Selbst-Vorstellung. Ambulante Hilfe Stuttgart. Arbeitsgemeinschaft Freie Träger Wohnungsnotfallhilfe

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Transkript:

Alexander Englmann, Ambulante Hilfe e.v. Stuttgart Bündnis gegen Wohnungsnot in Stuttgart Selbst-Vorstellung Ambulante Hilfe Stuttgart Zunächst ein paar Stichworte zu mir und dem Verein, bei welchem ich angestellt bin und welcher eine treibende Kraft innerhalb des Stuttgarter Bündnisses gegen Wohnungsnot ist: Die Ambulante Hilfe Stuttgart ist vor 37 Jahren im Rahmen eines Forschungsprojekts zur Armut als Alternative zur stationären Voll-Versorgung gegründet worden. Der Name ist und bleibt Programm: Als Teil der bundesweit ersten Fachberatungsstelle ist ambulante Beratung in den ersten 10 Jahren das einzige Angebot gewesen. Mittlerweile hat die Ambulante Hilfe ihre ambulanten, nieder-schwelligen Angebote ausgeweitet und ausdifferenziert: Frauenberatung, Tagesstätte, Streetwork, MedMobil, Hotel,... Außerdem hat die Ambulante Hilfe in den letzten über 25 Jahren 143 eigene Wohnungen erstellt. 139 davon sind Sozial-Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen ohne vertragliche Kopplung an ambulante Beratung. Diese Wohnungen werden an Menschen vermietet, die sich zumindest zum Zeitpunkt der Vermietung schon länger in unserer ambulanten Beratung befinden und die von der Stadt Stuttgart überwiegend als Notfälle anerkannt sind. Die Ambulante Hilfe ist ein selbst-verwalteter Verein ohne formale Hierarchie; alle Kolleginnen und Kollegen sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber zugleich (und gleich bezahlt). Ich selbst bin seit 28 Jahren als Sozialarbeiter immer mit mehr als 50% meiner vollen Stelle in der Einzelfallberatung tätig und übe seit einigen Jahren die Funktion des Gesamt-Geschäftsführers aus, der die Ambulante Hilfe nach außen, unter anderem in der Arbeitsgemeinschaft Freie Träger der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe vertritt. Arbeitsgemeinschaft Freie Träger Wohnungsnotfallhilfe Diese Arbeitsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss aller (~10) Träger der Wohlfahrtspflege, die im Rahmen der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe Angebote nach 67ff. SGB XII vorhalten, sich also um Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten kümmern (von großen Komplex-Trägern wie dem Caritasverband und der Evangelischen Gesellschaft über die Sozialberatung/Straffälligenhilfe hin bis zur Heilsarmee mit einer stationären Einrichtung und etwa Lagaya, einem Verein für wohnungslose, suchtkranke Frauen). Die etwa monatlich tagende Arbeitsgemeinschaft ist von der Stuttgarter Liga der Freien Wohlfahrtspflege als offizieller Fachausschuss für den Bereich der Wohnungsnotfallhilfe anerkannt worden. Darüber hinaus ist die Arbeitsgemeinschaft in den letzten 15 Jahren zu einer vom Sozialamt der Stadt Stuttgart akzeptierten Institution geworden als Gesprächs- und als Verhandlungspartner für die gesamte Wohnungsnotfallhilfe. Sie ist aber bis vor 1 ½ Jahren kein öffentlich agierendes Bündnis gegen Wohnungsnot gewesen. Seite 1

Situation in Stuttgart vor etwa 1 ½ Jahren vorweg ein paar Zahlen (für externe Vergleiche): Wohnungen ca. 600.000 Einwohner ca. 300.000 Wohnungen knapp 70% = knapp 210.000 Mietwohnungen davon ca. 150.000 Mietwohnungen bei sonstigen Vermietern ca. 40.000 Mietwohnungen bei ehemals gemeinnützigen Unternehmen ca. 19.000 Miet-Wohnungen bei der SWSG und Stadt Stuttgart Verfügungspotential des Amtes für Liegenschaften und Wohnen, Notfallkartei ca. 16.000 Sozialwohnungen (etwa halb so viel wie vor 25 Jahren) gut die Hälfte bei der SWSG, der Rest im Wesentlichen bei den ehemals gemeinnützigen Unternehmen + teilweise städtische Belegrechte bei Nicht-Sozialwohnungen der SWSG (geschätzt ~ 2.000 3.000) Alle diese Wohnungen werden nur an Menschen vergeben, die in der so genannten Notfallkartei aufgenommen sind. Voraussetzung für eine Vermittlung einer Wohnung aus der Notfallkartei sind ein Wohnberechtigungsschein und 3 Jahre Aufenthalt in Stuttgart In der Notfallkartei sind derzeit gut 3.000 Haushalte gemeldet; pro Jahr werden etwa 1.000 mit einer Wohnung versorgt; die Wartezeit auf ein erstes Angebot beträgt bei Ein-Personen-Haushalten meist 1,5 bis 2 Jahre. Eine Wohnung wird grundsätzlich 10 verschiedenen Haushalten angeboten, damit die Wohnungsunternehmen eine große Auswahl an möglichen Mietern hat. Mietobergrenzen bei Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe Wenn jemand über die Notfallkartei eine Sozial-Wohnung bekommt, wird die verlangte Netto-Kalt-Miete auf alle Fälle vom Sozialamt bzw. dem JobCenter (Stuttgart ist Options-Kommune) als Kosten der Unterkunft übernommen. Bei sonstigen Miet-Wohnungen wird die Netto-Kalt-Miete bei Neu-Anmietung nur innerhalb festgelegter Mietobergrenzen übernommen, die sich an der Personenzahl und dem Mietspiegel der Stadt für Wohnungen mit einfacher Ausstattung orientieren: Für einen Ein-Personen-Haushalt liegt diese Grenze unabhängig von der Wohnfläche bei 333 Euro (Stand: 2012); was bei 45 m² einen maximalen Quadratmeter-Preis von 7,40 Euro bedeutet. Bei wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen werden Überschreitungen der Grenze von bis zu 10% anerkannt. Bei bestehenden Mietverhältnissen werden Mieten oberhalb der Grenzen zwar zunächst weiter gezahlt, die Betroffenen werden aber aufgefordert, sich um eine preiswertere Wohnung zu kümmern und diese Bemühungen nachzuweisen. Eine Studie der Bundesagentur für Arbeit kam 2007 zu dem Ergebnis, dass über 30% der tatsächlich gezahlten Mieten damals oberhalb der festgelegten Mietobergrenzen lagen. Seite 2

Tendenz Die beschriebene Situation ist eine Moment-Aufnahme innerhalb einer Tendenz, wie sie in Stuttgart, aber auch in anderen großen Städten zu beobachten ist: Verknappung von preiswertem Wohnraum insgesamt Stetige Abnahme von sozial gebundenem Wohnraum KlientInnen der Wohnungsnotfallhilfe bekommen auf dem normalen Wohnungsmarkt und bei ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen praktisch fast keine Wohnungen mehr Auch bei der SWSG, der 100%igen Tochter der Stadt Stuttgart, erlangen immer weniger KlientInnen eine Wohnung; das Satzungsziel der sozialen Wohnraumversorgung durch die SWSG bleibt gegenüber dem politisch vorgegebenen Ziel der schwarzen Null zunehmend auf der Strecke. Ständige Steigerung der Mieten (kalt + warm) Gefährdung von Wohnraum durch zu niedrige Mietobergrenzen oder durch Kürzungen bei der Mietkostenübernahme im Rahmen von Sanktionen Neuanmietung von normalem Wohnraum innerhalb der Mietobergrenzen gelingt nur in sehr seltenen Fällen Wohnungspolitische Forderungen der AG Freie Träger Ab Ende 2011 hat es in Stuttgart eine drastische Zunahme der Hilfenachfragen bei den ambulanten Fachberatungsstellen gegeben, die zu einer Verstopfung besonders im Eingangsbereich der Wohnungsnotfallhilfe geführt hat: Die Arbeit der Fachberatungen ist mehr für viele erfolglose Versuche drauf gegangen, eine Notübernachtung zu organisieren, statt in eine ziel-gerichtete Einzelfallarbeit einzusteigen. Selbst in Notübernachtungen haben wohnungslose Menschen oft wochenlang warten müssen, ehe sie einen Platz in einem Aufnahmehaus bekommen konnten; andere haben sich ebenso lang irgendwo und irgendwie durchschlagen müssen. Der Abfluss aus Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe in den normalen Wohnungsmarkt hat deutlich abgenommen. Wegen der zunehmenden Überlastungssituation des Hilfesystems allgemein und der einzelnen Kolleginnen und Kollegen insbesondere hat die AG Freie Träger beschlossen, mit folgenden wohnungspolitischen Forderungen an die Öffentlichkeit zu gehen: 1. Bestandserhalt von sozial gebundenem Wohnraum Neuausrichtung der SWSG an den Zielen einer sozialen Wohnraumversorgung, insbesondere durch Neubau von Sozialwohnungen 2. Stärkung der Prävention von Wohnungsverlusten 3. Neudefinition der Mietobergrenze 4. Verzicht auf Kürzung der Mietkostenübernahme bei Sanktionen nach dem SGB II Mit der Veröffentlichung dieser Forderungen im August 2012 ist die AG Freie Träger erstmals als Bündnis gegen Wohnungsnot aufgetreten und damit ganz bewusst in den gerade beginnenden Wahlkampf zur Oberbürgermeisterwahl geplatzt. Die Forderungen sind deshalb auch an alle KandidatInnen und die Fraktionen des Stuttgarter Gemeinderats verschickt worden. Seite 3

Wohnungsnot als öffentliches Thema Das Folgen waren bemerkenswert: Breite Berichterstattung in den Medien; Wohnen rückte in den meisten Wahlprogrammen an vordere Stelle Wohnungspolitik wurde wichtiges Thema bei vielen Podiumsdiskussionen z.b. zentral bei einer der Stuttgarter LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Oberbürgermeister-KandidatInnen und Fraktionen des Gemeinderats vereinbarten Gesprächs-Termine mit der AG Freie Träger Der noch amtierende Oberbürgermeister bot ein Gespräch zwischen dem für die Wohnungspolitik und die SWSG zuständigen Ersten Bürgermeister und der AG Freie Träger an Verwaltungs-intern beschloss eine Bürgermeister- und Amtsleiter-Runde unter anderem ein Programm 50 Wohnungen : 50 Wohnungen der SWSG sollen aus der Notfallkartei heraus direkt an KlientInnen der Wohnungsnotfallhilfe vermittelt werden (die Umsetzung hat sich allerdings als sehr zäh herausgestellt und ist wohl immer noch nicht abgeschlossen) Da der Erste Bürgermeister lange nichts von sich hören ließ, erinnerte die AG Freie Träger an die Gesprächszusage des Oberbürgermeisters. Einladung zum Dialog und ein erster Erfolg Wie allgemein bekannt sein dürfte, ist Ende 2012 mit Fritz Kuhn erstmals ein GRÜ- NER zum Oberbürgermeister einer deutschen Landeshauptstadt gewählt worden. Wir haben als Ambulante Hilfe eine Postkarten-Aktion initiiert, mit welcher die Empfänger unseres Jahresberichts Herrn Kuhn zur Wahl gratulieren und ihn um eine Neu-Orientierung der Wohnungspolitik bitten konnten. Oberbürgermeister Kuhn hat anscheinend ziemlich viele Postkarten bekommen und in einem Antwortschreiben darauf so reagiert, dass er angekündigt hat, in den Dialog zu treten um die Situation zu analysieren, die bisherigen Maßnahmen zu bewerten und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die möglichst rasch die Wohnungssituation der Betroffenen verbessern. Als Form dieses Dialogs hat im Januar 2013 das Gespräch von Vertretern der AG Freie Träger mit dem Ersten Bürgermeister unter Beteiligung des Sozialamtes und des Amtes für Liegenschaften stattgefunden. In dem Gespräch sind alle oben genannten Forderungen angesprochen worden. Dabei hat die Sozialverwaltung eine Erhöhung der Mietobergrenzen bekannt gegeben; für einen Ein-Personen-Haushalt werden jetzt grundsätzlich 400,50 Euro anerkannt, was bei 45 m² einem maximalen Preis von 8,90 Euro pro Quadratmeter entspricht. Zur kontinuierlichen weiteren Behandlung aller Themen ist ein Runder Tisch verabredet worden. Dieser Runde Tisch mit ständigen Vertretern der AG Freie Träger soll zwei bis drei Mal im Jahr stattfinden; außer dem Sozialamt sollen beide Abteilungen des Amtes für Liegenschaften und Wohnen (Immobilienmanagement und Wohnungswesen) und die SWSG beteiligt sein. Einmal im Jahr soll der Runde Tisch beim Ersten Bürgermeister und der Sozialbürgermeisterin tagen. Die SWSG hat von sich aus die AG Freie Träger zu einem Gespräch eingeladen, das allerdings substantiell zunächst nicht viel erbracht, sondern nur zur Verabredung eines weiteren Gesprächs geführt hat. Seite 4

Die weiteren Ereignisse Der Mieterverein Stuttgart hat Anfang März 2013 zu einer Kundgebung für bezahlbaren Wohnraum aufgerufen; zu diesem Aufruf sind nicht nur verschiedene Mieterinitiativen, Gewerkschaften und Parteien eingeladen worden, sondern auch die AG Freie Träger. Der Vertreter der AG Freie Träger hat als einer von vier Rednern die Probleme und Forderungen der Wohnungsnotfallhilfe vorgetragen. Anfang Mai 2013 hat der neue Oberbürgermeister in einer öffentlichen Sitzung des für die Wohnungspolitik zuständigen Wirtschaftsausschusses seine ersten Gedanken für eine Neu-Orientierung in der Wohnraumversorgung vorgestellt und für den Herbst ein umfassendes Programm angekündigt. Die Gemeinderats-Fraktionen haben im Detail natürlich unterschiedlich auf die Kuhnschen Gedanken reagiert. Unbestritten ist aber bei allen gewesen, dass eine Neu-Ausrichtung in der kommunalen Wohnungspolitik notwendig ist, und in jeder Stellungnahme ist die Rolle der SWSG in der Vergangenheit kritisch beleuchtet worden. Anfang Juni 2013 hat die SPD-Gemeinderatsfraktion unter anderem auch Vertreter der AG Freie Träger zu einem Workshop Wohnen eingeladen. Die Hamburger Bausenatorin Blankau hat dort das Bündnis für Wohnen Hamburg vorgestellt als Kooperation der Hansestadt mit den ca. 20 Verbänden der Hamburger Wohnungswirtschaft. Als mögliche Stuttgarter Kooperationspartner hat die SPD den Geschäftsführer der SWSG, den Vertreter des Verbandes der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und einen Vertreter der Immobilienwirtschaft sowie den Vorsitzenden des Stuttgarter Mietervereins eingeladen. Alle diese haben die bisherige Zusammenarbeit mit der Stadt Stuttgart als sehr mangelhaft bewertet und ein großes Interesse an einer Kooperation nach dem Hamburger Vorbild bekundet. Mitte Juni hat das zweite Gespräch der AG Freie Träger mit der SWSG stattgefunden und zwar wie beim ersten Mal wieder mit dem Geschäftsführer und einem weiteren hoch-rangigen Mitarbeiter. Im Gespräch sind verschiedene gemeinsame Interessen identifiziert worden: - Bessere Koordination der städtischen Ämter - Nachsubventionierung von Sozial-Wohnungen - Modernisierung von Alt-Bestand soll ebenfalls sozial gefördert werden -... Und letzten Endes ist die Erarbeitung eines Rahmenvertrags zwischen der SWSG und den Freien Trägern verabredet worden, in welchem die zeitweise Zwischenanmietung von 50 SWSG-Wohnungen durch Freie Träger geregelt werden soll. Nach 18 Monaten soll aus jedem Untermieter bei einem Freien Träger ein SWSG-Hauptmieter werden; und die SWSG soll dafür jeweils eine weitere Wohnung zur Zwischenanmietung anbieten. Aber: Bis heute (26.9.2013) hat der grüne Oberbürgermeister noch kein neues Wohnungs-Programm veröffentlicht und der Runde Tisch hat auch noch nicht getagt. Seite 5

Wie geht es weiter? Unklar ist, wie das Bündnis gegen Wohnungsnot darauf reagiert: Beschränkt sich die AG Freie Träger wieder auf die lang geübte fast ausschließliche Praxis, Probleme in Kommunikation mit der Stadtverwaltung anzugehen und sich mit dem dabei Erreichten zufrieden zu geben? Oder wird sie weiter als Bündnis gegen Wohnungsnot öffentlichkeits-wirksam agieren und damit vielleicht weitere Bündnispartner finden? Sind beide Vorgehensweisen zukünftig parallel oder abwechselnd möglich? Seite 6