Der Stuhl kann nicht mehr gehalten werden- was nun? Dr. med. J. Strandborg Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Proktologie Beratungsstelle der Deutschen Gesellschaft für Kontinenz Ubbo-Emmius-Klinik Aurich
Was ist Stuhlinkontinenz? Ungewollter Abgang von Stuhl und Luft in drei Schweregraden: Grad I: Ungewollter Abgang von Luft Grad II: Ungewollter Abgang von flüssigem Stuhl Grad III: Ungewollter Abgang von festem Stuhl
Inkontinenz Stuhlinkontinenz (10% bei >65 Jahre) Häufig Mischformen: Doppelte Inkontinenz: Stuhl + Urin Urin + Stuhl 24 31 % Stuhl + Urin 23 41 % Leroi A-M et al. DCR 2001 6 bis 9 Millionen Menschen leiden an einer Inkontinenz!!!
Tabu Thema Stuhlinkontinenz 52% der Patienten mit Durchfall unterschiedlicher Ursache hatten Inkontinenzereignisse 51% dieser Patienten verschwiegen dies dem Arzt aus Scham Patienten müssen danach gefragt werden! Spontane Dokumentation selten RJ Leigh, LA Turnberg: Faecal incontinence: the unvoiced symptom.lancet 1, 1982: 1349 51.
Stuhlhalteschwäche ich bleibe einfach zuhause Oma und Mama hatten das ja auch in meinem Alter noch operieren? ich schäme mich so Schubladendenken man kann sowieso nichts machen ist im Alter eben so
Workflow Stuhlinkontinenz ICS Consensus Meeting 2008
Interdisziplinäres Krankheitsbild: Chirurgie/Proktologie Gynäkologie Gastroenterologie/Proktologie Radiologie Urologie Neurologie
Ursachen der Stuhlinkontinenz Schließmuskeldefekt Neurologisch/Psychiatrisch Mechanische Darmprobleme Nichtmechanische Darmprobleme
Schließmuskeldefekt Geburten, insbesondere mit Dammriss oder Dammschnitt Proktologische Operationen, insbesondere Abszess- und Fisteloperationen Chronische Entzündungen
Neurologische/ Psychiatrische Ursachen Chronischer Nervenschaden durch Becken- bodensenkung Neurologische Erkrankungen z.b. Multiple Sklerose, Parkinsonsche Krankheit, Demenz... Operationen im Becken
Mechanische Darmprobleme Tumoren im/am Darm oder Analkanal Mastdarmvorfall Hämorrhoidalvorfall Fisteln
Nichtmechanische Darmprobleme Chronische Entzündungen z.b. Morbus Crohn Nahrungsmittelunverträglichkeit z.b. Laktoseintoleranz Reizdarm Zustand nach Darmoperation
Stufendiagnostik Vorgeschichte, Stuhltagebuch, Rektal-digitale Untersuchung, Prokto- und Rektoskopie, Anometrie, Anale Endosonografie, Coloskopie Dynamische Kernspintomografie des Beckenbodens Ggf. Biopsie, Gynäkologische Untersuchung mit Urodynamik, Neurologische Untersuchung
Ultraschalluntersuchung des Schließmuskels Schnell,sicher, kostengünstig
Therapie der Inkontinenz Ursachenforschung! Konservativ: Versorgung mit Pflegeutensilien, Biofeedback, Physiotherapie, Stuhlregulierung Morphologische Veränderungen beseitigen (Anal- und Mastdarmvorfall, Tumor...) Schließmuskelrekonstruktion Sakralnervenstimulation
Konservative Therapie Vorlagen Windeln Analtampons z.b. Peristeen Analirrigation (Darmspülung)
Konservative Therapie In der Regel mindestens 3 Monate vor OP, wenn zwingend operativ zu behandelnde Ursache ausgeschlossen ist! Qualifizierte Beckenbodengymnastik Stuhlregulierung z.b. regelmäßige Flohsamen-Einnahme Biofeedback zum kontrollierten Schließmuskeltraining
Konservative Therapie Stuhlinkontinenz II- III bei 60 jähriger Pat.nach 4 Entbindungen, Sphinkter-EMG-Verlauf nach 6 Monaten Biofeedback und Physiotherapie
Chirurgische Therapie Mastdarmvorfall Hämorrhoidalvorfall Schließmuskeldefekt Tumoren Neurologisch begründete Inkontinenz Versagen der konservativen Therapie
Mastdarmvorfall I- III
Vorfall I- IIII
Longo OP (Hämorrhoidenfixation mit Klammernahtgerät) Hämorrhoidalvorfall/Mastdarm- vorfall I- IIII STARR OP (Stapeled transanale nale Rektumresektion) esektion) Longo 2001
Mastdarmvorfall III in LSL unter heftigem Pressen in SSL
Mastdarmvorfall III Standardeingriff: Entfernung des unteren Darmabschnittes mit Fixation des Mastdarmes an der Beckenwand (laparoskopische oder konventionelle Resektionsrektopexie)
Mastdarmvorfall III alternativ als kleinstmöglicher Eingriff bei alten/kranken Patienten Muskelraffung am Mastdarm über den Schließmuskel (Rehn(RehnDelorme--OP) Delorme oder Transanale Vollwandresektion mit Stapler (Trans(Trans-STARR)
Schließmuskelrekonstruktion Defekt maximal 1/2 des Schließmuskelumfanges Offene Wundbehandlung Primäre Erfolgsrate ca. 70% Langzeitergebnisse aber eher unbefriedigend!
Stuhlinkontinenz Harninkontinenz Medikamente Biofeedback Sphinkterrekonstruktion Stoma usw... SNS Medikamente Biofeedback Bladder suspension TVT usw..
Sakrale Nervenstimulation (SNS) Teststimulation über 1 (Harninkontinenz) bis 2 (Stuhlinkinkontinenz) Wochen als diagnostische Maßnahme Bei Erfolg Implantation Pulsgenerator
Minimal invasive Technik
Radiologische Positionskontrolle
SNS Ursache der Inkontinenz n Permanente Schließmuskeldefekt (max 90?) Implantation 16 14 87,5 Idiopathisch 9 7 77,8 Nach Beckenchirurgie 6 5 83,3 Neurologisch 5 5 100 Gesamt 36 31 86,1 Erfolgsrate % Hetzer 2006
Fazit SNS Kurzstationäre OP Einfaches Verfahren mit zwei kleinen Operationen Komplikationsrate minimal (< 3%) Erfolgsquote hoch (>80% in der 4 Jahres Kontrolle) Matzel 2006
Fazit SNS Deutliche Ausweitung des Indikationsspektrum (Reizdarm, therapieresistenter Durchfall und Verstopfung, chronischer Anal- und Beckenbodenschmerz, interstitielle Cystitis...) Problem: Materialkosten ca. 9000 Euro
Therapie der Inkontinenz (Dynamische Grazilisplastik mit Oberschenkelmuskel als Schließmuskelersatz) (Künstlicher Schließmuskel) Stoma
Stoma Wenn sonst nichts mehr geht Pflege wird deutlich vereinfacht Pflegerische Versorgung in den letzten Jahren deutlich verbessert Gewinn an Lebensqualität
Kosten der Inkontinenztherapie Gesamtkosten Inkontinenz: 2 Milliarden Euro/Jahr
Fazit: Stuhl- und Harndranginkontinenz sind nach vollständiger Diagnostik und Ausschöpfung der konservativen Möglichkeiten ein sinnvolles Betätigungsfeld für den Chirurgen, häufig in Zusammenarbeit mit den anderen Fachdisziplinen.
Fazit: Stuhl- und Harninkontinenz sind gut behandelbare Krankheiten und dürfen nicht als unabwendbarer Schicksalsschläge betrachtet werden.
Workflow Stuhlinkontinenz Noch Fragen??????? ICS Consensus Meeting 2008