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Transkript:

OrganisationsEntwicklung Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management 411 Die Jubiläumsausgabe Zukunft des Change Managements Professionalisierung einer Disziplin Rückblick auf 30 Jahre OE Was sich im Change Management ändern wird Die Praktiker zur Zukunft der Zunft Change übermorgen Otto Scharmer zur Veränderung der Veränderung Im Dialog mit 1500 Teilnehmern Organisationsentwicklung bei den Schweizer Bundesbahnen Sprache und Change Management Ein Linguist seziert die Profession

Erfahrung Sicherheit optimieren! Adrian Etter Sicherheit optimieren! Wie die SBB einen strukturierten Dialog mit 1500 Teamleitern führt Dieser Artikel zeigt, wie ein hoch strukturierter Dialog über vorhandenes Wissen, bereits bestehende Fähigkeiten, erfolgreich realisierte Lösungen und vorbildliches Verhalten konzernweit geführt werden kann, inspiriert vom Slogan: Wenn die SBB wüsste was die SBB weiß. Dieser Dialog wurde über eine breit angelegte Workshopkampagne zum Thema «Sicherheit und Berufsunfälle» in den Jahren 2008/2009 unter 1499 Teamleitern und in drei Sprachen durchgeführt und leistete einen Beitrag zu der positiven Entwicklung der Sicherheitskennzahlen des Unternehmens. Das Unternehmen SBB Die SBB ist die größte Reise- und Transportfirma der Schweiz mit 327,5 Millionen Fahrgästen pro Jahr. Das 3.011 Kilometer lange Netz besitzt über 800 Bahnhöfe und die Züge verkehren im Stunden- oder Halbstundentakt. Die SBB Cargo transportiert täglich 230.000 Tonnen Güter für ihre 3.500 Kunden. Die Unternehmung betreibt ein Schienen-, ein Elektrizitäts- und ein Telekommunikationsnetz. Eine breite Palette von Berufsgruppen nutzt, plant, unterhält und erneuert diese Netze. All diese Aktivitäten und Dienstleitungen werden von 27.978 Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern rund um die Uhr erbracht. Die enorme Komplexität eines solchen Unternehmens stellt eine hohe Anforderung an die Sicherheit dar. Sie ist eines der zentralen Anliegen des öffentlichen Verkehrs und wurde von der Konzernleitung der SBB zu einem der drei Top Konzernziele deklariert. Ausgangslage Die Zielerreichung im Thema Sicherheit hat hohe Priorität und Interventionen werden auf verschiedenen Ebenen durchgeführt: Die Stärkung der Awareness durch Sensibilisierungskampagnen, die Verbesserung des Know-Hows mittels flächen de ckenden Schulungen, die Optimierung der sicherheitsrelevanten Mit tel, Controlling über Sicherheitskennzahlen und externe Audits. Die kontinuierliche Professionalisierung wird durch Sicherheitscoaches gewährleistet, welche der Linie zur Seite gestellt wurden. Ein externes Audit kam, trotz all dieser Maßnahmen zum Schluss, dass weitere Verbesserungen nur durch eine Entwicklung des Sicherheitsverhaltens möglich waren! Wir beschreiben in diesem Artikel eine Vorgehensweise, welche auf der Verhaltensebene interveniert und diese positiv beeinflusst hat. Er stellt eine konkrete Vorgehensweise im lösungs- und ressourcenorientierten Arbeiten mit großen Organisationen vor. Vorgehen Um diese Verhaltensänderung im Unternehmen zu bewirken, konzipierte eine Projektgruppe, mit Unterstützung einer internen OE-Beratung, eine breit angelegte und flächendeckende Workshopkampagne mit drei definierten Zielgruppen: Für die 2000 operativen Teamleiter als erste Zielgruppe sollte ein überzeugender Workshop bereitgestellt werden. Die freiwilligen Moderatorinnen und Moderatoren, als zweite Zielgruppe, durch attraktive und gleichzeitig einfache Moderationstools unterstützt werden. Als dritte Zielgruppe wollten wir die Fachstelle Sicherheit ins Auge fassen. Diese benötigte, einen einfachen Prozess zur Steuerung der Workshopkampagne. Umsetzungsorganisation der Workshopkampagne Die Umsetzungsorganisation sollte aus der Perspektive der Fach führung einfach zu steuern und kompatibel mit dem «Spirit» der Workshopkampagne sein, d.h. ressourcenorientiert im Ver halten und lösungsorientiert in der Umsetzung. Als Ressourcen werden in diesem Zusammenhang, das Know How, die Fähigkeiten und die Kreativität von Mitarbeitenden verstanden. Die Umsetzungsorganisation bestand aus zwei Zielgruppen: die Sicherheitscoaches und die Fachstelle Sicherheit: Die Fachstelle Sicherheit wollte eine einfache Steuerung der Workshopkampagne. Zu diesem Zweck haben wir die Workshops aus der operativen Linie herausgelöst, d.h. diese wurden durch die Fachstelle Sicherheit angeboten. Dafür benötigten wir eine Auftragserteilung der Konzernleitung zu handen der Fachstelle Sicherheit. Die Fachführung erhielt somit den formellen Auftrag, das Engagement der Linienorganisationen für die Workshopkampagne zu überprüfen und steuernd darauf einzuwirken. Die zukünftigen Trainer waren nach unserer Einschätzung ein weiterer kritischer Erfolgsfaktor. Es galt diese so auszubilden, dass sie dieser Herausforderung gewach- 60 OrganisationsEntwicklung Nr. 4 2011

Adrian Etter Sicherheit optimieren! Erfahrung sen waren und die Moderation mit Freude und Leichtigkeit durchführen konnten. Die Sicherheitscoaches wurden durch ein «Train the Trainer»-Konzept zu Moderatoren ausgebildet. Zweimal jährlich organisierten wir für die Moderatoren Workshops, um einen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen und gegenseitiges Lernen zu fördern. Die operative Umsetzung lag in der Verantwortung von möglichst motivierten Sicherheitscoaches. Die Fachstelle Sicherheit besaß die Konzept-, Kommunikations-, Koordinations-, Entwicklungs- und Controlling Verantwortung. Sie verantwortete das Design der Workshopdramaturgie, die Entwicklung und Begleitung der Sicherheitscoaches und die Bereitstellung von Moderationstools. Die unternehmensweite Kommunikation wurde über die bestehenden Fachführungsgremien gesteuert. Das Controlling der Kampagne fand über ein bestehendes Anmeldetool im Intranet statt. Als Key Perfomance Indicator (KPI) definierten wir: Anzahl Teamleiteranmeldungen pro Zeiteinheit und pro Bereich. Dieser KPI erlaubte es uns, eine Übersicht über die Beteiligung der Divisionen an der Dialogkampagne zu geben. Die Fachführung hatte ein Instrument in der Hand, mit dem sie die Anmeldedisziplin der hierarchischen Führung beobachten konnte und welches sie befähigte, steuernd in die Linie einzuwirken. In regelmässigen Abständen wurde der Verlauf der Anmeldungen nach Geschäftsbereichen ausgewertet. Das Reporting an die Konzernleitung und die entsprechenden Geschäftsbereiche beinhaltete einen Vergleich zwischen prognostiziertem Soll-Verlauf der Anmeldungen zu realem Ist-Verlauf. Die Situation wurde in regelmässigen Abständen in den bereits vorhandenen Fachführungsgremien besprochen. Zur Steuerung der Anmeldungen wurden Massnahmen eingeleitet. Die Umsetzungsverantwortung für die Begleitung der Workshops übernahmen die Sicherheitscoaches. Die Standortverantwort- Abbildung 1 Die Umsetzungsorganisation der Workshop-Initiative CEO Zentraler Fachbereich Reporting = Zufluss Teilnehmer Infrastruktur Personenverkehr Güterverkehr Immobilien Sicherheitscoaches befähigung Controlling = Zufluss Teilnehmer Umsetzung Sicherheitswerkstatt Flächenorganisation Schweiz Deutsch/Franz./Italienisch Hierarchische Führung CEO/Fachbereich Sicherheit (KSi) Fachliche Führung KSi Sicherheitscoaches Workshopleitung Operative Teamleiter Moderatorenteam Doppelfunktion: Moderator und Standortverantwortlicher Dialog außerhalb der eigenen Organisation Die Teilnehmer einer Sicherheitswerkstatt stammen aus allen Divisionen (Bereichsübergreifendes Setting). Die Moderation wird durch ein Tandem von Sicherheitscoaches durchgeführt. OrganisationsEntwicklung Nr. 4 2011 61

Erfahrung Sicherheit optimieren! Adrian Etter lichen kümmerten sich um die Organisation, das Bereitstellen von Sitzungszimmern für die Durchführung und die Logistik vor Ort. Um eine hohes Maß an Engagement der Sicherheitscoaches zu erreichen, haben wir eine sehr ansprechende Workshopdramaturgie entwickelt und ebenso spannende wie leicht anwendbare Moderationstools vorbereitet. Unter Dramaturgie verstehen wir die «theatrale» Dimension des Workshops, wie z.b. ein spannender Ablauf, das grafische Design der Workshop Tools als «Bühnenbild» und die packende Inszenierung von Haupt- und Nebenrollen (Teilnehmende, Moderator, CEO und Stuntman). «Die Entwicklung eines attraktiven Workshopdesigns entschied über den Erfolg der Kampagne.» Attraktivität des Workshopdesigns Wir entwickelten eine Workshopdramaturgie mit acht Moderationsschritten und einem Zeitbudget von drei Stunden. Die einzelnen Workshopphasen folgten dem Werbewirkungsprinzip AIDA (attention/interest/desire/action). Ziel war es, bei den Teamleitern die Aufmerksamkeit für das Thema Sicherheit einzufangen, ihr Interesse am Thema zu wecken, ihr Verlangen nach eigenen Beiträgen zu stimulieren und schließlich den Willen zu fördern, einen eigenen und konkreten Beitrag in Selbstverantwortung zu leisten. Attention Zwei Absichten wurden in diese Workshopphase integriert: Zum einen sollte die Aufmerksamkeit der Workshopteilnehmenden gewonnen werden, um diese auf das Thema Sicherheit zu fokussieren. Diese Fokussierung sollte durch die Inszenierung eines Opinion Leaders erleichtert werden, einer Per son, welche innerhalb einer sozialen Gruppe über Mei nungs au torität verfügt. Zu diesem Zweck haben wir einen Kurz film von fünf Minuten verfasst, bei dem der CEO von SBB zu den Workshopteilnehmern spricht und ihnen die Bedeutung des Themas Sicherheit für die Unternehmung vermittelt. Diese Botschaft war im Geiste des ressourcen- und lösungs orien tier ten Handelns verfasst. Er gratulierte ihnen zur Erfolgsgeschich te und forderte sie auf, ihr Know-How und ihre Um set zungskompetenz dem Unternehmen zur Verfügung zu stel len, um beim Thema Sicherheit noch besser zu werden. Die Erfolgsgeschichte zeigt, dass in den letzten 14 Jahren die Berufsunfälle um 2/3 abgenommen haben, bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Produktivität pro Mitarbeitenden um 80 Prozent. Die zweite Absicht war, den Moderatoren, die Legitima tion zu verleihen und ihnen den Rücken zu stärken. Interest In dieser Phase galt es, das Interesse und die Neugierde der Teilnehmenden zum Thema Sicherheit zu stimulieren. Das Arbeiten mit einem «Testimonial» sollte dieses Interesse positiv beeinflussen. Testimonials sind Menschen mit einer thematisch hohen Glaubwürdigkeit und deren Botschaften entsprechend ernst genommen werden. Wir haben Oliver Keller beauftragt, ein erfolgreicher Schweizer Stunt Man, der in Hollywood arbeitet und als Spezialist im Thema Sicherheit betrachtet werden kann. Diesen Testimonial haben wir durch den Film «der Experte kehrt zurück» inszeniert. Exemplarisch werden in diesem Film reale Unfälle des Unternehmens SBB nachgestellt, durch Oliver Keller analysiert und kommentiert. Oliver Keller richtet immer wieder den Appell an die Zuschauer: «Seid stolz auf euren Job, Euer Job ist gefährlich, seid vorsichtig!» Qualitativ hat dieser Film das Thema Sicherheit auch emotional sehr stark besetzt. Unter diesem Eindruck konnte dann den Teilnehmenden optimal ein kurzer Theorieblock in Form eines Trainerdialoges vermittelt werden. Es war uns ein großes Anliegen, jede denkbare Unterstützung für die Moderatoren zu tätigen, damit sie sich mit dem Gruppenprozess beschäftigen konnten und keine Experten werden mussten, im «jonglieren» mit komplizierten Moderationstools. Jeder der acht Moderationsschritte des Workshops wurde kon sequent durch eine funktional und ästhetisch ansprechende Moderationsfläche, begleitet und einem dazu gehörenden Set von Moderationskarten, welche den Trainerdialog steuerten. Desire Nun galt es, den Focus auf die «Awarness» zu richten und den Teilnehmenden klar zu machen, dass sie selber Teil der vom CEO erwähnten und vom Trainer geschilderten Erfolgsgeschichte waren. Wir liessen uns vom Grundprinzip der Appreciative Enquiry (AI) inspirieren. Demnach bewegen sich die Menschen und Systeme in die Richtung, in die sie schauen. AI konzentriert sich daher auf die Stärken, das Positive, das Potenzial eines Systems. Das zentrale Element war hier die oben erwähnte Erfolgsgeschichte. Die Botschaft war, dass nur das aktive Denken und Gestalten aller Mitarbeitenden dieses Resultat ermöglicht hatten. Wir richteten folgende Frage an die Workshopteilnehmenden: Wie habt ihr diesen Erfolg zustande gebracht? Welche Erfolgsrezepte habt ihr entwickelt, dass dieser Erfolg möglich wurde? Diese Frage führte zu einem angeregten Erfahrungsaustausch. Die operativen Teamleiter berichteten mit Stolz über ihrer Erfolgsgeschichten. Das implizite Wissen wurde ausgesprochen, gegenseitige Inspiration und Lernen wurde möglich. Hier erfuhr die SBB was die SBB wusste! Die nächste Frage mit dem wir das anwesende soziale System stimulierten war: Welche Ideen habt Ihr, um die Erfolgsgeschichte weiter zu entwickeln, um im Thema Sicherheit noch 62 OrganisationsEntwicklung Nr. 4 2011

Adrian Etter Sicherheit optimieren! Erfahrung besser zu werden? Diese Frage führte zu einem angeregten Dia log über Lösungsoptionen, zur Verbesserung der Sicherheit. Moderationstechnisch wurden diese Phasen mit einer einfachen Kartenabfrage analog realisiert. Action Mit dem Ziel, Absichten in Handlungen zu trans for mieren lautete die Prämisse in dieser Phase: «kleine Brötchen backen», was bedeutete, bescheidene aber in Eigenverantwortung sofort umsetzbare, budgetneutrale Maßnahmen umzusetzen. Die aktivierende Frage lautete: Welches kleine Brötchen backe ich für mein Team? Der Dialog unter den Teil nehmenden wurde wieder mit der bewährten und robusten Kartenabfrage bewerkstelligt. Die Teilnehmer schrieben ihre Ideen auf Post it s und klebten diese auf die Moderationsfläche. Das Hinter grunds - bild war ein Bäcker in persönlicher Sicherheitsausrüstung (PSA genannt) und einem Tablett mit «kleinen Brötchen» in der Hand. Die Bildersprache war aus der gleichen Künst lerhand, analog gestaltet. Da von den 2000 möglichen Teamleitern 1499 an der Workshopinitiative teilgenommen haben, entstanden mindestens 1499 kleine Brötchen. Dieser strukturierte Dialog lebte von der Qualität des Austausches und der Eigenmotivation der Teilnehmenden zur Selbstverantwortung. Im Gegensatz zu typischen KVP-Prozessen hatten wir bewusst auf ein Controlling- System der Maßnahmen verzichtet. Die Maxime war selbstverantwortliches Umsetzten und Eigenkontrolle. After Workshop Der Workshop sollte auch nach dem Anlass am eigenen Arbeitsplatz noch nachklingen. Dazu haben wir nach dem Prinzip des Flow Team Design s einen Transmitter entwickelt, eine klar definierte Botschaft, welche ins System gestreut wird und Neugierde beim Adressaten für den Inhalt der Botschaft erwecken soll. Jeder Teilnehmende hat einen Transmitter mitbekom men, um auf freiwilliger Basis mit seinem Vorgesetzten eine Maß nahme in seiner Arbeitsorganisation umzusetzen und diese Idee an einen Briefkasten zurückzusenden. Um die Attraktivität der Rücksendung zu erhöhen, haben wir dies mit einem Wettbewerb verbunden. Resultate Die Workshopkampagne fand in den Jahren 2008/2009 statt. Von den total 2000 Teamleitern haben 1499 Teamleiter an diesem strukturierten Dialog teilgenommen. Es wurden 36 Sicherheitscoaches zu Moderatorinnen und Moderatoren ausgebildet. Die Kampagne erfolgte in drei Sprachen und wurde landesweit an 12 Standorten durchgeführt. Die Betreuung vor Ort gewährleisteten die jeweiligen Standortverantwortlichen. Dies waren Moderatoren, welche sich freiwillig dazu bereit erklärt hatten, die logistischen Fragen vor Ort, wenn immer möglich, selbständig zu lösen. 248 Moderatoreneinsätze wurden benötigt, wobei kein einziger Workshop abgesagt wurde, weil ein Moderator verhindert war. Das Budget diese Kampagne betrug total 1.2 Millionen Schweizer Franken. In dieser Summe wurden die Kosten für den Film, die Videobotschaft, die Moderatoreneinsätze als auch die benötigte Zeit der Teilnehmenden eingerechnet. In jedem Workshop konnte sich jeder der 1499 Teamleiter von den Ideen der Anderen inspirieren lassen und selber ein «kleines Brötchen backen». 111 Transmitter fanden den Weg zurück und nahmen am Wettbewerb teil. Den ersten Preis gewann ein Teamleiter, welcher kurzerhand die Moderationstools bestellte und den Workshop an seinem Weihnachtsanlass mit der eigenen Arbeitsorganisation durchführte. Diese Idee verwendeten wir für die Weiterentwicklung einer neuen Workshopidee, die zu einer intensiveren Fortführung der Work - shopkampagne führte, welche aktuell im Unternehmen läuft. In dieser Workshopkampagne führen alle Führungskräfte über alle Stufen des Unternehmens mit ihrem eigenen Team, den Dialog zum Thema Sicherheit. Der strukturierte und fokussier te Dialog wird, mittels einer eigens dafür entwickelten Toolbox, in den bestehenden Führungsgefässen thematisiert und findet Top- Down durch die Linienorganisation statt. Durch den Top-Down Prozess wird das Thema Sicherheit aus einem strategischen, strategisch-operativen und operativen Blickwin kel betrachtet. Das Jahr 2009 war ein sehr erfolgreiches Jahr im Thema Sicherheit. Die Sicherheitskennzahl war um 26 Prozent besser als im Vorjahr. Die Zahl der Unfallereignisse ging zurück. Diese erfreuliche Entwicklung im Bereich Sicherheit wurde im Geschäftsbericht 2009 der SBB speziell erwähnt. Dank dem vorbildlichen Einsatz der 27.978 Mitarbeitenden blieben die SBB und ihre Kundinnen und Kunden, wie bereits in den Vorjahren von schweren Unfallereignissen verschont. Die Zahl der so genannten mittelschweren Zusammenstöße ging um 29 Prozent zurück, die der Entgleisungen gar um 50 Prozent. Ebenfalls reduziert werden konnte die Rate der Berufsunfälle, sie lag 2009 um 13 Prozent unter der des Vorjahres. Wir sind überzeugt, dass unsere Workshopkampagne mit einen Beitrag zu diesem Erfolg geleistet hat. «Die Kampagne erfolgte in drei Sprachen und wurde landesweit an 12 Standorten durchgeführt.» Fazit Welche Lernchancen haben wir aus diesem strukturierten Dialog gewonnen? nis von lösungs- und ressourcenorientierten Arbeiten aller Stakeholders voraus. Die Fachstelle Sicherheit und das Top Management sollte die Chance erkennen, welche in der Aktivierung der Ressourcen der Mitarbeitenden schlummert. OrganisationsEntwicklung Nr. 4 2011 63

Erfahrung Sicherheit optimieren! Adrian Etter Was passiert, wenn die SBB anfängt zu wissen, was die SBB weiss? ken und Identifikation mit dem Thema schaffen. Hier hat sich das Arbeiten mit einer Erfolgsgeschichte bewährt. Diese sollte sorgfältig ausgewählt werden, kraftvoll sein und die Möglichkeit bieten, dass Workshopteilnehmer sich mit ihr identifizieren können. Sie sollte Stolz und Vertrauen in die eigene Leistung erzeugen und Lust auf noch bessere Leistung ermöglichen. Literatur «Erfolgreicher Beitrag: Die Sicherheitskennzahl war um 26 Prozent besser als im Vorjahr. Die Zahl der Unfallereignisse ging zurück.» eine beachtliche Herausforderung. Moderation im selbst gewählten Tandem und Rückenstärkung durch die Videobotschaft des CEO s sind hilfreichende Elemente. intuitiv in der Anwendung sind und die Benutzung viel Spass macht! Nicht das «Jonglieren» mit den Tools, sondern die kreative Begleitung des Gruppenprozesses durch die Moderatoren ist von Entscheidung. wiesen. Die Teilnehmenden kommen aus den unterschiedlichsten Geschäftsbereichen. Die Dialoge sind nicht durch Arbeitsbeziehungen belastet. operativen Teamleitern, zu beginnen und einem strukturierten Dialog zu führen. Auf dieser Basis aufbauend können sich Chancen für die Weiterentwicklung des strukturierten Dialogs ergeben. Dr. Adrian Etter Managementberatung und Programme (HR-PE-MBP), SBB AG Kontakt: adrian.etter@sbb.ch Bonsen zur, M. und Maleh, C. (2001). Appreciative Inquiry (AI): Der Weg zu Spitzenleistungen, Beltz Verlag. Etter, A. (2011). Influencing safety behavior: An interactive workshop campaign, which facilitates a cultural change in safety, First World Congress on Rail Training, Madrid. Felser, G. (1997). Werbe- und Konsumentenpsychologie: Eine Einführung (S. 1 29). Spektrum. Gerber, M. und Gruner, H. (1999). Orientierung 108: www.concreanet.com/dok/o-108_d-gesamt.pdf. Geschäftsbericht (2009). http://mct.sbb.ch/mct/konzern_ dienstleistungen. Girardin, M. Creative consulting. http://www.girardin.ch/ auszeichnungen/edi/index.html Pierer von, H. (2000). Pressekonferenz «Siemens The E-Drive Company». 64 OrganisationsEntwicklung Nr. 4 2011

Wandel erkennen. Veränderung gestalten. Zukunft gewinnen. Online finden. OrganisationsEntwicklung Ihr qualifizierter Partner in allen Veränderungsprozessen. Konzepte und Vorgehensweisen für die Realisierung von umfassenden Change-Projekten Themen und Trends zur Führung und Entwicklung von Unternehmen und Organisationen Fallstudien, Tools und Erfahrungsberichte aus Projekten der Organisations-, Unternehmens- und Personalentwicklung Hinweise auf relevante Literatur und Veranstaltungen Vorteile für Abonnenten: 4x jährlich OrganisationsEntwicklung Zugang zum Online-Archiv Newsletter mit Zugriff auf das aktuelle Heft Jetzt 1 Ausgabe inkl. Zugang zum Online-Archiv kostenlos testen.

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