Rechtsgeschäftslehre
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- Erwin Fuchs
- vor 7 Jahren
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1 Rechtsgeschäftslehre Rechtsgeschäft Ein Rechtsgeschäft besteht aus einer oder mehreren Willenserklärungen, die allein oder i.v.m. anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführen, weil sie gewollt ist. Geschäftsähnliche Handlungen Auf tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen, deren Rechtsfolgen unabhängig vom Willen kraft Gesetzes eintreten (Bsp.: Mahnung). Realakte Willentliche Tathandlungen, deren Rechtsfolgen unabhängig vom Willen kraft Gesetzes eintreten (Bsp.: Verarbeitung, 950 BGB). Arten von Rechtsgeschäften 1. Einseitige Rechtsgeschäfte Die Rechtsfolgen werden einseitig ausgelöst durch die Willenserklärung nur einer Person (Bsp.: Auslobung, 657 BGB (einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft) 1, Testament, 2064 ff. BGB, Ausübung von Gestaltungsrechten (Aufrechnung, 387 ff. BGB, Anfechtung, 142 ff. BGB, Rücktritt, 346 ff. BGB, Kündigung, 314 BGB)). 2. Vertrag Mehrseitiges Rechtsgeschäft, auf einheitlichen Erfolg gerichtet, Konsens der Parteien erzeugt die Rechtswirkungen. Arten von Schuldverhältnissen 1. Streng einseitige Schuldverhältnisse Nur eine Partei hat Verpflichtungen. 2. Unvollkommen zweiseitige Schuldverhältnisse Eine Partei hat immer Pflichten, die andere nur gegebenenfalls. 3. Zweiseitige Schuldverhältnisse Beide Parteien haben Pflichten, die jedoch nicht im Synallagma stehen. 4. Gegenseitig verpflichtende Verträge (synallagmatische Verträge) Auf jeder Seite steht zumindest eine Pflicht im Synallagma (die Pflicht wird eingegangen, damit die andere Seite auch eine Pflicht übernimmt). 1 Hk-BGB/Schulze 5, 657 Rn 1. 1
2 Vertrag Rechtsgeschäft, das aus Willenserklärungen von mindestens zwei Personen besteht, die inhaltlich übereinstimmen, mit Bezug aufeinander abgegeben worden sind. Voraussetzungen Willenserklärungen von mindestens zwei Personen Willenserklärungen stimmen inhaltlich überein Mit Bezug aufeinander abgegeben Angebot und Annahme Ein Vertrag setzt Willenserklärungen von mindestens zwei Personen voraus. Man nennt die zeitlich erste Erklärung Antrag oder Angebot ( 145 BGB), und die spätere Willenserklärung Annahme ( 146 BGB). Vertragsangebot (Offerte, Antrag, 145 BGB) Der Antrag ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die ein Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird, dass nur von dessen Einverständnis das Zustandekommen des Vertrages abhängt. Das Angebot muss inhaltlich bestimmt sein (so bestimmt, dass ein bloßes Ja des anderen zur Annahme ausreicht); die wesentlichen Punkte des Vertrages müssen im Angebot enthalten sein, in der Regel auch die Person des Geschäftspartners (Ausnahme: Offerte ad incertas personas, Bsp.: Aufstellen eines Warenautomaten 2 ). Abgrenzung zur invitatio ad offerendum Ob ein Angebot vorliegt oder lediglich eine invitatio ad offerendum (Aufforderung an andere, ein Angebot zu machen), muss durch Auslegung ermittelt werden. Bei dieser fehlt der Rechtsbindungswille. 3 Grundsatz: Bindung an Antrag, 145 BGB In der Regel ist der Antragende an sein Angebot gebunden. Ausnahmen Die Bindung kann ausgeschlossen werden ( 145 a. E. BGB) oder erlöschen. Sie erlischt durch Ablehnung des Antrags ( 146 Fall 1 BGB). Eine Ablehnung liegt auch bei Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder Änderungen vor, 150 II BGB; diese ist 2 Hk-BGB/Dörner 5, 145 Rn 6. 3 Hk-BGB/Dörner 5, 145 Rn 4 f. 2
3 zunächst eine Ablehnung, darin liegt aber zugleich ein neuer Antrag. Das Angebot erlischt ebenso bei nicht rechtzeitiger Annahme, 146 Fall 2 BGB (Fristbestimmung: 148 BGB, ansonsten 147 I BGB, beachte 149 BGB). Keine Erlöschensgründe sind regelmäßig der Tod und die Geschäftsunfähigkeit des Antragenden, 153 BGB (Ausnahme: 153 a. E. BGB). Annahme Die Annahme ist eine grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die der Antragsempfänger dem Antragenden sein Einverständnis mit dem angebotenen Vertragsschluss zu verstehen gibt. Die Annahme muss in Bezug auf das Angebot abgegeben werden. Inhaltlich muss die Annahme mit dem Angebot übereinstimmen. Ausnahmsweise ist ein Zugang (Vorsicht: nur Zugang (s. u.), nicht Annahme selbst) der Annahmeerklärung nicht erforderlich, nämlich, wenn eine Erklärung (Zugang) der Annahme nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder wenn der Antragende auf sie verzichtet hat ( 151 S. 1 BGB). Beachte Regelungen zu notarieller Beurkundung ( 152 BGB) und Versteigerungen ( 156 BGB). 3
4 Willenserklärung Eine Willenserklärung ist eine private Willensäußerung, die auf einen vom Gesetz anerkannten Rechtserfolg gerichtet ist, und die Rechtsfolgen herbeiführt, weil sie als gewollt erklärt sind. Eine Willenserklärung besteht aus dem subjektiven (inneren) und dem objektiven (äußeren) Erklärungstatbestand. Objektiver Erklärungstatbestand Wie ist das Verhalten aus der Sicht eines vernünftigen Empfängers/objektiven Dritten zu verstehen? Die Erklärung kann erfolgen: Ausdrücklich Konkludent (durch schlüssiges Verhalten): Der Handelnde nimmt Handlungen vor, die mittelbar einen Schluss darauf zulassen, dass ein bestimmter rechtlich gesicherter wirtschaftlicher Erfolg gewollt ist (Bsp.: Nicken, Besteigen eines Zuges, der üblicherweise nur entgeltlich genutzt werden kann) oder Ausnahmsweise durch Schweigen o Grundsatz: Schweigen ist keine Willenserklärung. o Ausnahme: Schweigen als Erklärungshandlung ( beredtes Schweigen ) o Schweigen bei Abstimmungen o Schweigen, das von den Beteiligten als Erklärungszeichen vereinbart war (nicht einseitig) Schweigen mit Erklärungswirkung ( an Erklärungs Statt ) o Kraft Gesetzes ( 108 II 2, 177 II 2, 415 II 2, 416 I 2, 516 II 2 BGB) o Kraft Verkehrssitte (Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben) o Kraft Treu und Glauben ( 242 BGB) Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen (Erklärung, die an einen Erklärungsempfänger gerichtet sind) ist der objektive Erklärungstatbestand zu ermitteln, sofern der Empfänger etwaige Mängel im subjektiven Tatbestand nicht erkannt hat. Ebenso bei Erklärungen an die Allgemeinheit. Subjektiver Erklärungstatbestand 1. Handlungswille Fehlt nur bei Reflexen und vis absoluta (z. B. wenn einer Person die Hand bei der Unterschrift geführt wird) 2. Erklärungsbewusstsein oder Erklärungswille Bewusstsein des Handelnden, dass seine Handlung irgendeine rechtserhebliche Erklärung darstellt. Dies ist dann gegeben, wenn der Erklärende sich bewusst ist, dass sein Verhalten als eine rechtserhebliche Erklärung aufgefasst werden kann. 4
5 3. Geschäftswille (=Rechtsfolgewille, BGH) Wollen eines bestimmten (konkreten) Erfolges. Auf den subjektiven Erklärungs-Tatbestand kommt es an, wenn der Empfänger die Mängel im subjektiven Tatbestand erkannt hat. Hier ist ein Vertrauensschutz nicht erforderlich Bei Testamenten und einseitigen Verfügungen in Erbverträgen. Folgen bei Mängeln im subjektiven Erklärungstatbestand Fehlender Handlungswille keine WE Fehlendes Erklärungsbewusstsein Verschiedene Theorien (s. Fall 9) Fehlender Geschäftswille Willenserklärung (+), aber evtl. anfechtbar nach 119 ff BGB 5
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