Gestaltungs- und Betriebskonzept

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Transkript:

ZONEN MIT TEMPOBESCHRÄNKUNGEN Gestaltungs- und Betriebskonzept Gesamtbetrachtung und Konzept... 1 Ausgangslage (Ist-Zustand... 1 Ziele... 1 Massnahmen... 2 Das meint der VCS zu Massnahmen... 2 Torsituationen, Kammern, Strassenräume... 3 Torsituation mittels Signalen... 3 Torsituation durch gestalterische Einengung... 3 Torsituation durch Verzahnung mit Umgebung... 3 Baulich-gestalterische Elemente... 4 Horizontaler Versatz, Einengung... 4 Vertikaler Versatz, Aufpflästerung... 5 Beleuchtung... 5 Bepflanzung, gestalterische Aufwertung, Kunst... 5 Das meint der VCS zu baulich-gestalterischen Elementen... 6 Werkhaftung bei baulich-gestalterischen Massnahmen... 6 Horizontaler Versatz, Einengung... 7 Parkplätze, ein- oder wechselseitig... 7 Trottoirnase, vorgezogenes Trottoir... 7 Mehrzweckstreifen seitlich oder in der Mitte... 7 Schutzinsel, Mittelinsel... 8 Belagswechsel... 8 Poller, Pfosten, Geländer, Beleuchtungskandelaber... 8 Bäume, Hecken, Bepflanzung... 9 Vertikaler Versatz, Trottoirüberfahrt, Belagskissen... 9 Trottoirüberfahrt, durchgezogenes Trottoir... 9 Belagskissen viereckig, Berliner Kissen... 9 Belagskissen rund, Rondell mit oder ohne Poller... 9 Belagskissen für Bus- und Lastwagenverkehr... 10 Das meint der VCS zu vertikalen Versätzen... 11 Impressum... 11

Gesamtbetrachtung und Konzept Das Gestaltungs- und Betriebskonzept ist eine Verkehrsstudie. Diese basiert auf einer Gesamtbetrachtung der Verkehrsverhältnisse einer Ortschaft. Sie enthält eine Analyse der Situation (Problemstellung), Zielsetzungen sowie Lösungs- und Verbesserungsvorschläge. Unabhängig davon, ob Zonen mit Tempobeschränkungen flächendeckend oder vorerst nur in einzelnen Ortsteilen eingerichtet werden, muss deren Gestaltung und Betrieb auf das Erschliessungsnetz des ganzen Ortes abgestimmt sein. Das Gestaltungs- und Betriebskonzept ist in einer ersten Entwurfsphase praktisch identisch mit dem so genannten Kurzbericht (Gutachten), welcher der kantonalen Bewilligungsinstanz einzureichen ist. Es gliedert sich demnach in 3 Hauptteile: - Ausgangslage (Ist-Zustand, Situations- und Problemanalyse) - Ziele (Vision, Leitbild) - Massnahmen (Lösungsvorschläge) Ausgangslage (Ist-Zustand) Die Ausgangslage ist wesentlich geprägt durch die Hierarchie des Strassennetzes und die Unterscheidung zwischen Staats- und Gemeindestrassen, Hauptstrassen und Nebenstrassen (Definitionen siehe Glossar). Eine sorgfältige Erhebung des Ist-Zustandes (mindestens entsprechend den Anforderungen des Kurzberichtes) lohnt sich immer. Dadurch wird nicht nur der kantonalen Behörde die Beurteilung des Gesuchs erleichtert. Auch die zu realisierenden Massnahmen können so optimal auf die vorhandenen Bedürfnisse zugeschnitten und damit Kosten gespart werden. Ziele Eine breit abgestützte und fachlich begleitete Diskussion der Ziele in der Öffentlichkeit und namentlich mit den direkt Betroffenen (siehe Arbeitshilfe Massnahmen: 1. Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit) ist ebenso unerlässlich wie die sorgfältige Untersuchung der Ausgangslage. Häufig können dadurch unrealistische Erwartungen oder Forderungen vermieden und Konflikte zwischen gegensätzlichen Interessengruppen aufgelöst werden. Ob z.b. eine Seite 1

Reduktion der Verkehrsmenge nötig oder nur eine Reduktion der Geschwindigkeiten das Hauptziel ist, muss in dieser Phase geklärt werden. Massnahmen Bild 1 Zu den unerlässlichen Massnahmen gehören die Signalisation (Bild 1) und die kontrastreiche Gestaltung der Übergänge (Torsituation) zwischen Zonen mit Tempobeschränkungen und dem übrigen Strassennetz (siehe S. 3ff). Markierungen (siehe auch Glossar) sollen die Wirkung der Signalisation unterstützen und/oder auf versteckte Gefahren hinweisen. Torsituationen und Verstärkungen (Bild 2) von bereits bestehenden Gliederungen des Strassenraums (Kammerung) benötigen in der Regel zusätzliche bauliche oder gestalterische Elemente (siehe S. 4ff) und Massnahmen. Bild 2 Das meint der VCS zu Massnahmen Die Massnahmen sollen sich auf jenes Minimum beschränken, das zur Erreichung der Zielsetzung notwendig erscheint. Unter Umständen zeigt erst die vorgeschriebene Evaluation nach einem Jahr, ob zusätzliche Massnahmen zu treffen oder überflüssige aufzuheben sind. Seite 2

Torsituationen, Kammern, Strassenräume Bild 3 Torsituationen sind dazu da, die Übergänge zwischen dem übrigen Strassennetz - normalerweise übergeordneten, verkehrsorientierten Strassen mit höherem Geschwindigkeitsniveau - und Zonen mit Tempobeschränkungen deutlich (kontrastreich) zu markieren. Nicht nur für Fahrzeuglenkerinnen sondern z.b. auch für Kinder sollen diese Ein- bzw. Ausgänge klar erkennbar sein. Torsituation mittels Signalen Durch das Aufstellen des Zonensignals auf statt neben der Fahrbahn wird diese automatisch eingeengt. Es entsteht eine Torsituation. Um die Wirkung zu ver- stärken, empfiehlt es sich, das Signal auf einen massiven Sockel oder Poller oder aber auf mindestens zwei Beine zu stellen (Bild 3). Torsituation durch gestalterische Einengung Mit baulich-gestalterischen Massnahmen (Bild 4), z.b. durchgezogenem Trot- toir, vorgezogener Trottoirkante, Fahrbahnbegrenzung mittels Pfosten oder Pollern, kann die Torsituation des Signals zusätzlich verstärkt und ausserdem besser in die Umgebung eingebunden werden (siehe S. 4ff). Bild 4 Torsituation durch Verzahnung mit Umgebung Häufig bestimmen die an die Strasse (Fahrbahn + Trottoir) angrenzenden Bauten sowie die Zwischenbereiche (Vorplätze, Gärten, Grundstückszufahrten) und deren Nutzungen (Wohnen, Läden, Restaurants, Landwirtschaft, gewerbliche Tätigkeiten, Aufenthalt und Begegnung) ganz erheblich das Erscheinungsbild des Strassenraums. Durch geschicktes Einbeziehen (Verzahnen) solcher Ele- mente (Bild 5) lässt sich erreichen, dass Torsituationen an den Übergängen, wie auch Gliederungen des Strassenraums (Kammern) innerhalb der Zonen mit Tempobeschränkungen als selbstverständlich akzeptiert werden. Bild 5 Seite 3

Baulich-gestalterische Elemente Das Attribut «baulich-gestalterisch» bezeichnet sämtliche festen Einrichtungen, die nicht in der Signalisationsverordnung (SSV) aufgeführt sind. Die Vielfalt der Möglichkeiten, aber auch die Vielzahl an einschränkenden Bedingungen (finanzielle, rechtliche, politische), rufen nach einer sorgfältigen Planung, die vor allem auch dem Zusammenwirken der verschiedenen neuen und bereits bestehenden Elemente Rechnung trägt. Die baulich-gestalterischen Elemente nehmen im Strassenraum Platz ein und beeinflussen den Fahrkomfort und/oder das Erscheinungsbild der Fahrbahn. Kombinationen insbesondere von horizontalen und vertikalen Versätzen an der richtigen Stelle wirken stärker, fügen sich besonders gut in die örtliche Situation ein und werden dadurch kaum als Schikane empfunden (Bild 6). Bild 6 Bild 7 Horizontaler Versatz, Einengung Horizontale Versätze (Bild 7) machen eine Fahrtrichtungsänderung nötig und zwingen ebenso wie (seitliche oder in der Mitte befindliche) Einengungen der Fahrbahn zum Einhalten einer Höchstgeschwindigkeit, die das sichere Befahren eines solchen Abschnittes erlaubt. Da aber der Platzbedarf (Fahrgeometrie) grosser Nutzfahrzeuge gewisse Mindestbreiten und Mindestradien verlangt, ist der Einfluss auf die Geschwindigkeit der viel wendigeren Personenwagen Seite 4

beschränkt. Die Wirkung horizontaler Versätze ist um einiges stärker, wenn diese über die Randsteinhöhe hinaus in jenen Raum (Lichtraumprofil) hineinragen, wo nicht nur weiche Reifenflanken, sondern auch Karosserieteile mit Hindernissen kollidieren können. Bild 8 Vertikaler Versatz, Aufpflästerung Zu den vertikalen Versätzen gehören alle Elemente, die ein Auf und Ab der Fahrzeuge bewirken. Diese Auf-und-ab-Bewegung, welche alle Arten von Schwellen, Aufpflästerungen und durchgezogenen Trottoirs hervorrufen, be- schränkt die Geschwindigkeit aller Fahrzeuge gleichermassen (Bild 8). Sie sind insbesondere auf schmalen Strassen unverzichtbare bauliche Elemente, wo kein Raum für eine genügende Verschwenkung der Fahrbahn zur Verfügung steht. Aber auch auf Strassen, zu deren ästhetischen Qualitäten Linearität, Symmetrie oder Klarheit der Linienführung zählen, können vertikale Versätze eingesetzt werden, weil horizontale Versätze zu einem Slalom-Parcours führen würden. Auf Strassen, die oft und regelmässig von Nutzfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln befahren werden, sind spezielle Ausführungen von vertikalen Versätzen nötig, um die Durchfahrt nicht zu behindern. Beleuchtung Beleuchtungskandelaber können einerseits wie Pfosten und Poller als Elemente eingesetzt werden, welche die Fahrbahn und das Lichtraumprofil einschränken, andererseits aber während der Nacht auch das Erscheinungsbild der Strasse und die Sichtbarkeit der Strassenbenützer entscheidend beeinflussen. Bepflanzung, gestalterische Aufwertung, Kunst Pflanzen im Strassenraum, ob in der Grösse und Form eines Baumes, einer Foto: VCS Bild 9 Seite 5

Hecke oder eines Blumentopfs, aber auch künstlerische Manifestationen (Skulpturen, Installationen) nehmen Platz ein, verändern Sichtverhältnisse und Erscheinungsbild (Bild 9). Sie können dazu beitragen, Strassenräume zu glie- dern, bestimmte Abschnitte zu prägen und diesen - wie auch ganzen Zonen - eine ganz bestimmte Identität zu geben. Das meint der VCS zu baulichgestalterischen Elementen Baulich-gestalterisch Elemente können einzelne Strassenzüge, Strassenabschnitte oder ganze Zonen durch ihre prägende Wirkung aufwerten und deren Identität stärken. Sie können aber ebenso bestehende qualitätvolle Strassenräume oder ganze Ortsteile verunstalten. Die Kombination unterschiedlicher (neuer und bestehender) Elemente und Eigenschaften kann überraschende positive wie negative Folgen bewirken. Die Planung von Zonen mit Tempobeschränkungen sollte daher nie nur durch Expertinnen für Verkehrstechnik und Verkehrssicherheit allein erfolgen, sondern auch Architektinnen und Landschaftsarchitekten einbeziehen. Werkhaftung bei baulich-gestalterischen Massnahmen Für baulich-gestalterische Massnahmen auf Gemeindestrassen ist die Gemeinde allein zuständig. Sie ist aber als Eigentümerin haftbar für Schäden, die durch mangelhafte Werke entstehen (Werkhaftung). Daher lohnt es sich in der Regel, die Beratung des Kantons auch dann in Anspruch zu nehmen, wenn keine Massnahmen nach SSV vorgesehen sind. Seite 6

Horizontaler Versatz, Einengung Bild 10 Bild 11 Foto: Marianne Brunner Parkplätze, ein- oder wechselseitig Die Anordnung von Parkplätzen ist eine kostengünstige Form der Einengung einer (zu) breiten Fahrbahn. Allerdings sind zusätzlich zur Markierung der Parkplätze auch parkierte Autos nötig. Diese fehlen gerade in vielen neueren Wohnquartieren, weil unter dem Zwang von Bauordnung oder Parkierungsreglement genügend Abstellplätze auf privatem Grund bestehen. Wo die markierten Parkplätze nur sporadisch belegt sind, müssen sie mit weiteren baulichen Massnahmen - Bäume, Rabatten, Poller, Pfosten (siehe S. 8, 9) - begrenzt werden (Bild 10). Durch wechselseitige Anordnung der Parkplätze entsteht eine verschwenkte Fahrbahn (horizontaler Versatz). Die Breite der Fahrbahn und die Länge des Versatzes haben ebenso Einfluss auf das Geschwindigkeitsniveau wie die Übersichtlichkeit, das Verkehrsaufkommen und die Zahl und Art der kreuzenden Fahrzeuge (PW/PW, PW/LKW). Trottoirnase, vorgezogenes Trottoir Eine Trottoirnase, d.h. ein in die Fahrbahn hineinragender Teil des Trottoirs, kommt vor allem dort gut an, wo sie neben der Funktion der Einengung ähnlich wie die Schutzinsel das Überqueren der Fahrbahn erleichtert. Innerhalb von Zonen mit Tempobeschränkungen ist es in vielen Fällen möglich, die Fahrbahn auf eine Fahrspur zu verengen (Kreuzen nicht möglich), wodurch dasüberqueren für den Fussverkehr noch sicherer wird (Bild 11). Mehrzweckstreifen seitlich oder in der Mitte Mehrzweckstreifen können durch Markierung, durch Belagswechsel (siehe S. 8) oder aber durch angeschrägten Randabschluss der Fahrbahnen oder eine Kombi- nation dieser Elemente definiert sein. Sie verkörpern das Mischprinzip, indem sie mehrere Funktionen erfüllen. Seitliche Mehrzweckstreifen entlang schmaler Fahrbahnen können z.b. mehrheitlich Trottoir- oder Velostreifenfunktion haben, für kurze Zeit aber auch dem Ausweichen von sich kreuzenden (breiteren) Fahr- zeugen dienen. Bei Verzicht auf eine Mittellinie ergibt sich eine so genannte Kernfahrbahn (Bild 12). In der Mitte verlaufende Mehrzweckstreifen dienen häufig einerseits als geschützter Bereich für querende Fussgängerinnen und nach links abbiegende Velofahrer, andrerseits als Einspurbereich für nach links abbie- gende Motorfahrzeuge. Bild 12 Seite 7

Bild 13 Schutzinsel, Mittelinsel Schutzinseln bewähren sich besonders in Verbindung mit Fussgängerstreifen (Bild 13). Deren Sicherheit erhöhen sie, indem sie (vor allem Kindern und älteren Personen) die Beobachtung und Einschätzung des Fahrzeugverkehrs erleichtern und das Überqueren in zwei Etappen ermöglichen. In Zonen mit Tempobeschränkungen sind Fussgängerstreifen nur ausnahmsweise, z.b. in der Nähe von Schulen, erlaubt. Auf breiteren Fahrbahnen oder in Verbindung mit der Sicherung wichtiger Fussweg- und Velorouten können Schutzinseln aber auch ohne Fussgängerstreifen sowohl ein Verkehrsberuhigungs- als auch ein Sicherheitselement sein. Bild 14 Bild 15 Belagswechsel Belagswechsel haben sich als optische Bremsen (quer zur Fahrtichtung) nicht bewährt (Lärmeffekte statt Beruhigung). Wirkungsvoll sind Belagswechsel hingegen in Längsrichtung angeordnet und allenfalls kombiniert mit einer entspre- chenden Markierung (Bild 14). Dann reduzieren sie die optische Fahrbahnbreite und sind in Verbindung mit Radstreifen, Mehrzweckstreifen (siehe S. 7), Busspuren etc. zweckmässig. Poller, Pfosten, Geländer, Beleuchtungskandelaber Ein Poller ist ursprünglich ein Holz- oder Metallpfosten zum Vertäuen der Schiffe. Poller und Wehrsteine sind Elemente zur Sicherung von Flächen für den nicht motorisierten Verkehr oder andere Nutzungen des Strassenraums. Sie eignen sich vor allem als Mittel gegen illegales Parkieren, aber auch zur wirkungsvollen Verlangsamung der Fahrzeuge. Poller, Pfosten und Geländer sind häufiger notwendige Übel als eine Zier des Strassenraums. Während sie an vielen Orten lediglich die Polizei von Kontrollaufgaben entlasten, sind sie an gewissen Stellen der einzige wirksame Schutz für die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Gerade in Begegnungszonen, wo nach Möglichkeit das Mischverkehrsprinzip gilt und Trottoirkanten fehlen, sind sie eine Sperre gegen Autos, jedoch vollkommen durchlässig für den Fuss- und Veloverkehr. Auch Beleuchtungskandelaber können sowohl physisch als auch optisch den Strassenraum einengen, wenn sie genügend nahe am Fahrbahnrand positioniert sind (Bild 15). Seite 8

Bäume, Hecken, Bepflanzung Bäume sind zwar nicht in jedem, aber doch in sehr vielen Fällen willkommene Elemente nicht nur zur Einengung einer Fahrbahn, sondern auch zur Gliederung, Gestaltung und Aufwertung des Strassenraums. Ihrer besonderen Eigenart entsprechend können sie als mächtige architektonische Elemente monotone, lineare Verkehrsräume gliedern. Sie beschränken damit die Sicht in die Weite und deren beschleunigende Wirkung (optischer Durchschuss), ohne die für die Verkehrssicherheit nötigen Sichtbeziehungen im Nahbereich zu beeinträchtigen. Vertikaler Versatz, Trottoirüberfahrt, Belagskissen Bild 16 Trottoirüberfahrt, durchgezogenes Trottoir Dieses Element existierte schon lange, bevor von Verkehrsberuhigung und Zonen mit Tempobeschränkungen die Rede war. Am häufigsten waren Trottoirüberfahrten bei Einmündungen von Privatstrassen und Grundstückszufahrten anzutreffen. Eine Trottoirüberfahrt ist nichts anderes als eine Schwelle im Bereich einer Einmündung in der direkten Verlängerung des Trottoirs (Bild 16). Ein durchgezogenes Trottoir wirkt aber als selbstverständlicher Teil einer Torsituation (siehe S. 3ff) und erscheint dadurch der Fahrzeuglenkerin weniger als Hindernis. Belagskissen viereckig, Berliner Kissen Belagskissen sind Schwellen, die nur einen Teil der Fahrbahnbreite einnehmen, so dass beidseitig ein ebener Fahrbahnteil übrig bleibt, der von Velofahrern genutzt werden kann. Vorteile gegenüber durchgehenden Schwellen sind auch der geringere Einfluss auf das Ortsbild und Kosteneinsparungen dank kleineren Dimensionen, vor allem aber die nicht notwendigen Anpassungen der Strassenentwässerung. Je nach Lage ist es nachteilig, dass Belagskissen keine durchgehende ebene Verbindung zwischen Trottoirs bilden. Belagskissen rund, Rondell mit oder ohne Poller Belagskissen in runder statt eckiger Form eignen sich besonders für die Anordnung in der Mitte von Verzweigungen. Dadurch beeinflusst ein einziges Element auf einer Kreuzung den Verkehr auf zwei Strassen. Seite 9

Die Befürchtungen, ein Rondell auf einer Kreuzung mit Rechtsvortritt könnte als Kreisel mit Linksvortritt missverstanden werden, haben sich nicht erhärtet. Als besonders wirkungsvoll erweisen sich Rondellen mit einem massiven Poller im Zentrum, der im Normalfall von nach links abbiegenden Fahrzeugen auch links umfahren werden kann (Bild 17). Bild 17 Belagskissen für Bus- und Lastwagenverkehr Wo horizontale Versätze oder eingeengte Fahrbahnen zwar die grösseren Fahrzeuge, nicht aber die Personenwagen genügend verlangsamen, sind vertikale Versätze die einzige Möglichkeit zur Einflussnahme (Bild 18). Belagskissen können in ihrer Breite so auf die Spurbreite von Bussen und Lastwagen abge- stimmt werden, dass sie deren Durchfahrt kaum behindern. Foto: Patrick Lüthy Foto: Patrick Lüthy Bild 18 Seite 10

Impressum VCS-Arbeitshilfen Zonen mit Tempobeschränkungen Campaigning-Projekt 2002, Verkehrspolitik, VCS, Bern Herausgeber Verkehrs-Club der Schweiz VCS Mitfinanziert durch: Fonds für Verkehrssicherheit FVS Projektleitung und Koordination Rolf Albisser, VCS, Bern Michael Rytz, VCS, Bern Texte Rolf Albisser, VCS, Bern. Marianne Brunner, VCS, Bern. Urs Michel, Planum, Zürich: Kurzbericht (Gutachten), Gestaltungs- und Betriebskonzept. Alain Rouiller, ATE, Genève. Michael Rytz, VCS, Bern. Das meint der VCS zu vertikalen Versätzen Vertikale Versätze gehören zu jenen Massnahmen, welche die Geschwindigkeiten aller Fahrzeuge wirksam limitieren. Sie rufen daher fast immer eine Gegnerschaft auf den Plan. Faule Kompromisse, d.h. Alibi-Massnahmen wie beispielsweise Belagswechsel an Stelle von Belagskissen, dienen aber niemandem und sind reine Geldverschwendung. Argumente der Gegner sind zum Beispiel: Der Heuladewagen kommt nicht durch oder die Schneeräumung ist nicht mehr möglich. Zahlreiche realisierte Beispiele beweisen die Tauglichkeit situationsgerechter vertikaler Versätze und können im Rahmen von öffentlichen Diskussionen bekannt gemacht werden. Redaktion Urs Geiser, Büro Correto, Solduno Bildredaktion Karen Cordes, VCS, Bern Grafik Viktor Näf, Atelier Viktor Näf, Bern Fotos Marianne Brunner, VCS, Bern. Karen Cordes, VCS, Bern. Gabriela Feldmann, Wabern. Urs Michel, Planum, Zürich. Patrick Lüthy, Fotoagentur, Olten. Alain Rouiller, ATE, Genève. Michael Rytz, VCS, Bern. Ville de Genève. VCS 2002 Weiterverwendung unter Quellenverweis erwünscht Seite 11