Der Bundesgerichtshof (BGH) 1 befasste sich kürzlich mit einer interessanten. Annahme des Mietvertrages führte.

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Transkript:

-1- ZUSTANDEKOMMEN EINES MIETVERTRAGES AUCH OHNE UNTERZEICHNUNG DES VERTRAGES Zum konkludenten Eintritt eines Ehegatten als weiterer Mieter in den von seinem Ehepartner und dem Vermieter geschlossenen Mietvertrag. Der Bundesgerichtshof (BGH) 1 befasste sich kürzlich mit einer interessanten Fallkonstellation. Hierbei ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein stillschweigender (konkludenter) Vertragsbeitritt zu einem Mietvertrag möglich ist. Es ist allgemein bekannt, dass ein Vertrag (Mietvertrag) ausdrücklich geschlossen werden kann. Dies geschieht durch Unterzeichnung des Vertrages. Ein Vertrag kann aber auch durch stillschweigendes oder konkludentes Handeln zustande kommen. Hierbei ist ein schlüssiges Verhalten erforderlich. Hierunter wird eine Handeln verstanden, das der Vertragspartner als Annahme des Vertrages verstehen durfte. Der BGH hatte in dieser Entscheidung einen Sachverhalt zu entscheiden, der zu einer stillschweigenden Annahme des Mietvertrages führte. DER SACHVERHALT Der Kläger ist Vermieter einer Wohnung. Die Beklagten bewohnten diese Wohnung. Der Beklagte zu 1. ist der zwischenzeitlich geschiedene Ehemann der Beklagten zu 2. Im Jahre 1994 schloss der Beklagte zu 1. einen Mietvertrag ab. Die Beklagte zu 2. hielt sich zum damaligen Zeitpunkt im Ausland auf, was dem Vermieter bekannt war. Der Beklagte zu 1. trug in die zur Bezeichnung des Mieters vorgesehenen Zeilen des Mietvertragsformulars handschriftlich seinen eigenen Namen sowie den Namen der Beklagten zu 2. ein und unterzeichnete den Vertrag in seinem Namen. Im Mietvertrag gab es eine Regelung, wonach die Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen werden. Im Mai 1995 trennten sich die Eheleute. Der Beklagte zu 1. zog aus der Wohnung aus, ohne den Vermieter hierüber zu unterrichten. Seit

-2- dem nutzte die Beklagte zu 2. die Wohnung allein und leistete Mietzahlungen. Aufgrund eines an beide Beklagten gerichteten Mieterhöhungsverlangen vom März 1996 zahlte die Beklagte zu 2. ab Mai 1996 eine erhöhte Miete. Mit Schreiben vom Juli 1998 erklärte die Beklagte zu 2. die Kündigung der Wohnung. In einem Schreiben vom Juli 1999 bat sie die von den Klägern beauftragte Hausverwaltung, den Mietvertrag bis zum Oktober 1999 zu verlängern. Dem stimmte die Hausverwaltung mit Schreiben vom Juli 1999 zu. Im Oktober 1999 übersandte die Beklagte zu 2. der Hausverwaltung die Wohnungsschlüssel. Darauf hin forderten die Kläger beide Beklagten unter Fristsetzung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf und kündigten an, nach Fristablauf Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Die Beklagten kamen der Aufforderung nicht nach. Mit der vorliegenden Klage verlangen die Kläger von den Beklagten Schadensersatz wegen der Kosten von Schönheitsreparaturen und eines Sachverständigengutachtens sowie Nutzungsausfall für die Monate September und Oktober 1999. DIE ENTSCHEIDUNG DES EINGANGS- UND DES BERU- FUNGSGERICHTES Das Amtsgericht hat durch Teilurteil die Beklagte zu 2. zur Zahlung von 8.587,46 nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung führte das Landgericht Folgendes aus. Den Klägern stünden keine Ansprüche auf Schadensersatz und Nutzungsentschädigung gegen die Beklagte zu 2. zu, weil sie nicht Partei des Mietvertrages geworden sei. Sie sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht wirksam durch den Beklagten zu 1. vertreten worden. Dieser habe keine Vertretungsmacht zum Abschluss des Mietvertrages für seine damalige Ehefrau gehabt. Die Beklagte sei dem Mietvertrag weder nachträglich beigetreten, noch habe sie den Vertragsschluss genehmigt. Weder die al-

-3- leinige Nutzung der Wohnung durch die Beklagte seit Mai 1995 noch die teilweise Zahlung der Miete ließen zwingend auf eine Genehmigung schließen. Zur Begründung führte das Landgericht an, dass es ebenso möglich sei, dass die Beklagte jeweils im Einvernehmen mit ihrem früheren Ehemann gehandelt habe, ohne selbst Mieterin werden zu wollen. DIE ENTSCHEIDUNG DES BGH Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. DIE BEGRÜNDUNG DES BGH Der BGH stellte zunächst fest, dass es für die Entscheidung keine Bedeutung habe, ob der Beklagte zu 1. den Mietvertrag nur im eigenen Namen oder auch im Namen der Beklagten zu 2. geschlossen habe. Unerheblich sei auch, ob die Beklagte eine etwaige vollmachtlose Erklärung des Beklagten zu 1. in ihrem Namen bei Vertragsschluss in der Folgezeit genehmigt habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beklagte zu 2. den Mietvertrag jedenfalls nach dem Auszug des Beklagten zu 1. im Mai 1995 beigetreten und hierdurch mit allen Rechten und Pflichten Mietvertragspartei geworden sei. Dies habe das Berufungsgericht verkannt. Nach Auffassung des BGH lagen die Voraussetzungen eines stillschweigenden Vertragsbeitritts vor. Die Beklagte zu 2. habe gegenüber der von den Klägern beauftragten Hausverwaltung Erklärungen abgegeben, die nach ihrem objektiven Erklärungswert vom Empfängerhorizont aus dahin zu verstehen sind, dass die Beklagte eigene Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis begründen wollte. Hierbei sei ohne Bedeutung, ob die Beklagte zu 2. eine vertraglich Verpflichtung zu begründen beabsichtigte. Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswillens, Geschäftswillens) liege eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und

-4- vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden habe. Zur Begründung führte der BGH Folgendes aus. Nach der Trennung von ihrem (damaligen) Ehemann im Mai 1995 sei die Beklagte gegenüber der von den Klägern beauftragten Hausverwaltung jahrelang wie eine Mieterin aufgetreten. Zu keinem Zeitpunkt habe sie dabei ausdrücklich oder stillschweigend - zu erkennen gegeben, dass sie lediglich im Namen des Beklagten zu 1. und nicht in Wahrnehmung eigener vertraglicher Rechte und Pflichten handele. Die Beklagte nutze die Wohnung seit Mai 1995 allein. Schriftverkehr mit der Hausverwaltung führte sie in eigenem Namen. Sie leistete die Mietzahlungen in der nach dem Mietvertrag geschuldeten Höhe. Dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin kam die Beklagte widerspruchslos nach. Nach ihren Erklärungen führte sie in der Wohnung noch nach dem Auszug des Beklagten zu 1. Schönheitsreparaturen aus. Mit Schreiben vom 28.07.1998 habe sie ohne Erwähnung des Beklagten zu 1. das Mietverhältnis gekündigt. Ferner habe sie selbst die Vermieter darum gebeten, den Mietvertrag zu verlängern. Hierbei sei sie jeweils im eigenen Namen aufgetreten. Sie habe der Hausverwaltung ihren Auszug mitgeteilt und die Mietkaution zurückgefordert. Sie habe sogar im vorliegenden Rechtsstreit mit dem Kautionsguthaben die Aufrechnung gegenüber den Ansprüchen der Klägerin erklärt. Bei Würdigung all dieser Umstände bestünde kein Zweifel, dass die Beklagte zu 2. selbst als Partei des Mietvertrages aufgetreten sei und dass die von den Klägern bevollmächtigte Hausverwaltung dies auch so verstanden habe. Zudem haben die Kläger konkludent die Annahme des Beitritts der Beklagten zu 2. in das Mietverhältnis erklärt. Es sei dabei unerheblich, ob den Klägern bekannt gewesen sei, dass die Beklagte zu 2. seit Mai 1995 die Wohnung allein nutze. Die Klägerin habe die Beklagte zu 2. als Mieterin angesehen. Auch der Beklagte zu 1. habe dem Eintritt der Beklagten zu 2. in das Mietverhältnis stillschweigend zugestimmt, indem er aus der Wohnung ausgezogen sei und damit der Beklagten zu 2. die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag überlassen habe.

-5- FAZIT Es zeigt sich, dass es durchaus möglich ist, Mieter zu werden, ohne jemals selbst einen Mietvertrag unterzeichnet zu haben. Neben den vielfältigen Möglichkeiten des konkludenten Vertragsschlusses kommen möglicherweise auch der nachträgliche Beitritt zum Vertrag oder die Genehmigung in Betracht. Der Autor Dr. Ernst-Michael Ehrenkönig ist als Rechtsanwalt und Notar in Berlin tätig. Der Tätigkeitsschwerpunkt im Anwaltsbereich liegt im Mietrecht und zivilen Baurecht. www.dr-ehrenkoenig.de Zeichen (mit Leerzeichen): 8.310

1 BGH, Urteil vom 13.07.2005 (AZ: VIII ZR 255/04).