[Erste Intention: eine Intention, die nicht für eine Intention steht]

Ähnliche Dokumente
Wilhelm von Ockham. Lieferung 15 (1288/ ) [Das Ersterkannte ist das Einzelne, nicht das Allgemeine]

Kategoriale Ontologie. Dinge Eigenschaften Sachverhalte Ereignisse

Descartes, Dritte Meditation

Mathem.Grundlagen der Computerlinguistik I, WS 2004/05, H. Leiß 1

Ontologie. Grundbegriffe der allgemeinen Ontologie: Grundfrage: Was gibt es?

Was ist ein Gedanke?

Ein Satz wird auch dunkel werden wo solch ein Begriff einfliest; Klar: Ist Erkenntnis wenn man die dargestellte Sache wieder erkennen kann.

Folien zur Vorlesung Perspektivität und Objektivität von Prof. Martin Seel. Sitzung vom 1. November 2004

DIALOGE ÜBER NATÜRLICHE RELIGION

Erläuterung zum Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch

Das Seiende und das Wesen

Anselm von Canterbury

7 Gültigkeit und logische Form von Argumenten

Aristoteles, Metaphysik Die Entfaltung der Substanzmetaphysik (Buch 7/Z, Kapitel 2 4; Woche 7: ) Kategorien

Einführung in die Logik

Vorkurs Mathematik 2016

1. Wir gehen aus vom Anfang des Prologes des Johannes-Evangeliums:

Thomas von Aquin. Sprechen über Gott. 28. Kapitel ÜBER DIE VOLLKOMMENHEIT GOTTES. Lieferung 20

Linguistik-Server Essen

Frege löst diese Probleme, indem er zusätzlich zum Bezug (Bedeutung) sprachlicher Ausdrücke den Sinn einführt.

Erkenntnistheorie I. Der klassische Wissensbegriff: Wissen ist wahre, gerechtfertigte Überzeugung

Prüfungsprogramm aus Philosophie für externe Kandidatinnen und Kandidaten

Rudolf Steiner ERWIDERUNG AUF DEN ARTIKEL: MEINE «EINGEBILDETE» REVOLUTION, VON ARNO HOLZ

Immanuel Kant. *22. April 1724 in Königsberg +12. Februar 1804 in Königsberg

Identität in der Zeit II von der Substanzontologie zur Prozeßontologie

Tafelbild 1: Schüler äußern sich zu dem Sachverhalt ohne Beachtung der sokratischen Methode

HM I Tutorium 1. Lucas Kunz. 27. Oktober 2016

Über Wittgensteins Logikbegriff in der Logischphilosophischen

Erinnerung 1. Erinnerung 2

Sprachprüfung (24 Punkte)

Joachim Stiller. Platon: Menon. Eine Besprechung des Menon. Alle Rechte vorbehalten

Paradoxien der falschen Meinung in Platons "Theätet"

Oft gebraucht man einfach nur das Wort Mannigfaltigkeit, und meint eine topologische Banachmannigfaltigkeit. Das kommt auf den Kontext an.

t h e o l o g i a germanica

Donnerstag, 11. Dezember 03 Satz 2.2 Der Name Unterraum ist gerechtfertigt, denn jeder Unterraum U von V ist bzgl.

Aristoteles: Metaphysik Buch Zeta (Buch VII)

1 Darstellung von Modalverben in einschlägigen Grammatiken am Beispiel von Eisenberg (1989) und Engel (1988)

Formale Logik. 1. Sitzung. Allgemeines vorab. Allgemeines vorab. Terminplan

EDITH SCHMID UND EMIL KRAUCH FREGE II SINN UND BEDEUTUNG

Die Anfänge der Logik

Platon: Der Staat - Fünf Essays zu ausgewählten Fragestellungen

Wer ist der Schöpfer? من هو اخلالق

Die Eigenschaften Gottes

Versuch einer Annäherung an den Begriff der Monade und an die Beziehung zwischen Seele und Körper in der Monadologie von Leibniz

GLAUBHAFT MENSCHENMÖGLICH:. - "WAS WIR GLAUBEN" IST IN DER REGEL "DIE SUMME ALL DESSEN, WAS WIR UNS VORSTELLEN KÖNNEN". -

Der metaethische Relativismus

Logik und modelltheoretische Semantik. Was ist Bedeutung?

Das Problem des Übels (besser: Das Problem des Leides)

Die Frage nach der Existenz Gottes

Meister Eckhart. Vom Trost Gottes. Mit einer Einführung von Leonardo Boff

IST DAS WORT THEOSOPHIE NICHT IRREFÜHREND?

Orientierungsfragen und -aufgaben für die Klausur zur Vorlesung über die Bedeutung der Wahrheit nach Thomas von Aquin.

Prof. Dr. Alfred Toth. Das Bildnis des Dorian Gray

Hauptseminar Aristoteles Auseinandersetzung mit Platons Ideenlehre WS 2009/10 (freitags )

sich die Schuhe zubinden können den Weg zum Bahnhof kennen die Quadratwurzel aus 169 kennen

Aristoteles, Metaphysik Die Entfaltung der Substanzmetaphysik (Buch 7/Z, Kapitel 4 9; Woche 8: )

Wenn alle Bären pelzig sind und Ned ein Bär ist, dann ist Ned pelzig.

Seele und Emotion bei Descartes und Aristoteles

Logik, Sprache, Philosophie

Was ich lese, zeigt, was ich bin

2. Kapitel 13: Ist das Allgemeine oder ist die Gattung Wesenheit?

Referat Über Sinn und Bedeutung von Gottlob Frege

Was kann PL? Klassische Analyse Prädikat Qualitätsanzeiger (am Prädikat) Der Weihnachtsmann existiert nicht.

Platons Symposion. Die Rede des Sokrates: Bericht einer Rede der Diotima über das wahre Wesen des Eros. Hilfsfragen zur Lektüre von: Sechste Lieferung

"DER ERLÖSER IN DIR": Aus: ad.php?t=5342

Dr. Jörg Noller. Was ist Geist? WiSe 2017/18 Mittwochs, Uhr Raum W 401

Wie kommen Wahrheit und Falschheit in der vernünftigen Rede zustande?

Aristoteles Definition der Seele in "De Anima II", 1-5

Lösungen 1 zum Mathematik-Brückenkurs für alle, die sich für Mathematik interessieren

Arthur Schopenhauer. Die Kunst, recht zu behalten. In achtunddreißig Kunstgriffen dargestellt ANACONDA

1 Loesungen zu Analysis 1/ 1.Uebung

Glücklich. Heute, morgen und für immer

Was es heißt, (selbst-)bewusst zu leben. Theorien personaler Identität

Zwischen Faszination und Erschrecken 2. Mose 3. Bibelabende in Styrum 2017

Sicherer, nicht sinnvoll bezweifelbarer Ausgangspunkt des Denkens: Ich existiere.

Analytische Erkenntnistheorie & Experimentelle Philosophie

Inhaltsverzeichnis. Vorwort 11

Paradoxien der Replikation

Aristoteles über die Arten der Freundschaft.

Protokoll: 1. Ergänzungen zu Leibniz Begriff der Rationalität Ausgehend von dem, was in der letzten Sitzung über die doppelte Bedeutung des Begriffs R

AUTORSCHAFT. Einführung in die Literaturtheorie silkehorstkotte.wordpress.com

Logik auf Abwegen: Gödels Gottesbeweis

Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik: Beweismethoden Für Donnerstag den x > 1 3x > 3 3x + 3 > 6 6x + 3 > 3x + 6.

Thesenblatt: -Ontologie- ARISTOTELES: Kategorienlehre

LÖSUNGEN ZU AUFGABE (41)

3.4 Die Beziehung zwischen Mann und Frau

Einführung in die Philosophie

Die Eigenschaften Gottes

Wortarten Merkblatt. Veränderbare Wortarten Unveränderbare Wortarten

Thomas von Aquin. In diesem Leben kann ein Mensch nicht restlos glücklich sein. Summe gegen die Heiden [Summa contra gentiles], Buch III, Kapitel 48

Thomas von Aquin: Kein vollendetes Glück in diesem Leben. Summe gegen die Heiden [Summa contra gentiles], Buch III

Einführung in die moderne Logik

ARISTOTELES ARISTOTELES. Metaphysik. PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN in sechs Bänden FELIX MEINER VERLAG HAMBURG FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Orientierungsfragen und -aufgaben für die Klausur zur Vorlesung über Theologische Fragen an die Hirnforschung. Erste Lieferung

DIE NEUE WISSENSCHAFT des REICHWERDENS LESEPROBE DIE NEUE WISSENSCHAFT. des REICHWERDENS

b. Lehre des vernünftigen Schlussfolgerns (1. System von Regeln von Aristoteles ( v. Chr.); sprachliche Argumente

Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik: Beweismethoden Für Mittwoch den

... geht es nicht auch ohne Trauschein?

Aussagenlogik-Boolesche Algebra

7 Vektorräume und Körperweiterungen

Transkript:

Aus der summa logicae des William von Ockham (ca. 1286 - ca. 1350) Übersetzung: Ruedi Imbach, nach Wilhelm von Ockham, Texte zur Theorie der Erkenntnis und der Wissenschaft, lat./dt., hg., übersetzt und kommentiert von Ruedi Imbach, Stuttgart (Reclam 8239), 1984. SL I,12: Erste und zweite Intention [Intentionen sind allgemein mentale Termini mit Zeichencharakter] [...] (2) Man muß zuerst wissen, daß ein Etwas in der Seele, das fähig ist, etwas anderes zu bedeuten, eine Intention der Seele genannt wird. Wie früher gesagt worden ist, sind die Laute auf dieselbe Weise, wie die Schrift zweitrangiges Zeichen im Verhältnis zu den Lauten ist [...], zweitrangige Zeichen dafür, wofür die Intentionen der Seele erstrangige Zeichen sind. In diesem Sinne sagt ARISTOTELES, die Laute seien Kennzeichen der Eindrücke in der Seele. Dieses in der Seele Existierende, welches ein Zeichen des Dinges ist und woraus ein mentaler Satz zusammengesetzt wird in der Weise, wie der gesprochene Satz aus Lauten zusammengesetzt wird, nennt man manchmal Intention der Seele, manchmal Begriff der Seele, manchmal Eindruck der Seele, manchmal Ähnlichkeit des Dinges [... ]. Wann immer jemand eine gesprochene Aussage ausspricht, hat er vorher in seinem Inneren eine mentale Aussage gebildet, die zu keinem Idiom gehört; das ist so sehr wahr, daß viele oft in ihrem Innern Aussagen bilden, die sie wegen der Mangelhaftigkeit des Idioms nicht ausdrücken können. Die Bestandteile solcher mentalen Aussagen werden Begriffe, Intentionen, Ähnlichkeiten oder Erkannte genannt. [Einzelne Erkenntnisakte können als mentale Termini mit Zeichencharakter fungieren; das Ökonomieprinzip spricht daher gegen die Annahme von objektiven "Inhalten" dieser Erkenntnisakte] (3) Aber was ist dieses Etwas in der Seele, welches ein derartiges Zeichen ist? (4) Es ist zu sagen, daß es diesbezüglich verschiedene Meinungen gibt: Einige sagen, es sei nichts anderes als etwas von der Seele Eingebildetes; andere behaupten, es sei eine gewisse vom Erkenntnisakt verschiedene Qualität, welche subjektiv [= objektiv!] in der Seele existiere; andere sagen, es sei der Erkenntnisakt selbst. (5) Zugunsten der letzten Ansicht spricht folgender Grund: überflüssigerweise wird etwas durch mehrere gemacht, was durch wenigere gemacht werden kann. Alles, was man erklären kann, wenn man etwas vom Erkenntnisakt Verschiedenes annimmt, kann man ebenso gut auch ohne dieses Verschiedene erklären, denn >für ein anderes stehen< und >etwas bedeuten<, kann dem Erkenntnisakt ebenso zukommen wie einem anderen Zeichen. Es ist also nicht erforderlich, etwas neben dem Erkenntnisakt anzunehmen. (6) Diese Meinungen werden später geprüft werden. Im Augenblick genügt es zu wissen, daß die Intention etwas in der Seele ist, das ein Zeichen ist, welches von Natur aus etwas, wofür es supponieren kann, bedeuten kann, oder daß es Teil eines mentalen Satzes sein kann. [Erste Intention: eine Intention, die nicht für eine Intention steht]

(7) Ein solches Zeichen ist zweifacher Art: Das eine ist Zeichen eines Dinges, das selbst kein Zeichen ist [...]. Ein solches Zeichen nennt man eine erste Intention. Von dieser Art ist jene Intention der Seele, welche von allen Menschen ausgesagt werden kann; und auf ähnliche Weise die von aller Weiße und Schwärze aussagbare Intention und ebenso bei anderen Fällen. [...] [Zweite Intention: Eine Intention für eine Intention] (11) Eine zweite Intention ist Zeichen solcher ersten Intentionen. Von dieser Art sind die Begriffe >Gattung<, >Art< und Derartiges. So [...] wenn man sagt: >Stein ist eine Gattung<, >Tier ist eine Gattung<, >Farbe ist eine Gattung< und ebenso in anderen Fällen wird von Intentionen eine Intention ausgesagt in der Weise, wie in den Aussagen >Mensch ist ein Name<, >Esel ist ein Name<, >Weiße ist ein Name< von verschiedenen Namen ein Name ausgesagt wird. [...] SL I, 14: In welchem Sinne "Universalien" allgemein und in welchem Sinne sie Einzelnes sind (3) Man muß zuerst wissen, daß >Einzelnes<, zweifach aufgefaßt wird. Auf eine erste Weise bedeutet der Name >EinzeInes< all das, was eines ist und nicht vieles. Und auf diese Weise fassen es jene auf, welche annehmen, das Universale sei eine Qualität der Seele, welche von mehreren ausgesagt werden könne - nicht für sich selbst, sondern für diese vielen -, und pflegen zu sagen, jedes Universale sei wahrhaft und wirklich ein Einzelnes, denn so wie jeder Laut [...], wahrhaft und wirklich einzeln und der Zahl nach einer ist, weil er einer ist und nicht viele, genau so ist eine Intention der Seele, welche mehrere äußere Dinge bedeutet, wahrhaft und wirklich einzeln und der Zahl nach eine, weil sie ein Ding ist und nicht mehrere, obschon sie mehrere Dinge bedeutet. (4) Anders wird >Einzelnes< aufgefaßt und meint das, was eines ist und nicht vieles und nicht Zeichen mehrerer sein kann. Wenn man >Einzelnes< so auffaßt, dann ist kein Universale ein Einzelnes, denn jedes Universale kann Zeichen mehrerer sein und kann von mehreren ausgesagt werden. [...] (5) Man muß also sagen, daß jedes Universale ein Einzelding ist; es nur aufgrund der Bedeutung, das heißt, weil es Zeichen mehrerer ist, ein Universale. SL I,15: Das Universale ist kein extramentales Ding (1) Weil es nicht genügt, diese Dinge zu erzählen, wenn sie nicht durch offensichtliche Gründe aufgewiesen werden, deshalb führe ich zum Gesagten einige Gründe an und bestätige das Gesagte durch einige Zitate. (2) Es kann mit Evidenz aufgewiesen werden, daß kein Universale eine extramentale Substanz ist. [Es folgen viele Argumente; hier zwei als Eindruck:] (4) Ferner: Wenn ein Universale eine Substanz wäre, welche in vielen Einzelsubstanzen existierte und dennoch davon verschieden wäre, dann folgte, daß es ohne diese existieren könnte, weil jedes Ding, das natürlicherweise früher ist als ein anderes, durch die göttliche Allmacht ohne dieses andere existieren kann. Diese Folgerung aber ist absurd. [...]

(7) Ferner: Es ergäbe sich, daß etwas vom Wesen Christi elend und verdammt wäre, denn die gemeinsame Natur, die wirklich in Christus und dem Verdammten existierte, wäre verdammt, weil Judas daran teilhätte. Das ist aber absurd. [...] SL I,33: The Meaning of Meaning ["Bedeuten" ist doppeldeutig] (1) >Bedeuten< wird von den Logikern in vielfacher Weise aufgefaßt. [1. Variante: "Weiß" steht für etwas Weißes] (2) Denn auf eine Weise sagt man, das Zeichen bedeute etwas, wenn es für etwas supponiert oder für etwas supponieren kann, so nämlich, daß von dem auf dieses hinweisenden Pronomen [= Namen] mittels dieses Verbs >ist< jener Name ausgesagt wird. Und in diesem Sinne bedeutet >weiß< Sokrates. Diese Aussage nämlich >Dieser ist weiß<, ist wahr, wenn ich auf Sokrates zeige. In diesem Sinne bedeutet >vemünftig< den Menschen. Diese Aussage nämlich >Dieser ist vernünftig< ist wahr, wenn ich auf einen Menschen zeige. Und so verhält es sich mit vielen anderen konkreten Ausdrücken. [2. Variante: "Weiß" ist Zeichen für die Weiße] (5) Anders wird >bedeuten< aufgefaßt, wenn man sagt, das werde bedeutet, wozu der Laut eingesetzt wurde, oder das, was auf die erste Weise durch den ursprünglichen Begriff oder den ursprünglichen Laut bedeutet wird. Und in diesem Sinne sagen wir, >weiß< bedeute die Weiße [...]. [Es gibt Dinge und "Akzidentien" (ja, die auch!)] (6) [...] es gibt keine anderen Dinge als Substanzen und Akzidenzien; aber sowohl Substanz als auch Akzidens sind Seiende an sich. [...] SL I, 63: Allgemeines zur Suppositionslehre (und Kritik an früheren Fassungen) [Grobe Charakterisierung] (5) Supposition bedeutet gewissermaßen >Für-ein-anderes-Stehen< [...] [In "Sokrates ist weiß" supponiert "Sokrates" für Sokrates - und "weiß" auch!] (6) Und auf diese Weise supponiert allgemein ein Terminus für das, von dem [...] durch die Aussage ausgedruckt wird, daß das Prädikat von ihm ausgesagt wird, wenn der supponierende Terrninus Subjekt ist; wenn der supponierende Terminus Prädikat ist, wird ausgedrückt, daß das Subjekt ihm [...] untergeordnet wird, wenn eine Aussage gebildet wird. In diesem Sinne wird durch die Aussage >Der Mensch ist ein Lebewesen< ausgedrückt, daß Sokrates wahrhaft ein Lebewesen ist, so daß diese Aussage >Dies ist ein Lebewesen<, wahr ist, wenn man sie bildet, indem man auf Sokrates zeigt. [...] Und verhältnisgleich muß man bezüglich des Prädikates sprechen, denn durch diesen Satz >Sokrates ist weiß<, wird ausgedrückt, daß Sokrates jenes Ding ist, welches Weiße hat; und daher supponiert das

Prädikat für jenes Ding, das Weiße hat. Wenn kein anderes Ding außer Sokrates Weiße besäße, dann würde das Prädikat einzig für Sokrates stehen. [...] ["weiß" in "Sokrates ist weiß" suponiert also nicht für eine Form; denn sonst müßte die Form von sich selbst prädiziert werden] (8) Daraus folgt, daß, was einige Unwissende sagen, falsch ist, nämlich daß das Konkrete auf seiten des Prädikats für die Form supponiere - z. B. daß in der Aussage >Sokrates ist weiß, >weiß< für die Weiße supponiert -, denn die Aussage >Die Weiße ist weiß< ist absolut falsch, wie auch immer die Termini supponieren mögen. [...] SL I,64: Die Arten der Supposition 1. Die suppositio personalis (1) Man muß wissen, daß die Supposition zuerst in personale, einfache und materiale eingeteilt wird. (2) Personale Supposition liegt vor, ganz allgemein, wenn der Terminus für sein Bedeutetes steht, ungeachtet dessen, ob dies nun [1] ein extramentales Ding, [2] ein Laut, [3] eine Intention der Seele, [4] ein Schriftzeichen oder irgend etwas anderes Vorstellbares sei. Also: Immer, wenn ein Subjekt oder ein Prädikat eines Satzes für sein Bedeutetes supponiert - bei signifikativem Gebrauch -, handelt es sich um eine personale Supposition. [Fall 1: In "Jeder Mensch ist ein Lebewesen" steht "Mensch" für Menschen] (3) Beispiel des ersten Falles: Wenn ich sage >Jeder Mensch ist ein Lebewesen<, dann supponiert Mensch, für das, was der Terminus bedeutet, weil >Mensch< nur zur Bedeutung von diesen Menschen eingesetzt worden ist; er bedeutet nämlich nichts ihnen Gemeinsames, sondern diese einzelnen Menschen selbst [...] [Fall 2: In "Jeder gesprochene Name ist ein Redeteil" steht "Name" für Namen im Sinne von Lauten] (4) Beispiel des zweiten Falles: Wenn ich sage >Jeder gesprochene Name ist ein Redeteil< dann supponiert >Name<, allein für Laute; denn der Ausdruck Name, wurde zur Bedeutung von Lauten eingesetzt, also supponiert er in dieser Aussage personal. [Fall 3: In "Jede Intention der Seele ist in der Seele" steht "Intention" für Intentionen und "Seele" für die Seele] (5) Beispiel für den dritten Fall: Wenn ich sage [...] >Jede Intention der Seele ist in der Seele< dann supponiert jedes dieser Subjekte personal, weil es [für das] supponiert, zu dessen Bedeutung es eingesetzt worden ist. [...] 2. Die suppositio simplex [In " 'Mensch' ist eine Art" steht die Buchstabenkette " 'Mensch' " für die Intention *Mensch*] (8) Eine einfache Supposition liegt vor, wenn der Terminus für eine Intention der Seele supponiert, aber nicht signifikativ verwendet wird [d.h. offenbar nicht so wie in " Jede

Intention der Seele ist in der Seele"], z. B. wenn ich sage >Mensch ist eine Art<, dann supponiert dieser Terminus >Mensch< für eine Intention der Seele, weil jene Intention eine Art [d.h. ein Artbegriff] ist; und trotzdem bedeutet der Terminus >Mensch< nicht im eigentlichen Sinne jene Intention, sondern [eben Menschen;] jener Laut und jene Intention sind nur einander untergeordnete Zeichen, die dasselbe bedeuten, nach der Weise, die anderswo erklärt worden ist. [...] 3. Die suppositio materialis [In " 'Mensch' ist ein Name steht "Mensch" für sich selbst, d.h. für das materiale Zeichen (z.b. die Buchstabenfolge) "Mensch" (10) Materiale Supposition liegt vor, wenn der Terminus [...] für den Laut oder das Schriftzeichen steht. Auf diese Weise ist klar, daß im Satz >"Mensch" ist ein Name<, >Mensch<, für sich selbst supponiert und dennoch nicht sich selbst bedeutet. [sondern?...]. Klarstellungen SL I,5: [Keine Selbstprädikation: Gerechtigkeit ist eine Tugend, aber nicht gerecht] [...] >gerecht< supponiert in der Tat für einen Menschen, wenn man sagt >Der Gerechte ist tugendhaft<; >gerecht< kann aber nicht für die Gerechtigkeit supponieren, da die Gerechtigkeit, obschon sie eine Tugend ist, nicht tugendhaft ist. Der Name >Gerechtigkeit< steht für eine Qualität und nicht für den Menschen. Und deshalb geschieht es, daß das Ausgesagtwerden eines solchen konkreten Namens [z.b. >gerecht<] von einem abstrakten [z.b. >Gerechtigkeit<] unmöglich ist, da ein solcher konkreter Name und der abstrakte immer für verschiedene Dinge supponieren. [Abstrakte Namen können für Akzidentien stehen - m.a.w.: Akzidentien gibt's!] (4) Es gibt nun drei Unterarten oder Unterschiede [abstrakter] Namen. Der erste tritt ein, wenn der abstrakte Name für ein Akzidens oder irgendeine einem Subjekt wirklich inhärierende Form supponiert und der konkrete Name für das Subjekt desselben Akzidens oder derselben Form supponiert oder umgekehrt. Der erste Fall tritt bei den Beispielen >Weiße - weiß<, >Wärme - warm<, >wissend - Wissenschaft< ein [...] [Konkrete Namen können unter Verwendung abstrakter Namen definiert werden] (3) [...] Denn >das Weiße< besitzt eine Definition, die ausdrückt, was der Name bedeutet, bei welcher ein Ausdruck im Nominativ und der andere in einem anderen Fall steht. Wenn du daher fragst, was der Name >das Weiße<, bedeute, wirst du antworten, dasselbe wie diese ganze Rede >etwas durch Weiße Bestimmtes< oder >etwas, das Weiße besitzt<. [...] SL II,2: [Obwohl "weiß" und "Sokrates" in "Sokrates ist weiß" für dasselbe supponieren, ist (in einem gewissen Sinne von "ist") "weiß" nicht dasselbe wie "Sokrates"]

(2) Diesbezüglich muß man sagen: Damit eine solche singuläre Aussage, die nicht mit vielen Aussagen gleichwertig ist, wahr ist, wird nicht gefordert, daß deren Subjekt und Prädikat wirklich identisch seien; auch nicht, daß das Prädikat von der Sache her dem Subjekt innewohne oder wirklich inhäriere. Auch nicht, daß das Prädikat mit dem Subjekt im Bereich der außerseelischen Dinge vereinigt werde - für die Wahrheit dieser Aussage >Dieser ist ein Engel<, wird beispielsweise nicht gefordert, daß der Allgemeinbegriff >Engel<, wirklich mit dem, was auf der Subjektseite gesetzt wird, identisch sei; auch nicht, daß er diesem innewohne oder etwas Derartiges -, sondern es genügt dazu und wird gefordert, daß das Subjekt und das Prädikat für dasselbe supponieren. Und deswegen ist der Satz >Dies ist ein Engel< wahr, wenn Subjekt und Prädikat für dasselbe supponieren. Und deswegen wird damit nicht ausgedrückt, der Betreffende habe die Engelheit oder die Engelheit sei in ihm oder etwas Derartiges, sondern es wird ausgedruckt, daß dieser wahrhaft ein Engel sei; und es wird auch nicht ausgedruckt, daß er das Prädikat sei, sondern daß er das sei, wofür das Prädikat supponiert. [...] [Nieder mit dem platonisch-aristotelischen Jargon!] (4) Daraus erhellt, daß bei genauem Sprachgebrauch alle Aussagen von der Art >Mensch gehört zur Washeit des Sokrates<, >Mensch gehört zum Wesen des Sokrates<, >Die Menschheit ist in Sokrates<, >Sokrates besitzt die Menschheit<, >Sokrates ist durch die Menschheit Mensch<, und viele solche Aussagen, die von fast allen zugestanden werden, falsch sind. [...]