1710 Brand- und Explosionsursachen Fachliche Bestellungsvoraussetzungen Stand: (04) (2014) Revisionsnummer: (1) Erste Fassung: (01) (2001)
I. Allgemeine Gliederung 1. Sachgebiet 2. Sachgebietsbeschreibung Das Sachgebiet beschäftigt sich mit Bränden und Explosionen (ausgenommen Sprengstoffexplosionen) und deren Ursachen. Dies erfordert vertiefte Kenntnisse über die möglichen und ihre naturwissenschaftlichen Grundlagen. Anhand der verbliebenen Spuren sollen die Schadensursachen ermittelt und der Schadenshergang nachvollzogen werden. In Abgrenzung zum Sachgebiet Vorbeugender Brandschutz, bei dem es um die Verhinderung eines Schadens geht, steht hier die Ursachenermittlung des Brandes bzw. der Explosion im Vordergrund. Für eine Vielzahl von Auftraggebern spielen die dabei gewonnenen Erkenntnisse eine wichtige Rolle. Sie dienen insbesondere der Unterstützung der strafrechtlichen Verfolgung und daneben der Vermeidung von ähnlichen Schäden oder der Begründung von Versicherungsansprüchen. Die überdurchschnittliche Sachkunde auf diesem Sachgebiet liegt in der Breite des Wissenstoffes und in der Fähigkeit, die Vielzahl der möglichen zu erkennen und plausibel darzustellen. Neben der fachspezifischen Ausbildung und den danach erworbenen Erfahrungen sind in den nachfolgend aufgeführten Bereichen überdurchschnittliches Wissen und Erfahrungen notwendig. Der Sachverständige für das Sachgebiet muss in der Lage sein, die naturwissenschaftlichen Grundlagen und erweiterten Erkenntnisse bei jeder Untersuchung entsprechend einschlägiger Gesetze, Verordnungen und technischer Regeln anzuwenden und zu beherrschen. 3. Vorbildung Die Aufgabe des öffentlich bestellten Sachverständigen auf diesem Sachgebiet besteht darin, die Ursache unterschiedlichster Brand- und Explosionsschäden festzustellen. Dazu sind umfassende Kenntnisse der naturwissenschaftlichen Grundlagen von Verbrennungsvorgängen sowie des Zünd-, Abbrand- und Löschverhaltens von brennbaren Stoffen erforderlich. Dies wird in der Regel erworben durch ein erfolgreich abgeschlossenes Studium mit mindestens sechs theoretischen Fachsemestern an einer Hochschule nach dem Hochschulrahmengesetz in der Fachrichtung Naturwissenschaften sowie durch Nachweis einer fünfjährigen praktischen Tätigkeit in sachverantwortlicher Stellung, beim Bundeskriminalamt /Landeskriminalamt beim Brandverhütungsdienst der Versicherer in einer Brandschutzforschungseinrichtung bei einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Brandursachen- und Explosionsursachen Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 2 von 6
im Bereich der Feuerwehr (Berufsfeuerwehr). Der Nachweis einer mindestens fünfjährigen praktischen Berufserfahrung auf dem Gebiet der ermittlung wird zur Erlangung des praktischen Sachverstands und zur Vertiefung der theoretischen Kenntnisse als notwendig angesehen. Ein Bewerber ohne Hochschul- oder Fachhochschulabschluss erfüllt die Voraussetzungen, wenn er Erfahrung, Aus- und Fortbildung sowie regelmäßig eine 10-jährige praktische Tätigkeit nachweist, die ihrer Art nach geeignet war, die erforderlichen, nachfolgend dargestellten fachlichen Kenntnisse zu vermitteln. Darüber hinaus wird der Nachweis der Fähigkeit Stellungnahmen zu Problemstellungen der unterschiedlichen Brandursachen in klarer, überzeugender und gegliederter Form schriftlich und mündlich abzuhandeln verlangt. 4. Kenntnisse 4.1 Theoretisch Kenntnisse Grundlagen der praktischen ermittlung Kenntnisse über gerätetechnische und apparative Möglichkeiten in der Brandbzw. Explosionsursachenermittlung Kenntnisse über Löschmittel und Löschverfahren sowie Explosionsunterdrückungsmaßnahmen Kenntnisse im Arbeitsschutz 4.2 Technische Kenntnisse Kenntnisse der Verbrennungschemie und der Analytik von Brand- und Explosionsrückstanden sowie Probenahmen zum Nachweis von Brandbeschleunigungsmitteln Kenntnisse, über sicherheitstechnische bzw. brandschutztechnische Kennzahlen, die das Zünd-, Abbrand- und Löschverhalten von brennbaren Stoffen charakterisieren: Heizwert, Verbrennungswärme Zündtemperatur Mindestzündenergie Flammpunkt Brandausbreitungsgeschwindigkeit Abbrandgeschwindigkeit Maximaler Explosionsdruck Maximale Druckanstiegsgeschwindigkeit Phlegmatisierende Konzentration Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 3 von 6
Löschkonzentration Kenntnisse über Flammen- und Brandarten: Ventilationsgesteuerter Brand Brandstoffgesteuerter Brand Glimmbrand Schwelbrand Vollbrand Flash-Over Backdraft Kenntnisse über Wärmetransportphänomene: Wärmeleitung Wärmeströmung Wärmestrahlung Kenntnisse über das Verhalten von Baustoffen, Bauteilen und Apparaten bei Temperatureinwirkung ( von Kunststoffen, Holz, Beton, Stahl) Kenntnisse über, die Wirkungsweise des elektrischen Stroms: Wärmeentwicklung in elektrischen Leitern Widerstandsbehaftete Fehlerstellen Kurzschlussfall Isolationsfehler Elektrostatische Aufladung Schutzmaßnahmen Kenntnisse über Selbstentzündungsprozesse: Chemische Selbstentzündung -Pyrophore Stoffe -Pflanzliche Öle und Fette Biologische Selbstentzündung Zündungsmöglichkeiten ohne Sauerstoff Untersuchungsmöglichkeiten Kenntnisse über Möglichkeiten der Brandsimulation Kenntnisse über die Wirkungsweise von Baustoffen, Bauteilen, anderen Apparaten und Sonderbauteilen Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 4 von 6
Kenntnisse über die Wirkungsweise von brandschutztechnischen Anlagen: Brandmeldeanlagen Feuerlöschanlagen Rauchabzugsanlagen Wärmeabzugsanlagen Kenntnisse über die Wirkungsweise von explosionsschutztechnischen Anlagen: Druckentlastungsflächen Druckfeste Bauweise Druckstoßfeste Bauweise Flammensperren Explosionsunterdrückungsanlage Elektrische Anlage in Ex-Zonen 5. Allgemeine Rechtskenntnisse Sachverständigentätigkeit Die Allgemeinen Rechtskenntnisse Sachverständigentätigkeit sind Bestandteil dieser Bestellungsvoraussetzungen. 6. Sachgebietsspezifische Rechtskenntnisse Brand- und explosionsbezogene juristische Kenntnisse: Landesbauordnung Sonderbauverordnungen (Garagenverordnung, Krankenhausverordnung usw.) Gefahrstoffverordnung Chemikaliengesetz Arbeitsschutzvorschriften 7. Vorzulegende Arbeitsproben (Art und ggf. Anzahl - soweit möglich) Um ein Mindestmaß an Transparenz zu gewährleisten und eine Beurteilung der Sachkunde des Antragstellers/der Antragstellerin vornehmen zu können, müssen Gutachten zu unterschiedlichen feststellungen eingereicht werden. Die Gutachten müssen die Fähigkeit erkennen lassen, Sachverhalte eindeutig und schlüssig darzulegen. In der Regel sind fünf Gutachten einzureichen. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 5 von 6
II. Anforderungen an Gutachten bzw. Sachverständigenleistungen Sachdienlich sind auch Anforderungen an Gutachten, wenn es das Sachgebiet erfordert. Unter Umständen kann man sich hier an den bereits existierenden Beispielen ausrichten. Eventuell verlangt aber das entsprechende Sachgebiet eine abweichende Gestaltung. Grundsätzlich sollten bei technischen Gutachten folgende Angabe gemacht werden: 1. Allgemeine Angaben 1.1 Auftraggeber/in, Datum der Auftragserteilung; bei Gerichtsaufträgen: Angabe der Parteien und des Aktenzeichens 1. 2 Inhalt des Auftrags und Zweck des Gutachtens; bei Gerichtsaufträgen: Wiedergabe des Beweisbeschlusses 1. 3 Verwendete Arbeitsunterlagen, Akten, Pläne, Untersuchungs- /Überprüfungsergebnisse und Fotografien etc. 1. 4 Überprüfungsergebnisse, Ortsbesichtigung, Datum und Teilnehmer 2. Feststellungen 2. 1 Kurze zusammenfassende Darstellung der Gesamtsituation, Inhalt evtl. vorliegender Vorgutachten sowie andere wichtige Angaben zur Vorgeschichte 2. 2 Genaue, umfassende Beschreibung der eigenen Feststellungen zum Schadensbild bzw. zur Situation. Im Sonderfall deutliche Kenntlichmachung, wenn von fremden Vorgaben bei der Beurteilung ausgegangen wird. 3. Untersuchungen 3. 1 Untersuchungen und Ermittlungen, Auswertungen von Laborprüfungen, Messungen u. ä. 3. 2 Auswertung der getroffenen Feststellungen, Erläuterung der Schadensursache mit Angabe und Begründung, worin die Ursache liegt (eventuell Planungs- oder Ausführungsfehler). 3.3 Aufzeigen, wie der Schaden behoben werden kann. Angaben zu den Kosten der Schadensbehebung. Falls ein Mangel nicht oder nicht vollständig beseitigt werden kann, ist der verbleibende Mangel und/oder die Wertminderung anzugeben. 4. Zusammenfassung Ein Gutachten muss die gestellten Fragen umfassend, eindeutig nachvollziehbar sowie übersichtlich mit allgemein verständlichen Formulierungen beantworten. Die Anforderungen an andere Sachverständigenleistungen können je nach Inhalt des Auftrags (gerichtlich oder außergerichtlich) abweichen. Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. Seite 6 von 6