SOS-Kinderdorf in Äthiopien Afrika Alexander Gabriel
1 SOS-Kinderdorf weltweit SOS-Archiv Nicole Nassar Bild oben links Junge im SOS-Kinderdorf Bahir Dar Bild oben rechts Rund 45.000 Kinder, Jugendliche und Familien werden in 123 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in 37 Ländern betreut Bild unten links Hermann Gmeiner, Gründervater der SOS-Kinderdorf-Idee Seit mehr als 60 Jahren macht sich SOS-Kinderdorf für benachteiligte Kinder und Familien stark. Nach den SOS-Kinderdörfern sind weltweit noch viele weitere SOS-Angebote entstanden: SOS-Kinderdörfer (inkl. angeschlossene Jugendeinrichtungen und Kindergärten) SOS-Hermann-Gmeiner- Schulen SOS-medizinische Zentren SOS-Sozialzentren SOS-Familienstärkungsprogramme SOS-Berufsbildungszentren SOS-Kinderdorf-Angebote im Ausland Der SOS-Kinderdorf e.v. finanziert im Jahr 2015 123 SOS-Kinderdorfeinrichtungen in 37 Ländern, in denen insgesamt rund 45.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut und beraten werden. (Stand: 01.01.2015) Die Hilfe aus Deutschland ist insbesondere für die ärmeren Länder der Erde unerlässlich, um den Unterhalt der SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in den Ländern, wo das Spendenaufkommen viel niedriger ist als in Deutschland, zu ermöglichen.
2 Äthiopien (Afrika) Zahlen im Vergleich (Statistisches Bundesamt, 2013 / 2014) Äthiopien Deutschland Einwohner 94,1 Mio. 80,621 Mio. BIP pro Kopf 548 USD 44.999 USD Lebenserw. Männer 61,4 Jahre 78,6 Jahre Lebenserw. Frauen 64,6 Jahre 83,3 Jahre Säuglingssterblichkeit 4,4 % 0,3 % Geographie und Klima In Äthiopien gibt es aufgrund der Lage am Ostafrikanischen Graben große klimatische und vegetative Unterschiede. Dadurch unterscheiden sich die Regionen beispielsweise in der Höhenlage und der Fruchtbarkeit. Der Großteil der Menschen lebt im Woina Dega, dem Hauptsiedlungs- und Anbaugebiet auf 1.600 bis 2.500 m über dem Meeresspiegel. Die politische und wirtschaftliche Lage Äthiopien ist das einzige Land in Afrika, das nie kolonialisiert wurde. Das Land gilt aufgrund der ca. 3,2 Mio. Jahre alten Knochenfunde als Wiege der Menschheit und ist eine der ältesten Hochkulturen der Welt. Heute leben in der Demokratischen Republik gut 94 Mio. Menschen unterschiedlicher ethnischer Gruppierungen. Aufgrund der Vormachtstellung Äthiopiens am Horn von Afrika kam es häufig zu Konflikten zum Nachbarland Eritrea, das das Land stets als äthiopische Provinz begriff. Beim letzten Konflikt, der durch einen Grenzüberfall verursacht wurde, kamen etwa 70.000-80.000 Menschen auf beiden Seiten ums Leben. Äthiopien gehört weiterhin zu den am wenigsten entwickelten Ländern weltweit, ein Großteil der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Obwohl das Land über genügend Fläche verfügt und auch der blaue Nil hindurch fließt, kommt es aufgrund von klimatischen Veränderungen häufig zu Ernteausfällen und verheerenden Hungersnöten. Die hohen Preise für Lebensmittel und Energie haben die Armut noch verschärft.
3. SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in Äthiopien Tommy Standùn Tommy Standùn Tommy Standùn Bilder Eindrücke aus dem SOS-Berufsausbildungszentrum Kality SOS-Berufsausbildungszentrum Kality Am Stadtrand von Addis Abeba, im Vorort Kality, entstand 1989 bis 1991 ein großes Berufsbildungszentrum für Jugendliche aus den äthiopischen SOS- Kinderdörfern. Der Ausbildungsbetrieb umfasst die Richtungen Holzverarbeitung, Metallverarbeitung, Automechanik und -elektronik. In den Werkstätten wird nicht nur ausgebildet, sondern es werden unter anderem auch für alle äthiopischen SOS-Einrichtungen Möbel und sonstige Ausstattung gefertigt und Reparaturen vorgenommen. Ziel dieser Einrichtung ist in erster Linie, möglichst vielen Jugendlichen aus den SOS-Einrichtungen eine überdurchschnittlich gute Ausbildung zu ermöglichen. Dies trägt wesentlich zur späteren Verselbständigung der Jugendlichen bei und ermöglicht es ihnen, als qualifizierte Arbeitskräfte einen guten Arbeitsplatz zu finden und so zu wertvollen Mitgliedern der äthiopischen Gesellschaft zu werden. Im Gegensatz zu den SOS-Berufsbildungszentren in Deutschland, in denen Jugendliche, die es auf dem normalen Weg nicht geschafft haben, eine zweite Chance erhalten, werden in Äthiopien die besten Bewerber bzw. Schulabgänger ausgebildet. Der Andrang ist groß, oftmals bewerben sich mehrere hundert Jugendliche auf eine Stelle. In den Jahren 1999 bis Ende 2001 wurde das Ausbildungszentrum umstrukturiert, um der steigenden Nachfrage nach Ausbildungsplätzen gerecht zu werden. Diese Umstrukturierung beinhaltet unter anderem die Umwandlung vorher zur Produktion genutzter Hallen in Lehrräume. Derzeit werden dort 90 Auszubildende in den drei Bereichen Holzverarbeitung, Metallverarbeitung, Automechanik und -elektronik betreut.
4. SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in Äthiopien SOS-Kinderdorf-Archiv SOS-Kinderdorf-Archiv Michaela Morosini Bild oben links Eindrücke aus der SOS-Kindertagesstätte Bild Mitte SOS-Medizinisches Zentrum Bild oben rechts Begünstigte des FSP SOS-Sozialzentrum mit Familienstärkungsprogramm Keranyo SOS-Sozialzentren sowie SOS-Familienstärkungsprogramme (FSP) betreiben verschiedene gemeindebasierte Hilfs- und Unterstützungsprogramme für benachteiligte Familien der Gemeinde. In Keranyo, einem Vorort von Addis Abeba, wurde 1998 ein SOS-Sozialzentrum (Kindertagesstätte) eröffnet, in dem mittlerweile etwa 200 Kinder betreut werden. Die Kindertagesstätte umfasst sieben Gruppenräume, eine Küche, ein kleines Geschäft, ein Büro, einen Spielplatz und Nebenräume. Das angeschlossene Familienstärkungsprogramm umfasst essentielle Hilfe für in Not geratene Kinder und deren Familien sowohl in Form von materieller Unterstützung (Nahrungsmittel, Kleidung, Unterrichtsmaterial, Schuluniformen) als auch in Form von medizinischer und psychologischer Beratung und Ausbildungshilfe. SOS-Medizinisches Zentrum Keranyo Da die medizinische Versorgung im Umfeld mancher SOS-Kinderdörfer Äthiopiens nicht ausreichend ist, wurden an einigen Standorten SOS-medizinische Zentren eingerichtet. Diese Zentren tragen viel zur Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeitsrate bzw. der Krankheitsziffer allgemein bei, da sie unentgeltlich standardisierte medizinische Leistungen anbieten. Das Medizinische Zentrum in Keranyo wurde im selben Jahr in Betrieb genommen. Es besteht aus zwei Behandlungsräumen, einem Medikamentenraum, einem Labor und diversen Nebenräumen. Pro Jahr werden im SOSmedizinischen Zentrum ca. 7.000 Patienten behandelt.
5. SOS-Kinderdorf-Einrichtungen in Äthiopien Hilary Atkins Seger Erken Hilary Atkins Bilder Eindrücke aus der SOS-Grund- und Sekundarschule Bahir Dar SOS-Grund- und Sekundarschule Bahir Dar Da die schulischen Einrichtungen in der Gegend um Bahir Dar völlig unzureichend sind, wurde in einem weiteren Bauabschnitt nach Fertigstellung des SOS-Kinderdorfes am gleichen Standort eine zwölfklassige Hermann-Gmeiner-Grund- und Sekundarschule errichtet. Von den 14 Klassenräumen werden acht für die Grund- und vier für die Sekundarschule genutzt. Zudem gibt es vier Spezialklassen (Labore und Werkstätten), eine Bibliothek und ein Verwaltungs- und Lehrergebäude. Der offizielle Lehrplan entspricht jenen Inhalten, die vom äthiopischen Erziehungsministerium vorgegeben werden. Jedoch sind die Lehrmethoden fortschrittlicher, und die Lehrer erhalten kontinuierlich Fortbildungen. Anders als an öffentlichen äthiopischen Schulen ist Englisch bereits von der ersten Klasse an Unterrichtssprache. Nach acht Jahren Grundschule folgen zwei Jahre allgemeine Sekundarschule und zwei Jahre Vorbereitung auf ein Studium. Der Fokus liegt auf der Vermittlung akademischen Wissens, wobei jedoch auch praktische Fähigkeiten und berufsbildende Fächer nicht vernachlässigt werden. Sowohl die SOS-Grund- als auch die Sekundarschule stehen neben den SOS-Kinderdorf-Kindern auch allen Kindern der Umgebung offen. Die neue Schule ging im September 2003 in Betrieb und bietet Kapazitäten für 480 Schüler.