RL über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandeln gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen

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E R S T E Ü B E R L E G U N G E N. betreffend die Möglichkeit von Schadensersatzklagen bei kartellrechtlichen Verstößen

Transkript:

Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Abteilung C1/4 Wettbewerbspolitik und -recht Stubenring 1 1011 Wien Bundesministerium für Justiz Museumstraße 7 1070 Wien per E-Mail: erika.ummenberger-zierler@bmwfj.gv.at dietmar.dokalik@bmj.gv.at Wien, am 13. September 2013 21/ 08/65 RL über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandeln gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen Referent: Dr. Raoul Hoffer, Rechtsanwalt in Wien Sehr geehrte Damen und Herren! Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) ist die gesetzlich eingerichtete Vertretung der Rechtsanwälte in Österreich und als solche zur Wahrung der Rechte und Angelegenheiten sowie zur Vertretung der österreichischen Rechtsanwälte auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene berufen. Als solcher obliegen ihm besonders die Erstattung von Gesetzesvorschlägen und Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen sowie die Anzeige von Mängeln der Rechtspflege und Verwaltung bei der zuständigen Stelle und die Erstattung von Vorschlägen zur Verbesserung von Rechtspflege und Verwaltung. Der ÖRAK erlaubt sich, zum Vorschlag für eine RL über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandeln gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen wie folgt Stellung zu nehmen:

Vorbemerkungen Generell ist festzuhalten, dass die Regelungsinitiative durch den vorliegenden Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission grundsätzlich zu begrüßen ist. Die Thematik Schadenersatzklagen aufgrund von Kartellrechtsverstößen ist auch in Österreich von immer größerer Bedeutung. Es fehlt jedoch an Rechtssicherheit. Dies war mitunter ein Grund weshalb durch das Kartell- und Wettbewerbsrechts- Änderungsgesetz 2012 (in Kraft seit 1. März 2013) 37a in das Kartellgesetz 2005 eingefügt wurde. Hierdurch wurden zivilrechtliche Rahmenbedingungen in gewissen Bereichen geschaffen, die Schadenersatzklagen von Kartellgeschädigten erleichtern sollen. Die Regelungsinitiative der Europäischen Kommission ist auch insofern von Bedeutung, als aufgrund des europarechtlichen Effektivitätsgrundsatzes ohnedies bereits die Notwendigkeit besteht, Schadenersatzklagen aufgrund von Kartellrechtsverstößen gegen europäisches Kartellrecht in Österreich zu ermöglichen. Das bestehende zivilprozessuale und zivilrechtliche Instrumentarium bietet hier zwar Interpretationsspielraum, der allerdings erst durch die Rechtsprechung entsprechend ausgeschöpft werden muss. Eine gesetzliche Regelung wäre gerade auch aufgrund des mit Schadenersatzklagen oft verbundenen erheblichen Kostenrisikos wünschenswert. Hinzu kommt, dass auch aus rechtspolitischer Sicht in einem derart wichtigen Bereich nach Möglichkeit auf gesetzlicher Grundlage weitestgehend Rechtssicherheit hergestellt werden sollte. Im Übrigen möchte der ÖRAK jedoch darauf hinweisen, dass die interne Diskussion noch nicht abgeschlossen ist und sich der ÖRAK weitere Stellungnahmen vorbehält. Artikel 1 Vorläufig kein Kommentar zum Geltungsbereich. Artikel 2 Artikel 2 konkretisiert das Recht auf vollständigen Schadenersatz, wie es bereits durch die Rechtsprechung des EuGH zb in Sachen Courage und Crehan 1 oder Manfredi 2 festgelegt wurde. Die Regelung ist insofern zu begrüßen. Für das österreichische Recht ergibt sich mit Verweis auf 37a KartG keine Änderung. 37a KartG erfasst bereits die im Artikel 2 des Richtlinienvorschlages enthaltenen Regelungen. Einzig Artikel 2 Abs 3 könnte hier ein Novum darstellen. Namentlich handelt es sich jedoch hierbei um die Umsetzung des Effektivitätsgrundsatzes, der nach EU-Recht ohnedies schon besteht. Inwiefern sich daraus Änderungsbedarf in Bezug auf das österreichische Zivil- und Zivilprozessrecht ergibt, wäre noch im Detail zu prüfen. Der Schadensersatzanspruch umfasst nach Artikel 2 Abs 2 sowohl Vermögensschäden als auch den entgangenen Gewinn. Dies stellt in Bezug auf das österreichische Schadenersatzrecht zunächst keine Neuheit dar. Die Geltendmachung des entgangenen Gewinns würde jedoch in der Praxis schwer durchzusetzen sein. Ein solcher Anspruch hat zur Folge, dass nicht nur der vom Abnehmer zu viel bezahlte Preis für die Ware oder Dienstleistung einklagbar ist, sondern zb auch ein aufgrund der überhöhten Preise erfolgter Nachfragerückgang 1 EuGH 20.9.2001, Rs C-453/99, Slg 2001, I-06297. 2 EuGH 13.7.2006, Rs C-295/04 ua, Slg 2006, I-06619. 2

und in weiterer Folge erlittene Umsatzeinbußen zu beachten wären. Die Eruierung von Ursachen für die Entwicklung von Umsatzrückgängen erfordert umfangreiche ökonomische Überlegungen. Auch hier werden Geschädigte auf erhebliche Beweisschwierigkeiten stoßen. Sollte diese Bestimmung daher aufrechterhalten werden, müssten wohl entsprechende Beweiserleichterungen auf zivilprozessualer Ebene geschaffen werden. Artikel 3 Wie bereits bei Artikel 2 handelt es sich auch hierbei um eine Konkretisierung der nach EuGH-Rechtsprechung bereits bestehenden Grundsätze (Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatz). Artikel 4 Vorläufig kein Kommentar zu den Begriffsbestimmungen. Artikel 5 Artikel 5 ist insofern ein Novum für das österreichische Recht, als dieses eine Offenlegung von Beweismittel selbst dann vorsieht, wenn es sich nicht um gemeinsame Urkunden der Parteien handelt. Insofern nähert sich Artikel 5 der US- Amerikanischen Discovery Regelung an. Darin sind einige Einschränkungen zur Offenlegungsverpflichtung vorgesehen. Das in Artikel 5 Abs 3 verankerte Verhältnismäßigkeitsprinzip soll einen Ausgleich zwischen den Interessen der Parteien und betroffener Dritter sichern. Zudem soll Artikel 5 Abs 4 und Abs 5 die Mitgliedstaaten verpflichten, einen wirksamen Schutz vor missbräuchlicher Verwendung der erlangten Beweismittel zu gewährleisten und gesetzlichen Privilegien volle Wirkung zu verleihen. Im Hinblick auf rechtstaatliche Grundsätze soll auch die Wahrung des rechtlichen Gehörs gesichert werden (Artikel 5 Abs 6). Schadenersatzklagen werden gerade in Kartellrechtsverfahren ohne die Offenlegung von Beweismitteln durch Kartellanten und mutmaßliche Schädiger kaum möglich sein. Der ÖRAK sieht jedoch eine Annäherung an das amerikanische US-Discovery- Verfahren weiterhin sehr kritisch und als grundsätzlich unvereinbar mit dem österreichischen Zivilprozessrecht. Weiters ist aus Sicht des ÖRAK anzumerken, dass die Verhältnismäßigkeitsregelung noch einer Konkretisierung bedarf. Artikel 6 Wesentliche Bedenken bestehen hinsichtlich einer weiten Verpflichtung zur Offenlegung von Akteninhalten, die sich bei Wettbewerbsbehörden befinden. Die Kronzeugenregelung dient als wesentliches Instrumentarium zur Aufdeckung von Kartellen. Eine Offenlegung der Akten, die sich bei Wettbewerbsbehörden befinden, würde die Gefahr mit sich bringen, dass Kronzeugenanträge in Zukunft seltener gestellt würden. Artikel 6 sieht vor, dass Kronzeugenunternehmenserklärungen und Vergleichsausführungen (die die wesentlichsten neugeschaffenen Unterlagen in Zusammenhang mit einem Kronzeugenantrag sind) von der Einsichtnahme 3

ausgenommen werden sollen. Eine Offenlegung gewisser Unterlagen, die in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren erforderlich sind, soll erst nach Beendigung dieses Verfahrens ermöglicht werden. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, sind ebenfalls noch Gegenstand einer standesinternen, vertiefenden Diskussion. Artikel 7 Artikel 7 enthält eine zusätzliche Absicherung der Beschränkung nach Artikel 6 für Sondersituationen und ist daher grundsätzlich positiv zu bewerten. Artikel 8 Die Regelung in Artikel 8 bezüglich der Vernichtung von relevanten Beweismitteln geht relativ weit. Hierzu ist anzumerken, dass sogar derzeit nach österreichischem Kartellrecht im Falle der Vernichtung von Beweismitteln, die in einem Kartellverfahren relevant sein könnten, keine gesonderte Sanktion vorgesehen ist. Jetzt kann dieser Umstand allenfalls im Zusammenhang mit der Geldbußenbemessung ein Erschwerungsgrund sein. Hier nun Sanktionen für den Fall vorzusehen, dass eine Partei Beweismittel vernichtet, die für eine spätere Schadenersatzklage relevant sein könnten, ist daher in dieser Form wohl zu weitgehend. Damit müssten Unternehmen auch zunächst intern aufarbeiten, welche Unterlagen als Beweismittel gegen sie selber (aus der Sicht verschiedener möglicher Kläger) in Betracht kämen. Das ist schwer argumentierbar. Man könnte die in diesem Artikel vorgesehene Sanktionsmöglichkeit allenfalls auf jene Situationen einschränken, in denen bereits ein Anspruch (wenn auch außergerichtlich) gegen das betreffende Unternehmen erhoben wurde und dieses daher mit einem gerichtlichen Auftrag auf Herausgabe der Beweismittel zu rechnen hat. Artikel 9 Diese Regelung sieht eine Bindungswirkung einzelstaatlicher Gerichte bezüglich etwaiger Feststellungsentscheidungen anderer einzelstaatlicher Wettbewerbsbehörden vor. Diese Verpflichtung besteht bereits nach der VO Nr. 1/2003 bezüglich Entscheidungen der Europäischen Kommission. In 37a Abs 3 KartG ist derzeit eine Bindung von Zivilgerichten an rechtskräftige Entscheidungen (unter anderem) einer Wettbewerbsbehörde im Sinne der VO (EG) Nr. 1/2003 bezüglich der von dieser getroffenen Feststellungen im gewissen Ausmaß vorgesehen. Insofern wäre es empfehlenswert auch Artikel 9 dahingehend zu präzisieren, dass diese Bindungswirkung nur bezüglich Wettbewerbsbehörden is der VO Nr. 1/2003 entsprechend gilt. Dies würde den rechtlichen Rahmen einer solchen Bindungswirkung entsprechend besser determinieren. Artikel 10 Diese Bestimmung entspricht ebenfalls bereits zum Großteil allgemeinem österreichischem Zivilrecht, wonach der Beginn der Verjährungsfrist für 4

Schadenersatzklagen die Kenntnis von Schaden und Schädiger voraussetzt. Allerdings ist die Verjährungsfrist nach österreichischem Recht nicht fünf Jahre sondern im Regelfall drei Jahre. Hier müsste daher eine Änderung erfolgen. Diese Verjährungsfrist ist jedoch mit der fünfjährigen Verjährungsfrist für die Anfechtung von Geldbußen gem. VO Nr. 1/2003 und dem KartG konsistent. Die Hemmung der Verjährung ist derzeit im 37a Abs 4 KartG für die Dauer von sechs Monaten nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens vorgesehen. Hier würde es allenfalls geringfügige Adaptierungen bedürfen (is des Artikel 10 Abs 5 zb). Mit freundlichen Grüßen Dr. Rupert Wolff 5