MENSCHENRECHTE. Was sind Menschenrechte? Wie sind die Menschenrechte entstanden?

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Transkript:

MENSCHENRECHTE http://www.amnesty.ch/de/themen/menschenrechte/menschenrechte-faq Menschenrechte sind Rechte, die jedem einzelnen Menschen zustehen. Ihr Ziel ist es, die Würde des Menschen gegenüber der Willkür des Staates zu schützen. Diese Garantien stehen jedem Menschen aufgrund seines Menschseins zu. Daher werden die Menschenrechte auch als angeboren, unverletzlich, unveräusserlich und unabhängig von der Staatsangehörigkeit bezeichnet. Anmerkung: Diese Grundlagen wurden zu einem wesentlichen Teil anhand der beiden Bücher «Das Bild der Menschenrechte (2004)» {1} (siehe Buchbesprechung) und «Universeller Menschenrechtsschutz (2005)» {2} erarbeitet. Was sind Menschenrechte? Internationale Menschenrechte sind die durch das internationale Recht garantierten Rechtsansprüche von Personen gegen den Staat oder staatsähnliche Gebilde, die dem Schutz grundlegender Aspekte der menschlichen Person und ihrer Würde in Friedenszeiten und im Krieg dienen. [1] Menschenrechte haben zum Ziel, die Würde jedes Menschen gegenüber der Willkür des Staates zu schützen. Diese Garantien stehen jedem Menschen aufgrund seines Menschseins zu. Daher werden die Menschenrechte auch als angeboren, unverletzlich, unveräusserlich und unabhängig von der Staatsangehörigkeit bezeichnet. Wie sind die Menschenrechte entstanden? Der Beginn Das moderne Konzept der Menschenrechte entstand in der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Die «Virginia Bill of Rights» (1776) in Nordamerika und die Menschen- und Bürgerrechtserklärung (1789) in Frankreich waren die ersten Menschenrechtserklärungen auf nationaler Ebene und bildeten die Grundlage für die weitere Entwicklung. Sie basierten auf dem Grundsatz, dass alle Menschen frei geboren sind und angeborene Rechte besitzen wobei Sklaven, indianische Völker und Frauen allerdings nicht gemeint waren. Im zwischenstaatlichen Verhältnis spielten Menschenrechte im 18. und 19. Jahrhundert kaum eine Rolle. Im Völkerrecht galt der Grundsatz der absoluten Staatssouveränität. [1] HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 1 / 12

Erst die Schrecken des 2. Weltkrieges brachten die Erkenntnis, dass das Individuum nicht nur vor Misshandlungen durch andere Staaten geschützt werden muss, sondern auch vor dem eigenen Staat. Angesichts der Geschehnisse konnten die staatliche Souveränität und das Prinzip der Nichteinmischung nicht mehr gerechtfertigt werden. Der Durchbruch Der Durchbruch für die moderne Menschenrechtsbewegung kam mit der Verankerung der Menschenrechte für alle in der Charta der Vereinten Nationen von 1945. Die Menschenrechte wurden in der Präambel (im Vorwort) «als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal» bezeichnet. Damit wurden sie zur internationalen Angelegenheit erklärt. Der erste Artikel der Charta nennt die «Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen» als eines ihrer Ziele. Die Respektierung und Verwirklichung der Menschenrechte wurde zum ersten Mal als eine Voraussetzung für Wohlfahrt, Stabilität und friedliche Beziehungen zwischen den Staaten angesehen. Der eigentliche Inhalt der Menschenrechte wurde in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) definiert, die von der Uno-Menschenrechtskommission ausgearbeitet und von der Generalversammlung am 10. Dezember 1948 verabschiedet wurde. Sie bildet bis heute die Grundlage des internationalen Menschenrechtschutzes. Obwohl die AEMR nicht rechtlich verbindlich ist, hat sie über die Jahre eine moralische Wichtigkeit bekommen. Juristisch wird sie heute als ein Gewohnheitsrecht betrachtet, d.h. als eine juristische Praxis, die allgemein anerkannt und angewandt wird und deshalb rechtlich bindend ist. Ihre Bestimmungen wurden in zahlreiche nationale Verfassungen aufgenommen und damit einklagbar gemacht. Ausgehend von der AEMR wurden in der Folge schrittweise völkerrechtlich verbindende Verträge zu bestimmten Themen oder Personen mit speziellen Bedürfnissen verabschiedet. Der Kalte Krieg Der Anfang des Kalten Krieges verunmöglichte die Entstehung eines einzigen rechtlich verbindlichen Instrumentes, welches die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hätte ergänzen sollen. Der ideologische Kampf führte dazu, dass 1966 der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt oder Pakt I) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Bürgerrechtspakt oder Pakt II) verabschiedet wurden. Die westlichen Staaten konzentrierten sich auf die politischen und bürgerlichen Rechte, die im 19.Jahrhundert eine zentrale Rolle bei der Entstehung der Staaten gespielt hatten. Für die sozialistischen Staaten standen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte im Vordergrund. Denn sie betrachteten den Staat als Kollektiv, das soziale Leistungen an den Einzelnen austeilt und zuweist. Die beiden Pakte traten erst 1976 in Kraft, als die 35 notwendigen Vertragsbeitritte zusammengekommen waren. Die Globalisierung der Menschenrechte Mit der Entkolonialisierung und der Entstehung neuer Staaten wurden zahlreiche neue Länder Mitglied der Vereinten Nationen, wobei die afrikanischen Staaten Mitte der 1960er HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 2 / 12

Jahre zum stärksten Block wurden. Aufgrund ihrer kolonialen Vergangenheit hatten sie ein starkes Interesse an Menschenrechtsfragen. Heute haben praktisch alle Staaten der Welt eine oder mehrere Menschenrechtskonventionen ratifiziert, und die Menschenrechte als juristisch verbindliche Konzepte sind damit wirklich universell geworden. [1] Regionale Entwicklungen Parallel zur internationalen Entwicklung fand auch auf regionaler Ebene eine Entwicklung der Menschenrechte statt. In Europa wurde 1951 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Sitz in Strassburg geschaffen. Seit den Reformen von 1998 kann jede Person, die sich in einem Unterzeichnerstaat aufhält, eine Individualbeschwerde beim EGMR einreichen. Die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, Staatenbeschwerden einzugeben, wird nur sehr selten genutzt. Bis zur Entstehung des amerikanischen und afrikanischen Gerichtshofes war der europäische Rechtsschutz aussergewöhnlich. In Afrika und Amerika haben sich inzwischen ähnliche Systeme entwickelt. In Asien und im arabischen Raum gibt es bis anhin keine regionalen Menschenrechtssysteme. Eine gute Übersicht über die wichtigsten internationalen und regionalen Menschenrechtsabkommen bietet Menschenrechte Schweiz (MERS): www.humanrights.ch Welche Menschenrechte sind international geschützt? Menschenrechte schützen nicht alle Aspekte des menschlichen Lebens, sondern nur jene, die für den Schutz der menschlichen Würde und die Entfaltung der menschlichen Person besonders wichtig sind. Was zu diesen fundamentalen Rechten gehört, steht nicht ein für alle Mal fest. Vielmehr sind die Menschenrechte das Produkt einer historischen Entwicklung, welche auch heute noch nicht abgeschlossen ist [1]. Grundsätzlich lassen sich drei Generationen von Menschenrechten unterscheiden: 1. Bürgerliche und politische Rechte Die bürgerlichen und politischen Rechte (erste Generation) gehen auf die amerikanische und die französische Menschenrechtserklärung des späten 18.Jahrhunderts zurück und sind primär als Rechte zur Abwehr staatlicher Übergriffe konzipiert [1]. Sie sind in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 sowie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 festgeschrieben und umfassen u.a. folgende Garantien: Schutz der körperlichen Unversehrtheit (Recht auf Leben, Folterverbot, Genozidverbot, Verbot von Verschwindenlassen) Schutz der persönlichen Freiheit (Sklavereiverbot, Verbot willkürlicher Inhaftierung) Freiheitsrechte (Meinungs- und Meinungsäusserungsfreiheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit) Rechte in Gerichtsverfahren Partizipationsrechte Diskriminierungsverbot und Minderheitenrechte HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 3 / 12

2. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (wsk-rechte, zweite Generation) entstanden als Reaktion auf die Verarmung und Ausbeutung der Bevölkerungen während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Die wsk-rechte haben zum Ziel, dem Individuum materielle Grundbedürfnisse und Bedingungen für die persönliche Entfaltung zu sichern. Sie sind im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 festgehalten. Zu diesen Rechten gehören unter anderen: Recht auf Arbeit Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen Recht auf Zusammenschluss in Gewerkschaften Recht auf soziale Sicherheit Schutz von Familie, Mutterschaft und Kindern Recht auf angemessenen Lebensstandard Recht auf Gesundheit und Recht auf Bildung Diese Rechte werden oft etwas vernachlässigt, weil sie sich nicht so einfach durchsetzen lassen wie die politisch und bürgerlichen Rechte. Grundsätzlich wird vom Staat verlangt, dass er konkrete Massnahmen trifft, um einen Standard zu erreichen und zu erhalten, welcher den Bürgern erlaubt, diese Garantien zu geniessen. Mehr zu den wsk-rechten Die internationale Staatengemeinschaft hat 1993 an der Menschenrechtskonferenz in Wien festgehalten, dass die einzelnen Rechte voneinander abhängig und untrennbar sind. Zur Verwirklichung der Menschenrechte müssen die politischen und bürgerlichen Rechte sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte beachtet werden. 3. Kollektivrechte Schliesslich entstanden in den 1970er Jahren die so genannten Kollektiv- oder Solidaritätsrechte (dritte Generation). Zu diesen Rechten gehören: die Rechte auf Entwicklung, auf Frieden und auf eine saubere und gesunde Umwelt das Selbstbestimmungsrecht der Völker Mit Ausnahme der Afrikanischen Menschenrechtscharta von 1981 sind sie jedoch noch nicht Teil der Menschenrechtsverträge geworden. Der Grund dafür liegt darin, dass ihr juristischer Gehalt (wer ist berechtigt? wer ist verpflichtet? und wie setzt man sie durch?) bisher nicht geklärt werden konnte und ihnen vor allem von Seiten der Industriestaaten Opposition erwächst. [1] Die Vereinten Nationen beziehen sich jedoch in zahlreichen Dokumenten auf das Recht auf Entwicklung. Sind Menschenrechte universell gültig? Obwohl die Menschenrechte seit ihrer Entstehung 1946 weltweit zunehmend akzeptiert werden, ist die Frage nach ihrer allgemeinen Gültigkeit nach wie vor umstritten. Zwar anerkennen die Staaten seit der Wiener Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 grundsätzlich, dass sich alle Menschenrechte «aus der Würde und dem Wert herleiten, die der menschlichen Person innewohnen» und dass sie deshalb allgemeingültig und unteilbar sind. Gleichzeitig ist aber der Vorwurf, dass die Menschenrechte ein westliches Kulturprodukt sind, nicht verstummt. [2] HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 4 / 12

Die Frage nach der universellen Geltung der Menschenrechte taucht in der Praxis immer wieder dort auf, wo sich Staaten über den konkreten Inhalt einer Garantie, die Schranken der Menschenrechte und den Rang der Garantien uneinig sind. Schliesslich werden einzelne Garantien unter Berufung auf religiöse Gebote oder kulturelle Traditionen in Frage gestellt. [2] Wachsender Konsens Auf der anderen Seite beweist die politische Realität, dass alle Staaten der Welt trotz unterschiedlicher Systeme der Idee der Menschenrechte und ihrem konkreten Inhalt immer mehr zustimmen können. [2] Tatsächlich besitzt die menschliche Würde in allen Kulturen einen hohen Stellenwert, und keine Kultur erachtet willkürliche Hinrichtungen, -3 (ung) 1 (e) (i) 5Tc.(e)dw(r)(i) 5 HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 5 / 12

Manche Menschenrechtsinstrumente enthalten deswegen eine so genannte Derogationsklausel. Bestimmte Garantien wie zum Beispiel das Recht auf Leben, das Folterverbot, das Verbot der Sklaverei und der Leibeigenschaft oder das Verbot rückwirkender Strafgesetze sind davon ausgeschlossen. Diese fundamentalen Garantien sind unter allen Umständen zu beachten. Spezifischen Schutz in Kriegssituationen bietet das humanitäre Völkerrecht. Welches sind die wichtigsten Instrumente zum Schutz der Menschenrechte? Die internationalen Abkommen sind die wichtigsten Rechtsquellen für die Menschenrechte. Darüber hinaus haben verschiedene regionale Organisationen wie der Europarat, die Afrikanische Union und die Amerikanischen Staaten wichtige regionale Menschenrechtsinstrumente verabschiedet. Der Grundstein für den Menschenrechtschutz wurde 1948 mit der der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gelegt. Da sie eine Erklärung und kein juristisch bindendes Instrument ist, wurden 1966 von der Uno-Generalversammlung zwei für die Unterzeichnerstaaten verbindliche Konventionen verabschiedet: der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Pakt I) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Pakt II). Ausserdem hat die Uno-Generalversammlung eine Anzahl von Erklärungen und Konventionen zum Schutze bestimmter Rechte oder Personen mit bestimmten Bedürfnissen erarbeitet und verabschiedet. Zu vielen Konventionen wurden in der Folge Zusatzprotokolle erarbeitet, welche die Umsetzung und die Kontrollmechanismen festlegen und daher von grosser Wichtigkeit sind. Genozidkonvention von 1948 Antirassismuskonvention von 1965 Konvention über die Bekämpfung und Bestrafung des Verbrechens der Apartheid von 1973 Antifolterkonvention von 1984 Konvention zum Schutz der Frauen von 1979 Kinderrechtskonvention von 1989 Wanderarbeiterkonvention von 1990 Daneben existieren weitere internationale Abkommen, die für die Menschenrechte von Bedeutung sind, aber nicht zu den Menschenrechtsabkommen im engeren Sinn gehören. Eine davon ist die Flüchtlingskonvention, die 1951 verabschiedet wurde und die zentralen Rechte von Flüchtlingen festhält. In Kriegszeiten spielen die Genfer Konventionen von 1949 eine bedeutende Rolle für den Schutz der Menschen, insbesondere das Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten und die Zusatzprotokolle von 1977. Sie enthalten Garantien zum Schutz von Personen, die nicht oder nicht mehr an den Feindseligkeiten teilnehmen und beschränkt die erlaubten Kriegsmethoden und mittel. Seit 1998 existiert zudem das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs. Damit können Individuen wegen besonders schlimmer Verbrechen angeklagt werden. Die wichtigste Konvention in Europa ist die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), welche vom Europarat 1950 verabschiedet wurde. Eine Anzahl von Zusatzprotokollen ergänzen die Bestimmungen der Konvention, so zum Beispiel Protokoll 6 und 13, mit dem die Todesstrafe in Friedens- beziehungs- HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 6 / 12

weise in Kriegszeiten abgeschafft wurde. Die EMRK wurde 1961 durch die Europäische Sozialcharta ergänzt. Weiter wurde ein Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verabschiedet. Ähnlich wurde auf dem amerikanischen Kontinent die Amerikanische Menschenrechtskonvention angenommen. Infolge des weit verbreiteten politischen Terrors auf dem Kontinent wurden eine Interamerikanische Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Folter und eine Interamerikanische Konvention über das «Verschwindenlassen» von Personen erlassen. Die Afrikanische Menschenrechtskonvention, die Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker, wurde 1986 verabschiedet. Im asiatischen und im arabischen Raum gibt es bis heute noch keine regionale Konvention über die Menschenrechte. Eine gute Übersicht über die wichtigsten Menschenrechtsinstrumente und ihre Anwendung bietet Menschenrechte Schweiz (MERS): www.humanrights.ch Wie unterscheiden sich Menschenrechtsverträge von anderen Verträgen? Völkerrechtliche Verträge basieren grundsätzlich auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. An ein Menschenrechtsabkommen bleibt ein Staat, der dieses ratifiziert hat, dagegen auch gebunden, wenn sich andere Staaten nicht an deren Einhaltung halten. Ausserdem gibt es Menschenrechtsverträge, die, einmal unterzeichnet, nicht mehr kündbar sind, ohne dass sich die Vertragspartner damit einverstanden erklären. Die beiden Uno-Pakte (Bürgerrechtspakt und Sozialpakt) sind solche Verträge. Dagegen können Staaten, die Vorbehalte gegenüber Artikeln oder Paragraphen der unterzeichneten Abkommen haben, diese bei der Ratifikation des Vertrages äussern und die Gültigkeit von bestimmten Artikeln oder Paragraphen einschränken. Solche Vorbehalte sind aber nur gültig, wenn sie nicht gegen Gegenstand oder Zweck des betreffenden Vertrages verstossen. Vorbehalte gegenüber Garantien, welche auch im Gewohnheitsrecht oder im zwingenden Völkerrecht (ius cogens) verankert sind, sind nicht zulässig. Welche Konventionen hat die Schweiz ratifiziert? Die Schweiz ist sehr früh den humanitären Völkerrechtsabkommen und der Internationalen Flüchtlingskonvention beigetreten. Die meisten Menschenrechtsabkommen dagegen unterzeichnete die Schweiz eher spät. Das erste Uno-Menschenrechtsabkommen, welches die Schweiz unterzeichnete (1986), war die Antifolterkonvention. Erst nach dem Ende des Kalten Krieges trat die Schweiz auch den anderen Abkommen bei. 1992 traten Pakt I (Bürgerrechte) und Pakt II (Sozialrechte) in Kraft. Strenge Ratifikationspraxis Da die Schweiz eine strenge Ratifikationspraxis hat, tritt sie einem Internationalen Abkommen erst bei, wenn sie die nationalen Gesetze angepasst hat. Erst als das Volk 1994 das Schweizerische Antirassismusgesetz annahm, konnte die Schweiz kurz darauf der Antirassismuskonvention beitreten. Bei der Kinderrechtskonvention, welche in der Schweiz 1997 in Kraft trat, musste aufgrund des Drucks konservativer Kreise ein Vor- HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 7 / 12

behalt formuliert werden, der der elterlichen Sorge den Vorrang einräumt. Im gleichen Jahr trat die Schweiz auch der Frauenrechtskonvention bei. 1999 ratifizierte die Schweiz der Genozidkonvention, die 2000 in Kraft trat. Der Wanderarbeiterkonvention von 1990 ist die Schweiz wie viele andere Industrienationen noch nicht beigetreten. Seit 1963 ist die Schweiz Mitglied des Europarats. Als 1971 das Frauenstimmrecht auf nationaler Ebene angenommen wurde, konnte die Schweiz auch 1974 die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifizieren. Die Schweiz hat sich stark für die Erarbeitung und Verabschiedung des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe eingesetzt. Gibt es formelle Unterschiede zwischen den einzelnen Rechten? Nicht alle Menschenrechte besitzen die gleiche formelle Rechtskraft. Sie lassen sich danach unterscheiden, ob sie in menschenrechtlichen Verträgen und ihren Protokollen geregelt sind, zum Gewohnheitsrecht zählen oder aus Resolutionen und Deklarationen stammen. Bei Deklarationen und Resolutionen erkennen Staaten grundsätzlich deren Inhalt an, HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 8 / 12

ten, an die er gebunden ist. Grundsätzlich verpflichten aber sowohl die bürgerlichen und politischen wie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte den Staat auf drei Stufen [1]: Unterlassungspflicht: Die Unterlassungspflicht verpflichtet den Staat dazu, die Einzelnen nicht direkt oder indirekt an der Ausübung seiner Menschenrechte zu hindern. Der Staat muss die Menschenrechte achten, indem er sich passiv verhält und Eingriffe unterlässt, z.b. Folter bei Polizeiverhören oder Zensur der Medien. Schutzpflicht: Da Menschenrechte nicht nur vom Staat, sondern auch von Privaten begangen werden (z.b. häusliche Gewalt, rassistische Übergriffe, gravierende Umweltverschmutzungen durch Unternehmen), hat der Staat eine Schutzpflicht. Er muss die Menschenrechte gegen die Übergriffe durch Dritte schützen. Dazu muss er gesetzliche Vorkehrungen treffen und bei Verstössen einschreiten. Erfüllungspflicht: Der Staat hat eine Erfüllungspflicht: er muss die Ausübung eines Rechts überhaupt erst ermöglichen. Er muss alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um Personen, die unterhalb eines menschenrechtlichen Mindeststandards leben, dabei zu helfen, diesen Mindeststandard zu erreichen (z.b. Zugang zu öffentlichen Schulen und Gesundheitsversorgung für alle). Bei allen Pflichten muss der Staat das Diskriminierungsverbot achten und darf niemanden aufgrund seiner Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, politischen oder sonstigen Anschauung ausschliessen. Wie sind Menschenrechte in der nationalen Gesetzgebung verankert? Um ein Recht aus einer internationalen Konvention einklagen zu können, muss der Staat diese Konvention ratifiziert haben, und das Recht muss in der nationalen Gesetzgebung verankert sein. Bei gewissen Ländern werden die Rechte unmittelbar bei der Ratifizierung des Übereinkommens zu nationalem Recht (monistisches System), wie beispielsweise in der Schweiz. Bei andern Ländern müssen die Konventionen zuerst ins nationale Recht inkorporiert werden (dualistisches System). 1999 revidierte die Schweiz ihre Bundesverfassung und integrierte unter dem Titel Grundrechte die wesentlichen politischen und bürgerlichen Rechte, die im politischen Pakt enthalten sind. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, die im Sozialpakt enthalten sind, wurden als Sozialziele in die Bundesverfassung aufgenommen. Sind Individuen und nichtstaatliche Akteure auch an Menschenrechtsnormen gebunden? Da es der Staat ist, der die internationalen Menschenrechtsverträge aushandelt, unterzeichnet und ratifiziert, obliegt ihm die Pflicht, diese einzuhalten. Seit den 1980er Jahren (Ende des Kalten Krieges) werden Menschenrechtsverletzungen jedoch zunehmend auch von privaten Akteuren begangen (z.b. bewaffnete Gruppen in Bürgerkriegen, multinationale Unternehmen, organisiertes Verbrechen). Private können für Menschenrechtsverletzungen nur dann direkt zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie für den Staat handeln (z.b. als Betreiber von Gefängnissen, PolizistInnen, Beamte) oder wenn sie in Situationen des Regierungszusammenbruchs de facto Regierungsgewalt ausüben. [1] Ansonsten können Private meist nur indirekt, d.h. durch «ihre» Staaten, für Menschen- HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 9 / 12

Für drei besonders schlimme Verbrechen können Individuen auch direkt vom Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden: für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Genozid. Multinationale Unternehmen und Menschenrechte Auch wenn sie mächtiger sind als manche Staaten, können multinationale Konzerne nicht an die existierenden Menschenrechtverträge gebunden werden. Dafür müssten neue Strukturen entwickelt werden. Einige multinationale Unternehmen setzen sich durchaus mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinander. Sie haben sich bereit erklärt, mit dem Uno-Global Compact gewisse Prinzipien der Menschenrechte, der Arbeitsbeziehungen, der Korruptionsbekämpfung und des Umweltschutzes anzuerkennen. Der Global Compact ist jedoch nicht rechtlich bindend. Ein verbindlicheres Instrument auf Uno-Ebene wird zurzeit diskutiert. Diskussionsgrundlage dafür sind die «Uno-Normen für die Verantwortlichkeit transnationaler Unternehmen und anderer Wirtschaftsunternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte», die von Amnesty International und zahlreichen NGOs unterstützt werden. Mehr zu den Uno-Normen Wer überwacht die Umsetzung der Abkommen? In erster Linie sind die Staaten und ihre Gerichte für die Umsetzung der Menschenrechte verantwortlich. Viele Staaten verfügen heute über nationale Menschenrechtskommissionen, welche die Umsetzung der Menschenrechte überwachen. Die Schweiz hat keine nationale Menschenrechtsinstitution. Amnesty setzt sich mit anderen Organisationen für die Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution ein. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass nationale Mechanismen Menschenrechtsverletzungen oft nicht zu verhindern vermögen. Deshalb hat das Völkerrecht eine Vielzahl internationaler Überwachungsmechanismen geschaffen. Besonders bedeutsam sind die Aktivitäten des Uno- Menschenrechtsrats, der internationalen Strafgerichte und der Überwachungsorgane der Menschenrechtskonventionen. [1] Uno-Menschenrechtsrat Der Uno-Menschenrechtsrat wurde im März 2006 als Ersatz für die Uno- Menschenrechtskommission geschaffen. Der Rat mit Sitz in Genf besteht aus 47 Mitgliedstaaten und ist der Uno-Generalversammlung direkt unterstellt. Seine Mitglieder werden von der Uno-Generalversammlung mit absolutem Mehr für drei Jahre gewählt. Alle Mitglieder müssen freiwillige Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte formulieren. Wenn Berichte über schwere Menschenrechtsverletzungen vorliegen, kann ein Mitglied durch eine Zweidrittel-Mehrheit aus dem Rat ausgeschlossen werden. Mit einem Evaluationsmechanismus soll die Einhaltung der Menschenrechtsverpflichtungen aller Staaten überprüft werden können. Überwachungsorgane Die Überwachungsorgane haben die Aufgabe, die Einhaltung der einzelnen Konventionen zu überprüfen. Die Staaten sind durch die Konventionen dazu verpflichtet, dem jeweiligen Überwachungsausschuss regelmässig einen Bericht über die Einhaltung ihrer Menschenrechtspflichten vorzulegen. HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 10 / 12

Die Berichte werden geprüft, mit Berichten von NGOs (so genannte «shadow reports») verglichen und mit einer Delegation des Staates in öffentlichen Sitzungen diskutiert. Darauf aufbauend formuliert der Ausschuss Beobachtungen (concluding observations) und Empfehlungen (recommendations). Obwohl die Entscheide des Ausschusses nicht rechtlich bindend sind, akzeptieren die meisten Staaten die Empfehlungen zumindest teilweise und setzen sie um. Bedeutsam sind die Empfehlungen auch für die NGOs im betreffenden Land, da sie ihnen Rücken stärken und ihre Arbeit erleichtern. Bei den meisten Konventionen können auch Individualbeschwerden eingereicht werden. Internationaler Strafgerichtshof Im Juli 2003 nahm der Internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag seine Arbeit auf. Der ICC ist ein permanentes internationales Strafgericht, das für die Beurteilung besonders schwerer Straftaten zuständig ist: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Daneben gibt es so genannte Ad-Hoc Tribunale, die sich mit schweren Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang mit spezifischen Konflikten befassen (Ex-Jugoslawien, Ruanda, Sierra Leone, Kambodscha). Regionale Gerichtshöfe für Menschenrechte Menschengerichtshöfe, die zu allen Menschenrechtsverletzungen Urteile erlassen, gibt es in Europa und in Amerika, sowie teilweise in Afrika. Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte können sowohl Individuen wie auch Staaten, welche die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, klagen. Während die Möglichkeit der Individualbeschwerde sehr häufig genutzt wird, gibt es kaum Staaten, die gegenüber anderen Staaten Beschwerde einreichen. Welche Rolle spielen NGOs bei der Umsetzung? Die Kapazität der internationalen Mechanismen zur Überwachung der Menschenrechtssituation ist begrenzt. Deshalb spielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie Amnesty International für die Verwirklichung der Menschenrechte eine wichtige Rolle. Sie berichten über die Situation der Menschenrechte im Allgemeinen (z.b. Amnesty- Jahresbericht), untersuchen behauptete Verletzungen in konkreten Fällen, stehen Opfern bei und intervenieren zu ihren Gunsten bei den zuständigen Behörden. Ausserdem mobilisieren sie die Öffentlichkeit gegen Regierungen, die die Menschenrechte systematisch und schwer verletzen, verfassen Berichte (sog. «shadow reports») über die Einhaltung der Menschenrechte zuhanden der Uno-Organe und betreiben Lobbyarbeit. Mehr zur Arbeit von AI Die Arbeit der NGOs wird durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte legitimiert. Sie hält fest, dass «alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen [ ] die Achtung dieser Rechte und Freiheit zu fördern und durch fortschreitende Massnahmen im nationalen und internationalen Bereiche ihre Anerkennung und Verwirklichung» zu gewährleisten. HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 11 / 12

Meine Rechte wurden verletzt: was nun? Um ein Recht einklagen zu können, muss es zuerst in der nationalen Gesetzgebung verankert sein. Wenn Staaten internationale Menschenrechtsverträge unterzeichnen, bedeutet dies noch nicht, dass die Rechte sofort von den Bürgern eingefordert werden können. Ausserdem kommt es darauf an, ob das Völkerrecht unmittelbar bei der Ratifizierung des Übereinkommens zu nationalem Recht wird (monistisches System) oder ob es zuerst noch ins nationale Recht inkorporiert werden muss (dualistisches System). Weiter muss geklärt werden, ob das Recht self-executing ist, d.h., ob das Recht überhaupt ein einklagbares Recht enthält und ob dieses genügend präzise ist. Manche Verträge enthalten Regeln, die nicht direkt anwendbar sind oder die Staaten nur dazu verpflichten, nationale Gesetzgebung in diesem Bereich zu erlassen. Die politischen und bürgerlichen Rechte werden im Gegensatz zu den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechten oft als self-executing angesehen. Nationale Klage immer zuerst Eine mögliche Verletzung der Menschenrechte muss immer zuerst auf nationaler Ebene eingeklagt werden. Erst wenn alle nationalen Instanzen durchlaufen sind, ist eine internationale Beschwerde möglich. Nur in Fällen besonders schlimmer Menschenrechtsverletzungen (Kriegsverbrechen, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit) kann der Internationale Strafgerichtshof direkt agieren. Je nach Herkunftsland und je nach Stand und Art der Ratifikationen im betreffenden Land kann die Beschwerde an ein regionales oder internationales Kontrollorgan weitergeleitet werden. HD:Users:Hartwig:Desktop:Menschenrechte (Amnesty International).docx 12 / 12