Ausgezeichnete Pistensicherheit Die Arbeit der SOS-Crew Still liegt er in der Nacht, der Corvatsch mit seinem grossen Schneesportangebot. Als einzige Bewegungen kann der schlaflose Beobachter die Scheinwerfer der Pistenmaschinen ausmachen, die in der Dunkelheit für die Präparierung der Pisten sorgen. Ansonsten herrscht Stille rund um den Silvaplaner Hausberg. 4 Uhr, das Telefon reisst Peter Däscher, Pisten- und Rettungschef bei der Corvatsch AG, aus dem tiefen Schlaf. Guten Morgen Peter, es hat heute Nacht einige Zentimeter geschneit dazu wehte ein böiger Wind. Die Dürrenast-Piste und der Hang darüber sind verweht. Im Gebiet Furtschellas sind zwei Hänge kritisch, meldet der Pistenmaschinen- Chef Guido Vincenti. Das ist für den Sicherheitschef eine wichtige Nachricht, die gleichzeitig einen langen Arbeitstag ankündigt. Seine Mission: Lawinen sprengen. Für die Sicherheit der Pisten. Lawinenabgang Winter 2009 Peter Däscher und Guido Vincenti mit dem Lawinenabschussrac 5 Uhr, er steigt in die Kabine der Seilbahn und fährt zur Corvatsch-Mittelstation ins SOS Büro. Mit einem Blick auf den Monitor der Wetterstation verschafft er sich zunächst einen Überblick über die nächtliche Neuschneemenge, Temperatur und Windrichtung. Je nach Windrichtung sind unterschiedliche Hänge und Pisten verweht und werden heute sein dringlichster Einsatzort sein. 5.30 Uhr, durch den nächtlichen Neuschnee sind die Lawinensicherungsmassnahmen heute sehr umfangreich. Gemeinsam mit den inzwischen ebenfalls eingetroffenen Kollegen wird der Lawinen-Sprengstoff aus dem streng gesicherten Munitionsmagazin geholt. Dann machen sich 3-4 Mann, die alle den Sprengausweis haben, auf Skiern zum Sessellift Alp Surlej. Bereits bei dieser Abfahrt werden sie Sprengkörper auf die eine Seite, beim Hochfahren mit dem Lift auf die andere Seite des Hanges. Während der Liftfahrt zur Mittelstation werfen sie weitere Sprengkörper gezielt in die Schneemassen. In der Mittelstation angekommen, holen sie Munitionsnachschub und fahren mit der Luftseilbahn auf die 2. Sektion, also bis zum Gipfel und werfen die nächsten Ladungen gezielt aus der Kabine auf die Piste Chastalets auch als Snownight-Piste bekannt.
Das klingt einfach, braucht jedoch jede Menge Erfahrung bezüglich der Sprengstoffmenge, es braucht das richtige Timing und es braucht eine genaue Kenntnis der Hänge. Parallel zu den Sprengungen am Corvatsch macht sich das Pistensicherungsteam vom Gebiet Furtschellas auf den Weg zur Bergstation und kümmert sich um die beiden kritischen Hänge. Abwurf aus dem Heli 7.30 Uhr, nun geht s per Helikopter weiter. Um Sprengkörper aus dem Heli abwerfen zu dürfen, müssen einige Vorbereitungen getroffen werden, denn die Vorschriften vom BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt) sind streng. So müssen die Sicherheitsanzündeschnüre mindestens 80 cm lang sein (sonst reichen 60 cm) und insgesamt dürfen pro Flug nur 80 kg Sprengstoff mitgenommen werden. vom Heli aus ausgelöste Lawine beim Hang Blais Alleine für die Lawinensicherung des Dürrenast- und Hahnenseegebietes werden aber ca. 200 kg benötigt. Sind die ersten 80 kg verbraucht, fliegt das Sprengteam, bestehend aus einem Sprengmeister und einem Gehilfen, zurück zur Mittelstation, lädt erneut 80 kg nach und fliegt zum nächsten Einsatzort. Und dies so oft wie es die Schneesituation an diesem Tag erfordert. Sind die Sprengungen erledigt, muss Peter Däscher penibel alle verbrauchten Materialien wie Sprengkörper, Reisszünder, Sicherheitsanzündeschnüre notieren, denn der Umgang mit solchen sensiblen Waren wird von der Kantonspolizei genauestens überprüft. Schliesslich handelt es sich hier um scharfe und damit auch gefährliche Munition. Übrigens hinterlassen die Sprengkörper keinerlei Rückstände im Schnee und schaden auch der Umwelt nicht. Durch die Kraft der Explosion werden alle festen Bestandteile komplett aufgelöst und stellen keine Gefahr für Wildtiere und Schneesportler dar. In einem Prozent der Fälle kann es passieren, dass ein Sprengkörper nicht explodiert und im Schnee überwintert. Grundsätzlich geht keine Gefahr davon aus, jedoch sollten solche Blindgänger niemals angefasst werden, mit einem Tuch oder sonst etwas verfügbarem markiert vielleicht sogar auf einer Wanderkarte eingetragen - und die Polizei oder das SOS Büro des Corvatsch direkt informiert werden, damit sie geborgen werden können.
Pistenkontrolle per Ski Jeden morgen bevor die Lifte und Bahnen der Gebiete Furtschellas und Corvatsch ihren Betrieb aufnehmen, fahren die SOS-Patrouilleure alle Pisten mit den Skiern ab, ziehen Netze nach, stellen Schilder wieder auf, sichern schwierige Orte neu. Das ist eine der umfangreichen Aufgaben der 11köpfigen SOS-Crew. Je sicherer die Piste, desto weniger Unfälle geschehen. So erhielt der Corvatsch gerade erst vom ADAC beim Skipisten Check sehr gute Noten. Der Automobilclub hatte in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Skilehrerverband verschiedene Pisten im Alpenraum sowie im Bayerischen Wald unter die Lupe genommen. Die sechs Kilometer lange Corvatsch-Talabfahrt erzielte in der Kategorie "Präparierung" mit 100 Prozent das bestmögliche Ergebnis. Auch in den Bereichen "Sicherung" (97 Prozent, "Piste sehr effektiv gesichert, keine Absturzgefahr am Rand") sowie Markierung (95 Prozent) bescheinigen die Tester dem Sicherheits- und Pistenteam Top-Leistungen. Die SOS-Crew Ein Rega-Helikopter und Lawinenhund Jola im Einsatz Peter Däscher ist seit 20 Jahren als Pisten- und Sicherheitschef bei der Corvatsch AG beschäftigt, kennt seinen Berg wie seine Westentasche. Während der Wintersaison stehe ich ständig unter Strom. Man kann nie wissen, was passiert und muss immer aufmerksam sein. Das macht diese Aufgabe so spannend, aber eben teilweise auch sehr anstrengend. Vor allem muss sich das SOS Team aufeinander verlassen können und sich ständig weiterbilden. Jetzt gerade machen wieder zwei neue Mitarbeiter den A-Kurs als Pisten-Patrouilleur. All die anderen Mitarbeiter sind bereits schon einige Saisons mit dabei und bereiten sich auf einen schneereichen und sicheren Winter vor. SOS-Patrouilleure verantwortungsvoll und professionell Schon allein der Eintrittstest hat sich gewaschen: der Nothelfer-Ausweis gilt als Voraussetzung, um überhaupt zugelassen zu werden. Beim zweitägigen Eintrittstest werden zunächst 20 Fragen zu beantworten sein. Besteht man sie, darf man auch am zweiten Tag teilnehmen. Besteht man den Test nicht, darf man abends gleich nach Hause fahren... Wenn man bleiben darf ist Skifahren gefragt: auf der Piste, im Tiefschnee, mit dem Rettungsschlitten, nachts mit Stirnlampe.
Die Kondition wird bei einem anspruchsvollen Aufstieg mit Fellen unter Beweis zu stellen sein. Darf man nach diesen Anstrengungen mit dem A-Kurs anfangen, sind das medizinische Wissen, der Umgang mit Helikoptern bei der Landung auf der Piste, Sicherung von Unfallorten, Umgang mit verletzten Personen die Lehrinhalte. Und danach beginnt die Realität. Bei der Corvatsch AG sind 11 SOS-Patrouilleure im Einsatz. SOS Crew Corvatsch/Station Silvaplana mit Guido Demond mit Hund Jola, Heinrich Telser, Christian Dwenger, Peter Däscher (kniend), Reto Salis und Michael Stecher(von links) SOS Crew Corvatsch/Station Sils mit Curdin Vincenti, Nicola Foico, Romano Huber, Pierangelo Tomé (von links) (nicht auf dem Foto Robert Messmer) Alarmiert werden sie entweder über die eigenen Notrufnummern des Pistenrettungsdienstes Corvatsch: +41 81 838 73 00 und des Pistenrettungsdienstes Furtschellas: +41 81 838 50 01. Aber auch wenn man den Sanitätsnotruf 144 oder die REGA 1414 anruft, wird man direkt mit dem diensthabenden SOS-Patrouilleur verbunden. Hat dieser den Unfallort und die Anzahl der verletzten Personen genannt bekommen, macht er sich gleich direkt mit dem Rettungsschlitten auf den Weg. Dabei steht die Erstversorgung des Verunfallten im Vordergrund und der SOS Mann entscheidet je nach Verletzung über die Art des Transportes zunächst ins Tal und dann ins Krankenhaus.
Hier stehen der Rettungsschlitten, die Bergbahn oder sogar der Heli zur Auswahl. Bei einem Abtransport mit dem Schlitten oder der Seilbahn bis ins Tal, empfängt die Ambulanz den Patienten und bringt ihn in das Krankenhaus seiner Wahl. Eine Regabergung zieht immer viele Schaulustige an Muss ein Helikopter den Transport übernehmen, wird der Patient direkt an der Unfallstelle auf der Piste abgeholt. Hier übernimmt der SOS-Mann dann enorm wichtige Aufgaben für die sichere Landung des Hubschraubers. So muss die Unfallstelle weiträumig abgesperrt werden, der Helfer im Schnee muss mit Handzeichen dem Piloten bei der Landung behilflich sein und muss andere Personen daran hindern, sich dem Helikopter zu nähern. Landeanflug des Rega-Helikopters bei einer bereits abgesicherten Unfallstelle
Letzte Pistenkontrolle 16.30 Uhr, für Peter Däscher ist es jetzt Zeit die letzte Pistenkontrolle vorzunehmen. Er fährt gemeinsam mit seiner Mannschaft alle Pisten ab, richtet wieder her, baut wieder auf, sichert wieder ab was im Laufe des Tages verrutscht ist. Mit einem Blick auf die Wettervorhersagen für die kommende Nacht begibt er sich gegen 17.30 Uhr in den Feierabend, gedanklich aber immer noch beim Berg. Feierabend habe ich eigentlich nur, wenn ich schlafe, sonst mache ich mir immer Gedanken über die Schneebedingungen. Die Sicherheit der Pisten am Corvatsch kommt eben nicht von ungefähr. Dezember 2009/Kirsten Bollinger