Kölner Flüchtlingsnetzwerke mit positiver Bilanz: Mehr Bleibeberechtigte und Flüchtlinge in Jobs Köln, 23. Juni 2010. Die beiden Kölner Projektverbünde Kölner Netzwerk Flüchtlinge und Arbeit (KNFA) und Bunt in die Zukunft haben die vorläufigen Ergebnisse ihrer Arbeit im Haus der ARGE Köln vorgestellt. Ihr Ziel ist es, Bleibeberechtigte und Flüchtlinge durch gezielte Beratung, Qualifizierung und Weiterbildung, fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Die Projekte laufen seit 2008. Die Initiativen werden im ESF-Bundesprogramm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt vom europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert. Projektkoordinator des KNFA ist die ARGE Köln, Bunt in die Zukunft koordiniert der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.v. Die Zeit drängt Viele der Flüchtlinge leben mit einem ungeklärten Status: Ihr Aufenthalt in Deutschland ist nur geduldet, obwohl sie mit ihren Familien zum Teil schon seit vielen Jahren hier leben. Trotzdem droht ihnen die Abschiebung. Eine Gruppe der so genannten bleibeberechtigten Flüchtlingen können nach geltendem Recht jedoch ihre Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht erhöhen, wenn es ihnen gelingt, bis Ende 2011 ihren Lebensunterhalt alleine zu verdienen. Junge Schauspieler/innen von IN VIA Köln präsentierten zum Auftakt der Veranstaltung Szenen aus dem Theaterstück Frühlingserwachen, frei nach Frank Wedekind 1
Ein rundes Programm Durch das Programm am 23. Juni führte Christina Schüler vom Diözesan- Caritasverband für das Erzbistum Köln. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Szenenfolge aus dem Theaterstück Frühlingserwachen, frei nach Frank Wedekind, von IN VIA Köln (Katholischer Verband für Mädchen und Frauensozialarbeit). Die Schauspieler sind junge Menschen mit Flüchtlingshintergrund, die Themen wie Liebe, Freundschaft aber auch Zukunftsängste spielerisch umsetzen. Das Theaterprojekt ist Bestandteil des Programms zur beruflichen Qualifizierung. Träger ist Bunt in die Zukunft. Die Theaterarbeit soll dazu beitragen, das Selbstwertgefühl der jungen Menschen zu stärken, sowie ihre Kritikfähigkeit und ihr Sprachgefühl zu verbessern. Die Begrüßungsrede hielten Klaus Müller-Starmann, Geschäftsführer ARGE Köln und Pfarrer Franz Decker, Direktor des Caritasverbandes für Klaus Müller-Starmann, Geschäftsführer der ARGE Köln, spricht vor den geladenen Gästen die Stadt Köln. Das KNFA ist das bundesweit einzige Projekt aus dem ESF- Sonderprogramm, bei dem die Gesamtkoordination bei der ARGE liegt. Die guten Kontakte zu Stadt und Ämtern sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor, so Müller-Starmann, der die gute Zusammenarbeit und die Vernetzung aller Projektträger untereinander hervorhob. Danach stellte Berthold Schobert von Univation - Institut für Evaluation - Köln, eine Zwischenbilanz des ESF-Bundesprogramm XENOS Arbeitsmarktliche Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge Perspektiven für das Netzwerk vor. Die Zusammenarbeit hat sich bewährt und muss fortgesetzt werden, so fasst Berthold Schobert das Ergebnis zusammen. Verstetigen könne sie sich allerdings nur, wenn die Koordinationsleistung der Netzwerkträger weiter fortbestehe. 2
Anschließend sprachen Susanne Geißler von der ARGE Köln und Christina Schüler vom Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln über die bundesweiten Erfahrungen aus dem nationalen Thematischen Netzwerk und die lokalen Erfahrungen in Köln. Den Abschluss bildete ein Round-Table- Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Kölner Netzwerken KNFA und Bunt in die Zukunft sowie Kooperationspartnern. Vertreter/innen aus den Kölner Netzwerken KNFA und Bunt in die Zukunft sowie Kooperationspartner beim Round-Table-Gespräch Ergebnisse des ESF- Bundesprogramms Das Gesamtprojektvolumen beträgt 34 Millionen EURO. Im Rahmen der Projektlaufzeit haben sich bundesweit 43 Beratungsnetzwerke gebildet mit insgesamt 220 Einzelprojekten. In NRW gibt es zwölf Netzwerke, zwei davon in Köln. Die Kölner Netzwerke wurden insgesamt mit einer Fördersumme von 1,78 Millionen Euro unterstützt. Etwa 50 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beziehen Leistungen nach dem SGB II. Bei der Auswertung wurde unter anderem geprüft, ob es den Netzwerken durch ihre Arbeit gelungen ist, die Integration der Bleibeberechtigten und Flüchtlinge in Beschäftigung und Ausbildung zu verbessern. Ebenfalls untersucht wurde, mit welchen Aktivitäten alle wichtigen Akteure auf dem Arbeitsmarkt und in der Öffentlichkeit über die Arbeitsmöglichkeiten von Flüchtlingen informiert werden können. Bundesweit wurden 12.300 Teilnehmende erreicht. Das entspricht circa 64 % der geplanten 19.600. Davon haben 45 % an einer Fördermaßnahme teilgenommen. Anschließend konnten 22 % in Arbeit oder Ausbildung vermittelt 3
werden. Nach Einschätzung der befragten Träger haben sich Arbeitsmarktchancen für die Betroffenen um 61 % verbessert. Die Motivation, sich aktiv einen Arbeitsplatz zu suchen, sei jetzt um 71 % erhöht. Zu den Angebotsschwerpunkten nach Trägerbefragung zählten Deutschkurse, psychosoziale Beratung und sozialpädagogische Betreuung. Aber auch Berufsund Arbeitsmarktberatung, Eignungsfeststellung, Profiling, Berufsorientierung und Bewerbungstrainings. Nach Angaben der Träger haben 21 % der Betroffenen einen Sprachkurs absolviert. 12 % haben eine Einfachqualifikation vermittelt bekommen. Projekterschwerend waren fehlende Deutschkenntnisse der Flüchtlinge, die Höhe des geforderten Einkommens, ein arbeitsmarktferner Qualifikationstand und zuweilen auch Arbeitsverbote. Beim Arbeitsangebot gab es ebenfalls Hemmnisse. So standen regional zu wenig geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung. Außerdem haben die Arbeitgeber zum Teil große Unsicherheiten, was die rechtliche Situation von Flüchtlingen als mögliche Arbeitnehmer angeht. Die Zwischenbilanz für Köln In Köln haben von 2006 bis heute 2.267 Personen das Bleiberecht beantragt. Im Rahmen der Kölner Projekte wurden bisher 772 Menschen in eine Unterstützungsmaßnahme zur beruflichen Integration eingebunden. Anschließend konnte fast jeder Fünfte eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz finden. Viele Bleibeberechtigte und Flüchtlinge sind hochmotiviert, im Grunde sind es oft äußere Faktoren, wie rechtliche Rahmenbedingungen, die die Integration in den Arbeitsmarkt erschweren, oftmals verhindern, sagt KNFA-Projektleiterin Susanne Geißler von der ARGE Köln. Doch noch aus einem anderen Grund ist eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt wichtig: Je länger sie ihren erlernten Beruf nicht ausüben können, desto größer ist die Gefahr, dass ihre Qualifikationen am Arbeitsmarkt an Wert verlieren. Maßgeschneiderte Hilfen für den Einzelfall Für die Bleibeberechtigten und Flüchtlinge wurde im Rahmen der Kölner Netzwerke eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnahmen entwickelt. Dabei konnten auch die Programme vorhandener Kölner Angebote erfolgreich miteinander kombiniert werden. Welche Förderung ein Flüchtling benötigt, um eine Arbeit in Köln aufzunehmen, kann jedoch individuell sehr unterschiedlich sein. Ein großer Hemmschuh für die Integration in den Arbeitsmarkt sind schlechte Deutschkenntnisse, nicht 4
anerkannte Berufs- und Bildungsabschlüsse und fehlende Kinderbetreuung, sagt Susanne Geißler. Susanne Geißler, KNFA-Projektleiterin (links) und Christina Schüler (rechts), Projektkoordinatorin Bunt in die Zukunft, vom Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln Zu den Angeboten der Kölner Netzwerke zählen beispielsweise Deutschkurse, psychologische Beratung, Berufsorientierung, Arbeitsmarktberatung und Bewerbungstrainings. Daneben werden Bausteine zur beruflichen Qualifizierung angeboten. Im Netzwerkverbund entstanden zwischen den einzelnen Projektpartnern arbeitsfähige Kooperation, sagt Christina Schüler vom Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln. Zusammenarbeit am Runden Tisch hat sich bewährt Ein zentrales Element der Kölner Netzwerkarbeit ist der so genannte Runde Tisch Bleiberecht. Darin vertreten sind die Ausländerbehörde und die Wohnungsversorgungsbetriebe, das Sozialamt sowie das Interkulturelle Referat und alle Teilprojektvertreter. Repräsentanten des Runden Tisches wiesen darauf hin, dass die größten Hemmnisse für eine Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen sind. Viele Flüchtlinge sind durch die wechselnden Regelungen mehrfach enttäuscht worden und leben in einer ständigen Unsicherheit, so Susanne Rabe-Rahman vom Caritasverband für die Stadt Köln. Doch trotz des enormen Zeitdrucks seien viele Flüchtlinge nach wie vor motiviert und bereit, auch unangenehme Arbeiten anzunehmen. Wichtig sei es jedoch, möglichst früh mit Qualifizierungsmaßnahmen zu beginnen. Denn gerade am Anfang sei die Motivation am höchsten, auch könne man zu diesem Zeitpunkt am einfachsten 5
an vorhandene Qualifizierungen anknüpfen. Vertreter des Runden Tisches hoben hervor, dass es künftig vor allem darauf ankomme, die Ausbildungsbeteiligung junger Flüchtlinge weiter zu stärken. Auch müsse die Vermittlung in Arbeit effizienter und die Qualifizierung noch offensiver betrieben werden. Die Zusammenarbeit des Runden Tisches hat sich nach Meinung der Beteiligten bewährt und müsse erhalten bleiben. Aufgabe der Träger sei es, das auch sicherzustellen. Flüchtlingsnetzwerke wollen Zusammenarbeit fortsetzen Die finanzielle Unterstützung der Netzwerke aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales endet am 31. Oktober 2010. Die Kölner Netzwerke wollen ihre erfolgreiche Integrationsarbeit weiter fortsetzen. Die Anschlussfinanzierung ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend geklärt. Träger und Koordinatoren der Kölner Netzwerke Das Kölner Netzwerk Flüchtlinge und Arbeit (KNFA) und das Netzwerkprojekt Bunt in die Zukunft wurde am 1. November 2008 im Rahmen des ESF-Bundesprogramms (Europäischer Sozialfonds) zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt gegründet. Koordiniert wird das KNFA unter Federführung der ARGE Köln. Weitere Träger des Projektes sind: Caritasverband für die Stadt Köln e.v. mit dem Therapiezentrum für Folteropfer, Diakonie Michaelshoven Köln e.v., Internationale Gesellschaft für Bildung, Kultur und Partizipation gemeinnützige GmbH, Konsortium Kölner Beschäftigungsträger GmbH, Amt für Weiterbildung der Stadt, Westdeutscher Handwerkskammertag. Das Netzwerkprojekt Bunt in die Zukunft wird vom Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e.v. koordiniert. Die Projektpartner sind der Caritasverband für die Stadt Köln e.v. mit dem Leistungsbereich Integration und Beratung, IN VIA Katholischer Verband für Mädchen und Frauensozialarbeit Köln e.v. und der Flüchtlingsrat NRW e.v. 6