Beispiele zu Neutralisationsreaktionen Einleitung: Im Zuge des folgenden Blocks wird die Titration als Beispiel einer gängigen quantitativen Bestimmungsmethode in der Chemie genauer besprochen und für Konzentrationsbestimmungen diverser Säuren herangezogen. Ziel dieses Experimentierblocks ist es, dass die Schüler drei Möglichkeiten zur Endpunktbestimmung (Indikator, Leitfähigkeit, ph-wert) der Neutralisationsreaktion von schwachen und starken ein- und mehrprotonigen Säuren kennen lernen, üben und auswerten können und ein Problembewusstsein der Einsatzmöglichkeiten dieser Endpunktsbestimmungsmöglichkeiten bei verschiedenen Alltagsprodukten entwickeln. Je nach praktischer und theoretischer Kenntnis wählen die Schüler selbständig ihre Beispiele aus. Es empfiehlt sich, mehreren Schülern dieselben Proben auszugeben, die sie mit unterschiedlichen Methoden titrieren und anschließend die Ergebnisse vergleichen. Fast alle Titrationen erfolgten mit 0,1M Natronlauge. Die Konzentration und das Aliquot der zu bestimmenden Säure sollte so gewählt werden, dass der Verbrauch an NaOH bei etwa 5 15ml liegt. Wählt man Alltagsprodukte (Getränke, Reiniger, ) als Probe, so sollte man darauf aufmerksam machen, dass man durch Titration den Gesamtsäuregehalt erfasst, für die Berechnung aber einen Hauptbestandteil heranzieht. Säure-Base-Titration (Endpunkt mit Indikator) Geräte / Chemikalien: Bürette am Stativ, 3 Erlenmeyerkolben, Vollpipette, Salzsäure unbekannter Konzentration (verdünnt), Natronlauge 0,1M, Bromthymolblau, Methylorange, Phenolphthalein, Titriere je 10 ml der Salzsäure, der einige Tropfen eines Indikators zugesetzt wurden, mit 0,1 mol/l Natronlauge. Bei Methylorange soll bis zum Orangeton, bei Bromthymolblau bis zu einem mittleren Grünton und bei Phenolphthalein bis zum ersten Auftreten der roten Farbe, die sich durch Schütteln nicht mehr beseitigen lässt, titriert werden. Zur genauen Festlegung des Endpunktes ist es nötig, jede Titration mindestens einmal zu wiederholen. Bemerkung: Bei der Titration einer starken Säure mit einer starken Base fallen Äquivalenzpunkt und Neutralpunkt (ph 7) zusammen. Dann verwendet man einen Indikator mit einem Umschlag bei ph 7. Titriert man hingegen eine schwache Säure (etwa Essigsäure) mit einer starken Base, so liegt der Äquivalenzpunkt im schwach basischen Bereich. Die entstandene Natriumacetatlösung ist nicht neutral: Die Acetationen reagieren als Anionbase und binden Protonen! Man muss bei dieser Titration einen Indikator wählen, dessen Umschlag im ph 8-10 liegt. Eine wichtige Erkenntnis ist also: Ein Indikator zeigt an seinem Umschlagpunkt einen bestimmten ph-wert, aber nicht unbedingt den Äquivanlenzpunkt an. Verschiedene Indikatoren werden daher den Endpunkt einer Titration bei verschiedenen Laugenvolumina anzeigen (Unterschiede sind gering). Vorsicht bei der Titration von mehrprotonigen Säuren. Man weiß nicht, wie viele Protonen die Säure beim Umschlagspunkt des Indikators schon Kirchsteiger, Klemm, Steininger 2004 1
abgegeben hat. Empfehlung: Endpunktbestimmung mit ph-meter oder schauen bei welchen ph-werten die einzelnen pk S -Werte liegen. Indikator Umschlag bei ph Farbe im sauren Bereich Farbe im basischen Bereich Bromthymolblau 6,8 gelb blau Methylorange 3,8 rot orange Phenolphthalein 9,0 farblos rot Halte die bei den drei Indikatoren verbrauchten Laugenvolumina fest. Berechne daraus die in den 10 ml enthaltene Konzentration an Salzsäure. Vergleiche die Ergebnisse mit Mitschülern (Mittelwertbildung!) Säure-Base-Titration (Endpunkt mit dem ph-meter) Chemikalien / Geräte: Becherglas, Magnetrührer, ph-meter, Bürette am Stativ befestigt, Vollpipette, Salzsäure unbekannter Konzentration (verdünnt), Natronlauge 0,1M, Fülle 10 ml der Salzsäure in das Becherglas und titriere mit 0,1 mol/l Natronlauge. Nach jeder Laugenzugabe (0,5 ml oder 1 ml) wird gut durchgemischt und die Werte notiert. Der Versuch wird so lange fortgesetzt, bis der ph-wert nach erfolgtem ph-sprung nur mehr schwach ansteigt Übertrage die Messwerte aus dem Protokoll in ein Diagramm (Ordinate ph-wert, Abszisse ml Lauge). Der Wendepunkt der Kurve ist der Endpunkt der Titration (verbrauchtes Volumen der NaOH ablesen). Berechne die in der Salzsäure enthaltene Konzentration der Salzsäure in M/L und die Chlorwasserstoffmasse (mg/10 ml). (Vergleiche mit den Mitschülern!) Säure-Base-Titration (Endpunkt mit Konduktometer) 1. Beispiel: Titration der Salzsäure (starke Säure) Chemikalien / Geräte: Konduktometer, Rührer, Bürette am Stativ befestigt, Becherglas, Vollpipette, Salzsäure unbekannter Konzentration (verdünnt), Natronlauge 0,1M Fülle 10 ml der Salzsäure in das Becherglas (je nach Messstab ggf. mit deionisiertem Wasser verdünnen) und titriere mit 0,1 mol/l Natronlauge. Nach jeder Laugenzugabe (0,5 ml oder 1 ml) wird gut durchgemischt und die Werte notiert. Der Versuch wird solange fortgesetzt, bis die Leitfähigkeit wieder ansteigt und genügend Messpunkte für den ansteigenden Kurvenast vorliegen. Bemerkung: Der Leitwert (also der reziproke Wert des Widerstandes) hängt bei konstanter Temperatur von der Konzentration und der Beweglichkeit der Ionen ab. Die folgende Tabelle zeigt die Beweglichkeit einiger Ionen bei 18 C in cm 2. s -1. V -1. Kirchsteiger, Klemm, Steininger 2004 2
Kationen Anionen H 3 O + 33,0. 10-4 OH - 18,2. 10-4 Na + 3,4. 10-4 Cl - 6,8. 10-4 K + 6,6. 10-4 Br - 7,0. 10-4 Ag + 5,7. 10-4 - NO 3 6,4. 10-4 + NH 4 6,7. 10-4 2- SO 4 7,1. 10-4 Zn 2+ 6,3. 10-4 2- CO 3 6,2. 10-4 Die Werte für Hydronium- und Hydroxidionen übertreffen die übrigen um ein Vielfaches. Die Reaktion dieser «schnellen» Ionen zu Wasser während der Neutralisation bedeutet demnach die Abnahme des Leitwertes. Im Vergleich zur ursprünglich vorhandenen Salzsäure hat sich die Zahl der Ionen nicht verändert und die Konzentration (durch Vergrößerung des Gesamtvolumens) nur geringfügig vermindert. Die langsamen Natriumionen sind an die Stelle der schnellen Hydroniumionen getreten. Jenseits des Äquivaltenzpunktes erfolgt bei weiterer Laugenzugabe wieder ein Anstieg der Leitfähigkeit. Der Äquivalenzpunkt wird durch die Messung nicht genau erfasst. Er wird grafisch ermittelt: Dazu trägt man den Leitwert gegen das Volumen der zugesetzten Titrierflüssigkeit auf. Den Äquivalenzpunkt erhält man durch Verlängerung der beiden Kurvenäste bis zu ihrem Schnittpunkt. Dies gilt allgemein für jede konduktometrische Titration: Der Endpunkt wird durch Extrapolation an Unstetigkeitsstellen der Titrationskurve ermittelt. Übertrage die Messwerte aus dem Protokoll in ein Diagramm (Ordinate ms, Abszisse ml Lauge). Ermittle den Äquivalenzpunkt durch Verlängerung der beiden Kurvenäste bis zu ihrem Schnittpunkt. Berechne die in der Salzsäure enthaltene Konzentration der Salzsäure in M/L und die Chlorwasserstoffmasse (mg/10 ml). (Vergleiche mit den Mitschülern!) 2. Beispiel: Titration der Essigsäure (schwache Säure) Geräte / Chemikalien: Konduktometer, Rührer, Bürette am Stativ befestigt, Becherglas, Vollpipette, Speiseessig, Natronlauge 1M Gib 5 ml Speiseessig in das Becherglas. Verdünne mit deionisiertem Wasser bis der Messstab eintaucht. Der Messbereich des Konduktometers wird jetzt so gewählt, dass der Zeiger nur einen geringen Ausschlag zeigt und der zu erwartende Anstieg der Leitfähigkeit abgelesen werden kann. Nach jeder Laugenzugabe (0,5 ml oder 1 ml) wird gut durchgemischt und die Werte notiert. Der Versuch wird solange fortgesetzt, bis die Leitfähigkeit wieder stärker ansteigt (Hydroxidionen im Überschuss). Bemerkung: Schwache Säuren, z. B. Essigsäure, sind nur im geringen Maße protolysiert. Während der Neutralisation entsteht Natriumacetat. Somit nehmen Ionenkonzentration und Leitwert zu. Nach dem Äquivalenzpunkt erhöhen die nun überzähligen Hydroxidionen die Leitfähigkeit verstärkt, so dass die insgesamt ansteigende Titrationskurve am Äquivalenzpunkt einen Knick aufweist. Kirchsteiger, Klemm, Steininger 2004 3
Übertrage die Messwerte aus dem Protokoll in ein Diagramm (Ordinate ms, Abszisse ml Lauge). Ermittle den Äquivalenzpunkt (Knick). Berechne die Essigsäurekonzentration des untersuchten Speiseessigs in M/L und die Prozent. (Vergleiche mit den Mitschülern und mit der Angabe auf dem Etikett!) 3. Titration eines Gemisches von Salzsäure und Essigsäure Geräte / Chemikalien: Konduktometer, Rührer, Bürette am Stativ befestigt, Becherglas, Vollpipette, Speiseessig, Salzsäure unbekannter Konzentration ( verdünnt), Natronlauge 0,1M (ev. 1M). Gib 50 ml der Salzsäure und 5 ml Speiseessig in das Becherglas. Verdünne mit deionisiertem Wasser bis der Messstab eintaucht. Nach jeder Laugenzugabe (0,5 ml oder 1 ml) wird gut durchgemischt und die Werte notiert. Bemerkung: Die konduktometrische Titration ermölicht die Bestimmung mehrerer Säuren nebeneinander (Mehrstufentitration). Das Minimum der Leitfähigkeit markiert die Neutralisation der starken Säure (Salzsäure). Der Knick markiert den Äquivalenzpunkt der schwachen Säure (Essigsäure)! Stelle den Titrationsverlauf in einem Diagramm dar (Ordinate ms, Abszisse ml Lauge). Ermittle den Äquivalenzpunkt. Berechne die Essigsäurekonzentration des untersuchten Speiseessigs in M/L und die Prozent. (Vergleiche mit den Mitschülern und mit der Angabe auf dem Etikett!) Bestimmung der Gesamtsäure im Wein bzw. in einem Fruchtsaft (ph-meter) Geräte / Chemikalien: Pipette, Becherglas, ph-meter, Bürette, Wein oder Fruchtsaft 10 ml, NaOH 0,1M Man pipettiert 10 ml einer Weinprobe oder eines Fruchtsaftes in einen Titrierkolben und verdünnt mit Wasser auf das doppelte Volumen. Die Messelektrode eines ph-meters wird in die Flüssigkeit getaucht. Man lässt jeweils 1 ml einer 0,1 N NaOH-Maßlösung durch eine Bürette zutropfen und misst anschließend den ph-wert der Lösung. Übertrage die Messwerte aus dem Protokoll in ein Diagramm (Ordinate ph-wert, Abszisse ml Lauge). Der Wendepunkt der Kurve ist der Endpunkt der Titration (verbrauchtes Volumen der NaOH ablesen). Ein mol Base entspricht einem halben mol Weinsäure (zweiwertige Säure). Berechne die im Wein / Fruchtsaft enthaltene Konzentration der Weinsäure in M/L und die Masse (g/1l). (Vergleiche mit den Mitschülern!) Wein enthält ca. 6 bis 8 Gramm Weinsäure pro Liter Wein. Kirchsteiger, Klemm, Steininger 2004 4
Bestimmung der Phosphorsäure im Cola (ph-meter) Geräte / Chemikalien: Pipette, Becherglas, ph-meter, Bürette, Cola 10 ml, NaOH 0,1M Zuerst muss die Kohlensäure so gut wie möglich durch heftiges Rühren mit dem Magnetrührer ausgetrieben werden. Für die Titration werden 100ml Cola vorgelegt und mit 0,1M NaOH bis über den ersten Sprung titriert. Man lässt jeweils 1 ml der 0,1M NaOH- Lösung zutropfen und misst anschließend den ph-wert der Lösung (Werte notieren). Übertrage die Messwerte aus dem Protokoll in ein Diagramm (Ordinate ph-wert, Abszisse ml Lauge). Der Wendepunkt der Kurve ist der Endpunkt der Titration (verbrauchtes Volumen der NaOH ablesen). Ein mol Base entspricht einem mol Phosphorsäuresäure (1. Steigung der dreiprotonigen Säure). Berechne die im Cola enthaltene Konzentration der Phosphorsäure in M/L und die Prozente. (Vergleiche mit den Mitschülern!). Bestimmung der Citronensäure im Fanta / Sprite (Indikator Phenolphthalein) Geräte / Chemikalien: Bürette am Stativ, Erlenmeyerkolben, Vollpipette, Natronlauge 0,1M, Phenolphthalein Titriere 10 ml des Fantas (wegen starker Eigenfarbe verdünnen) / Sprites dem einige Tropfen des Indikators zugesetzt wurden mit 0,1mol/L Natronlauge bis zum ersten Auftreten der roten Farbe. Zur genauen Festlegung des Endpunktes ist es nötig, die Titration mindestens einmal zu wiederholen. Halte die verbrauchten Laugenvolumina fest. Berechne aus den verbrauchten Laugenvolumina die Konzentration in M/L und g/l. (Vergleiche mit den Mitschülern!). Bestimmung der Äpfelsäure im Apfelsaft (Indikator Phenolphthalein) Geräte / Chemikalien: Bürette am Stativ, Erlenmeyerkolben, Vollpipette, Natronlauge 0,1M, Phenolphthalein Titriere 10 ml des Apfelsafts (wegen starker Eigenfarbe verdünnen) dem einige Tropfen des Indikators zugesetzt wurden mit 0,1mol/L Natronlauge bis zum ersten Auftreten der roten Farbe. Zur genauen Festlegung des Endpunktes ist es nötig, die Titration mindestens einmal zu wiederholen. Halte die verbrauchten Laugenvolumina fest. Berechne aus den verbrauchten Laugenvolumina die Konzentration in M/L und g/l. (Vergleiche mit den Mitschülern!). Kirchsteiger, Klemm, Steininger 2004 5
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