MIT Beer Distribution Game



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MIT BEER DISTRIBUTION GAME 1 MIT Beer Distribution Game Felix Hillebrand Seminar zum Studienprojekt La Vida 24. Januar 2011 Zusammenfassung Das Beer Game ist ein Planspiel und simuliert als Modell eines Produktions- und Distributionssystems für Schülern, Studenten, oder auch Managern die Konzepte der betriebswirtschaftlichen Dynamik. Ein wichtiges Ziel des Spiels ist es, den Teilnehmern die Entstehung und die Auswirkungen des Bullwhip Effekts, des unverhältnismäßigen Aufschaukelns der Bestellmenge innerhalb einer Lieferkette, zu demonstrieren. Im Studienprojekt La Vida soll das Beer Game als Software Version umgesetzt werden. In dieser Arbeit möchte ich zunächst die wirtschaftlichen Grundlagen des Beer Game, die Ziele des Spiels, die Spielregeln und den Spielablauf erläutern. Anschließend werde ich auf die Vorteile einer Software Version, auf eine bereits bestehende Online Umsetzung des Spiels, sowie auf Gegenmaßnahmen zur Verringerung des Bullwhip Effekts näher eingehen. Zum Schluss möchte ich einige Erweiterungsmöglichkeiten für die Umsetzung im Studienprojekt vorstellen. Ausgangslage, um logistische Prozesse innerhalb eines Unternehmens zu optimieren und das Angebot perfekt auf die Nachfrage abzustimmen (siehe Abb. 1). Abb. 1: Wertschöpfungskette (Corsten & Gössinger, 2008) D I. EINLEITUNG IE Produktion, den Vertrieb und das Angebot von Produkten zu optimieren ist eine der wichtigsten Fragen in der Betriebswirtschaft. Die Informatik kann durch das Erstellen eines Modellspiels zur Produktion und Distribution, zur Verbesserung und Entstehung eines effizienten Managementsystems beitragen. A. Entwicklung des MIT Beer Distribution Game C. Supply Chain Addieren sich zu den unternehmensinternen-, auch die unternehmensübergreifenden Betrachtungen, spricht man von der Supply Chain (Distributions-, Lieferkette) (siehe Abb. 2). Die Supply Chain beschreibt den Weg des Güter- und Informationsflusses von der Rohstoffgewinnung, über den Lieferanten, den Produzenten, das Zentrallager, den Spediteur bis hin zum Endverbraucher (Corsten & Gössinger, 2008). Jay Wright Forrester gründete 1956 die System Dynamics Group am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Fünf Jahre später, veröffentlichten sie ihre Forschungsergebnisse zur Systemdynamik unter dem Titel Industrial Dynamics und eine erste Version des Beer Distribution Game (Forrester, 1961). Dieses Spiel simuliert als Planspiel ein Produktions- und Distributionssystem. Den Spielern, werden dadurch die Konzepte der ökonomischen Dynamik demonstriert. B. Value Chain "Jedes Unternehmen ist eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die sein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird. All diese Tätigkeiten lassen sich in einer Wertkette darstellen." (Porter, 1989). Diese Wertschöpfungskette (Value Chain) bildet die Abb. 2: Distributionskette (Ossimitz, 2002) Übertragen auf das MIT Beer Distribution Game, bedeutet dies, dass der Distributor auf der einen Seite abhängig ist vom Hersteller, der Brauerei, und auf der anderen Seite

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 2 abhängig ist vom Großhändler, der ihm die Ware abnimmt und über den Einzelhändler an den Endverbraucher weitergibt. Die Prozesse innerhalb dieser Lieferkette gilt es zu optimieren, um die Kosten möglichst gering zu halten. Hieraus entwickelt sich in der Praxis das sogenannte Supply Chain Management. Es deckt Verbesserungspotentiale, die sich über Unternehmensnetzwerke erstrecken, auf. In diesen integrativen Partnergeflechten werden Entscheidungen der Lieferanten, Hersteller und Abnehmer betrachtet. Die Supply Chain effizient zu managen ist eine der Aufgaben im MIT Beer Distribution Game. Durch das intuitive Verhalten der Spieler kommt es außerdem unweigerlich zur Entstehung des Bullwhip Effekts. weniger Wochen die Bestellmengen von Barilla zwischen 850 und 30 Einheiten schwanken. Diese Schwankungen lassen sich zum einen keineswegs auf eine veränderte Pastanachfrage zurückzuführen und ziehen zum anderen große Probleme der Lagerkosten und Lieferfähigkeit nach sich. D. Bullwhip Effekt Der Bullwhip Effekt (Peitschenschlageffekt) geht zurück auf Jay Wright Forrester und seinen Untersuchungen zu den Industrial Dynamics und beschreibt ein unverhältnismäßiges Aufschaukeln der Bestellmenge innerhalb einer Supply Chain. Damit verbunden sind hohe Rückstände, eine Überproduktion, sowie darauf folgend ein enormer Warenüberschuss im Lager. Die Verstärkung der Nachfrageamplitude entsteht bereits aus kleinsten Veränderungen in der Bestellmenge der Endverbraucher. Hintergrund ist, dass die nachfolgenden Kettenglieder der Supply Chain überreagieren, um einen potentiellen Umsatz nicht zu verlieren. Daher wird zum Beispiel bei einer Erhöhung der Nachfrage um 10% mit einer Produktionssteigerung um 40% geantwortet. Erst nach einer Weile pendelt sich diese Steigerung bei etwa 10% ein (Werner, 2010). Gründe für die Entstehung des Bullwhip Effekts liegen nach Forrester in einer fehlenden Bedarfstransparenz, da Änderungen der Nachfragemenge der Endverbraucher unberechenbar sind; in einer Informationsverzerrung, da Nachfrageänderungen nur mit Zeitverzug und Informationsverlust die Stufen in einer Supply Chain durchlaufen; und in einer häufigen Anpassung des Bestandsniveaus, da durch fehlende Beschaffungsroutine Entscheidungen in der Bestandspolitik schwankende Bestellmuster verursachen (Werner, 2010). Weitere Ursachen des Bullwhip Effekts liegen nach Lee et al. in Defiziten in der Bedarfsprognose, einer problembehafteten Beschaffungspolitik, einer Bedarfsbündelung von Seiten der Kunden, welche auch durch Preisvariationen hervorgerufen wird (Lee et al., 1997). Für die Existenz des Bullwhip Effekts lassen sich in der Realität viele Beispiele finden. Procter & Gamble stellten als Distributor der Windelmarke Pampers fest, dass obwohl die Nachfrage annähernd konstant war, der Großhändler bei ihnen sehr unterschiedliche Mengen bestellte und ihre eigenen Bestellungen noch größeren Schwankungen unterlagen. Simchi-Levi veröffentlichte im Jahr 2000 die Bestelldaten des Nudelproduzenten Barilla (siehe Abb. 3). Betrachtet man Abbildung 3 fällt auf, dass innerhalb Abb. 3: Bullwhip Effekt Barilla (Ossimitz, 2002) Im MIT Beer Distribution Game soll den Teilnehmern der Bullwhip Effekt auf eine eindrückliche Art demonstriert werden. Dies ist eines der wichtigsten Ziele des Spiels. II. DAS MIT BEER DISTRIBUTION GAME Das MIT Beer Game wurde erstmals von Jay Wright Forrester als Brettspiel entwickelt und als solches von John Sterman weiterentwickelt. John Sterman bemerkte einige Schwachstellen in der ursprünglichen Version und versuchte diese durch zusätzliche Vorgaben zu umgehen (Ossimitz, 2002). A. Ziele des Spiels Das Beer Game ist ein geeignetes Modell zur Simulation der betriebswirtschaftlichen Dynamik und dient als Analysewerkzeug zur Schulung für Studenten oder Manager. Das wichtigste Ziel des Spiels ist, den Spielern die Entstehung des Bullwhip Effekts zu demonstrieren. Durch die Erfahrung des Effekts am eigenen Leib sollen die Spieler mit dessen Auswirkungen unmittelbar konfrontiert werden. Sich befassen mit dem Umgang eines entstandenen Bullwhip Effekts ist dabei genauso bedeutend, wie das Einprägen der Taktiken zur Verhinderung des Effekts. Inwieweit es zum Auftreten eines Bullwhip Effekts kommt, bestimmt ein entscheidender Moment im Spiel: wenn der Spielleiter die Nachfragemenge des Endkunden einmalig verdoppelt. Diese Erhöhung gilt als der entscheidende Auslöser für die Schwankungen der Bestellmengen innerhalb der Supply Chain. Doch auch über die Erfahrung des

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 3 Bullwhip Effekts hinaus, sollen die Spieler eine effiziente Strategie für ein erfolgreiches Supply Chain Managment erlernen. Informationen werden dann am Ende des Spiels ausgewertet, um das Verhalten der einzelnen Stationen und des gesamten Systems zu analysieren. B. Spielregeln C. Spielablauf Ausgegangen wird in dieser Simulation von einem Modell für eine Supply Chain, die ein einfaches vier-stufiges Produktions- und Distributionssystem widerspiegelt. Bei den vier teilnehmenden Kettengliedern handelt es sich um den Einzelhändler (retailer), den Großhändler (wholesailer), den Distributor (distributor) und den Hersteller (factory). Diese Rollen werden von je einem Spieler bzw. Spielerteam übernommen. Sie haben die Aufgabe Runde für Runde Bierbestellungen ihres Vorgängers in der Kette zu erfüllen und selber bei ihrem Nachfolger und Lieferanten entsprechende Biermengen zu bestellen. Ziel des Spiels ist es die hierbei anfallenden Kosten so gering wie möglich zu halten. Die entstehenden Kosten sind entweder Lagerkosten (0,5 pro Einheit auf Lager pro Runde) oder Verzugs- oder Rückstandskosten (1 pro nicht gelieferter Einheit pro Runde). Verzugs- oder Rückstandskosten (Backlog) sind Kosten für Bestellungen die nicht erfüllt werden können. Wichtig zu beachten ist, dass der Wechsel von einer Runde in die nächste von allen Stationen gleichzeitig vollzogen wird und so weder Lieferungen noch Bestellungen aus anderen Runden verzögert ausgeführt werden. Weiterhin ist es strikt verboten, zusätzliche Informationen, die nicht die eigene Bestellmenge betreffen, unter den Kettengliedern auszutauschen. Beispiele hierfür wären z.b. Lagerbestände oder Bestellmengen der eigenen Kunden, bzw. die Bestellmenge des Endverbrauchers. Das Spiel umfasst insgesamt 25 Runden in denen der Spielleiter lediglich dem Einzelhändler die Bestellmenge des Endverbrauchers mitteilt (in den ersten vier Runden je vier Einheiten und in den darauffolgenden je acht Einheiten). Am anderen Ende der Kette kann der Hersteller so viele Einheiten produzieren wie er möchte. Jedes Team hat zusätzlich in jeder Runde die Aufgabe, die eigenen Lagerbestände, die Bestellungen, die Kosten der laufenden Runde, sowie die Gesamtkosten zu notieren. Diese Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, sind die vier Kettenglieder der Supply Chain in einer Reihe angeordnet. Zwischen den einzelnen Stationen existieren zusätzlich zwei weitere Felder, die die Lieferverzögerung darstellen sollen. So werden die Waren Runde für Runde jeweils nur um ein Feld weiter bewegt. Dies hat zur Folge, dass die Waren nach einer Bestellung erst drei Runden später im Lager zur Verfügung stehen. In entgegengesetzter Richtung kommen die Bestellungen ebenfalls zeitverzögert bei den einzelnen Teams an (siehe Orders Felder). Vor Beginn der ersten Runde haben alle Stationen die gleichen Anfangswerte. Die Lager umfassen zu Beginn je 12 Einheiten. Es werden vom Endverbraucher vier Einheiten nachgefragt und in den Shipping Feldern sowie den Order Feldern sind ebenso je vier Einheiten hinterlegt. Die 25 Runden laufen nach dem gleichen Schema ab. Es werden von jedem der einzelnen Teams hintereinander die folgenden fünf Schritte ausgeführt. Zuerst werden die Shipping Delay Felder um jeweils ein Feld nach links verschoben: Verschieben der Waren aus dem Wareneingang ins Lager und vom Warenausgang des Lieferanten in den eigenen Wareneingang. Als zweites werden die Aufträge ausgeliefert. Es werden die noch offenen Lieferrückstände und die neu erteilten Aufträge (vom Incoming Orders Feld) addiert und, soweit möglich, aus dem eigenen Lager in den Warenausgang überführt: Verschieben der Ware aus dem Lager auf das freigewordene Shipping Delay Feld nach links. Im dritten Schritt werden die Forderungen die noch bestehen bleiben, als Rückstände und als Kosten notiert. Gibt es keine Rückstände, müssen stattdessen die Lagerkosten festgehalten werden. Als viertes werden die in der vorhergehenden Runde erstellten Aufträge übermittelt: Verschieben der Auftragskarten ein Feld weiter vom Orders Placed Feld nach rechts auf das freie Incoming Orders Feld. Im fünften und letzten Schritt sind die Teams an der Reihe mit der Kalkulation der eigenen Bestellmenge und der damit Abb. 4: Spielplan (Ossimitz, 2002)

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 4 verbundenen Erteilung eines neuen Auftrags. Dieser wird zu Analysezwecken zusätzlich notiert: Setzen der Auftragskarte auf das freie Feld Orders Placed. Für den Einzelhändler existiert stellvertretend für das Feld Incoming Orders das Feld Order Cards, über welches der Spielleiter die Bestellmenge des Endverbrauchers mit Hilfe von Bestellkarten weitergibt. Der Hersteller am anderen Ende der Lieferkette verfügt über eine dem Einzelhändler ähnliche Regelung. Er bekommt seine Produkte über die beiden Production Delay Felder, die ebenfalls eine zweiwöchige Verzögerung simulieren. Außerdem verfügt der Hersteller über das Feld Production Requests, das eine den Feldern Orders Placed äquivalente Funktion besitzt. D. Auftretende Schwierigkeiten in der Brettspielversion Im MIT Beer Distribution Game, in der klassischen Version als Brettspielvariante, treten während des Spielverlaufs verschiedene Schwierigkeiten auf. Eine Informationsweitergabe zwischen den einzelnen Stationen, oder eine Weitergabe über mehrere Stationen hinweg ist verboten. Um diesen Informationsfluss zu verhindern, ist es wichtig, dass man die einzelnen Teams an mehrere Tische platziert und die Bestellungen und Lieferungen verdeckt per Schriftverkehr austauscht. Außerdem ist der gleichzeitige Wechsel in die nächste Runde von entscheidender Bedeutung für einen regelgerechten Spielablauf. Dies wird durch Zuruf des Spielleiters, oder durch spezielle Vereinbarungen realisiert. Weiterhin empfiehlt Sterman, beim erstmaligen Auftreten eines Lieferrückstands, das Spiel vom Spielleiter in diesem Moment zu unterbrechen, um den Sachverhalt genauer zu erklären, da die Spieler häufig ein Verständnisproblem im Umgang mit negativen Lagerbeständen haben. Doch trotz erweiterter Vorgaben, traten immer noch Schwierigkeiten im Spielverlauf auf. Dies wird deutlich in einer Untersuchung von Sterman et al., in der von 48 Spielversuchen lediglich 11 Spiele zu Analysezwecken weiterverwendet werden konnten. Die Hauptursache hierfür war eine fehlerhafte Protokollierung der Bestände während des Spiels (Bertl, 2000). werden dürfen. Zeitvorgaben können festgelegt werden, innerhalb dieser die Spieler ihre Bestellmengen kalkulieren müssen. Werden die Bestellungen nicht rechtzeitig eingegeben, kann beispielsweise dem verspäteten Team die Bestelloption für diese Runde verweigert werden. B. Online-Beispiel Eine gelungene Umsetzung des Beer Game als Software Version ist das von Christoph Duits im Zuge seiner Diplomarbeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich erstellte Programm (Duijts, 2001). Diese Online Spielversion findet sich unter der Adresse http://www.beergame.lim.ethz.ch/ und ist frei zugänglich. Durch die gesammelten Ergebnisse dieses Spiels konnte gezeigt werden, das Aspekte im menschlichen Verhalten auch ein Grund für den Bullwhip Effekt sind (Nienhaus, 2002). In Abbildung 5 ist die Startmaske des Spiels zu sehen. Hier ist zu Beginn der Spielmodus wählbar. Im Modus klassisch wird das Spiel entsprechend der ursprünglichen MIT Brettspielversion durchgeführt. Im Modus klassisch plus kann man die Anzahl der Spielrunden selber wählen und zusätzlich entscheiden, ob während des Spiels alle Informationen der anderen Stationen angezeigt werden und ob ein Chat unter den Spielern möglich ist. Grundsätzlich kann in diesem Online Beispiel entschieden werden, welche Rolle man übernimmt und welche Rollen von anderen Mitspielern bzw. vom Computer übernommen werden sollen. Für die Computer Spieler ist zusätzlich eine Strategie wählbar. Zur Auswahl stehen keep level of stock, welche versucht den Lagerbestand auf einem konstanten Level zu halten oder moving average & standard deviation, welche versucht mit Hilfe von Mittelwert und Standardabweichung früherer Bestellungen, das menschliche Verhalten nachzuempfinden. III. DAS BEER GAME ALS COMPUTER PROGRAMM A. Vorteile einer Softwareversion Die erwähnten Schwierigkeiten können umgangen werden, indem das Spiel nicht mehr als Brettspiel, sondern als Computerspiel umgesetzt wird. Es können so die zur Analyse notwendigen Informationen problemlos, automatisch, korrekt und ohne Zeitverzögerung gespeichert werden. Außerdem ist es möglich, den Wechsel der Runden zu automatisieren, so dass die Spieler alle gleichzeitig in die nächste Runde starten und vorher keine Aktionen der nächsten Runde ausgeführt Abb. 5: Startmaske (www.beergame.lim.ethz.ch) In Abbildung 6 ist die Spieloberfläche des Beer Game dargestellt. Man erkennt die einzelnen Stationen im oberen Teil des Fensters, in denen im klassischen Modus lediglich

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 5 die eigenen Informationen wie Auftragseingang, Gesamtkosten, Lagerbestand, Wareneingang und Waren auf dem Transportweg zu erkennen sind. Im Modus klassisch plus sind hier die Informationen aller Stationen sichtbar. Darunter werden diese Informationen grafisch dargestellt. Außerdem werden die noch verbleibende Zeit, sowie die eigenen Bestellwerte der vergangenen Runde im grauen Kästchen angezeigt. In diesem Kästchen ist auch die erforderliche Bestellmenge der neuen Ware für die aktuelle Runde einzutragen und abzusenden. Die Planung, Kalkulation und Bestellung der Warenmenge ist die einzige tatsächliche Handlung, die die Spieler in jeder Runde ausführen müssen. Alle anderen Vorgänge im Spiel werden vom Programm übernommen. In der rechten Hälfte des Spielfensters wird der Spielverlauf grafisch aufbereitet, sodass die Bestellungen, der Lagerbestand, und die Kosten pro Runde eingesehen werden können. In dieser Hälfte ist im Modus klassisch plus die Chatfunktion umgesetzt. Am unteren Ende des Spielfensters sind ein weiteres Mal die Gesamtkosten sichtbar und in welcher Runde man sich aktuell befindet. Abb.7: Ergebnis Einzelgraphen (www.beergame.lim.ethz.ch) Abb. 8: Ergebnis Überlagerte Graphen (www.beergame.lim.ethz.ch) Abb.6: Während des Spiels (beergame.lim.ethz.ch) In Abbildung 7 und 8 sind nach Ende des Spiels die Gesamtinformationen aller Teilnehmer in Einzelgraphen bzw. in überlagerten Graphen einsehbar. So kann der Spielablauf als gesamtes gut analysiert und besprochen werden. Durch die überlagerten Kurven (Abb. 8) ist die Entstehung des Bullwhip Effektes sehr gut zu sehen. An der grauen Linie ist die einmalige Erhöhung der Bestellmenge des Endverbrauchers deutlich zu erkennen. Kurz nach dieser Erhöhung steigt die Bestellmenge des Einzelhändlers (blau) zusätzlich um einige Einheiten an, genauso wie die des Großhändlers (grün) und des Distributors (gelb). Am Ende hat in diesem Beispiel der Hersteller (die Fabrik, rot), auf Grund der einmaligen Bestellerhöhung von lediglich 4 Einheiten, eine zeitlich versetzte, eigene Erhöhung seiner Produktion von mehr als 50 Einheiten. C. Analyse von Untersuchungsergebnissen Die Besprechung und Analyse der Ergebnisse ist der wichtigste Teil des Beer Game, um den Teilnehmern das dynamische System einer Supply Chain und den Bullwhip Effekt eingehend zu veranschaulichen. Oft gehen die Spieler davon aus, dass die Unregelmäßigkeiten in der Bestellmenge, aufgrund eines irrationalen Einkaufverhaltens des Endverbrauchers zu Stande kommen. Wird jedoch gezeigt, dass dessen Bestellmenge bis auf die eine Ausnahme (die Erhöhung von 4 auf 8 Einheiten) im gesamten Spiel konstant ist, können die Teilnehmer dies häufig nicht glauben. In Abbildung 9 sind die Verzögerung und das Aufschaukeln der Bestellmenge verdeutlicht. Die Autoren, Lee, Padmanabhan und Whang, waren die ersten, die den mathematischen Zusammenhang zwischen der Verzögerung und dem dadurch entstehenden Bullwhip Effekt zeigten. Je länger die Verzögerungszeiten zwischen den einzelnen

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 6 Stationen sind, desto stärker ist der Bullwhip Effekt (Lee et al., 1997). Abb. 9: Bullwhip Effekt (Lee et al., 1997) Abbildung 10 beschreibt den Bullwhip Effekt und verdeutlicht zusätzlich, dass dieser auch bei vorhanden sein vollkommener Systeminformation eintritt. So ist in den ersten beiden Spalten das Ergebnis des MIT Beer Game unter klassischen Bedingungen dargestellt. Vergleichend sind in Spalte 3 der Freien Universität Berlin, bzw. in Spalte 4 der International University of Japan, Ergebnisse mit der erwähnten vollkommenen Systeminformation zu sehen. Es wird deutlich, dass der Bullwhip Effekt durch die erhöhte Informationstransparenz vermindert, aber nicht ganz vermieden werden kann. Abb. 10: Bullwhip Effekt Vergleich (Ossimitz, 2002) In Abbildung 11 sind Ergebnisse dargestellt, die aus dem von Christoph Duits erstellten Online Spiel gesammelt wurden. Es handelt sich hierbei um die Daten aus über 400 Spielen. Sie zeigen deutlich die Entstehung des Bullwhip Effekt. D. Bullwhip Effekt Gegenmaßnahmen, Taktiken Aber was kann man unternehmen um den Bullwhip Effekt zu verringern oder zu vermeiden? Die Kommunikation unter den einzelnen Gliedern der Supply Chain ist ein wichtiges Hilfsmittel. Bei den Überlegungen soll unterschieden werden zwischen der Planung und dem eigentlichen Verhalten der Spieler. In der Planung ist ein Reduzieren der Bearbeitungszeit ausschlaggebend. Hierbei sollen die Informationen und das Material unverzüglich weitergegeben werden und versucht werden, jegliche Verzögerungen zu vermeiden. Im Verhalten wirkt sich ein Verringern der Variabilität der Preise und ein Erhöhen der Konstanz in der Bestellmenge positiv aus. Auch eine Kooperation mit den jeweiligen Lieferanten, in der Kapazität und Nachfrage angeglichen werden, hilft einer Entstehung des Bullwhip Effekts vorzubeugen. Falls jeder Spieler genau die Bestellmenge seines Kunden an seinen Lieferanten weitergibt, könnte der Bullwhip Effekt deutlich verringert werden. So könnte der initiale Lagerzustand die unerwarteten höheren Nachfragen während der Verzögerungszeit auffangen (Nienhaus, 2002). E. Mögliche Erweiterungen des Spiels für die Umsetzung im Studienprojekt Zusätzlich sind in dem Umfeld einer Computerspielvariante des Beer Game viele Erweiterungen möglich. Diese können mit entsprechenden Restriktionen und Vorgaben durch eine sorgfältig erarbeitete Benutzerschnittstelle so gestaltet werden, dass das Spiel trotzdem einfach bleibt und einen gewissen zeitlichen Rahmen nicht sprengt. Auch könnten die gespeicherten Daten direkt aufbereitet und dem Spieler angezeigt werden. Denkbar ist, dass die Spieler untereinander via Chat kommunizieren und Verzögerungszeiten verkürzt werden. Eine höhere Variabilität im Kaufverhalten des Endverbrauchers ist möglich. Weiterhin könnten Preise für die Waren eingeführt werden und die Preise durch die Spieler und damit durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Zusätzlich könnte die Anzahl der teilnehmenden Stationen auf vertikaler und horizontaler Ebene erhöht werden. Ebenso könnten einzelne Glieder in der Supply Chain weggelassen werden und so beispielsweise Einzelhändler ab einer bestimmten Bestellmenge direkt beim Distributor bestellen. Diese Erweiterungen hätten jedoch eine Änderung des Spiels zufolge, die der Realität zwar näher käme, aber damit den Beispieleffekt und Schulungszweck des ursprünglichen Beer Game entgegen stehen würde. Im Zuge des Studienprojekts La Vida, wird abhängig vom Wunsch des Kunden und dessen was er benötigt, entschieden welche Inhalte im Beer Game umgesetzt werden und damit welches Ziel mit dem Spiel erreicht werden soll.

MIT BEER DISTRIBUTION GAME 7 Abb. 11: Beer Game - Ergebnisse (Nienhaus, 2002) LITERATUR [1] Bertl, Wolfgang: Das Beer Distribution Game als Internet Lehranwendung. (2000) Zugriff am 11. Dezember unter http://textfeld.ac.at/pdf/727.pdf [2] Corsten, Hans / Gössinger, Ralf: Einführung in das Supply Chain Management. München: Oldenburg Verlag, 2008 [3] Duijts, Christoph: Demonstration der Dynamik in Logistik- und Produktionsnetzwerken anhand des Beer Distribution Game in einer Online-Version. (2001) Zugriff am 11. Dezember 2010 unter http://www.beergame.lim.ethz.ch/da_beer_distribution_game_onlin e.pdf [4] Forrester. Jay: Industrial Dynamics. Cambridge, Mass: The MIT Press (1961), O'Connor, Joseph / McDermott, Ian: Die Lösung lauert überall. Systemisches Denken verstehen und nutzen. Kirchzarten bei Freiburg: VAK Verlags GmbH, 1998 [5] Lee, H. L. et al.: Information distortion in a Supply Chain: The Bullwhip Effect. In: Management Science, 04(1997), S.543-558 [6] Nienhaus, Joerg, et al.: How human behaviour amplifies the bullwhip effect a study based on the beer distribution game online. (2002) Zugriff am 11. Dezember 2010 unter http://www.beergame.lim.ethz.ch/bullwhip_effect_article.pdf [7] Ossimitz, Günther: Simulation von Supply-Chain-Managment Systemen. (2002) Zugriff am 11. Dezember 2010 unter http://wwwu.uni-klu.ac.at/gossimit/pap/bg_endbericht.pdf [8] Porter, Michael: Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage): Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt: Campus Verlag, 1989 [9] Werner, Hartmut: Supply Chain Management. Grundlagen, Strategien, Instrumente und Controlling. Wiesbaden: Gabler Verlag, 2010 [10] www.beergame.lim.ethz.ch