 2

Bernhard Schachner, Wasserburg am Inn: Der Herr hat jetzt in dem Fall Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff, zum Beispiel Federmäppchen, Spielzeug und so, eine Kunststoffbox in den Container für die Verpackungen geworfen. Panorama: Wie hoch ist das Bußgeld? Bernhard Schachner, Wasserburg am Inn: Das liegt in diesem Fall bei der Menge bei 100 Euro, das richtet sich nach dem Bußgeldkatalog des bayrischen Umweltministeriums und da kommen noch Gebühren und Auslagen dazu. Hunderte Bürger mussten schon bezahlen, weil sie Produkte aus Kunststoff in den Verpackungscontainer geworfen haben. Das Plastik könnte man zwar gut recyceln, aber Gesetz ist eben Gesetz. Michael Kölbl, Bürgermeister Wasserburg am Inn: Ja, das ist so, liegt aber nicht an uns, liegt am Gesetzgeber. Der unterscheidet ganz streng zwischen Verpackungskunststoffen und Nicht-Verpackungskunststoffen. Absurde Vorschrift statt sinnvoller Mülltrennung. In Vaterstetten bei München will man jetzt sogar mit solchen Videokameras aufrüsten. Robert Niedergesäß, Bürgermeister Vaterstetten: In dem Fall wäre es jetzt so, dass wir hier in dieser Grüninsel den Mast aufstellen würden und die Kameras anbringen mit der entsprechenden Technik und dann hier quasi die Werkstoffinsel sehr gut einsehen können, damit man auch Fahrzeuge feststellen kann und einen guten Überblick hat. Wir setzen bei der Videoüberwachung ja auf Prävention. Es ist schlichtweg auch so, wenn ich mit dem Auto die Autobahn entlangfahre an dem Verkehrsleitsystem, es könnte blitzen, und so ist es bei der Videoüberwachung an den Wertstoffinseln auch. Es könnte sein, dass mich da jemand beobachtet, wenn ich mich falsch verhalte. Die absurde Mülltrennung ist nur ein Teil des Debakels. Das schmutzige Geheimnis kommt erst nach der Abfuhr des mühsam sortierten gelben Sack-Mülls: ein Großteil davon wird nämlich gar nicht recycelt. Das ist sogar ganz legal: Im Gesetz wimmelt es nämlich von Lücken und Hintertürchen. Einmal angeliefert, wird der Müll aus gelbem Sack und gelber Tonne erst mal mit Spezialmaschinen nachsortiert, gescannt und dann per Luftstrom gepustet. Das Ergebnis: schön sortierter Plastikmüll. Zur besseren Verwendung wird viel davon noch geschreddert. Und wofür das alles? Damit es besser brennt. Markus Helftewes, Veolia Umweltservice: Wir sehen hier einen Ersatzbrennstoff, das ist eben der Teil aus dem gelben Sack der nicht stofflich verwertet wird. Und bei unserer Anlage sind das etwa 35 Prozent. Panorama: Der wird verbrannt? Markus Helftewes, Veolia Umweltservice: Der wird energetisch verwertet, so sagen wir. 3

Verbrennen statt Recyceln. Es lohnt sich - Kohle und Öl werden immer teurer. Deshalb endet unser Plastik oft als billiger Brennstoff etwa in Zementfabriken wie dieser. Die sparen dadurch viel Geld. Panorama: Was zahlen Sie für diesen Stoff? Was mussten Sie früher bezahlen? Morton Holpert, Holcim Zementwerk Lägerdorf: Das kann ich Ihnen nicht verraten, was wir zahlen. Auf jeden Fall, sage ich immer, wenn wir hier rein kommen, in der Regel ist es eben der Geruch nach Geld. Und so bleibt vom aufwändig getrennten Plastik oft nichts als Rauch. Das ist sogar legal. Denn laut Gesetz dürfen Zweidrittel des Plastiks aus dem gelben Sack verbrannt werden. Prof. Karl-Heinz Scheffold, Umweltingenieur: Technisch ist es möglich, mehr Kunststoff aus dem gelben Sack zu recyceln, die Mengen könnten verdoppelt werden. Panorama: Ohne Probleme? Prof. Karl-Heinz Scheffold, Umweltingenieur: Ohne Probleme. Eine umweltschädliche Gesetzeslücke. Auch Fachpolitiker finden das falsch. Panorama: Dass wir momentan zwei Drittel des gelben Sack-Mülls verbrennen, ist das eine intelligente Lösung? Ralph Lenkert, Die Linke, Umweltausschuss im Bundestag: Das ist falsch. Wir verbrennen viel zu viel. Dorothea Steiner, Grüne, Umweltausschuss im Bundestag: Wir brauchen eine höhere Recyclingquote, also echte Wiederverwertung, nicht verbrennen. Horst Meierhofer, FDP, Umweltausschuss im Bundestag: Was wäre das Einfachste für den Bürger, was ist das Beste für die Umwelt, wie schaffe ich es, Recycling zu erhöhen? Gerd Bollmann, SPD, Umweltausschuss im Bundestag: Aus unserer Sicht könnten wir wesentlich mehr machen. Und wir sind als rohstoffarmes Land, aus meiner Sicht, auch darauf angewiesen, mehr zu machen. Doch seit 20 Jahren hat sich nichts am Gesetz geändert: nur ein Drittel muss wiederverwertet werden, und das Trennsystem bleibt unlogisch. Peter Altmaier, CDU, Bundesumweltminister: Der Lösungsvorschlag heißt, dass wir eine Wertstofftonne einführen. Diese Wertstofftonne, die soll ermöglichen, dass man nicht nur Verpackungen, sondern auch Materialien, die im Grunde genauso wie Verpackungen zusammengesetzt sind, also Produkte und Gegenstände dort hinein tun kann. Nicht nur Verpackungen - der gesamte Plastikmüll in eine einzige Tonne, mehr Recycling inklusive. Klingt toll. Also Ende gut - alles gut? 4

Nein, denn in der Politik ist ein ideologischer Streit entbrannt, wer den Müll aus der neuen Tonne entsorgen soll. Das Mantra der FDP: Nur einer kann es richten - der Horst Meierhofer, FDP, Umweltausschuss im Bundestag: Wettbewerb... Wettbewerb... Wettbewerb, wo jeder mitmachen kann. Für die anderen gilt. Um den Müll muss sich der Staat kümmern, genauer gesagt O-Töne Gerd Bollmann, SPD, Umweltausschuss im Bundestag: Die Städte, die Gemeinden, die Kommunen. Dorothea Steiner, Grüne, Umweltausschuss im Bundestag: Die Kommune. Ralph Lenkert, Die Linke, Umweltausschuss im Bundestag: Die Kommune. Gerd Bollmann, SPD, Umweltausschuss im Bundestag: Die Kommune ist dafür zuständig. Und weil sich alle gegenseitig blockieren, kommt gar kein Gesetz. O-Töne Gerd Bollmann, SPD, Umweltausschuss im Bundestag: Und mit allem was dazu gehört, also kann ich mir nicht vorstellen, dass wir noch in dieser Wahlperiode ein Wertstoffgesetz bekommen. Dorothea Steiner, Grüne, Umweltausschuss im Bundestag: Und ich sage Ihnen, bis zum Herbst 2013 wird da auch nichts mehr passieren. Ralph Lenkert, Die Linke, Umweltausschuss im Bundestag: Im Moment ist keine Lösung in Sicht. Ich denke in dieser Legislatur werden wir es leider nicht mehr schaffen. Horst Meierhofer, FDP, Umweltausschuss im Bundestag: Das ist zum aus der Haut fahren, das ist zum Verzweifeln, aber man muss leider damit umgehen. Panorama: Wir haben mit Abgeordneten aus allen Fraktionen aus dem Umweltausschuss gesprochen, keiner von denen glaubt mehr, dass es in dieser Wahlperiode noch was wird. Peter Altmaier, CDU, Bundesumweltminister: Ich kann nur sagen, wie Franz Beckenbauer: Schau n mer mal. Der Grundvorschlag ist richtig, der wird auch von allen anerkannt. Jetzt müssen die Streithähne über ihren Schatten springen. Schau n mer mal. Und solange gestritten wird verbrennen wir eben weiter den mühsam sortierten Plastikmüll. Autoren: Nils Naber, Johannes Edelhoff, Johannes Jolmes, Kersten Schüssler Schnitt: Stephan Sautter 5