5.1 Die März-Bewegung im Deutschen Bund Pariser Lunte zündet in Deutschland - Soldaten gegen Demokraten Als im Februar 1848 in Paris ein revolutionärer Aufstand ausbricht, der die Abdankung des Königs und die Ausrufung der Republik zur Folge hat, springt der revolutionäre Funke auch auf Deutschland über. Im März 1848 kommt es überall zu Aufständen. Bürger und Bauern vereinigen sich im Kampf gegen feudale Privilegien. Am 1. März 1848 beginnt mit der Besetzung des Ständehauses des badischen Landtages in Karlsruhe die März- Revolution in Baden. Ihr profiliertester Kopf ist Friedrich Hecker, er verlangt die Beseitigung der Adelsprivilegien und ruft am 12. April 1848 in Konstanz die Republik aus. Doch Württembergisches Militär schlägt den Aufstand nieder. Friedrich Hecker flieht ins Exil. Der Versuch, die Republik durchzusetzen, ist damit zunächst gescheitert. Auch ins Sinsheim kommt es zu Aufständen. Die Revolutionäre herrschen ab April 1848 im Rathaus und rufen dort die demokratische Republik aus. Sinsheim ist der Geburtsort Franz Sigels, des Oberbefehlshabers der Revolutionstruppen. Der Dichter G. Herwegh eilt mit einer Freischaar von Frankreich aus zur Hilfe nach Baden, doch Militär schlägt seine Freischar zurück, Herwegh flieht. In München rebelliert das Volk ebenfalls. Ludwig I. dankt, auch aufgrund seiner Affäre mit der Tänzerin Lola Montez, zugunsten seines Sohnes Ludwig II. ab. In Sachsen kommt es zum Dresdner Aufstand, an dem auch G. Semper, der Architekt der Dresdner Oper, und Hofkapellmeister Richard Wagner teilnehmen. Der Aufstand wird durch Preußen niedergeschlagen, beide müssen flüchten. Robert Blum, später Vizepräsident im Frankfurter Vorparlament und Mitglied der Nationalversammlung, kämpft zeitgleich für Einheit und Demokratie in Leipzig.
5.1 Die März-Bewegung im Deutschen Bund Blutige Barrikadenkämpfe in Berlin - Preußen-König verhandlungsbereit Nach den Volkserhebungen in Baden, Bayern und Sachsen fordern auch in Preußen Demokraten und Liberale am 6. März 1848 Menschen und Bürgerrechte, Pressefreiheit und eine Verfassung. Am 18. März kommt es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Bürgern und dem Militär. Tausende von Demonstranten versammeln sich vor dem Berliner Schloss, um diese freiheitlichen Veränderungen zu fordern. Auch Theodor Fontane, zu dieser Zeit noch Apothekergehilfe in Berlin, geht für mehr Menschen und Bürgerrechte auf die Barrikaden. Die Frauenrechtlerin Luise Otto- Peters tritt für die Fabrikarbeiterinnen ein und unterstützt in ihrem sozialen Kampf die Revolution. Der junge Mediziner Rudolf Virchow nimmt auch an der Revolution teil und muss deshalb Berlin verlassen. Er wird Professor für Pathologie in Würzburg, später aber wieder an die Universität in Berlin berufen. Prinz Wilhelm, später Wilhelm I., will die Revolutionäre mit Waffengewalt zur Räson bringen und die Stadt von außen mit Kanonen sturmreif schießen. Für seine militärische Lösung ist der Kartätschenprinz so verhasst, dass er in die Spandauer Zitadelle, später nach London fliehen muss. Privatpost Berliner Packetfahrt Friedrich Wilhelm IV. erkennt die Situation, zieht die Truppen zurück und entschließt sich zu Zugeständnissen. Unter dem Druck der revolutionären Ereignisse hebt er die Pressezensur auf und verspricht eine Verfassung für Preußen, die Einberufung einer Preußischen Nationalversammlung sowie die Errichtung einer konstitutionellen Monarchie. Zugleich stimmt er der Bildung eines deutschen Nationalstaates zu.
5.2 März-Forderungen wird stattgegeben Preußische Nationalversammlung - Verfassungsentwurf abgelehnt - Auflösung durch König Bereits am 1. Mai 1848 finden die Wahlen zur Preußischen Nationalversammlung statt. Ihre Aufgabe ist die Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung für das Königreich Preußen. Die Nationalversammlung tagt vom 22. Mai bis September 1848 in Berlin im Gebäude der Sing- Akademie, Brief eines Abgeordneten vom 20. Nov. 1848 aus Calbe mit Portofreiheits-Vermerk Abgeordneter bei der Nationalversammlung zu Berlin. von Sept. bis Nov. 1848 im Schauspielhaus. Am 5. Dez. 1848 wird sie per königl. Dekret aufgelöst. Die Mitglieder der Preußischen Nationalversammlung, unter ihnen auch Schultze-Delitzsch, liberale Deutsche Fortschrittspartei, arbeiten einen Verfassungsentwurf aus, der im Juli 1848 vorgelegt, aber von König Friedrich Wilhelm IV. abgelehnt wird. Er oktroyiert selbst eine Verfassung, die weit hinter den Forderungen der März-Revolution zurückbleibt.
5.3 Das Paulskirchen-Parlament März-Revolution erfolgreich: u. a. auch freie Wahlen für ein gesamtdeutsches Parlament Die Fürsten beugen sich den Forderungen, unterstützen liberale Verfassungen, wichtige demokratische Rechte werden wieder zugestanden (Presse-, Vereins und Versammlungsfreiheit, Wahlrecht). Auch dem Ruf nach einer verfassungsgebenden Versammlung wird nachgegeben. Zur Vorbereitung wird ein Vorparlament einberufen, das vom 31. März bis zum 3. April 1848 tagt. Das ausgearbeitete Wahlrecht ist an die Selbständigkeit geknüpft. Es besitzen etwa 85 % der Männer das aktive und passive Wahlrecht, Frauen haben kein Wahlrecht, Arbeiter nicht in allen Staaten.. Im Mai 1848 können dann Wahlen zur Deutschen Verfassungsgebenden Nationalversammlung stattfinden. An der Eröffnungsfeier am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche nehmen 330 Abgeordnete teil. Damit gibt es erstmals eine demokratisch gewählte gesamtdeutsche Volksvertretung.
5.3 Das Paulskirchen-Parlament Erarbeitung eines Kataloges der Grundrechte Die Deutsche Verfassungsgebende Nationalversammlung ist das erste demokratisch gewählte Parlament für Deutchland. Ihre wichtigsten Ziele sind die Erarbeitung einer freiheitlichen Verfassung, welche die Grundrechte und die Einsetzung einer nationalen Regierungsgewalt verbrieft (Paulskirchenverfassung). Die Paulskirche in Frankfurt am Main ist vom 18. Mai 1848 bis zum 29. Mai 1849 ständiger Tagungsort der Nationalversammlung. Unter den 585 Mitgliedern des Parlaments ist auch Friedrich Schüler, Rechtsanwalt aus Zweibrücken. Im Dezember 1848 wird der Grundrechte-Katalog beschlossen. Er enthält die Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht auf freie Meinungsäußerung, Presse und Versammlungsfreiheit und das Recht auf Freiheit der Person. Seine Beratungen über diese freiheitliche Verfassung markieren den Beginn einer demokratischen, parlamentarischen Tradition in Deutschland. Die Mitglieder der Nationalversammlung tagen unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Heinrich von Gagern.
5.3 Das Paulskirchen-Parlament Preußenkönig lehnt Krone ab - Reichsverfassung wird nicht anerkannt - Parlament löst sich auf Als Staatsform entscheidet man sich für die konstitutionelle Monarchie, als Staatsgebilde ringen die 585 Abgeordneten um Großdeutsch mit Österreich an der Spitze oder um Kleindeutsch unter der Führung Preußens. Der liberale Abgeordnete Ludwig Uhland plädiert für Großdeutsch, während Bismarck die kleindeutsche Lösung bevorzugt, für die man sich dann entscheidet. An der Entscheidung beteiligt ist auch Jacob Grimm als Abgeordneter des Ruhrgebiets. Weitere Abgeordnete sind: Wilhelm Emmanuel von Ketteler, der als Priester die katholische Kirche vertritt. Ernst Moritz Arndt, der vom 15. rheinpreußischen Wahlbezirk gewählt wird, aber schon am 30. Mai 1849 wieder austritt. Friedrich Ludwig Jahn, einer der Ältesten im Parlament, der langsam müde wird und resigniert. Als provisorisches Staatsoberhaupt wird als Reichsverweser Erzherzog Johann von Österreich eingesetzt. Die Schleswig-Holstein-Frage führt zur ersten Krise, das Parlament hat keine Exekutive und kann sich gegen Preußens und Österreichs Alleingänge nicht durchsetzen. Am 27. März 1849 wird die Verfassung verabschiedet. Der preußische König wird zum Kaiser der Deutschen gewählt, aber dieser weigert sich, die Krone aus der Hand des Volkes anzunehmen. Dadurch hat die Nationalversammlung an Ansehen verloren und keine Macht, die Reichsverfassung durchzusetzen. Am 5. April 1849 ziehen alle österreichischen Abgeordneten aus Frankfurt ab, am 14. Mai legen dann auch die Preußen ihre Mandate nieder. Die verbliebenen linken Kräfte beschließen am 31. Mai ein neues Parlament in Stuttgart zu gründen, um Preußens Einflussbereich zu entgehen. Damit ist die Frankfurter Nationalversammlung aufgelöst.
5.4 Das Ende des Traums von Freiheit und Demokratie Badische Revolution - Maiaufstände 1849 Das Scheitern der Paulskirchenverfassung führt im Mai 1849 erneut zu Aufständen, um eine demokratische Verfassung zumindest in einigen Teilstaaten des Deutschen Bundes doch noch durchzusetzen. Vor allem in Baden flammen die Aufstände wieder auf, der Traum von einer demokratischen Republik erfüllt sich für kurze Zeit. Oben: Per Boten zugestellter Militärpostbrief von Freiburg an das Dragoner-Regiment vom 21. Mai 1849. Inhalt: Marschbefehl des Regiments von Offenburg nach Karlsruhe (Farbkopie). Unten: Portofreier Soldatenbrief aus der Festung Rastatt aus dem Revolutionsjahr 1849. Im Zuge der Maiaufstä0nde in Baden meutert in der Bundesfestung Rastatt die badische Garnison. Das Militär schließt sich den Aufständischen an, Großherzog Leopold (Baden)flieht am 14. Mai 1849 ins Exil nach Koblenz. Zur Unterstützung der neuen republikanischen Regierung werden Truppen in die Residenzstadt Karlsruhe verlegt.
5.4 Das Ende des Traums von Freiheit und Demokratie Badische Revolution wird niedergeschlagen Lorenz Brentano bildet nach der Flucht des Großherzogs Leopold am 1. Juni 1849 die badische Revolutionsregierung, doch es naht Unheil aus Preußen. Bundestruppen unter dem Kommando des preußischen Prinzen Wilhelm dringen in Baden ein, um die Revolution niederzuschlagen. Es entbrennen überall heftige Kämpfe. Die gut ausgebildeten Preußen besiegen die Revolutionäre, ihre Anführer müssen fliehen. Carl Schurz, der die Artillerie der Pfälzischen Volkswehr befehligt, flieht nach der Niederlage gegen preußische Truppen nach Frankreich ins Elsass.. Später emigriert er in die USA und macht dort politische Karriere: von 1877 1888 ist er US-Innenminister. Wilhelm Liebknecht nimmt am Aufstand in Lörrach teil, später als Leutnant im Mannheimer Arbeiterbataillon, flüchtet in die Schweiz Auch Friedrich Engels ist aktig an den Kämpfen beteiligt und muss über die Schweiz nach England emigrieren. Auch Mathilde F. Anneke nimmt am Aufstand teil, wird inhaftiert, kann aber mit ihrem Mann, Oberbefehlshaber der Volkswehr, in die USA fliehen. Als am 23. Juli 1849 die Festung Rastatt, die sich über drei Wochen in den Händen der Demokraten befindet, aufgegeben werden muss, ist dies das Ende der Reichsverfassungskämpfe und der Abschluss der Revolution, aber auch das Ende des Traums von der Freiheit, vom deutschen Nationalstaat und von der Demokratie.