Arbeitsgemeinschaft im Bürgerlichen Recht für Anfänger I im WS 2004/2005. Lösungen zu den Fällen auf Blatt 3
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- Imke Sauer
- vor 7 Jahren
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1 Lösungen zu den Fällen auf Blatt 3 Vorüberlegung: Wie kommt ein Vertrag zustande? - Ein Vertrag kann durch Angebot und Annahme zustande kommen. - Ein Vertrag kann durch gemeinsame Erklärung oder durch konkludentes Verhalten zustande kommen. Evtl. ist zusätzliches Handeln erforderlich vgl. 929 S. 1; 873, 925 oder Zustimmung Dritter, eines Gerichtes oder einer Behörde Was sind die Charakteristika von Angebot und Annahme? Angebot ist eine einseitige WE, die auf Vertragsschluss gerichtet ist. Sie muss inhaltlich so bestimmt oder bestimmbar sein, dass eine Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann. Annahme ist die uneingeschränkte Zustimmung zu dem Angebot Mögliche Abweichungen hinsichtlich der Annahme: - Annahmeerklärung unter Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag, 150 II - Annahmeerklärung muss innerhalb der vereinbarten oder gesetzlichen Frist erfolgen, 147f. Beachte auch 146, 149, 150 I - Zugang der Annahmeerklärung ist evtl. entbehrlich, Annahme ist grundsätzlich auch möglich, wenn der Antragende stirbt oder geschäftsunfähig wird, 153. Lösung Fall (1) modifizierte Annahme Der K hätte als berechtigter Eigentümer verkauft, wenn das Eigentum an den Waren auf ihn übergegangen wäre. Wichtig: Trennen zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft!!!!!!!!! Zum Übergang des Eigentums ist Einigung und Übergabe erforderlich, 929 I Übergabe (Realakt)? (+) Einigung (Vertrag)? Angebot? Da aus 433 I die Pflicht für den Verkäufer folgt, dem Käufer Eigentum zu verschaffen wird man ohne entgegenstehende Hinweise davon ausgehen können, dass der sachenrechtliche Vertrag über den Übergang des Eigentums (Verfügungsgeschäft) konkludent mit dem schuldrechtlichen Vertrag über die Begründung eines Anspruchs (Verpflichtungsgeschäft) in der Lebenswirklichkeit verbunden wird. Daher ist in der Bestellung des K auch ein Angebot zur Übereignung zu sehen. Dieses hat K unbedingt abgegeben. Es war also auf den Erwerb des Volleigentums gerichtet. Annahme? Schreiben des V? Annahme ist die uneingeschränkte Zustimmung zum Angebot. Angebot war auf Volleigentumserwerb gerichtet, Annahmeerklärung des V auf Eigentumsvorbehalt. Das Schreiben des V ist keine Annahmeerklärung. - 1
2 Schreiben gegenstandslos? 150 II bestimmt, dass eine Annahmeerklärung mit Einschränkungen oder Änderungen ein neues Angebot darstellt. Vertragsschluss mit Vereinbarung hinsichtlich Eigentumsvorbehalt? Angebot? (+) s. o. Annahme? Ausdrücklich? (-) Durch konkludentes Handeln? Entgegennahme der Ware ohne Kommentar, obwohl der Vorbehalt des V bekannt war. Die Frage, ob Eigentum übergeht oder nicht ist ein zentraler Punkt bei einem Kaufvertrag und dem K war klar, dass es unterschiedliche Positionen zwischen ihm und V gab. Daraus ergibt sich bei Betrachtung der Handlung des K vom Empfängerhorizont aus eine konkludente Annahme des Angebotes des V. Ergebnis: Der K hat nicht als berechtigter Eigentümer verkauft, da der V die Ware unter Eigentumsvorbehalt verkaufte und K den Kaufpreis noch nicht bezahlt hatte, also folglich noch nicht Eigentümer war. Lösung Fall (1) Entbehrlichkeit des Zugangs der Annahmeerklärung V kann die Bezahlung des Buches verlangen, wenn zwischen ihm und S ein wirksamer Kaufvertrag zustande kam, 433II. KV? Angebot + Annahme? Angebot = Anbieten des Buches auf der Homepage? Dann wäre zum Vertragsschluss nur noch die Annahmeerklärung nötig, V müsste also mit jedem Annehmenden kontrahieren. Dieser Wille ist nicht anzunehmen. Daher ist das Anbieten des Buches auf der Homepage nur eine invitatio ad offerendum. Angebot = Bestellung des Buches durch S? (+) Annahme? Uneingeschränkte Zustimmung zum Angebot. Ausdrücklich erklärt? (-) Konkludent? Durch Versand des Buches (+) Annahme = WE, d. h. Zugang bei S erforderlich. Zugang bei S wäre nach 146, 147 II zeitnah zum Angebot erforderlich. Dies ist nicht erfolgt. Also wäre nach 146 das Angebot erloschen. Anderes Ergebnis wegen 151? Annahme durch V? (+) Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich? Richtet sich nach der Verkehrssitte, also hier nach den Gebräuchen im Versandhandel. Dort erfolgt nie eine gesonderte zugehende Annahmeerklärung vor dem Versand, vgl. auch 312e I Nr. 3 der auch nur von Bestätigung der Bestellung spricht. Dies musste auch S klar sein. Zugang der Annahmeerklärung war nach 151 entbehrlich Angebot (+), Annahme (+), Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich ( 151) KV (+) Ergebnis: Der V hat einen Anspruch auf Bezahlung gegen den S, 433 II. Lösung Fall (1) Zusendung unbestellter Ware Die F könnte Zahlung von R verlangen, wenn zwischen ihnen ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde, 433 II. KV? Angebot + Annahme? Angebot = Zusendung der Ware? Angebot ist einseitige WE, die auf Vertragsschluss gerichtet ist. Sie muss inhaltlich so bestimmt sein, dass eine Annahme durch bloßes Ja erfolgen kann. Das Anschreiben in Verbindung mit der Lieferung erfüllt diese Voraussetzungen. Angebot (+) - 2
3 Annahme = Ingebrauchnehmen der Töpfe? Könnte konkludente Annahme des Angebotes sein und ein Zugang dieser Annahmeerklärung könnte nach 151 entbehrlich sein. Das bedeutete Annahme (+) und KV (+) Anderes Ergebnis wegen 241a? Lieferung unbestellter Sachen (+) F = Unternehmer? Vgl. 14 (+) R = Verbraucher? Vgl. 13 (+) Ausschlusstatbestände Abs. 2 +3? (-) Daraus folgt, dass die Rechtsfolge von 241a I eintritt und F keinen Anspruch gegen R hat. Korrektur des Ergebnisses nach 242? (-) Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig. Ergebnis: Die F hat keinen Anspruch gegen die R. 241a I steht diesem entgegen. Lösung Fall (1) Tod des Anbietenden D könnte einen Anspruch auf Bezahlung des Hemdes haben, wenn zwischen ihm und A ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist, 433 II. Vorfrage: Was bewirkt der Tod des A? Nach 1922 tritt die E als Alleinerbin in die Rechtsstellung ein, die der A innehatte bestimmt, dass der Erbe auch für sämtliche Verbindlichkeiten des Erblassers haftet. Daraus folgt, dass die E grundsätzlich an einen Kaufvertrag, den der A abgeschlossen hat, gebunden ist. Der D könnte also auch Zahlung von ihr verlangen. KV zwischen A und D? Angebot + Annahme? Angebot durch Bestellung des A? (+) evtl. Anpreisungen in einem Katalog des D wären nur invitatio ad offerendum. Ist das Angebot dem D auch zugegangen, obwohl A zum Zeitpunkt des Eintreffens des Angebotes bei D evtl. schon tot war? Vgl Absatz 2, dieser regelt ausdrücklich, dass der Tod des Erklärenden keinen Einfluss auf den Zugang hat. Annahme durch D? Ausdrücklich gegenüber A? (-) Aber Herstellung und Auslieferung des Hemdes = Annahme? (+) Zugang dieser Annahmeerklärung? (-) Aber entbehrlich nach 151. Konnte D das Angebot des A überhaupt noch annehmen, wenn dieser zu diesem Zeitpunkt schon Tod war? 145ff. gehen davon aus, dass die Anbietenden leben. Das bedeutet, dass D das Angebot nicht mehr annehmen konnte. Anderes Ergebnis wegen 153? Grundsätzlich hindert der Tod des Antragenden den Vertragsschluss nicht. Aber der letzte Halbsatz enthält die Ausnahme, dass ein Vertragsschluss nicht stattfindet, wenn ein entgegenstehender Wille des Antragenden anzunehmen ist. Wann ist entgegenstehender Wille anzunehmen? Bei Geschäften für den persönlichen Bedarf. Maßhemd = persönlicher Bedarf? (+) Die Annahme des Angebotes des A durch D hat keinen Vertragsschluss zur Folge, 153. Ergebnis: Es ist kein Kaufvertrag zwischen A und D zustande gekommen. Es ist demnach auch kein Anspruch des D entstanden, der im Wege der Universalsukzession auf E übergegangen wäre. D hat keinen Anspruch auf Zahlung. Lösung Fall (1) Schweigen als Willenserklärung Der A könnte Zahlung von der V verlangen, wenn zwischen ihnen ein wirksamer Versicherungsvertrag zustande kam und der Schadensfall eintrat, 1 I 2 VVG. ( 1 I VVG: Bei der Schadensversicherung ist der Versicherer verpflichtet, nach dem Eintritt des Versicherungsfalles dem Versicherungsnehmer den dadurch verursachten Vermögensschaden nach Maßgabe des Vertrages zu ersetzen. Bei der Lebensversicherung und der Unfallversicherung sowie - 3
4 bei anderen Arten der Personenversicherung ist der Versicherer verpflichtet, nach dem Eintritt des Versicherungsfalls den vereinbarten Betrag an Kapital oder Rente zu zahlen oder die sonst vereinbarte Leistung zu bewirken.) Versicherungsvertrag? Angebot + Annahme? Angebot = Antragsformular des A? (+) Annahme = Zusenden des Versicherungsscheines? Dazu müsste das Angebot noch gültig gewesen sein. A hat sein Angebot mit einer Annahmefrist versehen, 148. Das heißt, dass die V das Angebot des A nach elf Tagen nicht mehr annehmen konnte, 146. Vertrag (-) Aber 150 I. Danach wäre die Zusendung des Versicherungsscheines ein neues Angebot. Annahme durch A? Ausdrücklich? (-) Konkludent? (-), A hat gar nichts gemacht. Durch Schweigen? Schweigen hat grundsätzlich keinen Erklärungsgehalt im Rechtsverkehr. Ausnahme: Wenn nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Ablehnungserklärung zu erwarten war. Hier? A hat bereits die Prämie gezahlt. Er ging nicht davon aus, dass die Annahme seitens der V ein neues Angebot war. Regelmäßig wissen Teilnehmer am Rechtsverkehr nichts von den juristischen Konstruktionen und gehen davon aus, dass der gewünschte Erfolg eintritt, auch wenn Fristen um kurze Zeit versäumt werden und es offensichtlich erscheint, dass beide Vertragsteile einen Vertrag entstehen lassen wolle. Das Schweigen des A hat ausnahmsweise den Erklärungsgehalt einer Annahme des Angebotes der V. Ergebnis: Es ist ein Versicherungsvertrag zustande gekommen. Der A hat also Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme. Lösung Fall (1) Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Der G könnte den Kaufpreis und die Mahngebühren von I verlangen, wenn zwischen ihnen ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist und die AGB des G Bestandteil dieses Vertrages geworden sind. KV? Angebot + Annahme? Während des Telefongespräches? Angebot durch I? (+) Annahme durch G? Wenn dieser tatsächlich auf seine AGB Bezug genommen hat (-) Aber dann 150 II neues Angebot Annahme durch I? Wenn dieser nichts von den AGB wusste (-) Es kann nicht abschließend geklärt werden, ob ein Vertrag bereits am Telefon zustande kam. Anderes Ergebnis wegen der Mitteilung des G? Es könnte sich um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben handeln. KBS: Gewohnheitsrechtlich anerkanntes Institut, das aus einem Handelsbrauch ( 346 HGB) entwickelt wurde, wonach ein Vertragsabschluss schriftlich bestätigt wird. Die schriftliche Bestätigung ist jedoch nicht das Entscheidende. Vielmehr besteht die Besonderheit im Zusammenhang mit dem KBS darin, dass das Schweigen des Vertragspartners auf das KBS hin als dessen Einverständnis mit dem Vertrag in - 4
5 der Form aufgefasst wird, die er im KBS bekommen hat. Es handelt sich bei diesem Schweigen um keine WE im eigentlichen Sinne, so ist Handlungswille und Erklärungsbewusstsein nicht erforderlich. Da man davon ausgehen kann, dass ein Kaufmann über entsprechende Erfahrungen im Rechtsverkehr verfügt und ein großes Interesse an schnell eintretender Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr zwischen Kaufleuten besteht, kann diese Ausnahme zugelassen werden. Voraussetzungen des KBS: - Parteien müssen Kaufleute sein ( 1 HGB) oder wie Kaufleute in größerem Umfang am Wirtschaftsleben teilnehmen. - Parteien müssen Vertragsverhandlungen geführt haben - Es muss ein Vertragsschluss bestätigt werden, d. h. der Bestätigende muss bereits von einem Vertragsschluss ausgehen. Das Schreiben muss den wesentlichen Inhalt des Vertrages wiedergeben. Es dürfen aber Änderungen oder Erweiterungen vorgenommen werden, die vernünftige Vertragsparteien ohnehin vereinbart hätten, um den Vertrag ordnungsgemäß abwickeln zu können. Der Bestätigende muss aber damit rechnen dürfen, dass der Bestätigungsempfänger die Änderungen billigt. Die Wirkungen des KBS treten nicht ein, wenn absichtlich etwas Falsches bestätigt wird, oder Erweiterungen vorgenommen werden, mit deren Billigung nicht zu rechnen ist. - Das KBS muss dem Vertragspartner in enger zeitlicher Nähe zu den Verhandlungen zugegangen sein. - Der Empfänger darf keinen Widerspruch erhoben haben. Es ist nur unverzüglicher Widerspruch beachtlich. Liegt hier ein KBS vor? 1. I und G = Kaufleute? 1HGB sinngemäß: Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Abs. 2 Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb... (+) 2. Vertragsverhandlungen? (+) 3. Vertragsschluss? Zumindest ging G davon aus. Die wesentlichen Teile des Vertrages werden genannt. Einfügung der AGB = Unzulässige Erweiterung? Waren AGB zur Vertragsabwicklung erforderlich? (+) Konnte G davon ausgehen, dass sich I darauf einlässt? (+) Denn I ist durch 305 ff. geschützt. Es wurde auch nichts Falsches bestätigt. 4. Zeitliche Nähe zu den Verhandlungen? (+) 5. Widerspruch durch I? (-) Demnach liegt hier ein KBS vor, dem I nicht widersprochen hat. Es ist also ein Vertrag mit dem Inhalt des KBS zustande gekommen. AGB wirksam? 305 ff. Prüfungsreihenfolge: 305, 310, (ggf. 309, 308), 307 Hier AGB wirksam Ergebnis: Der G kann den Kaufpreis und die Mahngebühren verlangen, denn es ist ein entsprechender Kaufvertrag unter Einbeziehung der AGB des G zustande gekommen. - 5
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