Die Entstehung von Galaxien, Sternen und Planeten oder Warum wir Nah-Infrarot Surveys im Weltraum brauchen!

Ähnliche Dokumente
Alles aus Nichts: der Ursprung des Universums. Simon White Max Planck Institute for Astrophysics

Das Hubble Ultra Deep Field (UDF)

Neues aus Kosmologie und Astrophysik 1.0

Kosmische Evolution: der Ursprung unseres Universums

Auf der Jagd nach der Dunklen Energie: erosita, Simbol-X und XEUS

Licht aus dem Universum

Experimentelle Astrophysik

25 Jahre Hubble Weltraumteleskop

Schwarze Löcher, Zeitmaschinen und der Anfang der Welt

5. Entstehung großräumiger Struktur im Universum

Mathematik und Astrophysik

Das kosmologische Orchester:

Wie lange leben Sterne? und Wie entstehen sie?

Bodo Ziegler. Institut für Astronomie Universität Wien. FORS Deep Field

Kosmogonie. Entstehung der Strukturen im Universum. Seminar des Physikalischen Vereins Frankfurt am Main Rainer Göhring

Astronomie Objekte II Nebel, Galaxien

Schon wieder eine entfernteste Galaxie [20. März] Eine neue ferne Galaxie - noch weiter entfernt als alle anderen.

Kosmische Strukturbildung im Grossrechner. Simon White Max Planck Institut für Astrophysik

DAS WELTBILD DER MODERNEN PHYSIK

Die ersten Galaxien: Wie der heutige Kosmos entstand. Heidelberger Gaduiertenkurse Physik April 2006

Über die Vergangenheit und Zukunft des Universums

Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung Kapitel 1: Sonnensystem Kapitel 2: Sterne, Galaxien und Strukturen aus Galaxien

Die Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute. Gisela Anton Erlangen, 23. Februar, 2011

Gliederung. Geschichtliches IR-Strahlungsquellen Das Infrarot-Spektrum und dessen Unterteilung IR-Beobachtung

Die dunkle Welt. Simon White Max Planck Institut für Astrophysik

Das Leben, das Universum und der ganze Rest. Corvin Zahn, Institut für Physik Universität Hildesheim

Einfuehrung in die Astronomie II SoSe 2010

VLT, VLTI (AMBER), ELT

Die Geburt von Monstern - VISTA lokalisiert die frühesten Riesengalaxien

Wie. ist die Welt entstanden? (und nicht warum) Andreas Müller. 08. Februar MPI für extraterrestrische Physik Garching

Der Nobelpreis Physik 2011

Die Entwicklung der Urknalltheorie. Manuel Erdin Gymnasium Liestal, 2012

Licht aus dem Universum

BILDAUSWAHL DER KÜNSTLER / FOTOGRAFEN BEI ASTROFOTO

Aus was besteht unser Universum?

Vom Urknall. bis heute Zeit. Kosmologie. Christian Stegmann Universität Erlangen-Nürnberg

Die dunkle Seite der Kosmologie

Keine Welt ohne explodierende Sterne. Bruno Leibundgut Europäische Südsternwarte (ESO)

Kosmologie. Eine kurze Einführung. Sarah Aretz CERN

CIAO - Wellenfrontsensoren für GRAVITY CIAO - Wavefront Sensors for GRAVITY. Silvia Scheithauer

Urknall und Entwicklung des Universums

Dunkle Materie und dunkle Energie

50 Höhepunkte aus 50 Jahren

Einführung in die Astronomie und Astrophysik II

Semestereinführung SS 2017

Die Entwicklung des Universums

Nachträgtlicher VLT-Blick auf eine seltsame kosmische Kollision

Urknall und. Entwicklung des Universums. Grundlegende Beobachtungen Das Big-Bang Modell Die Entwicklung des Universums 1.1

Semestereinführung WS 2016/2017

Sterne, Galaxien und das Universum

JANUAR Galaxien im frühen Universum

Kosmische Evolution für Nicht-Physiker: Wie unser Weltall wurde, was es heute ist. 7. Galaxien Teil 2

Inhaltsverzeichnis VII

Strategie und Durchführung aktueller Himmelsdurchmusterungen

Moderne Kosmologie. Michael H Soffel. Lohrmann Observatorium TU Dresden

Sternenfenster Licht vom Anfang der Welt. Bruno Leibundgut ESO

Der Saraswati-Supergalaxienhaufen - neue riesige Struktur im Universum [21. Jul.]

Dunkle Materie im frühen Universum weniger einflussreich als vermutet

Galaxien, Quasare, Schwarze Löcher

Das Rätsel der Dunklen Materie Erhellendes aus Universum und Labor

Dunkle Materie: von Urknall, Galaxien und Elementarteilchen

Und es werde Licht. Die kosmische Hintergrundstrahlung

AMS-02 Modell auf ISS

Das Universum rennt... [18. Jun.] Und das Universum dehnt sich noch schneller aus... Hubble und das Universum

Ralf-Dieter Scholz Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam Milchstraße und die lokale Umgebung. Babelsberger Sternennacht, AIP 19.

Seitenansichten unserer Milchstraße.

2. INFRAROT-Durchmusterungen

Vermessung des Universums Rotverschiebung und Distanzen von Galaxien. Max Camenzind Senioren Akademie 2014

Prof. Dr. Harald Lesch. Sternwarte der LMU München & Hochschule für Philosophie (SJ)

Schwarze Löcher in Bulges und Pseudobulges Black Holes in bulges and pseudo-bulges

Sterne, Galaxien und das Universum

Licht vom Anfang der Welt

Das neue kosmologische Weltbild zum Angreifen!

Die Schöpfung aus physikalischer Sicht Das frühe Universum

Neue Welt TRAPPIST-1 Max Camenzind Akademie HD

Kosmologie. Eine kurze Einführung. Sarah Aretz CERN

POPULATION III- STERNE

Die Milchstraße als Beispielgalaxie

Die ersten Sterne im Universum

Astronomie für Nicht Physiker SS 2013

Faszination Astronomie

Sind wir allein im Universum? Die Suche nach Wasser und nach einer zweiten Erde

Kosmologie. der Allgemeinen Relativitätstheorie. Gravitationswellen

Suche nach Dunkler Materie

Teleskope erweitern den Horizont

Zeitreise durch das Universum - Wo Physik auf das fast Unvorstellbare trifft

Sterne und Weltraum. Hochauflösende Teleskope Weltraumteleskop Hubble Very Large Telescope

Cover Page. The handle holds various files of this Leiden University dissertation.

10. Planeten-Entstehung

Sterne und Weltraum. Hochauflösende Teleskope Weltraumteleskop Hubble Very Large Telescope

Kosmologie. Wintersemester 2015/16 Vorlesung # 2,

Schwarze Löcher. Dr. Knud Jahnke. Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg

Wie ist die Welt entstanden? Öffentlicher Vortrag zur Ausstellung Weltmaschine Goethe Universität, Frankfurt am Main, 17.

Kosmologie. der Allgemeinen Relativitätstheorie. Das Standard-Modell der. Kosmologie

1. Was ist ein Brauner Zwerg? Definition, Physik, Entwicklung, Aufbau, Spektralklassen

Supercomputer Simulationen der Entstehung der Galaxien und der ersten Quasare

Dunkle Materie & Dunkle Energie: die unbekannten 95% des Universums

Stellarstatistik - Aufbau unseres Milchstraßensystems (4)

Galaxien (2) - Scheibengalaxien

Die untere Abb. ist die Differenz zu einem Modell mit q 0 = 0, also (m M) = log (1 q 0 ) z +...

Transkript:

Die Entstehung von Galaxien, Sternen und Planeten oder Warum wir Nah-Infrarot Surveys im Weltraum brauchen! Ralf Bender Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik Garching Univsersitäts-Sternwarte der Ludwig-Maximilians-Universität München

Was wir wissen: Das Universum entstand von ca 13.7 Milliarden Jahren im sog. Urknall. Zeit und Raum existierten erst nach 10-43 s. Alle heutigen Strukturen entstanden aus winzigen Quantenfluktuationen, die in einer sog. inflationären Phase nach 10-36 s aufgebläht wurden. Die heutige Zusammensetzung ist: 4.6% Baryonen, 0.01% Photonen, 0.1% Neutrinos, 23% Kalte Dunkle Materie, 72% Dunkle Energie. Das Universum hat flache Geometrie, hat unterkritische Dichte und expandiert heute beschleunigt, d.h. es wird für immer expandieren. Strukturen entstanden hierarchisch und bottom up, d.h. kleinere Strukturen bilden sich zuerst (erste Mini-Galaxien etwa 400 Mio. Jahre nach dem Urknall), größere wie unsere Milchstraße durch sukzessive Verschmelzungs- und Akkretionsprozesse. Alle Elemente schwerer als Li wurden in Sternen fusioniert. Planetensysteme sind häufig, aber viel variantenreicher als erwartet und sie entstehen nur in Systemen mit ausreichend hohem Anteil an schweren Elementen (>1%, wie Sonne).

Was wir nicht wissen: (eine sehr kleine Auswahl...) Was bestimmt die Anfangsbedingungen des Urknalls? Was ist die Ursache der inflationären Phase? Woraus besteht die Dunkle Materie, was ist die Dunkle Energie? Wo verstecken sich die Baryonen, d.h. die normale Materie, im lokalen Universum? (nur etwa 1/4 bis 1/2 wurde bisher gefunden!) Wann bildeten sich die allerersten Galaxien und Sterne und wie sahen sie aus? Wie funktioniert der Galaxienbildungsprozess und welche Transformationen erfahren Galaxien im Laufe ihrer Entwicklung? Welche Rolle spielen massereiche schwarze Löcher und die dunkle Materie in der Entwicklung von Galaxien? Wie genau entstehen Sterne, was bestimmt ihre Massenverteilung? Wie entstehen Planetensysteme, was bestimmt ihre Eigenschaften?...

Entstehung und Entwicklung von Galaxien FORS Spektrograph am Very Large Telescope Very Large Telescope, 4 x 8m (VLT), European Southern Observatory, Paranal, Chile

Palomar Photographische Platte Galaxien-Entwicklung mit FORS @ VLT: FORS Deep Field: BRI Echtfarbenbild Durchmesser: 1/5 Vollmond; FWHM = 0.45

~1 x1 Ausschnitte BRI Echtfarbenbild 20 Stunden Bel.zeit Galaxienhaufen (3.7 Milliarden Lichtjahre) Spiralgalaxie (2.6 Milliarden Lichtjahre) Baby-Galaxie (12.3 Milliarden Lichtjahre) Alter des Universums: 13.4 Milliarden Jahre

FIRES NIR Survey mit ISAAC @ VLT IJK Echtfarbenbild 100 Stunden B.zeit

Der kosmische Hintergrund am Boden im Orbit

survey speed = A Ω / P 2 / B 1/2 (faint objects)

survey speed = A Ω / P 2 / B 1/2 (faint objects)

EUCLID(=DUNE+SPACE): wide-field optical/nir imaging and spectroscopy in space proposal for ESA Cosmic Vision program 1.2m telescope with 0.5 square degree optical and NIR imaging cameras, and NIR spectrograph with DMD s main goal: image all of the extragalactic sky to ~24 mag and spectroscopy to H=22 to investigate dark matter and dark energy with weak lensing and BAOs data of large legacy value for galaxy evolution, black hole formation... NIR imaging focal plane lead by MPE, with collaboration of MPIA, JPL launch ~2017 ideal complement to surveys Pan-STARRS, erosita, KIDS...

Nah-Infrarot Photometrie und Dunkle Energie Alle Messungen der Dunklen Energie brauchen Rotverschiebungen von Galaxien. Es ist aber unmöglich, Spektren von allen benötigten schwachen Galaxien zu erhalten. Photometrische Rotverschiebungen sind eine gute Alternative. Diese sind aber nur genau genug, wenn man Nah-Infrarot Flüsse von ausreichender Tiefe zur Verfügung hat. photometric redshift 1 2 3 photometric redshift 1 2 3 1 2 3 redshift 1 2 3 redshift

Micro-Lensing Suche nach erdähnlichen Planeten mit original DUNE Mission, aber wahrscheinlich nicht mit EUCLID

NIRSAT: A Deep Near-Infrared All-Sky Survey Mission (inspired by PRIME and in the spirit of ROSAT,... and a better version of NIR-imaging with DUNE/EUCLID) 1.2 m Teleskop, passively cooled in ~500km orbit 1µm to 4µm, 4 bands JHKL simultaneously 4 year lifetime provide an all-sky survey to m~25 i.e. 1000 times deeper than 2MASS provide ~ 200 square degrees to m~27 NIRSAT NIRSAT Deep Science Goals: Find all bright quasars to z~15 all bright galaxies to z~10 all massive galaxy clusters to z~4 ~1000 of SNIa to z~5 ~100s of brown dwarfs to D~2kpc find earth like planets via lensing dark energy from large-scale structure and lensing (photo z) Complementary observations: In Optical: PanSTARRS In X-rays: erosita

Die Milchstraße im 2MASS-Nah-Infrarot Survey Grenzhelligkeit mab ~ 15.5

Junge Sterne und Sternentstehung findet in staubigen Gaswolken statt, die im optischen undurchdringlich sind, aber im Infrarotbereich durchsichtig werden Orion Nebel: optische Aufnahme HST nah-infrarote Aufnahme

Braune Zwerge und Struktur der Milchstraße Bisher sind braune Zwerge nur in der Sonnenumgebung bekannt. Ein Nah-Infrarot-Survey im Weltraum würde zur Entdeckung von Hunderten von braunen Zwergen bis zu ~2 kpc Abstand führen.

Eine NIR-Mission a la NIRSAT ist die ideale rare-object search engine NIRSAT würde 1000-10000 leuchtkräftige Galaxien bei z=8 und 100-1000 leuchtkräftige Galaxien bei z=10 finden, ebenso 100e Quasare/Schwarze Löcher bei z=10 und alle Galaxienhaufen bis z=4 NIRSAT würde die Frage beantworten helfen, wie das Universum bei z~10 re-ionisiert wurde. NIRSAT würde eine phantastische Inventur der Milchstrassen- Struktur sowie aller Sternentstehungsgebiete in der Milchstrasse und in nahen Galaxien liefern. NIRSAT könnte viele erdähnliche und kleinere Planeten durch Microlensing entdecken.

Strategien für die Zukunft Andere Länder bieten bessere Möglichkeiten Missionen auf nationaler Ebene zu entwicklen. Manchmal werden diese national oder bi-national umgesetzt, häufig werden sie ESAisiert. Dies sichert diesen Ländern eine Führungsrolle in den Missionen zu und macht die deutschen Wissenschaftler zu Trittbrettfahrern. Das nationale Weltraum-Programm muss gestärkt werden, um die Initiativfähigkeit für Weltraummissionen wiederzugewinnen. Idealerweise sollte alle paar Jahre die Möglichkeit bestehen, eine nationale Kleinmission zur Grundlagenforschung im Weltraum umzusetzen.