Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG

Ähnliche Dokumente
Zentrales Behörden-Seminar November 2016 Stefanie Ritter, DEKRA Unfallforschung. Smombies im Strassenverkehr

3 Prozent aller Autofahrer mit Handy am Ohr

Ablenkung im Straßenverkehr Erkenntnisse aus KFV-Projekten

Vollgas feiern nüchtern fahren! RUNTER VOM GAS

AXAcrashtests DÜBENDORF 2016

Geisterfahrer? Was tun?

Hier ist gerade nichts los also schnell eine SMS!

ERST KOPF, DANN MASCHINE EINSCHALTEN

ablenkungen Les distractions BIZART

HANDY WEG VOM STEUER

15 Euro. 20 Euro. 100 Euro. 5 Euro. Vorsicht. es, wenn die Bremsen nicht funktionieren. fällig, wenn es kein Licht gibt oder es zu schwach leuchtet

Wovon lassen sich Menschen im Straßenverkehr ablenken? Prof. Dr. Mark Vollrath

Nutzung von Smartphones bzw. Mobiltelefonen im Straßenverkehr

ICH. und die Anderen

Mobilität ist ein hohes Gut

Großes Gewinnspiel immer voll bei der Sache. Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Leitfaden Lehreinheit

Ab 1. Juli gehört die Warnweste in jedes Auto. Mit freundlicher Genehmigung und Unterstützung der Ampelmann GmbH

Bin gleich zuha. Willkommene Ablenkung?

Aktuell Was hilft gegen Ablenkung? Wie kann die Unfallursache Ablenkung beim Autofahren am wirkungsvollsten bekämpft werden?

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2016

Assistenzsysteme für ältere Fahrer? Prof. Dr. Mark Vollrath, 18.April 2013

Verkehrsunfall-Ursache. Nummer Eins: Ablenkung

Polizeiliche Verkehrsunfallbilanz Sachsen-Anhalt 2016

Die Straße ist für alle da! Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

Werner Bossert, VORSTANDSMITGLIED DER STIFTUNG. PSD L(I)EBENSWERT MIT SEINEM ENKELKIND Lukas

I. Überblick über Kinderunfälle im Straßenverkehr Unfallzahlen 2011 sowie die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr:

Unfallforschung. Walter Niewöhner, GMTTB, Konstanz, Unfallforschung. Seite DEKRA

Initiative Sicherer Arbeitsweg

Fragen Sie diejenigen, die die Sportart nicht ausüben:

Car Interaction Safety-Workshop. Status Quo: Rechtliche Rahmenbedingungen StVO, KFG. Dr. Wilhelm Kast. bmvit, Abt. IV/ST1

Moped 15 Wusstest Du, dass

Vorsicht Rücksicht Umsicht. StadtBahnen leise, aber ganz schön schnell

Setzen Sie nicht Ihr Leben aufs Spiel.

Warum fahren ältere RadfahrerInnen weniger Rad oder hören damit auf? Carmen Hagemeister & Susanne Koch

lyondellbasell.com Sicherheit bei Schulbeginn

Multitasking Ablenkungen beim Autofahren

Ablenkung als Unfallursache Kommunikationstechnologien Prof. Dr. Mark Vollrath

Unfälle älterer Radfahrerinnen und Radfahrer

Freiwilliges Fortbildungsseminar für Fahranfänger (FSF)

Vorläufige Verkehrsunfallbilanz für das Jahr 2015

I. Überblick über Kinderunfälle im Straßenverkehr Unfallzahlen 2010 sowie die Veränderung im Vergleich zum Vorjahr:

Tipps und Infos rund ums Blinken

Verkehrsteilnehmer sind ständig einer Alkohol hat am Steuer nichts zu suchen. Flut von Sinneseindrücken ausgesetzt.

Symposium Risiko Raus 2011 Einflussfaktoren auf Fahrer

PRESSESTELLE DES SENATS

Auch am Tag gut sichtbar: gelbe Westen mit Reflektorstreifen

Frage 1: Ein Radweg ist durch nachstehendes Schild gekennzeichnet. Muss ich ihn zwingend benutzen?

Verkehrsunfallentwicklung im Kreis Paderborn 2015

Sind Brummis eine echte Gefahr?

aus Sicht der Psychologie Prof. Dr. Mark Vollrath, TU Braunschweig

ADHS und Verkehrserziehung. nach dem. IntraActPlus-Konzept. Barbara Dittmann Ergotherapie Kiel

Sicherheit im Straßenverkehr Unfalllage 2010

Presseinformation. Verkehrssicherheitsbericht 2015 Polizeipräsidium Mönchengladbach Direktion Verkehr. bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich

meinungsraum.at Juni 2012 Radio Wien Aggression am Steuer

Ablenkung am Steuer durch Infotainmentgeräte die unterschätzte Gefahr

Inhaltsverzeichnis. Vorwort Alkohol Aggression Landstraße Sichtbarkeit Unangepasste Geschwindigkeit Ablenkung Erste Hilfe Rettungsgasse

Verkehrssicherheit. Mit Abstand gelassen ans Ziel

Aggression im Strassenverkehr

SeniorInnen als FahrzeuglenkerInnen

bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Ältere Verkehrsteilnehmer: Gefährdet oder gefährlich?

Kinder unterwegs im Verkehr

Leben retten Rettungsgasse bilden! Gemeinsame Aktion der Polizei und Feuerwehr

Sicher unterwegs. mit der Badner Bahn

Kampagne Vorsicht Sekundenschlaf

Handy- Empfehlungen. Informationen zur Vermeidung unnötiger Belastungen mit elektromagnetischen Feldern bei Mobiltelefonen

Lesen Sie den Text in Situation 1 und lösen Sie anschließend die Aufgaben. Wohin gehören diese Wörter? Schreiben Sie die Wörter in das Bild.

Sicher zur Arbeit und nach Hause

KOPF-RUNTER-GESELLSCHAFT ALS NEUES SOZIALES PHÄNOMEN: WENN DAS SMARTPHONE DEN ALLTAG AUFFRISST

Rede von Innenminister Ralf Jäger. zur Vorstellung der Verkehrsunfallbilanz am 15. Februar 2016 in Düsseldorf.

1. VERKEHRSUNFALLENTWICKLUNG

Bundesrat Drucksache 424/17 Verordnung des BMVI und des BMU zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

VERKEHRSUNFALLENTWICKLUNG 2016

V e r k e h r s u n f a l l - s t a t i s t i k

Schriftliche Kleine Anfrage

Der Grünpfeil. a) zügig auf die Kreuzung fahren und rechts abbiegen.

Alkohol am Steuer. Fahren mit Verantwortung. bfu Beratungsstelle für Unfallverhütung

Dimensionen. Magazin2

Schwerpunkte des Verkehrsunfallgeschehens.

Volle Konzentration beim Vortritt gefragt

Alkohol am Steuer. Für eine sichere Fahrt in Ihre Zukunft. bfu Beratungsstelle für Unfallverhütung

Schriftliche Kleine Anfrage

Bewegung für die Seepferdchen

Auswahl mit Grafiken aus der repräsentativen LINK-Befragung zur Sicherheit beim Velofahren

Initiative Sicherer Arbeitsweg

Besser sehen und gesehen werden Mit einem sauberen Auto fährt man sicherer Langfassung

Kinder unterwegs im Straßenverkehr

Unfallstatistik für Niedersachsen 2015: Leichter Anstieg der Verkehrstoten

Film AG der Schönbein Realschule Filmprojekt "ZEBRA" DREHBUCH / 1.Fassung vom 21. November Schüler der Film AG und Thomas Zecher

Warum ist Autofahren so langweilig, dass man ständig auf das Handy schaut? Prof. Dr. Mark Vollrath

Wie tickt der Autofahrer? Ergebnisse einer aktuellen Umfrage zum Carsharing im Auftrag des ADAC

bürgerorientiert professionell rechtsstaatlich Verkehrsunfallentwicklung 2016 Polizeipräsidium Köln Direktion Verkehr

Kinder sehen und verstehen

Schülerpraktikum am Institut für Psychologie

Verkehrsunfälle im Kanton Bern. Accidents de la circulation dans le canton de Berne. Kantonspolizei Bern Verkehr, Umwelt und Prävention

Transkript:

Eine Sekunde Ablenkung 50 KM/H = 14 METER BLINDFLUG

AUFMERKSAMKEIT IM STRASSENVERKEHR VERTRÄGT KEINE PAUSE, DENN ABLENKUNG KANN TÖDLICH SEIN Ein schneller Blick auf das Handy, kurz das Navigationsgerät bedienen, ein Griff zum Handschuhfach, laute Musik oder intensive Telefonate schon vermeintlich kurze Momente der Ablenkung können im Straßenverkehr fatale Folgen haben. Eine Sekunde Ablenkung genügt, um im Pkw bei 50 km/h 14 Meter im Blindflug zurückzulegen. Untersuchungen und Befragungen zeigen, dass Ablenkung im Straßenverkehr ein bisher allgemein unterschätztes Unfallrisiko darstellt. Laut Studien und einer Repräsentativbefragung des Allianz Zentrums für Technik (ATZ) wird jeder zehnte Verkehrsunfall maßgeblich durch abgelenktes Verhalten verursacht. Bei einem Drittel der Unfälle spielt Unaufmerksamkeit eine Rolle. Und nicht nur Autofahrer, sondern auch Fußgänger und Fahrradfahrer verursachen durch Ablenkung Unfälle bzw. bringen sich selbst und andere in Gefahr. Außerdem belegt eine europaweite Studie des Automobilherstellers Ford die neueste gefährliche Mode: Jeder vierte Befragte zwischen 18 und 24 Jahren gab an, hinter dem Steuer zum Smartphone zu greifen, um Selfies zu machen. In Deutschland räumte fast ein Drittel der Teilnehmer/-innen ein, während der Fahrt solche Selbstporträts zu schießen. Und 35 Prozent öffnen sogar am Steuer die sozialen Netzwerke, um zu lesen, zu chatten und ihr Selfie ins Netz zu stellen. Experten sehen heute in Smartphones die Hauptursache für Unfälle durch Unaufmerksamkeit. Aber auch Tätigkeiten wie Essen, Trinken oder Schminken während der Fahrt können die Konzentration auf das Verkehrsgeschehen deutlich negativ beeinflussen.

ABLENKUNGSQUELLEN Telefonieren Stress und Emotionen Gespräche Navigationsgerät einstellen Schminken und rasieren bzw. Körperpflege Radio Rauchen Essen und trinken Aufheben von Texten, simsen Gegenständen und surfen Lesen Brille aufsetzen

WAS IST ABLENKUNG? Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) spricht von Ablenkung durch fahrfremde Tätigkeiten, wenn der Fahrer seine Aufmerksamkeit von der Fahraufgabe abwendet und zeitlich begrenzt auf ein Objekt, ein Ereignis oder eine Person richtet. Experten unterscheiden drei Arten der Ablenkung: die visuelle, die motorische und die mentale. 90 Prozent aller Informationen werden über die Augen (visuell) wahrgenommen. Als motorische Ablenkung bezeichnet man Tätigkeiten, die einen körperlichen Einsatz erfordern, wie zum Beispiel Trinken und Essen, der Griff nach einem Gegenstand oder das Aufsetzen einer Brille. Unterschätzt wird auch die mentale Ablenkung: Ein intensives Gespräch mit dem Beifahrer oder ein Telefonat, ein Tagtraum, große Freude ebenso wie Ärger oder Zeitdruck lassen uns gedanklich vom unmittelbaren Verkehrsgeschehen abschweifen. Durch jede Art der Ablenkung steigt das Unfallrisiko drastisch in die Höhe beim Telefonieren am Steuer zum Beispiel um das Zwei- bis Fünffache. Und das Lesen oder Schreiben einer Textnachricht ist noch gefährlicher, da dies alle Ablenkungsarten miteinander kombiniert: Die Augen starren auf das Smartphone, die Finger sind am Handy und der Kopf ist bei der Nachricht.

MYTHOS MULTITASKING Viele Autofahrer empfinden das Fahren als Routinetätigkeit, sodass ein Gefühl der Unterforderung und das Bedürfnis nach einer zusätzlichen Beschäftigung entstehen. Ähnliches gilt für Fußgänger oder Fahrradfahrer. Tatsächlich kann unser Gehirn jedoch nur eine bis maximal zwei komplexe Aufgaben gleichzeitig bearbeiten. Bei weiteren Anforderungen arbeitet das Gehirn die Informationen nicht parallel, sondern nacheinander ab und schaltet permanent zwischen den verschiedenen Vorgängen hin und her. Die Annahme, dass der Mensch multitaskingfähig sei, ist also ein fataler Irrglaube, denn das Verkehrsgeschehen ist unberechenbar und wir müssen auf unerwartete Ereignisse permanent angemessen reagieren können. Dies erfordert eine hohe Aufmerksamkeit, denn schließlich müssen wir nicht nur eigene Fehler und Fehleinschätzungen vermeiden, sondern vorausschauend auch noch die der anderen Verkehrsteilnehmer kompensieren, um Unfälle zu verhindern.

AUTOFAHRER UND ABLENKUNG Telefonieren während einer Autofahrt beansprucht die Konzentration deutlich stärker als eine Unterhaltung mit dem Beifahrer. Denn Mimik und Gestik müssen durch das Gehirn ergänzt werden und der sich nicht im Auto befindliche Gesprächspartner kann umgekehrt auch nicht wie ein Beifahrer wissen, wie sehr der telefonierende Verkehrsteilnehmer gerade mit einem komplexen Fahrvorgang beschäftigt ist oder warum es etwa eine Gesprächspause gibt. 30 Prozent benutzen zumindest eine Freisprecheinrichtung. Mehr als 15 Prozent fahren trotz des Verbots mit dem Telefon in der Hand. Nach 23 der Straßenverkehrsordnung (StVO) riskieren Kraftfahrer ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro sowie einen Punkt in Flensburg. Kommt es darüber hinaus zu einem Unfall, kann die Kaskoversicherung die Übernahme der Schäden verweigern. Im Einzelfall kann das grob fahrlässige Verhalten auch rechtliche Konsequenzen haben. Dennoch verharmlosen viele Menschen das Risiko von Ablenkung am Steuer, wie eine repräsentative Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrats zeigt: Nur jeder zweite Autofahrer verzichtet ganz auf das Telefon im Auto.

GILT FÜR ALLE: ABLENKUNG AUSSCHALTEN UND FINGER VOM HANDY IM STRASSENVERKEHR Nicht nur Autofahrer lassen sich ablenken, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer sei es die Fußgängerin, die gebannt auf ihr Handy starrt und weder andere Passanten noch die S-Bahn wahrnimmt, oder der Radfahrer, der zu lauter Musik in Tagträumen versinkt und durch die Kopfhörer weder herannahende Fahrzeuge noch Martinshorn hört. Fahrradfahrer sind flott unterwegs, doch sie haben keine Knautschzone. Daher ist es für sie enorm wichtig, beide Hände am Lenker zu lassen, um schnell auf Hindernisse und Gefahren reagieren zu können. Doch immer mehr Radler telefonieren oder texten während der Fahrt. Auch Ablenkung durch Kopfhörer birgt für Fahrradfahrer viele Gefahren. So verlängert sich laut einer Studie des Instituts für Arbeit und Gesundheit (IAG) die Reaktionszeit um ein Fünftel, wenn man Musik in der Lautstärke eines normalen Gesprächs hört. Ist die Musik so laut wie ein mit 50 km/h vorbeifahrendes Auto, steigt die Reaktionszeit sogar um die Hälfte. Der Trend Kopfhörer, so die Expertenmeinung, hat 2014 zu einem deutlichen Anstieg der getöteten und verletzten Radfahrer/-innen geführt. Laut Beobachtungen der Polizei verursacht die Generation Kopf unten, vor allem Fußgänger zwischen 12 und 18 Jahren, Verkehrsunfälle und ist gleichzeitig selbst besonders gefährdet. Eine US-Studie des Harborview Injury Prevention & Research Centers ergab, dass Passanten, die eine Nachricht tippen, ihr Umfeld fast vollkommen ausblenden und so viermal häufiger eine rote Ampel ignorieren als nicht simsende Fußgänger. Ferner benötigen sie etwa zwei Sekunden länger, um eine Straße zu überqueren.

IMPRESSUM HERAUSGEBER Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Invalidenstraße 44 10115 Berlin www.bmvi.de Deutscher Verkehrssicherheitsrat e. V. Auguststraße 29 53229 Bonn www.dvr.de STAND Juni 2016 KONTAKTBÜRO RUNTER VOM GAS kontakt@runtervomgas.de www.runtervomgas.de MEHR INFORMATIONEN UNTER WWW.RUNTERVOMGAS.DE