Mit freundlicher Erlaubnis durch den Autor Meding, Henner R. Die Herstellung von Münzen. Von der Handarbeit im Mittelalter zu den modernen Fertigungsverfahren, Hrsg. von der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte GIG, Frankfurt am Main, 2006. Herstellung von Münzen in Handarbeit im Mittelalter 1. Münzmetalle Bis ins 20. Jahrhundert kamen Gold, Silber und Kupfer zum Einsatz. In neuerer Zeit werden auch legierte Stähle, Nickel, Kupfer und Aluminium mit ihren Legierungen, seltener jedoch Platin und Palladium verwendet. Bei Gedenkmünzen wurde seit einigen Jahren auch Niob und Titan eingeführt. Die durch elektrolytische Oxidation bei Niob aufgebrachte Schicht ruft je nach Schichtdicke eine unterschiedliche Farberscheinung hervor (z.b. 25 Euro Gedenkmünzen). 2. Zur Herstellung der Münze in Handarbeit Zur Fertigung der Münzen standen zunächst nur einfache Werkzeuge zur Verfügung. Hierzu gehören Öfen zum Schmelzen und Glühen, Scheren, Hämmer und die Prägestempel, sowie Hilfsmittel zum Probieren. Nachfolgend eine paar Bilder von Münzwerkstätten: Abb.1: Münzwerkstatt um 1514 Um das Ziel, das Geldstück, die Münze, also einen Metallkörper mit entsprechender Schrift und/oder Bild herzustellen, gibt es technisch verschiedene Möglichkeiten, die in einer Übersicht vereinfacht aufgeführt sind. Für nähergehende Informationen klicken Sie einfach auf die im Diagramm unterlegten Fertigungsschritte.
Übersicht zur Herstellung der Münze in Handarbeit
2.1 Schmelzen und Probieren Brandsilber bzw. Blicksilber wurde den Münzstätten von den Schmelzhütten des Bergbaues zur Verfügung gestellt. Auch alte und fremde Münzen wurden als Ausgangsmaterial verwendet. Entsprechend unterschiedlich war die Zusammensetzung des Materials. Bei dem Bergesilber müssen auch die noch enthaltenen Blei- und andere Bestandteile entfernt werden. Abb.2: Feinbrennen unter der Muffel 1565 Unter Probe oder Probierung versteht man die Untersuchung der Zusammensetzung der Münzmetalle. Beim Schmelzen wurde die Tiegelprobe durchgeführt. Bei der Berechnung der Materialmengen für die Beschickung zum Schmelzvorgang und der Prüfung der Feinheit musste jedoch beachtet werden, dass Verluste, Abgang genannt, die Feinheit ungünstig beeinflussen. Deshalb wurde in der Vorbeschickung das durch Verbrennen und Sieden abgehende Metall entsprechend hinzugegeben. Für die Untersuchung war der Versucher, Probierer oder Probationsmeister zuständig. Der Wardein, ein vereidigter Sachverständiger, musste die Probenentnahme überwachten oder er führte diese selbst durch. Abb.3: Titelbild zu Probierbüchlein
Abb.4: Probierstube 1540
Fertigungsfolge 1 2.2 Gießen der Zaine Unter Zain, auch Zehne genannt, versteht man den erkalteten Metallguss in der Form eines flachen Stabes. Der Zain ist das Vormaterial für den Zuschnitt der Münzrohlinge Abb.5: Abformen in Sand Abb.6: Gießen in Agricola 1556 Abb.7: Gießen mit dem Gießbogen 1563
2.3 Die Dicke des Materials Ausschlichten mit dem Hammer Nach dem Erkalten wurde die Zaine durch Umformen mit Hämmern auf die Dicke der Münzen gebracht. Durch das Hämmern erreicht man allerdings nur eine sehr ungleichmäßige Dicke und Oberfläche. Dadurch sind oft Teile des Bildes oder der Schrift auf der geprägten Münze nicht oder nur schwach zu erkennen Abb.8: Luzerner Münzstätte um 1512 Abb.9: Ausschlichten um 1514 Abb.10: Schlichten der Zaine von 1556
2.4 Glühen Durch Kaltumformung wie beim Hämmern wird das Metallgefüge verfestigt und spröde. Eine weitere Umformung ist deshalb kaum möglich. Durch Glühen, d.h. durch Erwärmen und Halten der Temperatur in einem bestimmten Bereich, bildet sich das Gefüge wieder zurück. Nach diesem Rekristallisationsprozess und der anschließenden Abkühlung liegt wieder ein umformbares Gefüge vor. Umformen und Glühen müssen oft mehrmals wiederholt werden bis die gewünschte Form erreicht wurde. 2.5 Schneiden mit Handwerkzeugen Schroten Aus dem auf die erforderliche Dicke gebrachten Zain (=Metallstreifen) müssen die passenden Stücke für die spätere Prägung der Münze geschnitten werden. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich die Bezeichnung mit den sich ändernden Verfahren gewandelt. Schroten nennt man den Vorgang des Abtrennens. Daraus leitet sich auch der Name des ausgeschnittenen Teiles als Schrötling ab. Im 20./21. Jahrhundert wird die Bezeichnung Ronde oder Plättchen verwendet. Abb.11: Stücken der Zaine von 1556 Abb.12: Schneiden mit der Schere 1532 Abb. 13: Vierschlag, unrund Heller aus Schwäbisch Hall Abb.14: Vierschlag, rund Heller aus Schwäbisch Hall
Abb.15; Basel, Bistum,
2.6 Glätten der Ränder Die Schrötlinge bekamen durch das Schneiden scharfe Kanten, einen Grat, der noch entfernt werden musste. Bei größeren Münzen konnten die Ränder durch Rundklopfen des Randes mit einem (Hölzernen) Schlegel geglättet werden. Abb.16: Münzwerkstatt aus der Spiezer Bilder-Chronik, 1485 Abb.17: Ränder glätten 1563 Abb.18: Ränder glätten 1565 Abb.19: Beschlagen, Questen 1565 2.7 Weißsieden Dem Weißmacher, Wei0sieden oder Beizen geht ein Glühen der Schrötlinge oder Platten voraus. Dieser Glühvorgang war nach und zwischen jeder Umformung durch die erfolgte Verfestigung des Metallgefüges notwendig. Je nach Metall findet das Glühen bei verschieden hohen Temperaturen statt. Dabei kommt es zu unterschiedlich starker Oxidation. Nach Ablösen der Oxyde in einer Lösung aus Kochsalz und Weinstein (oder auch verdünnter Schwefelsäure) bleibt eine silbereiche Schicht auf der Oberfläche des Silberstückes zurück. Die durch Glühen schwarz gewordenen Schrötlinge, auch schwarze Perlen genannt, wurden so wieder glänzend.
Abb.20: Weißsieden bei Lazarus Ercker, 1563
2.8 Prägen mit dem Hammer zweiseitig geprägte Münzen Die Prägung ist ein rechtlicher Vorgang, der die Münze zu Geld macht mit der Beurkundung des Prägeberechtigten. Für die Qualität der Münze einschließlich der Lesbarkeit sind jedoch alle Arbeitsgänge von Bedeutung. Abb.21: Ausschnitt aus der Spiezer Chronik um 1460 Abb.22: Ausschnitt aus Weißkunig um 1514 Abb.23: Hammerprägung aus Sachsen 1534 Die Prägestempel, auch Eisen genannt, haben für die zweiseitig geprägten Münzen einen Unterund einen Oberstempel. Der Unterstempel wird in einem Stock, einen großen schweren Holzbloch, auch Ziesen genannt, eingesetzt. Über die Benennung eisern Stock wandelte sich die Bezeichnung in Amboss. Zwischen die beiden Stempel wir der Schrötling gelegt. Auf den Oberstempel wird dann mit einem schweren Hammer geschlagen. Die verkürzt als Hammer- Prägung bezeichnete Handarbeit der Münzprägung wird auch als Hammer-Amboss-Prägung bezeichnet.
Abb.24: Münzstempel Abb.25: Gulden der Stadt Köln, nach 1475
Abb.26: Fresko um 1463 Später wurde das Prägen mit dem Fallwerk und mit der Spindelpresse angewandt. Abb.27: Fallwerk (im Einsatz in St. Petersburg)
Abb.28: Zeichnung als Anleitung zum Bau der Presse 1671 Abb.29: Darstellung der Münzstätte Clausthal 1749 Abb.30: Spindelpresse der Münzstätte Gotha aus der Mitte des 18. Jahrhunderts im Museum Schloss Friedenstein in Gotha
Abb.31: Balancier aus der Encyclopedie von 1763
2.9 Herstellen der Prägestempel Das Münzbild der Stempel wurde durch Eisengraben oder Eisenschneiden eingearbeitet. Der Name für diese Personen wandelte sich in Stempelschneider, Graveur und Medailleur. Wie die Namen Eisengraben oder Eisenschneiden zeigen, waren im Mittelalter die Münzstempel aus Eisen. Aus der Antike sind Münzstempel aus Bronzeguss und auch aus Eisen bekannt. Abb.32 u. 33: Lehrlingsgewand der Dresdener Münzstätte aus der Mitte des 17. Jahrhunderts Ein Prägestempel muss sehr unterschiedliche Eigenschaften aufweisen: Die gravierte Prägeseite muss so hart sein, dass das Münzmaterial gut umgeformt werden kann und eine lange Lebensdauer des Stempels gegeben ist. Andererseits darf die Härte auch nicht zu hoch und damit nicht zu spröde sein, damit Stempelrisse vermieden werden. Ein Abplatzen von Teilen der gravierten Fläche kann auftreten, wenn ein krasser Übergang von einer nur sehr geringen und sehr harten Schicht zum nicht gehärteten Metallgefüge besteht. Die Schlagseite wiederum muss eine genügend große Festigkeit und Zähigkeit mit geringerer Härte aufweisen.
Gravieren In die glatte, polierte Bildfläche werden Bild und Schrift negativ (spiegelbildlich) eingeschnitten (graviert). Als Werkzeuge hierzu dienen Grabstickel, Meißel und Schaber. Abb.34: Werkzeuge zum Gravieren um 1770
Fertigungsfolge 2 2.10 Gießen von Rohlinge und Prägung mit dem Hammer Die ungeprägten Rohlinge können auch gegossen werden. Dieses Verfahren ist im Mittelalter und in der Neuzeit bei Münzen nicht anzutreffen. In der Antike war diese Art der Herstellung geläufig. Die Prägung auf die gegossenen Rohlinge erfolgt zwischen Unter- und Oberstempel mit dem Hammer. Die bei Gießen möglicherweise entstandene poröse Oberfläche wird dabei verdichtet. Abb. 35: Aureus des Postumus, Colonia 258
Fertigungsfolge 3 2.11 Gießen der Münze Ein Modell des zu gießenden Originals wird in eine Formmasse, z.b. Wachs, Ton oder Sand, eingeformt. Das flüssige Metall wird durch den ebenfalls geformten Eingusskanal in den gebildeten Hohlraum gefüllt. Gegossene Münzen gab es aus Bronze (Kupfer-Zink-Legierung) in China als Gerätegelde in Form von Spaten und Messern bereits um 900 v. Chr. Abb.36: Gussform eines Falschmünzers Abb.37 (a bis c): Mittelalterliche Gussform
Abb.38: Gussform Abb.39: Gegossene Medaille von 1993