Komplexitätsbeherrschung durch wandlungsfähige Produktion



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Transkript:

Komplexitätsbeherrschung durch wandlungsfähige Produktion Es gilt den Fit zwischen Komplexität und Wandlungsfähigkeit eines Produktionssystems einzustellen Dr. Gregor Tücks / Jan Eilers Diversifizierung und Ressourceneffizienz sind Megatrends unserer Zeit. Was bedeutet das für eine Produktlinie, die typischerweise kapitalintensive Anlagen bewirtschaftet? Es ist Chance und Risiko zugleich. Es gilt den Grad der Wandlungsfähigkeit eines Produktionssystems auf die Systemkomplexität abzustimmen und richtig einzustellen. Als weiterführende Literatur wird das Tagungsband zum AWK [1] empfohlen. Viele Kernaussagen dieses Artikels basieren auf dort gehaltenen Vorträgen. Herausforderungen, denen sich produzierende Unternehmen in Hochlohnländern gegenüber sehen, sind nicht nur vielfältig, sondern in zunehmendem Maße komplex. Durch unternehmensexterne und -interne Faktoren entsteht dabei ein Umfeld, geprägt durch Vielfalt, Dynamik und Unsicherheit, in dem das Unternehmen seine Leistungserbringung ausrichten muss. Die Komplexität der Problemstellung, der sich ein Produktionssystem gegenüber sieht, lässt sich in den folgenden Dimensionen beschreiben: Vielfalt im Produktionssystem Individualität und Heterogenität der Produkte Verschiedenheit der Wertschöpfungsprozesse Heterogenität des Ressourcenbedarfs bei Restriktionen der Ressourcenbelegung Dynamik im Produktionssystem Kürzere Produktlebenszyklen und veränderliche Kundenwünsche Schwankung der Nachfragemenge und abnehmende Auftragsgrößen Unsicherheit im Produktionssystem Art und Menge der Nachfrage / Aufträge Störanfälligkeit von Prozessen und Ressourcen 4 Complexity Management Journal 01/2011

Spannungsfelder komplexer Produktionssysteme Alle Entscheidungen, welche die Produktionsumgebung eines Unternehmens betreffen, werden auf der Grundlage der beiden Spannungsfelder Planung der Produktion und Betrieb der Produktion getroffen. Beide Spannungsfelder sind jeweils durch zwei sich widersprechende Ziele beschrieben. Bezogen auf das Spannungsfeld Planung der Produktion wird einerseits eine Optimierung der Wertschöpfungsprozesse mit entsprechend anspruchsvollen und kapitalintensiven Simulations- und Planungsinstrumenten angestrebt ( Planungsorientierung ). Andererseits sollen die Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen flexibel und wandlungsfähig gestaltet werden ( Wertorientierung ). Der Haupteinflussfaktor für die Positionierung innerhalb des Spannungsfeldes Betrieb der Produktion ist die bestehende Markt- und Kostenstruktur. Bei der Produktion in Niedriglohnländern liegt der Fokus dabei häufig auf der Erschließung von Skaleneffekten ( Economies of Scale ), während die Optimierung in Hochlohnländern vielfach auf eine Individualisierung der Produkte abzielt, um den heterogenen Kundenanforderungen gerecht zu werden ( Economies of Scope ). Handlungsfelder für die Einstellung komplexer Produktionssysteme Aus den zuvor genannten Spannungsfeldern lassen sich die Handlungsfelder zur Einstellung des Produktionssystems ableiten. Diese können als praxis-orientierte Realisierung der Wandlungsfähigkeit von Produktionssystemen angesehen werden. Im Vordergrund stehen dabei Branchen und Themen, die insbesondere für produzierende Unternehmen in Hochlohnländern eine hohe Relevanz besitzen (Abb. 2). Individualisiertes Produktionssystem Die Forderung nach heterogenen und individualisierten Produkten wird durch das Konzept des individualisierten Produktionssystems adressiert, in dem die gegensätzlichen Produktionskonzepte der Massenfertigung und der Einzelfertigung verbunden werden. Dabei steht im Vordergrund, die wirtschaftliche Fertigung individualisierter Produkte zu ermöglichen. Gerade in Hochlohnländern besteht die komplexe Herausforderung vielfach darin, individualisierte Produkte zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können. Die Auflösung des Dilemmas zwischen Economies of Das durch diese vier Dimensionen aufgespannte Gebiet wird als Polylemma der Produktion bezeichnet (Abb. 1) [2]. Der Schlüssel, um den zuvor genannten komplexen Anforderungen gerecht zu werden, liegt darin, das Produktionssystem derart einzustellen, dass zum einen die Gegensätze in den Spannungsfeldern weitestgehend aufgelöst werden. Gleichzeitig gilt es, einen Fit zwischen der gegebenen Systemkomplexität im Unternehmen und dem Grad der Wandlungsfähigkeit eines Produktionssystems richtig einzustellen. Abb. 1: Polylemma der Produktion [2] Complexity Management Journal 01/2011 5

enge Kopplung von Produktstruktur und Produktionsprozess ermöglichen und dennoch eine wirtschaftliche Fertigung auch kleiner Losgrößen erlauben. Somit werden Unternehmen in die Lage versetzt, bei steigender Komplexität der Maschinen und Anlagen, individuelle Kundenwünsche zu erfüllen und gleichzeitig Skaleneffekte in Entwicklung, Produktion sowie im weiteren Verlauf des Lebenszyklus zu realisieren [2]. Abb. 2: Handlungsfelder zur Einstellung komplexer Produktionssysteme [2] Scale und Economies of Scope kann dabei nur erfolgen, wenn die strukturrelevanten Elemente von Produkt und Produktion bestmöglich aufeinander abgestimmt sind. Die Produktionsstruktur folgt der Produktstruktur Prof. Günther Schuh Bei der Einstellung der Individualisierung der Produktion müssen sowohl die Sicht des Kunden als auch die der Produktion berücksichtigt werden. Aus Kundensicht ist dabei ein hoher Individualisierungsgrad im Sinne einer Kosten-Nutzen-Abwägung relevant. Aus Sicht der Produktion ergibt sich jedoch die Forderung nach einem sinnvollen Maß an standardisierten Produktionsfaktoren und -abläufen, mit denen individualisierte Produkte erzeugt und damit hinreichend große Kundenmärkte erschlossen sowie größtmögliche Skaleneffekte realisiert werden können. Jüngste Entwicklungsstufen von Produktionstechnologien wie dem Selective Laser Melting (SLM) sind Beispiele, wie das Dilemma zwischen Scale und Scope überwunden werden kann, da sie eine Virtuelles Produktionssystem Im Spannungsfeld der Planung der Produktion ist eine kontinuierliche Optimierung der Produktionsprozesse hinsichtlich Effizienz und Qualität anzustreben. Gerade im Falle der zusehends komplexeren Produktionsprozesse bei Unternehmen in Hochlohnländern ist diese Aufgabe nicht trivial und vielfach nur durch den Einsatz von Simulationssystemen zu realisieren. Da die Durchführung einer Simulation an sich jedoch keinen wertschöpfenden Prozess darstellt, muss deren Leistungsfähigkeit kontinuierlich erhöht werden. Insbesondere die Qualität der erzeugten Ergebnisse und die Durchgängigkeit der technischen Unterstützung innerhalb der Produktentstehungskette müssen in diesem Zusammenhang gesteigert werden. Ein besonderer Schwerpunkt ist dabei auf die durchgängige Planung des Produktionssystems unter Verwendung übergreifender Simulationsansätze zu legen, um die nächst höhere Stufe der Simulationsqualität zu erreichen. Vielversprechende Ergebnisse sind in diesem Zusammenhang durch eine Integration verschiedenster Modelle und Simulationsmöglichkeiten zu erzielen. Aus der Verbindung unterschiedlicher Systeme zu integrativen Simulationswerkszeugen resultiert eine genauere Vorhersage von Prozessergebnissen, da Effekte zu Tage treten, die bei isolierter Simulation unsichtbar blieben. Dabei darf die weitere Optimierung der Einzeldisziplinen jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Als Beispiele können virtuelle Manufacturing Systeme genannt werden, die unter anderem durch eine Kombination von NC-Steuerung, Regelkreisen, mechanischer Maschinenstruktur und Pro- 6 Complexity Management Journal 01/2011

zesskräften eine virtuelle Vorhersage sowohl von Einzeleffekten als auch von Wechselwirkungen ermöglichen [2]. Selbstoptimierendes Produktionssystem Bei der Selbstoptimierung von Produktionssystemen liegt der Fokus auf einer Verlagerung der Planungsaktivitäten hin zu dezentralen Einheiten, die direkt in den Wertschöpfungsprozess integriert sind. Eine zentrale Eigenschaft von selbstoptimierenden Produktionssystemen ist die Fähigkeit, autonom auf komplexe, d. h. sich schnell und häufig ändernde Umweltbedingungen, Benutzereingriffe oder Systemeinwirkungen reagieren zu können. Im Gegensatz zu einfachen Regelkreisen, bei denen eine Regelung oder die Anpassung von Regelparametern die Einhaltung extern vorgegebener Ziele sicherstellt, besitzen selbstoptimierende Systeme eine weitere zentrale Eigenschaft. Sie sind in der Lage, das Zielsystem eigenständig zu dynamisieren und verfügen damit über eine weitaus größere Wandlungsfähigkeit. Grundlage für die Funktionsfähigkeit ist dabei eine kontinuierliche Analyse der IST-Situation, Bestimmung der Ziele sowie eine Anpassung des Systemverhaltens zur Erreichung der Ziele. Voraussetzung für eine erfolgreiche Selbstoptimierung eines Produktionssystems ist jedoch die exakte Beschreibung der meist hoch komplexen Produktionsprozesse sowie die Identifikation aller wesentlichen zu beeinflussenden Parameter [2]. Hybrides Produktionssystem Vorteile für die Produktion ergeben sich unter anderem durch die Integration verschiedener Fertigungstechnologien zu einem hybriden Produktionssystem. Beispielweise können durch diese Verfahrensintegration Prozessketten verkürzt und schnelle Wechsel bei den Bearbeitungsverfahren mit lediglich einmaliger Aufspannung realisiert werden. Neben der Vermeidung von Umspannund Einrichtungszeiten kann so auch eine höhere Bauteilqualität durch die flexible Anwendung aller Fertigungsverfahren in einer Aufspannung erzielt werden. Größte Herausforderung bei dieser Hybridisierung ist die Vermeidung von Kollisionen der unter- schiedlichen Technologieträger während der Bauteilbearbeitung. Dies erfordert eine hochgenaue Synchronisation der Bewegungen aller an der Bearbeitung beteiligten Partner, was wiederum eine hochgetaktete Verschaltung der üblicherweise weitgehend autonomen Steuerungseinheiten voraussetzt. Realisiert wird eine solche Hybridisierung beispielsweise in einer Multitechnologie-Plattform, bei der ein Fräsbearbeitungszentrum mit einem Roboter sowie einer Laserschweißanlage zu einem hybriden Bearbeitungszentrum kombiniert werden [2]. Fazit / Handlungsempfehlung Um den Anforderungen eines komplexen Marktumfeldes gerecht zu werden, gilt es, ein Produktionssystem richtig einzustellen. Es muss also folgende Frage beantwortet werden: Wie viel Wandlungsfähigkeit braucht meine Produktion? Dabei ist darauf zu achten, das der Fit zwischen der gegebenen Systemkomplexität und dem Grad der Wandlungsfähigkeit eines Produktionssystems aktiv eingestellt wird. Nur so können stabile und robuste Ergebnisse erzielt werden. Dies funktioniert nur durch einen integrierten Komplexitätsmanagement-Ansatz, der die vier Handlungsfelder der integrierten und wandlungsfähigen Produktionstechnik gleichermaßen berücksichtigt (Abb. 3). Complexity Management Journal 01/2011 7

Abb. 3: Lösungshypothesen für die Produktion der Zukunft Zusammenfassend können folgende Handlungsempfehlungen zur zielgerichteten Umsetzung ausgesprochen werden: Die Produktionsstruktur folgt der Produktstruktur schaffen Sie Transparenz in den Abhängigkeiten und definieren Sie den Grad der Wandlungsfähigkeit! Technologie-, Material- und Prozessinnovationen synchronisieren stimmen Sie Innovationen in der Produktion im Sinne eines Frontloading nach vorne gerichtet ab! Kompliziert, komplex und pseudokomplex unterscheiden klassifizieren Sie die Produktion, einige Dinge scheinen nur komplex! Quelle: [1] Tagungsband Aachener Werkzeugmaschinen Kolloquium 2011, ISBN: 978-3-8440-0087-0, Shaker Verlag Aachen, 2011 [2]: C. Brecher, S. Kozielski, O. Karmann: Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer, in: Wettbewerbsfaktor Produktionstechnik Aachener Perspektiven, Shaker Verlag Aachen, 2011 Kontakt Dr. Gregor Tücks Telefon: +49 241 51031 0 gregor.tuecks@schuh-group.com Jan Eilers Telefon: +49 241 51031 0 jan.eilers@schuh-group.com 8 Complexity Management Journal 01/2011