Ich selbst habe meine Haltung zur Wehrpflicht immer wieder erläutert nicht geändert

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Transkript:

Der Offizier Nr. 3/2012 Zeitschrift der Österreichischen Offiziersgesellschaft Titelbild: BMLVS/Hammler Ich selbst habe meine Haltung zur Wehrpflicht immer wieder erläutert nicht geändert

www.eurofighter.com Ef Advert2010CampaignDraftFlags_Layout 1 29.08.12 15:40 Seite 2 Exzellenz hat einen Maßstab. Der Eurofighter Typhoon: Das höchstentwickelte Mehrzweckkampfflugzeug der neuesten Generation weltweit. Perfekt vereint er die größten Stärken Europas fu hrender Luftfahrt- und Verteidigungsunternehmen. Der so erzielte technische und industrielle Mehrwert kommt jeder unserer Kundennationen zu Gute. Beim Design des Eurofighter Typhoon haben wir uns auf ein bewährtes Programm zur Technologieintegration verlassen und so eine offene Plattform fu r industrielle Partnerschaften, gemeinsame Entwicklungsarbeit und kostengu nstige Logistiklösungen geschaffen. nothing comes close

I n h a l t 4 Brief des Präsidenten 7 Bundesheer beendet Hilfseinsatz Tagesbefehl des Oberbefehlshabers 8 Geballte Ladung für die Wehrpflicht Eine Enquete inklusive Blick zum Schweizer Nachbarn 12 Zumindest die Verunsicherung hat ein Ende Schul-, Steuer- und Wehrpflicht sind Eckpfeiler unserer Republik 14 Die gesellschaftliche Bedeutung des Zivildienstes Der Salzburger Landesrettungskommandant erhebt warnend seine Stimme 16 Im Offizier zu Gast Zehn Fragen an ein neues Mitglied der ÖOG: Dr. Beatrix Karl, Bundesministerin für Justiz 20 Darabos gegen Darabos,? Simmering gegen Kapfenberg war einst Brutalität, aber war war das schon 22 Militäraffinität und Moderner Fünfkampf Gedanken im Nachgang zu Olympia 24 Leserbriefe 25 Arnold Schwarzenegger is back 26 Zwei Gastkommentare in der Qualitätspresse 28 CIOR-Summer Congress 2012 30 Mediensplitter Der Offizier Impressum: Medieninhaber: Österreichische Offiziersgesellschaft, Schwarzenbergplatz 1, A-1010 Wien Herausgeber und Chefredakteur: Bgdr i.r. Mag. phil. M. Gänsdorfer Erscheinungsort: Wien. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Hptm HR Dr. E. Paulus; E. G. Dorfer; Dr. A. Werdenfels; Marketing: Dr. Franz Palla (palla.franz@aon.at) Rechnungswesen, Rechts- und Steuerbelange: ObstIntD G. Langer Hersteller: Ing. F. Feilhauer A-2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 1 Fotos: Titelbild: BMLVS/Hammler; A. Bruckner; red, Urrisk Namentlich gezeichnete Beiträge müssen sich nicht mit der Redaktionsmeinung decken. Unaufgefordert eingesandte Beiträge bedeuten keine automatische Veröffentlichung. Internet: www.oeog.at e-mail: deroffizier@oeog.at Zulassungsnummer: 027033917M ZVR-Zahl: 795014511 Offenlegung gemäß 24 und 25 Mediengesetz: Die Zeitschrift Der Offizier befindet sich zu 100% im Eigentum der Österreichischen Offiziersgesellschaft, A-1010 Wien, Schwarzenbergplatz 1. Die Richtung der überparteilichen Zeitschrift ist durch die Statuten der ÖOG bestimmt und bezweckt Information in Wort und Bild zu wehr-, verteidigungs- und sicherheitspolitischen Belangen. E d i t o r i a l und die Österreicherinnen und Österreicher sind verantwortungsbewusste und mündige Bürger, die einer Stimmempfehlung nicht bedürfen. Die Anwesenden beim Festakt zum Tag der Leutnante haben es wohl verstanden: Der Oberbefehlshaber will sich in keine Kampagne einspannen lassen. Die Würde des Amts und sein Amtsverständnis lassen das nicht zu Mindestens so klar verständlich war seine Botschaft, dass er seine Überzeugung von der Sinnhaftigkeit der Wehrpflicht nicht geändert habe. Im Gegensatz zum Verteidigungsminister, für den vor zwei Jahren auf demselben Platz zum gleichen Anlass die Wehrpflicht ja noch in Stein gemeißelt war und für den sie heute mega-sinnlos ist. Aber das macht eben den feinen Unterschied zwischen einem Staatsmann und einem Politiker aus, der auf der Suche nach Stimmen Jungerwachsener populistisch seine Überzeugung wechselt. So Letzterer überhaupt je eine hatte. Wie es zumindest um das aussieht, was er so innerhalb eines Jahres in Sachen Wehrsystem von sich gegeben hat, kann man im Inneren dieser Ausgabe nachvollziehen. Nicht nur der Oberbefehlshaber weist darauf hin, dass unser Heer ziemlichen Reformbedarf hat. Viele Fachleute bestätigen diese Notwendigkeit, wurde doch die Umsetzung der Ergebnisse der Zilk schen Bundesheer-Reformkommission längst zu Grabe getragen. Als wir einst in einem Cover dargestellt haben, wie diese Reform den Bach hinunter ging, haben uns manche vermeintliche Reformgewinnler der Miesmache bezichtigt. Heute sitzen sie in den Sesseln ministerieller Führungsetagen vor den Trümmern ihrer Reformarbeit, an deren Scheitern aus ihrer Sicht freilich stets die anderen Schuld waren. Und wenn sie weiterhin meinen, ohne gesetzliche Änderungen und ohne entsprechende budgetäre Bedeckung ihrem wenig militäraffinen Reformminister Vorschub leisten und ohne seriöse Voraussetzungen die Flucht in ein theoretisches Berufsheer antreten zu müssen, so ist ihr Scheitern wiederum vorprogrammiert. Nicht das ihrer militärischen Laufbahn freilich Am 20. Jänner 2013 wird unser Volk entscheiden, ob wie Schiller einst schrieb der Wahn ein kurzer und die Reu eine lange sein wird. Dass die Chimäre vom billigen Berufsheer dann ein Ende haben möge, hofft Ihr 3-2012 Der Offizier 3

D e r Prä s i d e n t Brief des Präsidenten Sehr geehrte Damen und Herren! Das Österreichische Bundesheer hat Tausende Profis. Das einzige, was nicht professionell ist, ist die derzeitige politische Führung dieses Heeres. Bundesminister für Landesverteidigung Mag. Norbert Darabos konnte bis vor kurzem hoffen, als 180 -Grad- Wendehals-Minister in die Geschichte einzugehen. Er hat eine für ihn in Stein gemeißelte Allgemeine Wehrpflicht verlassen und sich zum Berufsheer bekehrt. Nun möchte er als Bundesminister für Landesverteidigung auch dann weitermachen, wenn am 20. Jänner 2013 die Volksbefragung für die Allgemeine Wehrpflicht ausgeht. Er würde damit endgültig zum 360 -Grad-Wendehals-Minister. Eine derart gefährliche Übung, an der sich sogar ein Uhu das Genick brechen würde, ist für einen österreichischen Minister offensichtlich völlig problemlos. Nun zum sachlichen Gehalt der bevorstehenden Volksbefragung! Die Österreichische Offiziersgesellschaft fordert seit Langem eine Reform des Österreichischen Bundesheeres auf Basis der verfassungsgesetzlichen Grund- lagen d. h. Allgemeine Wehrpflicht mit Milizsystem für alle männlichen Staatsbürger mit der Möglichkeit, einen zivilen Ersatzdienst zu leisten. Zentraler Kern einer Reform ist neben der ausreichenden budgetären Dotierung vor allem die Wiedereinführung von Volltruppenübungen für einen Teil der Grundwehrdiener auch nach dem Präsenzdienst. Vorbilder für funktionierende Armeen mit Allgemeiner Wehrpflicht sind in Mitteleuropa Norwegen, Finnland und die Schweiz. In der Bundesrepublik Deutschland und in Schweden ist durch die Abschaffung der Wehrpflicht die Situation leider sehr kritisch geworden. Demokratiepolitisch denkende EU- Bürger sollten es für problematisch halten, wenn wir in näherer Zukunft nur mehr in Russland, Indien, China und der Türkei Staaten mit Allgemeiner Wehrpflicht hätten. Die Österreichische Offiziersgesellschaft sieht staatspolitische bzw. staatsrechtliche, wehrpolitische und moralische Argumente für die Beibehaltung der Allgemeinen Wehrpflicht in Österreich. Zunächst zu den staatspolitischen bzw. staatsrechtlichen Argumenten: Unsere Bundes-Verfassung sieht noch immer die Allgemeine Wehrpflicht nach den Grundsätzen eines Das einzige, was nicht professionell ist, ist die derzeitige politische Führung dieses Heeres. Milizsystems im Rahmen einer umfassenden Landesverteidigung vor. Eine Verfassungsmehrheit zur Änderung dieser Rechtslage ist nicht in Sicht. Hinzu kommt das Bundes-Verfassungsgesetz aus dem Jahre 1955 über die immerwährende Neutralität Österreichs. Dieses Gesetz stellt nicht nur Verfassungsrecht dar, sondern ist durch Notifikation an fast alle Staaten der Welt seit langem ein internationaler völkerrechtlicher Vertrag. Eine Änderung dieser verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Situation ist nicht absehbar. Dies bedingt allerdings die Einhaltung der v ö l k e r r e c h t - lichen Pflichten eines Neutralen, nämlich Bündnisfreiheit und eigene, ausreichende Verteidigungsanstrengungen. Die Alternative, nach Abschaffung der Neutralität der NATO beizutreten, ist eine Option, die die österreichische Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit ablehnt. Die verfassungsgesetzlichen Kernaufgaben der Landesverteidigung sind neben der Aufrechterhaltung der territorialen Souveränität nach wie vor die ebenso wichtigen Assistenzaufgaben im Inland, nämlich Grenzsicherung, Schutz kritischer Infrastruktur ( Objektschutz ) sowie sehr zentral die Hilfe in Katastrophenfällen außergewöhnlichen Umfanges. Alle diese Einsatzaufgaben, die nicht nur recht- 4 Der Offizier 3-2012

D e r Prä s i d e n t lich, sondern auch tatsächlich gegeben sind, erfordern im Anlassfall sehr hohe Mannstärken, die mit einem Berufsheer in Österreich nie erreichbar sein werden. Es darf daran erinnert werden, dass die Schweizer Armee im Jahre 2011 mit nahezu 7.000 Soldaten eine Sicherung nur des Flughafens Zürich-Kloten geübt hat. Nun zu den wehrpolitischen Argumenten, die für die Beibehaltung der Allgemeinen Wehrpflicht sprechen: Seriöse und, wie ich meine, sehr sparsame Berechnungen im Generalstab haben schon vor zwei Jahren ergeben, dass ein Berufsheer in Österreich als Minimum ein Jahresbudget von 2,6 Milliarden Euro verlangt. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass bereits der Vorsitzende der Bundesheerreformkommission, Altbürgermeister Dr. Helmut Zilk, 1% des Bruttoinlandsproduktes als Heeresbudget gefordert hatte. Das wären damals bereits rund 2,8 Milliarden Euro gewesen. Im Büro von Bundesminister Darabos wurde verlangt, die Zahlen auf das damals bestehende Budgetniveau von 2,2 Milliarden Euro herunterzurechnen. Allerdings stehen zur Zeit nach den von Darabos freudig begrüßten Einsparungen nur mehr rund 1,8 Milliarden Euro Jahresbudget zur Verfügung, davon allein mehr als 1,2 Milliarden Euro Personalkosten. Ein Berufsheer mit diesem Budget passt in maximal drei Stadionsektoren und Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld? reicht ausschließlich für kleinere Auslandseinsätze. Im derzeit laufenden Pilotversuch des Ministers sollen je 115 Pioniermilizsoldaten in zwei Pionierbatallionen, die ihre Übungspflicht noch aus der Allgemeinen Wehrpflicht mitgebracht haben, plötzlich zusätzlich 5.000 Euro pro Jahr Prämie bekommen, wenn sie jährlich üben statt alle zwei Jahre. Das ist grotesk. Jeder nimmt für dieses Zusatzgeld notfalls Urlaub und hat seine Übungspflicht schneller absolviert als geplant. Dieser Pilotversuch kann nichts darüber aussagen, ob sich in Zukunft ohne Wehrpflicht 9.500 neue Zeitsoldaten mit ausreichender Qualifikation melden werden. Diese Zeitsoldaten werden auf jeden Fall wesentlich teurer sein als Grundwehrdiener mit einem Taggeld von rund 350 Euro pro Monat. Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass in einer Berufsarmee alle Soldaten verpflichtet sein werden, jederzeit in gefährliche Auslandseinsätze zu gehen. Die Berufsplanung dieser jungen Männer, die nach spätestens sechs Jahren und unvorhersehbaren Kampfeinsätzen im Ausland ins Zivilleben entlassen werden, bleibt völlig unklar. Die Bildungsqualität der einfachen Zeitsoldaten sinkt daher in allen Berufsarmeen drastisch ab. Die politische Absicht, in der deutschen Bundeswehr 8,5 Milliarden Euro einzusparen und aus 45.000 Interessenten pro Jahr tausende Zeitsoldaten auswählen zu können, ist kläglich gescheitert. Derzeit werden in der BRD bis zu 3 Milliarden Euro zusätzlich in die Werbung von Freiwilligen gesteckt. Gleichzeitig gibt es in Deutschland jetzt nur mehr 33.000 Bundesfreiwilligendienstleistende statt vorher 99.000 Zivildiener. In Bayern, mit traditionell guter Arbeitsmarktlage und guten Chancen im Zivilberuf, sind die Nachwuchssorgen der Bundeswehrverbände besonders groß. In Schweden prozessieren 100 Militärärzte gegen ihre weitere Dienstpflicht, weil sie nicht einsehen, warum sie dienen sollen, wenn alle anderen nicht einmal mehr zum Grundwehrdienst eingezogen werden. Es wird auch in Österreich keinesfalls zumutbar sein, dass nach der Einführung einer Berufsarmee die bisherigen Berufs- und Milizsoldaten plötzlich Auslandsdienstverpflichtungen haben sollen. Völlig undenkbar ist, dass bisherige Milizsoldaten, die sich während der Allgemeinen Wehrpflicht gemeldet haben, weiterhin übungsund einsatzpflichtig bleiben. Die von Bundesminister Darabos immer wieder als leuchtende Beispiele genannten Berufsarmeen der westlichen Welt haben bei den einfachen Zeitsoldaten Deutschland ist NATO- Mitglied und hat Anspruch auf Beistandsverpflichtung! 3-2012 Der Offizier 5

D e r Prä s i d e n t großteils junge Burschen mit schlechtem bis gar keinem Schulabschluss. Außerdem werden im großen Umfang einschlägig Vorbestrafte angeworben. Dies stellt nicht nur eine unfaire Ausbeutung sozial benachteiligter Jugendlicher dar, sondern ist auch ein moralisches Armutszeugnis und Die Kernaufgaben des Bundesheeres liegen nach wie vor im Inland und erfordern hohe Mannstärken, die ohne Allgemeine Wehrpflicht nicht erreichbar sind. eine latente Gefahr für die Demokratie. Die jüngste Studie des deutsches Bundeswehrverbandes zeigt, dass 75% der Führungskräfte in der Bundeswehr kein Vertrauen mehr in die politische Führung haben und sich großteils nicht mehr zur Bundeswehr melden würden, wenn sie noch einmal die Wahl hätten. Viele raten bereits ihren Kindern ab, zur Bundeswehr zu gehen. Über diese Entwicklung können offizielle Beschönigungen nicht hinwegtäuschen. Die Armeen in Belgien, Ungarn und Slowenien sind so gut wie unsichtbar geworden. Mangels ausreichender Mannstärken konnte bei der Schlammkatastrophe in Ungarn kein Heereskontingent mehr aufgeboten werden. Die Kernaufgaben des Bundesheeres liegen nach wie vor im Inland und erfordern hohe Mannstärken, die ohne Allgemeine Wehrpflicht nicht erreichbar sind. Die bisher sehr angesehenen Dienstleistungen österreichischer Soldaten im Ausland werden teilweise zu über 50 % von Milizsoldaten erbracht. Derzeit ist das durchschnittliche Bil- dungsniveau österreichischer Soldaten im Vergleich zu anderen Armeen deutlich höher. In Österreich dienen Akademiker aller Sparten, Handwerker, Gesellen und Meister aller Sparten, die genauso wie kaufmännische Berufe alle ihre zivilen Kenntnisse positiv in die Armee einbringen. Diese soziale Schichtung verändert sich in einer Berufsarmee sofort. Die Vorteile des sozialen Lernens in der Allgemeinen Wehrpflicht, die Chance, mit allen Berufsschichten bekannt zu werden und Netzwerke fürs Leben zu knüpfen, gehen verloren. Wenn der Grundwehrdienst derzeit mit viel zu vielen Einrückungsterminen schlecht organisiert ist, ist dies nicht die Schuld der Grundwehrdiener, sondern einer Politik, die nur auf vordergründige Effekthascherei aus ist. Moralische Argumente sind nicht in Mode, umso notwendiger erscheint es, die Moral nicht völlig unter den Tisch fallen zu lassen: Seit dem ausgehenden Mittelalter über den 30-Jährigen Krieg bis hin zur Französischen Revolution waren Jahrhunderte lang Söldnerheere im Einsatz. Die deutsche Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt am Main hat 1848 unter anderem für die Allgemeine Wehrpflicht und gegen ein Berufsheer der Fürsten votiert und dies zweifellos aus Gründen der Moral und Gerechtigkeit. Bob Herbert hat in der New York Times vor ca. zwei Jahren geschrieben, dass die USA weder im Irak noch in Afghanistan stünden, hätten sie noch die Allgemeine Wehrpflicht und er hat hinzugefügt, dass das Prinzip der Freiwilligenarmee den Rechtsstaat arg beschädigt hat. Auch der erste Verteidigungsminister von Barack Obama, Robert Gates, hat sich durchaus kritisch über die Entwicklung der Einstellung der Soldaten in der US-Berufsarmee geäußert. Die Herren Alt- bundeskanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl haben ebenfalls auf die Problematik von Berufsarmeen für die Demokratie hingewiesen. Kriege werden wieder leichter führbar, die Politik entscheidet sich leichter für Kriegseinsätze, wenn sie nicht auf die Bevölkerung Rücksicht nehmen muss, vor allem, wenn sie keine Freiwilligen für konkrete Einsätze anwerben muss. Sehr geehrte Damen und Herren, nur die Allgemeine Wehrpflicht sichert in einem Kleinstaat wie Österreich die Erfüllung sämtlicher Inlandsaufgaben. Das gilt vor allem für den Bereich der sicherheitspolitischen Assistenzleistungen wie Grenzsicherung, Objektschutz, Schutz kritischer Infrastruktur, Sicherungsmaßnahmen bei Flächenausfall von Strom, Gas und Wasser etc. Die kostengünstigste Lösung dieser Aufgaben ist es, Soldaten kurz auszubilden und sie im Anlassfall wieder einzuberufen, statt teure Berufssoldaten ständig bereitzuhalten, obwohl voraussichtlich nicht sehr oft Einsatzszenarien auftreten. Mit der Einführung einer Berufsarmee würden 14.000 zum Großteil höchst motivierte junge Zivildiener verloren gehen. Die soziale Solidarität würde argen Schaden nehmen. Ein Berufsheer ist teuer, politisch problematisch und dient hauptsächlich den Interessen jener Eliten, die robuste Einsätze zur Lösung politischer Probleme im Ausland bevorzugen. Wie sehr die mehr oder weniger verlorenen Kriege in Afghanistan und im Irak dem Westen international vor allem auch moralisch geschadet haben, sollte uns allen bewusst sein. Entscheiden wir uns daher am 20. Jänner 2013 für ein reformiertes Bundesheer mit allgemeiner Wehrpflicht. 6 Der Offizier 3-2012

Ei n s a t z Bundesheer beendet Hilfseinsatz Foto: www.bundesheer.at/grebien St. Lorenzen, 12. September 2012 - Pioniere, wie immer!, riefen die 160 Soldaten aus Melk und aus Graz zum Abschied noch über den Hauptplatz von Trieben. Dann marschierten sie unter tosendem Applaus der Menschen zu ihren Fahrzeugen. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde der Hilfseinsatz des Bundesheeres im obersteirischen Paltental beendet. Pioniere aus Niederösterreich und der Steiermark ziehen dieser Tage als Letzte ab und hinterlassen ein beeindruckendes Werk. Nehmen Sie vor allem das Bewusstsein mit nach Hause, dass Sie hier Menschen Zuversicht gegeben haben und einer Region einen Neubeginn, gab Oberst Ernst Trinkl vom Militärkommando Steiermark den Soldaten mit auf den Heimweg. (aus einem Bericht www. bundesheer.at /Redaktion MilKdo St) Der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, erließ nach Beendigung einen Tagesbefehl, in dem die beeindruckenden Leistungen unserer Soldaten gewürdigt werden. Tagesbefehl Tagesbefehl des Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer anlässlich der Beendigung des Katastrophenhilfe-Assistenzeinsatzes des Bundesheeres in der Steiermark. Soldaten und Soldatinnen! Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes! Angehörige der Heeresverwaltung! Im Zeitraum von 22.06. bis 13.09.2012 standen rund 700 Soldatinnen und Soldaten des Bundesheeres in der Steiermark im Assistenzeinsatz, um der durch die schweren Unwetter des heurigen Sommers zu Schaden gekommenen Bevölkerung zu helfen. Das Bundesheer stellte dabei in bewährter Weise seine hohe Leistungsbereitschaft und -fähigkeit eindrucksvoll unter Beweis und seine Soldatinnen und Soldaten erwarben sich dabei höchsten Respekt für ihre gewissenhafte und professionelle Leistung. Ich darf festhalten, dass im Rahmen dieses Assistenzeinsatzes durch die eingesetzten Soldatinnen und Soldaten, davon mehr als 400 Grundwehrdiener, 125.000 Mannstunden erbracht und neben vielen anderen Einsatzaufgaben, 28 Brücken, 15 Krainerwände und 23 sogenannte Querwerke errichtet wurden. Meine Damen und Herren, als Oberbefehlshaber ist es mir daher ein besonderes Anliegen, Ihnen allen, die Sie getreu dem Motto Schutz und Hilfe ihren Dienst als Soldatinnen und Soldaten für unsere Mitbürger leisten, Dank und Anerkennung für die erbrachten Leistungen auszusprechen. Gleichzeitig möchte ich Sie ersuchen auch weiterhin mit vollem Einsatz Ihre oftmals schwierigen und gefahrvollen Aufgaben zu erfüllen, um dadurch auch ein sichtbares Zeichen zu setzen, dass das Bundesheer jederzeit solidarisch an der Seite der Bürgerinnen und Bürger des Landes steht. Es lebe das Bundesheer der Republik Österreich! OTS-Originaltext Presseaussendung unter ausschließlicher inhaltlicher Verantwortung des Aussenders. OTS0019 2012-09-22 10:00 221000 Sep 12 BPK0001 0236. 3-2012 Der Offizier 7

Geballte Ladung fü We h r p o l i t i k Die GÖD/FCG hatte zur Enquete geladen: von Manfred Alle Fotos: Andreas Bruckner Ungünstiger hätte der Zeitpunkt wohl kaum mehr sein können. Für einen Donnerstag um 11:15 Uhr. Kein Feiertag und zur Primetime. Dennoch sollte der 6. September ein Feiertag für die Wehrpflicht werden, den man mit einer Enquete begehen wollte. Mit prominenten Teilnehmern aus der Politik und den Blaulichtorganisationen. Dass es ein Fest mit vielen Gästen wurde, war nicht vorherzusehen. Der Saal des Raiffeisenforums quoll über und die Besucher drängten sich gar um Stehplätze. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, als Korporal gedient, hatte aus seiner staatspolitischen Verantwortung heraus gerufen. (BILD Nr. 3427). Schließlich ist er nicht nur Gewerkschafter, sondern auch Zweiter Präsident des Nationalrats. Und der bildet bekanntlich die Vertretung des Volkes, von dem in einer Demokratie das Recht auszugehen hat. Ein Recht, das die Allgemeine Wehrpflicht in der Bundes-Verfassung festgeschrieben hat und an dem sich Regierende zu orien- tieren haben. Weil der derzeitige Organwalter für Landesverteidigung dies nicht so sieht und die Regierung in Fragen der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben lähmt, scheint es notwendig, dass das Volk aufsteht. Der Anstoß dazu sollte von einem der höchstrangigen Volksvertreter erfolgen. Die Reihe der politischen Honoratioren konnte sich sehen lassen. (BILD oben Mitte): Vizekanzler und Außenminister, die Innenministerin und ihr Staatssekretär, Nationalratsabgeordnete, Spitzengewerkschafter. Ein ehemaliger Nationalratspräsident und Verteidigungsminister, der tatsächlich noch einer war, wurde vermutlich auch deshalb von den Anwesenden mit besonderem Applaus begrüßt: Dr. Robert Lichal. Und als besonderer Gast sollte der Schweizer Bundesrat quasi der benachbarte Amtskollege des österreichischen Verteidigungsministers Ueli Maurer seine Sicht der Dinge zur Frage der Allgemeinen Wehrpflicht präsentieren. Schließlich hat sich das österreichische Volk ja vor ein paar Jahren zu einer Neutralität nach dem Vorbild der Schweiz entschlossen. Und die nimmt diese sehr ernst. Mit Allgemeiner Wehrpflicht und Miliz. Mit einer großen Zahl an Bürgern in Uniform. Nach dem Vorbild der Schweiz Sicherheit ist das größte Gut erklärte Bundesrat Maurer und für die Erhaltung dieses Guts sei die Bevölkerung verantwortlich und das könne man nicht an bezahlte Soldaten übergeben!. Dass sich die Armee aus der Bevölkerung rekrutiert, sei deswegen so wichtig, weil heutzutage die Krisen nicht auf dem Schlachtfeld stattfinden, sondern mitten in der Bevölkerung. Daher sei es wichtig, dass bei solchen Krisen der Bürger in Uniform auftrete und kein bezahlter Soldat. Das ist etwas ganz Zentrales. Die Wehrpflicht sichere zudem die demokratische Kontrolle der Streitkräfte. 8 Der Offizier 3-2012

We h r p o l i t i k r die Wehrpflicht Gänsdorfer Ein weiterer Vorteil sei das zivile Know-how, das aus der Bevölkerung in die Armee fließe und das es bei einem bezahlten Heer nicht gebe. Vorteile sieht Maurer auch bei der Rekrutierung: In einer bezahlten Armee stehe das Militär bei der Personalrekrutierung mit der Wirtschaft im Wettbewerb und da sei es anzuzweifeln, dass es dabei die besten Köpfe bekommen würde. Ein Berufsheer sei in Krisenzeiten zu klein und in normalen Zeiten zu groß, so Maurer. Der Bürger habe Rechte und Pflichten. Eine dieser Pflichten ist die allgemeine Wehrpflicht, so der Schweizer Minister und lieferte damit die Begründung eines Bedarfsheeres. Dass man sich in der Schweiz in Geldfragen besonders auskennt, ist allgemein bekannt. Dies gilt auch für das Militär: Wir haben die Frage der Finanzierung des Heeres von verschiedenen Standpunkten her berechnet. Es gibt keine billigere Variante wie die der Allgemeinen Wehrpflicht alles andere sei teurer und weniger effizient, so Maurer. Dass man dabei in Summe pro Jahr gerade so viel aufwende, wie in der Schweiz für Autoblechschäden aufgebracht wird, sei als Versicherungsprämie für den Steuerzahler verträglich. Die Schweiz hat ein deutlich höheres Verteidigungsbudget als Österreich. Der Schluss, dass die Schweizer schlechtere Autofahrer wären ist wohl nicht zulässig. Sie nehmen Landesverteidigung einfach ernst. In der Schweiz wird derzeit auf Initiative des Parlaments über eine Erhöhung des eingefrorenen Verteidigungsbudgets von 4,4 (3,66 Mrd. Euro) auf fünf Mrd. Schweizer Franken (4,16 Mrd. Euro) diskutiert. Vizekanzler und Innenministerin ÖVP-Chef Michael Spindelegger, selbst Milizoffizier, kam auf die bevorstehende Volksbefragung über die Wehrpflicht zu sprechen und begründete sie damit, dass Darabos ständig gegen die in der Verfassung verankerte Wehrpflicht agiere. Es werden Projekte beworben, die die Verfassung aushöhlen. Angesichts dieser Verunsicherung und Demotivation der Truppe und der Bevölkerung brauchen wir die Befragung. Das ist kein Zustand. Wir brauchen eine Entscheidung. Es sei den jungen Menschen zumutbar, wenn sie einen Beitrag für das Land und die Gemeinschaft leisten, so Spindelegger. Und geschadet habe es auch keinem. Der Bürger solle nicht ständig auf den Staat warten, sondern auch selber einen Beitrag leisten. Dass sich die Ausführungen der österreichischen Innenministerin im Rahmen der Enquete eher auf die Fragen der inneren Sicherheit und des Zivildienstes konzentrierten, lag auf der Hand. Sie kritisierte, dass Verteidigungsminister Darabos ständig neue Zahlen präsentiere und wies die jüngsten Daten aus dem Kabinett, wonach nur wenige Grundwehrdiener im Katastropheneinsatz sind, zurück. Beim 3-2012 Der Offizier

We h r p o l i t i k Alle Fotos: Andreas Bruckner Hochwasser 2002 in Niederösterreich seien 85 Prozent der eingesetzten Soldaten (11.000 von 13.000) Rekruten gewesen. Mit den Plänen von Darabos würde sich die Zahl der Kadersoldaten halbieren und es wären alle Milizsoldaten mit einem Schlag weg, so Mikl- Leitner. Ein Berufsheer bedeutet deutlich mehr an Kosten und deutlich weniger an Sicherheit. Die Leistungsträger Neben den Honoratioren aus der Politik kamen im Rahmen der Enquete Repräsentanten aus Militär, Rettungswesen, Feuerwehr zu Wort. Darunter auch ehemalige Grundwehr- bzw. Zivildiener. Der Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, Eduard Paulus,wies dabei auch Darabos Ruf nach einem Profi-Heer zurück. Das Bundesheer verfüge über Zehntausende Profi-Soldaten. Das einzige, was in diesem Heer nicht professionell ist, ist die politische Führung! Milizverbands-Präsident Michael Schaffer bezeichnete den Ressortchef als Totengräber der Landesverteidigung. Werner Kerschbaum vom Roten Kreuz warnte vor einer drastischen Reduktion der Leistungen der Rettungsorganisationen, wenn der Zivildienst ohne tauglichen Ersatz abgeschafft wird. Besorgt zeigte sich auch Gemeindebund-Vorsitzender Mödlhammer. Mit der Einführung eines bezahlten Freiwilligen-Jahres werde der unglaubliche Schatz an Freiwilligenarbeit in Österreich infrage gestellt. Und Werner Kerschbaum vom Roten Kreuz ergänzte, dass ein bezahltes Freiwilligen-Jahr nichts mit Freiwilligenarbeit zu tun habe. Das wäre eine Desavouierung von Freiwilligen und es sei auch der falsche Weg für eine Zivilgesellschaft. Wenn man heute den Zivildienst bezahle, werde morgen vielleicht die Feuerwehr und übermorgen der Blutspender die Hand aufhalten. Resümee Dass Allgemeine Wehrpflicht und der Zivildienst als Wehrersatzdienst nicht nur Bürgerpflicht sind, sondern wesentliche Säulen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Sicherheit und Wohlfahrt sind, war wohl allen Besuchern der Enquete schon davor bewusst. Wenn nun bei allen Reformnotwendigkeiten im Bundesheer und beim Zivildienst diese Säulen zum Einsturz gebracht werden, drängt sich die Frage nach dem cui bono auf. Einige wenige Funktionäre einer politischen Partei und ihre Helfer? Eine kleinformatige Zeitung im Ringen um Leserreichweite bei Jungerwachsenen? Ist es gar ein Versuch des politischen Stimmenfangs, weil jemandem die Zielgruppe 17-24jähriger davon zu laufen scheint? Die Veranstaltung hat jedenfalls klar gezeigt, wie ein komplexes Thema wie das des Wehrdienstes auf einfache Fragen und Antworten heruntergebrochen werden kann. Und dabei kann nicht deutlich genug betont werden, dass verantwortungsvolle Politik sich am Gemeinwohl zu orientieren hätte und nicht an den Interessen der Splittergruppe einer politischen Partei. Ob gegen Letzteres ein Land aufzustehen in der Lage ist, wird sich am 20. Jänner 2013 weisen. 10 Der Offizier 3-2012

We h r p o l i t i k Aufgeschnappt: Es werden Projekte beworben, die die Verfassung aushöhlen! (M. Spindelegger, Vizekanzler) Vertrauen Sie darauf! Unser Heer hat zehntausende Profis. Das einzige, was in diesem Heer nicht professionell ist, ist die politische Führung! (E. Paulus, Präsident ÖOG) 92 Prozent der Ortschefs sind für die Beibehaltung der Wehrpflicht! (H. Mödlhammer, Präsident Gemeindebund) Wenn man heute den Zivildienst bezahle, werden morgen vielleicht die Feuerwehr und übermorgen der Blutspender die Hand aufhalten! (W. Kerschbaum, Generalsekretär Rotes Kreuz) Durch den Wehrdienst bleibt das Heer in der Bevölkerung verankert! (J. Mikl-Leitner, Innenministerin) Für die Sicherheit hat der Bürger selbst einzustehen. Das kann man nicht an bezahlte Söldner delegieren! (U. Maurer, BR Schweiz) Dass wir Ihre Energieversorgung voll im Griff haben. Wer 250.000 Kunden mit Nah- und Fernwärme, Erdgas, Strom und Wasser versorgt, trägt eine große Verantwortung. Deshalb investieren wir kontinuierlich in insgesamt 18.000 Kilometer Leitungen. Damit Sie Tag für Tag und rund um die Uhr sicher versorgt sind. Auf uns ist Verlass. 3-2012 Der Offizier 1 1 Die Salzburg AG denkt mit. Und vor. www.salzburg-ag.at Serviceline 0800 / 660 660

We h r p o l i t i k Zumindest die Verunsi Schul-, Steuer-, und Wehrpflicht s Nach dieser Volksbefragung werden wir wissen, wie es weitergeht und die Verunsicherung hat ein Ende. Die beiden Regierungsparteien vertreten gegensätzlich unterschiedliche Standpunkte, nur Befragungstermin und -text konnten gerade noch einvernehmlich beschlossen werden. Wilhelm Waldner, Vorsitzender Bun Die neue Sicherheitsstrategie, mit einer umfassenden Bedrohungs- und Gefährdungsanalyse, liegt seit März 2011 in einem Unterausschuss im Parlament. Dieses Dokument sollte eigentlich die Grundlage für die öffentliche Diskussion und letztlich für die politischen Entscheidungen zur Wehrpflicht sein. Stattdessen wird im Wege einer Volksbefragung über die Organisation des Bundesheeres entschieden, ohne vorher über die tatsächlichen Bedrohungen, Gefährdungen oder Auswirkungen zu diskutieren. Wird da das Pferd nicht vom Schwanz her aufgezäumt? Foto: A. Bruckner Schul-, Steuer- und Wehrpflicht sind Eckpfeiler unserer Republik. Mir wäre zweifelsohne lieber gewesen, über solche Werte nicht abstimmen zu müssen, denn es ist ein bedenkliches Zeichen, wenn politisch heikle Fragen einfach weiter gereicht werden. Wir könnten nämlich auch darüber abstimmen, ob wir Steuern zahlen wollen oder nicht. Aber es steht fest, dass der Verteidigungsminister mit seinen karriereorientieren Zuarbeitern unverdrossen an der Abschaffung der Wehrpflicht festhält, obwohl in der Verfassung und in der Regierungsvereinbarung genau das Gegenteil steht. Die Entscheidung für eine Volksbefragung ist daher eine Notbremsung, um die fortwährende Demontage des Bundesheeres bis zur Nationalratswahl durch den eigenen Verteidigungsminister zu beenden. Das Bundesheer rekrutiert derzeit den Nachwuchs weitgehend aus dem Kreis der Präsenzdiener und das funktioniert durchaus zufriedenstellend. Man könnte es einfach so beschreiben: Sie lernen uns kennen, wir lernen sie kennen. Das gibt nicht nur eine demokratische Durchmischung des Kaderpersonals, sondern auch eine Verankerung des Bundesheeres in der Bevölkerung. Die Bedenken des über alle Parteigrenzen hinweg beliebten und anerkannten Generalstabschefs Entacher werden vom Verteidigungsminister ganz einfach negiert. Da wird von einer Berufsarmee amerikanischen Zuschnitts geträumt und da passen halt Grundwehrdiener nicht dazu. Ich habe auch den Eindruck, dass manche dieser karriereorientierten Zuarbeiter es nicht erwarten können, endlich Krieg führen zu können, Verantwortung zu über- 12 Der Offizier 3-2012

We h r p o l i t i k Einsätze wie 2002 wären mit einem Berufsheer so Experte Entacher schlichtweg nicht möglich. Ärgerlich ist, dass der Verteidigungsminister und seine Experten ständig nach einem Profiheer rufen, obwohl das derzeitige Bundesheer bereits jetzt schon zu einer erheblichen Zahl aus Profis besteht. Gerade unser derzeitiges Mischsystem auf Basis der Wehrpflicht, bestehend aus Profis aus dem Kreis der Berufssoldaten, Milizsoldaten und Grundwehrdienern stellt jederzeit sicher, dass so General Entacher wir ziemlich alles abdecken können, was daherkommt. Meiner Meinung nach wollte die Regierungspartei SPÖ mit ihrem Vercherung hat ein Ende ind Eckpfeiler unserer Republik desheergewerkschaft in der GÖD nehmen, um sich in höheren Kommandofunktionen im sicheren Hinterland zu bewähren. Mehrmals wurden die anfangs errechneten Kosten für das Darabos-Berufsheer reduziert, um die fröhliche Botschaft verkünden zu können, dass künftig mehr Profis nicht mehr kosten. Dass der mit der Wehrpflicht als siamesischer Zwilling verbundene Zivildienst dann auch zur Diskussion steht, führt zwischenzeitlich beim Sozialminister zu ähnlich fröhlichen Rechenübungen. Gerade die Einsatzbilanzen aus dem letzten Winter und aus den aktuellen Einsätzen in der Steiermark und in Kärnten zeigen, dass diese Ergebnisse ohne Präsenzdiener niemals erreichbar gewesen wären. Unverdächtig ist hier die Feststellung aus dem Verteidigungsministerium aus dem Jahre 2010: Ohne Wehrpflicht wären derartige Einsätze jedoch nicht in diesem Ausmaß möglich. Die derzeitige Einsatzfähigkeit im In- und Ausland wird daher bei einem Darabos-Berufsheer ohne deutliche Erhöhung der Geldmittel nicht gehalten werden können. Seriöse Experten gehen von einer Verdoppelung des bisherigen Budgets aus. Das heißt für mich, wenn die Forderung nach einem Berufsheer ernst genommen wird, und der bisherige Leistungsumfang beibehalten werden soll, dann ist es halt doppelt so teuer. Ich kann nicht erkennen, dass die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen es in den kommenden Jahren möglich machen, das Budget zu verdoppeln. Wird auf ein Berufsheer umgestellt, wird es dieses notwendige Geld nicht geben. Und ohne das notwendige Geld, kommt dies einer Auflösung des Bundesheeres gleich. teidigungs- und Sportminister Darabos - der übrigens noch im Jahre 2010 überzeugend und engagiert genau das Gegenteil vertreten hat die Abschaffung der Wehrpflicht bis zu den kommenden Nationalratswahlen im nächsten Jahr als Forderung beibehalten. Der Bürgermeister von Wien hat weil zu kurz vor der Wahl begonnen erfolglos versucht, mit diesem Bundesthema den drohenden Verlust der absoluten Mehrheit im Landtag in Wien abzuwenden. Betroffen macht aber, dass sich hochrangige Mitarbeiter des Ressorts in dieses politische Spiel einspannen lassen. Diese Kameraden sollten sich fragen, warum der Generalstabschef konsequent eine andere Linie vertritt. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Meine Ausführungen bedeuten keinesfalls, dass wir wie es Dienstnehmervertretern gerne unterstellt wird - gegen jede Veränderung und gegen jede Reform eintreten. Selbstverständlich wird das Bundesheer sich weiter entwickeln müssen, um auf die jeweiligen sicherheitspolitischen Herausforderungen die passenden Antworten zu haben. Hier werden wir auch einen konstruktiven Beitrag zu leisten haben. Das war in der Vergangenheit so und das wird auch in Zukunft so sein! Die Gewerkschafter und Personalvertreter aus dem Bundesheer haben sich in der Resolution vom 2. Dezember 2010 überparteilich und einstimmig zur Wehrpflicht bekannt. Wir werden uns daher auch verstärkt in die öffentliche Diskussion einbringen und nicht die Seiten wechseln. Wir stehen gemeinsam mit allen vernünftigen Kräften in diesem Land auf, für ein Ja zur Wehrpflicht! 3-2012 Der Offizier 1 3

Die gesellschaftliche des Zivildienstes We h re r s a t z d i e n s t Foto: ORK Durch die Diskussionen über die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, ist die Bedeutung des Zivildienstes in ein völlig neues Licht gerückt. Die vielen Zivildienstleistenden bekommen nach Jahrzehnten nun zu Recht seit Monaten eine öffentliche Wertschätzung und Anerkennung für ihre wichtigen Aufgaben in verschiedenen Bereichen des Gesundheits- und Sozialsystems. Die Zivildiener leisten derzeit sehr wertvolle Dienste beispielsweise für Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen. Viele Leistungen im österreichischen Gesundheits- und Sozialsystem sind derzeit in dieser Form nur durch den Zivildienst möglich. Österreich kann auch sehr stolz auf sein Rettungs- und Sanitätsdienstsystem sein. Dieses hochverfügbare und effiziente System funktioniert nur aufgrund des gemeinsamen Einsatzes von ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeitern und von Zivildienern. In diesem Punkt hinkt auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern. Es ist hier nicht nur die rasche Eintreffzeit eines Rettungsfahrzeuges, die Österreich von anderen Ländern wesentlich unterscheidet, sondern auch der breite Umfang in welchem der Rettungs- und Sanitätsdienst in Österreich sichergestellt ist. Beispielsweise ist es bei uns vollkommen selbstverständlich, dass beeinträchtigte und gebrechliche Menschen auch vom Sanitätsdienst zu Untersuchungen und Behandlungen transportiert werden, während in anderen Staaten die Angehörigen diese Transporte organisieren und bezahlen müssen. Wird die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und damit auch der Zivildienst, dann gibt es nur wenige mögliche Alternativen. Der Ersatz durch hauptberufliche Mitarbeiter ist aufgrund der hohen Mehrkosten von rund 140 Millionen Euro österreichweit nur für die beim Roten Kreuz tätigen Zivildiener für die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungsträger nicht finanzierbar. Auch freiwillige und unbezahlte Mitarbeiter können diese Aufgaben nicht übernehmen, weil sie tagsüber ihrem Zivilberuf nachgehen und schon jetzt einen erheblichen Teil der Leistungen des Rettungs- und Sanitätsdienstes, insbesondere während der Nacht, an Wochenenden und an Feiertagen übernehmen. Der seit Monaten vom Roten Kreuz geforderte runde Tisch mit allen Betroffenen wurde jetzt zumindest für die Träger der Rettungsdienste eröffnet. Das derzeit diskutierte Modell des bezahlten freiwilligen Sozialjahres muss vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland kritisch hinterfragt werden. Zeitgleich mit dem Wegfall der Wehrpflicht in Deutschland wurde der Bundesfreiwilligendienst eingerichtet. Parallel dazu blieb das bereits existierende Freiwillige Soziale Jahr bestehen. Zur Hochzeit leisteten 136.000 junge Deutsche ihren Zivildienst, hauptsächlich in Pflege- und Betreuungsdiensten. Bundesfreiwilligendienst und Freiwilligen Sozialem Jahr ist es bis dato gelungen, rund 75.000 dieser Stellen zu besetzen. Auch die derzeit diskutierte Bezahlung des sogenannten freiwilligen Sozialdienstes muss im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen auf den ehrenamtlichen Bereich sehr kritisch gesehen und betrachtet werden. Bei unseren Nachbarn gibt es für die Freiwilligen die sich für den Bundesfreiwilligendienst entscheiden nur ein Taschengeld mit rund 350,-- Euro. Jedenfalls wäre das Wording für den Freiwilligen sozialen Dienst zu überdenken. Der Begriff der Freiwilligkeit wurde ohnehin in den letzten Monaten sehr strapaziert. 14 Der Offizier 3-2012

We h re r s a t z d i e n s t Bedeutung von Anton Holzer Der Zivildienst in Österreich ist ein über Jahrzehnte erprobtes System und lässt sich nicht von heute auf morgen ersetzen. Alternativen müssen gemeinsam mit allen relevanten Partnern erarbeitet werden. Als humanitäre Organisation ist es uns wichtig, dass all jene Leistungen, die Zivildiener heute für unsere Gesellschaft erbringen, auch in Zukunft gewährleistet sind und zwar mindestens in gleicher Qualität. Von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung ist, dass die vielen jungen Männer, die jährlich den Zivildienst absolvieren, im Rahmen ihrer Ausbildung und Tätigkeit eine wichtige Persönlichkeitsentwicklung erfahren. Im Rettungs- und Krankentransportdienst Die allgemeine Wehrpflicht und somit der Zivildienst sollen als bewährtes und sinnvolles System mit ihren gesellschaftspolitisch wertvollen Inhalten erhalten bleiben. Nicht zuletzt deshalb entscheidet sich rund die Hälfte der jungen Männer nach ihrem Zivildienst dazu, als ehrenamtliche Mitarbeiter weiter beim Roten Kreuz tätig zu bleiben. Letzteres gilt im Übrigen auch für die Heeressanitäter, die ihre Praxis beim Roten Kreuz absolvieren. Der Zivildienst aber auch der Praxisdienst der Heeressanitäter sind für das Rote Kreuz eine wichtige Rekrutierungsquelle. Zivildiener und Heeressanitäter erleben ihren Dienst als positiv, sinnstiftend und bereichernd. Ohne diese Erfahrungen würden diese jungen Menschen nicht auf die Idee kommen, sich freiwillig und unentgeltlich für andere Menschen zu engagieren. Die Gewinnung neuer Mitarbeiter wird das Rote Kreuz bei Wegfall des Zivildienstes vor erhebliche Herausforderungen stellen. Foto: ORK Anton Holzer, verheiratert mit LH Gabi Burgstaller, ist ehrenamtlicher Landesrettungskommandant des Salzburger Roten Kreuzes. Er ist seit 32 Jahren ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig. Beruflich ist er seit über 12 Jahren Leiter des Blutspendedienstes des Salzburger Roten Kreuzes und Mitglied der Geschäftsleitung im Landesverband Salzburg. Geldanlage im Zeichen des Vertrauens. Jetzt auf die richtigen Lösungen setzen. kommen Zivildienstleistende mit Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammen und werden mit vielen Formen des menschlichen Leidens konfrontiert. Sie helfen in Not geratenen Menschen unabhängig ihrer Rasse, Religion und politischer Ansichten in gleicher Weise, genauso wie es ihnen durch ihre freiwilligen und hauptberuflichen Kollegen vorgelebt wird. Dadurch lernen sie Toleranz, Wertschätzung sowie Achtung und Respekt vor der Einzigartigkeit der Persönlichkeit jedes Menschen. So gesehen gibt der Zivildienst jährlich tausenden jungen Menschen die Gelegenheit zu lernen, was den Menschen wirklich ausmacht. Insgesamt geht es daher bei der Frage, ob die allgemeine Wehrpflicht und damit der Zivildienst abgeschafft wird oder nicht, nicht um das Rote Kreuz, sondern um unsere Gesellschaft, um unser Gesundheits- und Sozialsystem. Es geht um Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Gratis-Depot-Check mit Sofort-Online-Analyse www.oberbank.at/depotcheck 3-2012 Der Offizier 1 5

Im O f f i z i e r z u Ga s t Zehn Fragen an Dr. Beatrix Karl, Bunde In der Österreichischen Offiziersgesellschaft herrscht große Freude, dass Sie ihr seit geraumer Zeit durch ihre Mitgliedschaft in der OG Steiermark angehören. Was hat Sie bewogen, Mitglied zu werden? Die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres liegt mir am Herzen und ich bin betroffen, wenn ich von immer mehr Offizieren und Unteroffizieren, aber auch Angehörigen des Milizstandes tiefe Frustration und Enttäuschung über manche aktuelle Entwicklungen beim Bundesheer spüre. Muss man da gleich Mitglied in einer Organisation wie der Offiziersgesellschaft sein? Es ist ein Kennzeichen reifer Demokratien, dass sich neben den offiziellen Instanzen und Funktionen eine Bürgergesellschaft, wenn Sie wollen eine Civil Society entwickelt. Die ÖOG sehe ich als einen Teil einer solchen Gesellschaft, die in unserer Zeit immer wichtiger wird. Sie ist mit ein wichtiges partizipatorisches Element in der Politik, wo es darum geht, für und mit dem Volk eine gemeinschaftsnotwendige Ordnung zu schaffen. Da ist es für mich eine besondere Verpflichtung, allein schon durch meine Mitgliedschaft sich zu ihr zu bekennen. Hier befinde ich mich übrigens auch in guter Gesellschaft. So ist z.b. Landeshauptmann a. D. Waltraud Klasnic Mitglied der OG Steiermark und meine Kollegin in der Bundesregierung, Frau Mag. Mikl-Leitner, Mitglied in der OG Niederösterreich. Wenn man einer solchen Organisation zugehört, muss man sich ja auch mit ihren Zielen identifizieren. Welche sind hier für Sie die wesentlichen? Wenn die ÖOG als das Sicherheitspolitische Gewissen Österreichs bezeichnet wird, ist das ein sehr hoher Anspruch. Ich sehe aber durchaus in den Auftritten der ÖOG das Bemühen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Dass dies nicht als Appendix der Ressortführung erfolgt und mitunter sehr kritisch zu deren Vorhaben geschieht, ist bemerkenswert. Das Eintreten für ein Bundesheer, das nach den Grundsätzen der Miliz organisiert ist und daher auf der allgemeinen Wehrpflicht beruht übrigens im Einklang mit unserer Bundes- Verfassung imponiert mir. Ebenso die Art und Weise, sich hier bemerkbar zu machen und in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Was lässt Sie von der Allgemeinen Wehrpflicht so überzeugt sein? Ich bin genauso wie der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer und unser Vizekanzler Michael Spindelegger eine Verfechterin der Wehrpflicht. Für die Anforderungen, die das Österreichische Bundesheer zu erledigen hat, und unter den budgetären Rahmenbedingungen, unter denen das Verteidigungsministerium seit Jahren leidet, gibt es keine Alternative zur allgemeinen Wehrpflicht. Die Erfahrungen, die andere europäische Staaten mit der Abschaffung der Wehrpflicht gemacht haben, überzeugen mich keineswegs. Nur durch die Einbeziehung aller jungen Männer aus allen Bildungs- und Gesellschaftsschichten erreicht man eine breite Akzeptanz für das Bundesheer in der Bevölkerung. Sehr wohl kann ich mir aber eine große Reform des Präsenzdienstes vorstellen, die einen stärkeren Fokus auf die Hilfe bei und nach Katastrophen richtet. Foto: zvfg. BMJ 16 Der Offizier 4-2007

Im O f f i z i e r z u Ga s t sministerin für Justiz Wie sehen Sie denn da die derzeit anlaufenden Pilotprojekte im Heer, die darauf abzielen, den Österreichern ein Berufsheer mit einer ergänzenden Freiwilligenmiliz schmackhaft zu machen? Manche Kritiker meinen, dies sei sogar verfassungswidrig. Jetzt in einigen Bundesländern unabgesprochen Berufsheer-Experimente sogenannte Pilotprojekte - zu starten, finde ich als kontraproduktiv und schließe mich den Worten von ÖVP-Wehrsprecher Oswald Klikovits an, der in diesem Zusammenhang von nutzlosen Planspielen sprach. Wenn wir angeblich in einem der reichsten Länder der Welt leben, kann doch die Finanzierung eines Wehrsystems das ausschlaggebende Argument sein. Sehen Sie da nicht auch andere Gründe, die für die allgemeine Wehrpflicht sprechen? WS 1986/87 - WS 1990/91: Diplomstudium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz 21.01.1991: Abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften SS 1991 - WS 1995/96: Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz 15.11.1995: Abschluss des Doktoratsstudiums der Rechtswissenschaften mit ausgezeichnetem Erfolg 01.12.1991: Bestellung zur Universitätsassistentin am Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht an der Karl-Franzens-Universität Graz 01.09.1999-31.08.2002: APART (Austrian programme for advanced research and technology) - Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, München 01.03.2001: Bestellung zur Assistenzprofessorin 21.01.2003: Verleihung der Lehrbefugnis als Universitätsdozentin für die Fächer Arbeitsrecht, Sozialrecht und Europarecht durch die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz Titel der Habilitationsschrift: Die Auswirkungen des europäischen Wettbewerbsrechts sowie der Freiheiten des Waren- und Dienstleistungsverkehrs auf die Sachleistungssysteme am Beispiel der sozialversicherungsrechtlichen Krankenbehandlung in Österreich seit 01.03.2003: außerordentliche Universitätsprofessorin für Arbeitsrecht, Sozialrecht und Europarecht an der Karl-Franzens-Universität Graz 01.01.2005-31.01.2007: Mitglied des European Committee of Social Rights des Europarats 01.04.2006 - Jänner 2010: Mitglied des Hochschulrates der Pädagogischen Hochschule Steiermark 30.11.2006 - Jänner 2010: Abgeordnete zum Nationalrat 01.12.2008 - Jänner 2010: Sprecherin der ÖVP für Wissenschaft und Forschung 20.07.2009 - Jänner 2010: Generalsekretärin des ÖAAB 26.01.2010 20. 04. 2011: Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung seit 21.04.2011: Bundesministerin für Justiz 3-2012 Der Offizier 1 7

Im O f f i z i e r z u Ga s t Natürlich! Darüber hinaus gibt es eine Reihe an Faktoren, die ganze Bände politischer Analysen füllen würden. Denken Sie etwa an die Herausbildung eines neuen Prekariats eine Gefahr für unsere Gesellschaft, die Sie in einer der Ausgaben Ihrer Zeitschrift auch klar aufgezeigt haben. Es gibt eine Reihe an sozialpädagogischen Aspekten und es gibt ein für mich ganz wesentliches Motiv: Aus der allgemeinen Wehrpflicht ergibt sich neben den in unserem politischen System vorhandenen Kontrollmechanismen eine Art demokratischer Kontrolle durch die Gesellschaft. Schließlich ich habe das schon an anderer Stelle angesprochen soll das Militär kein Fremdkörper in der Gesellschaft sein, sondern ein integraler Bestandteil. Das führt uns direkt zur Frage des Vertrauens. Eines Vertrauens, das allerdings keine Einbahnschiene sein darf. Wie wichtig ist dieser Aspekt für Sie? Äußerst! Es ist übrigens aus meiner Sicht eine gemeinsame Notwendigkeit für Repräsentanten des Bundesheeres und jenen der Justiz: beide benötigen ein hohes Ansehen in der Bevölkerung und ein Vertrauensverhältnis mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wenn die Bevölkerung das Vertrauen in ihre Militärs und in ihre Justiz verliert, ist das meist ein schlechtes Zeichen für einen Staat! Ich arbeite in meinem Ressort an einer großen Vertrauensoffensive für die Justiz. Ob der Verteidigungsminister in den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen hat, in der Öffentlichkeit mehr Vertrauen in das Bundesheer herzustellen, möchte ich dahingestellt lassen. Manche unserer Mitglieder haben sich gefragt, ob es neben dem wichtigen Vertrauen und dem Militärstrafrecht zwischen den Aufgaben der Justiz und jenen der Landesverteidigung noch andere Gemeinsamkeiten gibt. Sehen Sie welche? Bei genauerem Überlegen wird klar, dass beide das gleiche Ziel verfolgen: das Ziel, die Sicherheit in unserem Land zu verteidigen. Die Angehörigen der ÖOG wissen was es heißt, für Sicherheit zu kämpfen. Viele von Ihnen haben das schon in Einsätzen beispielsweise an der ehemaligen Staatsgrenze zu Jugoslawien oder im Ausland am eigenen Leib erlebt. Dafür zolle ich Ihnen meinen größten Respekt. Doch auch die Justiz verteidigt die Sicherheit in diesem Land, wenn auch mit anderen Waffen. Sie tut das in Gerichtssälen. Statt mit Sturmgewehren sind es Gesetze, mit denen die Justiz die Gegner des Rechtstaates besiegt. Für den einen oder anderen mag dieser Vergleich weithergeholt, ja vielleicht sogar unangebracht erscheinen. Doch ich bitte Sie, die Macht des Rechtstaates nicht zu unterschätzen. Denn Rechtlosigkeit öffnet Tür und Tor für Kriminalität und führt so immer zu Konflikten und zu Unsicherheit. Und die Bereinigung von Konflikten und der Erhalt von Sicherheit muss unser gemeinsames Anliegen sein. Nur wenn Justiz und Militär zusammenarbeiten können Friede und Sicherheit gesichert werden. Gemeinsames Anliegen ja, sehen Sie konkrete Beispiele in der Gegenwart? Denken Sie zum Beispiel an den Arabischen Frühling. Kurz nach Zusammenbruch der alten Regime haben die Militärs für Frieden gesorgt und das Ausbrechen neuerlicher Gewalt in der Region verhindert. Doch gleich die nächsten Schritte auf dem Weg zur Demokratie waren dann die politische Reorganisation und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Denn nur durch die Schaffung und Kontrolle neuer gesetzlicher Normen, die das Zusammenleben der Gesellschaft regeln, kann längerfristig Friede gewährleistet werden. Die Arbeitsüberlastung an österreichischen Gerichten ist evident. Sie haben mittlerweile einige Schritte eingeleitet, um die Situation zu verbessern. In einigen Staaten, darunter etablierte Demokratien, gibt es im Fall militärischer Straftaten eine eigene Militärgerichtsbarkeit. Wäre das nicht eine willkommene Entlastung Ihres Ressorts? Es gibt ja in einigen Staaten wie in der Schweiz, Frankreich, Italien, Israel oder den USA eine eigene Militärgerichtsbarkeit. Ich finde es durchaus richtig, dass wir in Österreich auch die Vergehen nach dem Militärstrafgesetz an zivilen Gerichten verhandeln. Eine eigene Militärgerichtsbarkeit könnte den Eindruck in der Bevölkerung entstehen lassen, dass die sich das schon richten ganz nach dem Motto eine Krähe schlägt der anderen kein Auge aus. Es gibt ja auch keine anderen Sondergerichte etwa für Ärzte oder Polizisten. Im Sinne der Objektivität und der Akzeptanz der Entscheidungen durch alle Beteiligten im Verfahren, halte ich das jetzige System für gut und richtig. Frau Bundesminister, wir danken für dieses Gespräch! 18 Der Offizier 3-2012

We h r p o l i t i k Verantwortung hat einen Namen 3-2012 Der Offizier 1 9

Darabos gegen St re i t g e s p rä c h Simmering gegen Kapfenberg, das war nach Travnicek einst Brutalität. Aber was In der aktuellen Diskussion um die allgemeine Wehrpflicht zeigt sich, dass Österreich über geschätzte 3.765.356 Experten für Landesverteidigung verfügt. Grund genug, die kontroversiellen Argumente aus hohen und höchsten Kreisen der politischen Führung zusammen zu fassen und zur Diskussion zu stellen. Bundesminister Norbert Darabos im archivarischen Streitgespräch mit Bundesminister Norbert Darabos. von Christian Experte 1 *), Befürworter der allgemeinen Wehrpflicht: Wieso sollen wir von einem Kurs abgehen, der sich gerade für einen kleinen neutralen Staat wie Österreich jahrzehntelang außerordentlich gut bewährt hat? Das Mischsystem aus Berufssoldaten, Freiwilligen (Zeitsoldaten), Miliz und Grundwehrdienern funktioniert. Das Bundesheer bewältigt alle seine personalintensiven Einsätze wie etwa den Katastrophenschutz im Inneren, den Assistenzeinsatz im östlichen Grenzraum, die Auslandsmissionen vom Westbalkan bis zum Golan, oder die permanente Luftraumüberwachung zu 100 Prozent. Wie die Erfahrungen der letzten 20 Jahre zeigen, funktioniert es aber in vielen Ländern, die ihr Wehrsystem geändert haben, nicht so einwandfrei. Viele Berufsarmeen in Europa haben enorme Aufbringungsprobleme. In Schweden rechnen Experten mit massiven Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung. Experte 2 **), Gegner der allgemeinen Wehrpflicht: Derzeit sind in einem auf die nicht mehr existente Bedrohung des Kalten Krieges ausgerichteten Massenheer 60 Prozent der etwa 24.000 Grundwehrdiener als Systemerhalter und somit als Fahrer, Köche, Kellner oder Schreiber eingesetzt. Ein gewaltiger Apparat ist damit beschäftigt, die restlichen 40 Prozent der Rekruten in kürzester Zeit zur Abwehr eines Feindes auszubilden, den es in dieser Form nicht mehr gibt. Vollkosten für die Grundwehrdiener: mehr als 200 Mio. Euro pro Jahr. Mit der angepeilten Personalstärke sind alle derzeit vorstellbaren Einsätze abgedeckt. Das umfasst natürlich auch Assistenzeinsätze zur Katastrophenhilfe mit einem Bedarf von 12.500 (Profi-) Soldaten. Garantiert ist darüber hinaus ein Auslandskontingent von mindestens 1100 Soldaten. Die Luftraumüberwachung ist zu 100 Prozent gewährleistet. Ich plädiere daher für ein Heer mit ausschließlich bestens ausgebildeten Profi-Soldaten und starker Milizkomponente. Mein Modell sieht 8500 Berufssoldaten (2000 Offiziere statt derzeit 2900 und 6500 Unteroffiziere), 7000 Zeitsoldaten sowie 9300 Milizsoldaten vor. Experte 1 *), Befürworter der allgemeinen Wehrpflicht: Auch die von Wehrpflichtgegnern gerne ins Treffen geführten Pläne des Nato-Mitgliedstaates Deutschland sind kein Grund, an unserem Erfolgsmodell zu rütteln. Zum einen weiß noch niemand, wie die deutsche Oxymoron-Debatte ( freiwillige Wehrpflicht ) ausgehen wird. Oder kann man etwa die präferierte Variante (Aussetzen der Wehrpflicht und Reduktion der Foto.bundesheer.at Truppenstärke) als vorläufiges Endergebnis bezeichnen? Im Sinne der neuen Oxymora-Kultur gewiss. Zum anderen ist die Situation im einwohnerreichsten EU-Land mit der in Österreich überhaupt nicht zu vergleichen. Ohne Grundwehrdiener könnten etwa nicht mehr zumindest 10.000 Soldaten für den Katastrophenfall (z. B. Hochwasser 2002) bereit gestellt werden. Die Wehrpflicht ist darüber hinaus die notwendige Basis für die Rekrutierung von Berufssoldaten. Aber nicht nur das: Ein Berufsheer würde auch das Ende der Miliz bedeuten, weil sie sich aus den Grundwehrdienern rekrutiert. Das hätte massive negative Auswirkungen auf die Auslandseinsätze: 56 Prozent der österreichischen Soldaten im Ausland werden durch die Miliz gestellt. 20 Der Offizier 3-2012

St re i t g e s p rä c h war das schon? Darabos,? M. Kreuziger Eine Abschaffung der Wehrpflicht würde auch bedeuten, dass es keinen Zivildienst mehr gibt. Experte 2 **), Gegner der allgemeinen Wehrpflicht: Gerade die ohne Grundwehrdiener absolvierten Einsätze im Jahr 2011 (Evakuierung von Österreichern aus Nordafrika, Teilnahme an der EU-Battlegroup, Entsendung einer Reserveeinheit in den Nordkosovo) zeigen, dass die Herausforderungen völlig andere sind als zu Zeiten der Bipolarität. Eine konventionelle militärische Bedrohung durch Panzer gibt es nicht mehr. Die Bedrohungen sind komplexer und unvorhersehbarer geworden, sie treten kurzfristig ein. Internationaler Terrorismus, das Scheitern von Staaten, Angriffe auf IT-Systeme, die Bedrohung strategischer Infrastruktur oder der Klimawandel das sind einige der Gefahren, für deren Abwehr wir uns wappnen müssen. Die Miliz soll deutlich aufgewertet werden: zwei Wochen verpflichtende Übungen pro Jahr, auf Knopfdruck einsetzbar, finanzielle Anreize und bessere Ausstattung. Dazu kommen 6500 Zivilbedienstete statt wie bisher 8400. Damit erreichen wir eine drastische Reduktion des Verwaltungsapparats, eine notwendige pyramidenförmige Personalstruktur und eine Senkung des langsam aber stetig steigenden Durchschnittsalters des Berufskaders um zumindest fünf Jahre (von derzeit 41 auf 36). Experte 1 *), Befürworter der allgemeinen Wehrpflicht: Ein Berufsheer mit gleichem Leistungsspektrum wäre auch um einiges teurer. Das bisherige Budget müsste verdoppelt werden angesichts des generellen Sparzwanges ein illusorischer Gedanke. Es gibt also etliche Gründe, die gegen ein Berufsheer und zugleich für eine Beibehaltung des bisherigen Systems sprechen. Experte 2 **), Gegner der allgemeinen Wehrpflicht: Das Heer gehört grundlegend reformiert, um es an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen andernfalls droht ein Verlust an Leistungsfähigkeit. Wir brauchen einen Wendepunkt in der Geschichte des Bundesheeres, um den Wendepunkten in der Weltgeschichte endlich gerecht zu werden. Experte 1 *), Befürworter der allgemeinen Wehrpflicht: Die Wehrpflicht ist darüber hinaus die notwendige Basis für die Rekrutierung von Berufssoldaten. Aber nicht nur das: Ein Berufsheer würde auch das Ende der Miliz bedeuten, weil sie sich aus den Grundwehrdienern rekrutiert. Das hätte massive negative Auswirkungen auf die Auslandseinsätze: 56 Prozent der österreichischen Soldaten im Ausland werden durch die Miliz gestellt. Eine Abschaffung der Wehrpflicht würde auch bedeuten, dass es keinen Zivildienst mehr gibt. Denn ein Staat darf seine Bürger nicht zu Zwangsarbeit verpflichten. Das steht in Artikel 4 der Menschenrechtskonvention. Eine Ausnahme gilt für militärische Dienstleistungen. Ohne Zivildiener würde das Gesundheits- und Sozialsystem ins Wanken geraten, erhebliche zusätzliche Kosten würden entstehen. Das Rote Kreuz schätzt sie auf etwa 200 Millionen Euro. *) Experte 1: Norbert Darabos, DER STANDARD, Printausgabe, 3.9.2010 <http://derstandard. at/1282978822728/kommentar-der- Anderen-Freiwilligen-Heer -ist-eine-illusion> **) Experte 2: Norbert Darabos, DER STANDARD; Printausgabe, 27.10.2011 <http://derstandard. at/1319181303821/wehrpflicht- Debatte-Bundesheer-neu-Die- Wehrpflicht-hat-ausgedient> Quellenangabe: gesudere.at/blog Autorenvermerk: OStvdRes Christian M. Kreuziger, freier Journalist, war Milizunteroffizier beim Jagdkommando und hat als Initiator Seminare Überlebenstraining für Journalisten in Kriegs-, Krisen- und Katastrophengebieten gestaltet. 3-2012 Der Offizier 2 1

Olympisches Militäraffinität und M Gedanken im Nachgang zu den Im Schatten der vergangenen Olympischen Spiele in London gab es einen nicht unbemerkten sportlichen Erfolg, der Anlass zur Reflexion über einen spezifischen Aspekt des Heeressportes gibt, der gerade erst sein 50jähriges Bestehen feierte. Tom Daniel, Zugsführer im Heeresleistungszentrum Seebenstein, erkämpfte mit einem fulminanten Wettkampf den sechsten Rang im Modernen Fünfkampf, bestehend aus den Teildisziplinen Fechten, Schwimmen, Reiten und Combined, einer Kombination aus Laufen und Schießen. Entdecker, langjähriger Trainer und Wegbegleiter von Tom Daniel ist Oberst Horst Stocker. Der Moderne Fünfkampf, der aufgrund der Komplexität und der vielfältigen Anforderungen an die Athleten, vielfach als die schwierigste Sportart der Welt gilt, wurde in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts nahezu ausschließlich von Offizieren betrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg begründeten junge Offiziere wie Peter Lichtner-Hoyer (Olympiateilnehmer in Rom 1960) die Tradition des Modernen Fünfkampfes im Bundesheer, zu dessen Leistungszentrum sich in den 70er Jahren die Theresianische Militärakademie entwickelt hatte, geprägt von Offizieren als Spitzentrainer wie Oberst Hans Schackl (Weltmeister im Militärischen Fünfkampf), Oberst Walter Marik (Weltklasse Fechter im Säbel und Degen) oder Oberst Fritz Resch (Olympiateilnehmer im Vielseitigkeitsreiten 1972 im München). Ein Biotop in dem Sportoffiziere der TherMilAk als Weltklasseathleten Generationen von Offiziersanwärtern zum Sport motivieren konnten und immer wieder auch Offiziere zum Spitzensport brachten und förderten. Der junge Fähnrich Stocker war einer von ihnen und schaffte es schließlich zur Olympiateilnahme 1984 in Los Angeles, zahlreichen Teilnahmen an Weltund Europameisterschaften und nicht zuletzt zu sechs Staatsmeistertiteln. Stocker studierte Sportwissenschaften und ist seit 2007 Leiter des Referates Körperausbildung an der TherMilAk. Seit 2000 arbeitet er mir Tom Daniel, mittlerweile auch Militärweltmeister, und regelmäßig unter den Top Ten der Welt klassifiziert. So weit so gut? Oder doch nicht. Ein näherer Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen wirft viele Fragen auf. Der Moderne Fünfkampf ist wie auch das Reiten oder Fechten längst keine militärisch geförderte Sportart mehr, was deshalb bedauerlich ist, weil damit das Bundesheer in typischen militäraffinen Sportarten kaum durch echte Berufssoldaten bei sportlichen Großereignissen, vor allem aber bei Olympischen Spielen, vertreten werden kann. Die sogenannten militärischen Schwerpunktsportarten, also Fallschirmspringen, Orientierungslauf, Militärischer Fünfkampf, Schießen und Biathlon sind bei Olympia nicht vertreten. Da das ÖBH beim Schießen nur Großkaliber fördert, verbleibt nur Biathlon als olympische Disziplin. Damit gibt es auch kaum mediale Aufmerksamkeit und keinen relevanten Imagetransfer. Wenn das Motto des Heeressportes lautet, Sport schafft Leistung trifft dies in der medialen Außenwirkung für die Streitkräfte selbst nur mehr sehr eingeschränkt zu, abgesehen davon, dass das ÖBH Heimstätte für über 190 Staatssportler in Uniform ist. Die Zeit, da Offiziere oder Unteroffiziere zur Weltelite in verschiedenen gerade auch Foto: zvfg olympischen Sportarten zählten, die insbesondere im Militär ihre Wurzeln haben, scheint vorbei zu sein. Ob das der Weisheit letzter Schluss ist, darf an dieser Stelle bezweifelt werden. Oberst Stocker ist damit einer der Letzten seiner Art, ein Berufsoffizier der zumindest eine Zeit lang im Rahmen des Dienstes professionell trainieren konnte, es sportlich von G. G Tom Daniel, Zgf im Heeresleistungszentrum Seebenstein mit 22 Der Offizier 3-2012

Olympisches oderner Fünfkampf Olympischen Spielen in London ustenau Obst Mag. Horst Stocker, Offizier, Spitzensportler, Spitzentrainer sehr weit brachte und heute sein Know How den Militärakademikern weitergeben kann und auch im Spitzensport als Trainer eine fixe Größe ist. Letzteres aber nicht im Dienst, denn das ist ja nicht mehr vorgesehen. Außer einiger weniger Sonderurlaube, für die Olympiavorbereitung sogar eine ganze Woche, trainiert Stocker mit Daniel außerhalb der Dienstzeit, es ist ja sein Privatvergnügen. Wenn Sport im Bundesheer eine Bedeutung haben soll, wird man auf Dauer nicht darauf verzichten können die Grundstrukturen von allgemeiner körperlicher Fitness, Leistungssport und Spitzensport abzubilden. Rapider Know How Verlust ist nur eine der unausweichlichen Folgen. Da wird man auf Experten wie eben Oberst Stocker oder Oberst Manfred Zeilinger, ein ehemaliger militärischer Fünfkämpfer und exzellenter Sportwissenschafter am Heeressportzentrum, nicht versichten können. Nur, diese Karrieren sind praktisch nicht mehr möglich. Ein anderer wesentlicher Aspekt ist die des Images der Streitkräfte in der Öffentlichkeit. Wenn im Nachgang zu den Olympischen Spielen in London die bedauernswerte Situation des Sommersportes beklagt wird und große Reformen gefordert werden, sollte auch das ÖBH gefordert sein, über eine Eigenleistung nachzudenken. Spitzensport, so lautet die gängige Meinung, ist der Ausdruck der Leistungsfähigkeit einer Nation, und wo Österreich nach London steht braucht hier nicht weiter erörtert werden. Wenn sich hier substantiell etwas verbessern soll, wird an vielen Schrauben zu drehen sein. Das Bundesheer wäre gut beraten, im Portfolio seiner Leistungen an Staat und Gesellschaft, den Leistungssport vor allem in den militäraffinen olympischen Disziplinen nicht gänzlich auszublenden. So wichtig und professionell die Betreuung der über 190 Sportsoldaten auch sein mag, Aussage über die sportliche Spitzenleistungen der Streitkräfte lassen sie keine zu, und - ganz ehrlich- sie vertreten sie auch nicht. Das war der Fall, als seinerzeit Hptm Peter Lichtner-Hoyer über den Parcours fegte und die Stadthalle bebte. Den Reitausbildungszug an der Ther- MilAk gibt es übrigens noch. Vielleicht lässt sich daraus ja doch noch einmal etwas machen. Und dass mit Spitzentrainern a la Horst Stocker für die olympischen Spiele 2016 und 2020 im Modernen Fünfkampf etwas erreicht werden könnte, wenn man das im ÖBH ernsthaft wollte, der Nachweis wurde in London erbracht. 3-2012 Der Offizier 2 3

SAND IN DIE AUGEN Der Offizier 2-12 Auf Grund des vorgezogenen Erscheinungstermines unserer Ausgabe 4/2012 ersuchen wir um Leserzuschriften bis spätestens 25.11.2012 Wehrdebatte: Was man lieber verschweigt? Die weltpolitische Lage ist unüberschaubar und besorgniserregend. Trotz positiver Prognosen nach 2 Weltkriegen hat sich die Weltsicherheit in keiner Weise verbessert und viele oft behauptete gerechte und der Weltsicherheit dienenden militärischen Konflikte sind immanent. Infolge weltweiter zum Teil unloesbarer Konfliktsherde werden viele Staaten durch politische oder wirtschaftliche Zugeständnisse oder zufolge bestehender Beistands-oder Bündnisverpflichtungen in mil.konflikte involviert und junge Soldaten müssen in Kriegen, deren Ursachen und Kriegsziele oft nicht durchschaubar sind, ihr Leben einsetzen. Das oesterreichische Wehrrecht kennt jedoch keine Form der Beistandspflicht für Kampfeinsätze und Entsendung von Soldaten zu internationalen Einsätzen gegen ihren Willen sondern nur freiwillige Friedenseinsätze. Gemäß den verfassungsrechtlichen Bestimmungen ist die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates unter Bedachtnahme auf die Neutralität ermächtigt, einer internationalen Orga- nisation auf Ersuchen um Hilfeleistung durch Entsendung von Einheiten unter bestimmten Bedingungen zu entsprechen. Eine der Bedingungen setzt die freiwillige Meldung jedes einzelnen zu entsendenden Soldaten voraus. Im Falle der Einfuhrung eines Berufsheeres ist jedoch derversuch der Aufweichung oder Änderung der Verfassungsrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der verpflichtenten Freiwilligenmeldung jedes Einzelnen und normierter Bedingungen für die Entsendung von Soldaten im Falle der Einbindung in internationale Organisatsionsformen und deren Verfügungsrechte zu befürchten. Die allg. Wehrpflicht entspricht nicht dem Interesse einiger Militärrnächte, die nun ihrerseits auf Staatsregierungen und guten Willen zeigende Politiker mit schoengefarbten Argumenten für die Einfuhrung eines Berufsheeres werben. Das derzeitig gültige Wehrrecht sichert jedoch die eigenstaatliche Entscheidungshoheit und das Recht zur Beurteilung der Zumutbarkeit eines internationalen Einsatzes und unterbindet jede Moeglichkeit,Soldaten ohne ihre ausdrückliche Zustimmung ins Ausland zu entsenden. Mit kameradschaftlichen Grüssen GenMjr i.r. Mag. Dr. Johann Wohlmuther 8010 Graz im September 2012 www.bundesheer.at Auf der offiziellen Homepage des BMLVS lautet es: Wir gehen neue Wege - Darabos setzt erste Schritte Richtung Profiheer. Und weiters: Verteidigungsminister Norbert Darabos bei der Pressekonferenz: Auch wenn mit dem Koalitionspartner die Transformation jetzt nicht möglich ist, hindert mich das nicht an der Vorbereitung des Umbaus. Innerhalb von zwei Jahren soll das Bataillon nur noch aus 530 Kadersoldaten bestehen und ohne Grundwehrdiener auskommen. Der Umbau des Jägerbataillons 25 in ein reines Profi-Bataillon ist eines von drei Pilotprojekten, das die Umwandlung des Österreichischen Bundesheeres in eine,profiarmee vorbereitet Der Minister hätte alles zu tun, den Auftrag des Gesetzgebers umzusetzen. Der schreibt ihm die allgemeine Wehrpflicht und ein Bundesheer nach den Grundsätzen der Miliz vor. Ein deutlicheres Eingeständnis seines verfassungswidrigen Vorgehens gibt es wohl nicht. Wo bleibt der Ruf nach einer Ministeranklage? Und wo bleibt der Staatsanwalt in der Verfolgung seiner ihr Amt missbrauchenden Helfer? P. Huber, 1070 Wien im August 2012 Kronen Zeitung; 18 09 12 Kommentar von KURT SEINITZ: Sind wir in Südamerika? Generäle mischen sich derzeit massiv in die Politik ein. Sind wir schon im (alten) Südamerika gelandet? In normalen Demokratien ziehen Generäle die Uniform aus, wenn sie Politik machen wollen, wie z. B. die Generäle de Gaulle oder Eisenhower. Wenn Österreichs Generalstabschef Entacher sich im Wahlkampf ganz eindeutig auf eine Seite der Volksbefragung wirft, sollte er das Gleiche tun und sich offen als Politiker outen. Uniformträger haben in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Über Staat und Truppe dürfen in einer Demokratie ausschließlich nur Zivilisten das Sagen haben! Gottlob, wir sind nicht in Südamerika. Da würde der Leserbriefschreiber ob seiner Aussagen über die Generalität bereits im Gefängnis sitzen - ohne Rechtsbeistand, ohne Verfahren, ohne Urteilsspruch. Gottlob leben wir in einem Land, wo es jedem Menschen frei steht, seine Meinung zu äußern. General Entacher wirft sich nicht auf eine Seite der Volksbefragung, Er erklärt aus seiner Verantwortung als höchster Offizier des Bundesheeres heraus, was Sache ist. Das ist nicht nur sein Recht sondern sogar seine demokratisch legitimierte Pflicht. Diese verlangt von ihm als Beamten (und das ist nach dem Gesetz auch ein Offizier) auf mögliche für die Republik schädliche Folgen einer politischen Entscheidung hinzuweisen. Und darin liegt auch der Unterschied zu den Politikern: Der Beamte (Offizier) tut dies aus Verantwortung gegenüber und Loyalität zum Staat und nicht aus Effekthascherei und zur Wählerstimmenoptimierung. Prof. Mag. Rolf M. Urrisk, Bgdr i.r. im September 2012 24 Der Offizier 3-2012

We h r p o l i t i k Ex-Gouverneur Arnold A. Schwarzenegger in der Belgierkaserne zu Gast: Ich bin zutiefst von der Wehrpflicht überzeugt! für eine Dokumentation des US-amerikanischen Fernsehsenders CBS. Fotos: bundesheer.at/stelzer Einst hat er mit einem einzigen Kraftakt eine Panzerschraube gelöst, wenn diese sich für Kameraden nicht lockern ließ. 27 Jahre danach kaufte er sich das Stück, mit dem er einst fuhr, als er beim Panzerbataillon 4 in Graz seinen Wehrdienst leistete. Der M 47, den er dabei fuhr, steht heute vor einem seiner ehemaligen Restaurants in Santa Monica, Kalifornien. Der Terminator hat in sich einfach gekauft, die Restaurantkette um gutes Geld verkauft. Von November 2003 bis Januar 2011 war er der 38. Gouverneur des mit mehr als 37 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Staates der USA. Nach zwei Amtsperioden konnte er, da die kalifornischen Verfassung nur eine einmalige Wiederwahl zulässt, nicht mehr kandidieren. Schwarzenegger wanderte 1968 in die USA aus. Während in einer breiten Öffentlichkeit eher seine Karrieren als Bodybuilder und Filmheld bekannt sind, ist in seiner österreichischen Heimat fast verborgen geblieben, dass er sich in den 70er Jahren ein Millionenvermögen als Immobilienmakler erwirtschaftete. In der Folge besuchte zwei Community Colleges, wo er hauptsächlich Kurse aus Betriebswirtschaften besuchte, zumal es ihm auf Grund seines Visums nicht erlaubt war, regelmäßig zu studieren. An jeder Einrichtung durfte er nur eine begrenzte Anzahl an Kursen belegen. 1979 schloss er schließlich seine Studien mit einem Bachelor of Arts in internationaler Wirtschaftslehre an der University of Wisconsin-Superior ab. Auf Heimatbesuch Im August besuchte Arnold Schwarzenegger seine militärische Heimat: die Belgier-Kaserne in Graz. Dort hatte er von Oktober 1965 bis Juni 1966 seinen Grundwehrdienst beim Österreichischen Bundesheer als Fahrer eines M- 47-Kampfpanzers geleistet hat. Grund für den Besuch waren Filmaufnahmen Nach dem Empfang des prominenten Gastes lud Streitkräftekommandant Generalleutnant Günter Höfler in sein Büro. Dort wurde über das Bundesheer von damals und heute gesprochen. Schwarzenegger betonte, dass für ihn die Ableistung des Grundwehrdienstes eine sehr wertvolle Erfahrung gewesen sei. Er habe dabei lernen können, mit Verantwortung umzugehen und zusammenzuarbeiten. Er erzählte, dass seine Mutter einst bei einer Übung mit Sterz, Semmeln und Wurst vorbeigekommen war und er schon damals kameradschaftlich geteilt hatte. Die Begegnung mit gleichaltrigen jungen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, Teamwork und Kameradschaft das seien Werte, die er aus seiner Wehrpflichtzeit für sein späteres Leben mitgenommen habe Im Rahmen des Gesprächs mit dem Kommandanten der Streitkräfte ließ der Terminator durchblicken, dass ihm die österreichische Debatte um die Wehrpflicht nicht entgangen sei und meinte gar: Ich bin nicht gekommen, um der österreichischen Regierung diesbezüglich Tipps zu geben. Aber ich bin zutiefst vom Sinn der Wehrpflicht überzeugt! Fotos: bundesheer.at/schroettner 3-2012 Der Offizier 2 5

B e r u f s h e e r o d e r We h r p f l i c h t Zwei Gastkommentare Die Wehrpflicht bringt nichts, kostet aber viel 30.08.2012 18:20 ERICH REITER (Die Presse) Die Abschaffung (oder Aussetzung) der Wehrpflicht ist aufgrund der österreichischen Realität der einzig mögliche Weg, um das Bundesheer wieder zu einer militärischen Organisation zu machen. Vorab: Unsere Wehrpflicht besteht darin, dass ein Teil der Wehrpflichtigen eines Jahrgangs zum Wehrdienst einberufen wird (2010 waren das etwa 25.000 von 47.000; 13.000 machten Zivildienst und rund 9000 waren untauglich). Von den Einberufenen wird weniger als ein Drittel einer militärischen Ausbildung zugeführt. Diese dauert sechs Monate; nach der Ausbildung, also wenn er dann einsatzfähiger Soldat wäre, verlässt der Wehrpflichtige das Heer für immer, ohne irgendwie jemals militärisch genutzt zu werden. Dass das militärisch und ökonomisch blanker Unsinn ist, bedarf eigentlich keiner weiteren Begründung. Die Alternative müsste sein, entweder den Wehrdienst zu verlängern, um die Ausgebildeten auch als Soldaten nutzen zu können, oder die Wehrpflicht abzuschaffen und auf ein reines Berufsheer zu setzen. Worüber diskutiert werden sollte Ausgangsbasis einer Diskussion darüber sollte die Frage sein, was unser Bundesheer militärisch tatsächlich kann beziehungsweise was es können sollte. Tatsache ist, dass unser Bundesheer durch die jahrzehntelange krasse Unterdotierung trotz aller Qualität seines Offizierskorps heute weder zur Landesverteidigung noch zur Teilnahme an anspruchsvollen internationalen Einsätzen (sowohl quantitativ als auch qualitativ) imstande ist. Denn die Fähigkeit zur modernen Kriegsführung ist nicht einmal ansatzweise vorhanden. Es fehlt an moderner Ausrüstung und Bewaffnung und mangels derselben natürlich auch an der entsprechenden Ausbildung dafür. Dazu eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Abstandslenkwaffen, Präzisionsbomben, BVR-Lenkwaffen, Aufklärungsdrohnen für die Aufklärung aus großen Höhen, Angriffsdrohnen, erweiterte Flugabwehrsysteme, hochauflösendes Radar, Sensoren zur Ortung von Artilleriefeuer, elektronische Ortung durch Flugzeuge, moderne Mobiltelefonie und taktische Funkaufklärung, Störsender, Kampfhubschrauber etc. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang auch noch: Wir haben zwar einige Exemplare des an sich besten Kampfflugzeuges gekauft, aber ohne die zur modernen Kriegsführung erforderliche Ausstattung, weshalb diese Jets nur zur Luftraumüberwachung einzusetzen sind. Der Sinn der Wehrpflicht war und ist die Aufstellung eines zahlenmäßig großen Heeres. Dabei hat man das Heer immer als eine militärische Organisation verstanden, die nur nebenbei auch andere Funktionen wie zum Beispiel Katastrophenhilfe übernimmt. Das Erfordernis eines Massenheeres zur Territorialverteidigung ist bald nach dem Ende des Kalten Krieges weggefallen. Ein kleines, aber modernes Heer Wir brauchen also kein großes Heer; wir bräuchten aus militärischen Überlegungen ein kleines, aber modern ausgestattetes Heer, das zwei Fähigkeiten besitzt: Erstens gewisse militärische Kernkompetenzen zu bewahren, die es befähigen, notfalls die militärischen Kapazitäten auch wieder hochzufahren. Zweitens die Fähigkeit zur Teilnahme an internationalen Einsätzen sei es aus humanitären Gründen oder/und zur Sicherung europäischer Interessen. Dazu könnte man noch anfügen, dass sich das Bundesheer auf eine allfällige Teilnahme an einer gesamteuropäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorbereiten soll. Der Neutralitätsschmäh Ein besonders absurdes Argument für das Erfordernis der Beibehaltung der Wehrpflicht ist die Neutralität: Das kleine Österreich könne ansonst keine ausreichend große Truppe zusammenstellen, um souverän und unabhängig von anderen Staaten die Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Wissen die, die so etwas sagen, wirklich nicht, dass unser auf der Wehrpflicht beruhendes Bundesheer nicht einmal ansatzweise zur Landesverteidigung befähigt ist. (Es wäre übrigens auch in der Zeit des Kalten Kriegs in keinem Moment in der Lage gewesen, Österreich ohne fremde Hilfe zu verteidigen.) Wenn das Neutralitätsargument ernst gemeint ist, dann müssten die Neutralitätsverfechter allen voran SPÖ und Grüne sofort eine Vervielfachung des Verteidigungsbudgets zum Aufbau einer aufwendigen autonomen Verteidigungsfähigkeit verlangen. Das tun sie aber nicht. Mit der Reduzierung des Wehrdienstes auf sechs Monate unter dem damaligen Verteidigungsminister Günther Platter ist auch die Miliz de facto abgeschafft worden, weil keine Verpflichtung zu Milizübungen mehr besteht. (Kleine Milizeinheiten werden symbolhaft noch weitergeführt.) Seit damals bringt unsere Art der Wehrpflicht keine Soldaten. Denn wenn sie ausgebildet sind, verlassen sie das Heer für immer außer sie werden Berufssoldaten. Die Wehrpflicht bringt also nichts. Sie kostet aber viel. Unser Bundesheer ist als und für eine Wehrpflichtigenarmee organisiert. Der Verzicht auf die Grundwehrdiener würde eine ganz andere Organisation ermöglichen und wir bräuchten auch jene Systemerhalter nicht mehr, die ein System erhalten, das wir nur haben, weil es die Wehrpflicht gibt. Der Wegfall der Wehrpflicht würde sofort Geld und Personen zum Umbau des Bundesheers zu einem modernen Berufsheer freimachen. Das würde auch zu keinem Verlust an militärischer Stärke führen, weil unsere Wehrpflicht ja keinerlei militärische Kapazitäten vermittelt. Katastrophenhilfe und Zivildienst Über die Jahre hin würde die Beibehaltung des jetzigen Verteidigungsbudgets immerhin den Aufbau eines modern ausgerüsteten Berufsheeres im Umfang von circa 15.000 Soldaten ermöglichen. Eine Studie belegt, dass dies aufgrund der aktuellen Situation wir haben rund 16.000 Berufs- und Zeitsoldaten, aber in einer falschen hierarchischen Struktur möglich wäre. Rund 40Prozent des jetzigen Budgets und etwa 55Prozent des heutigen Personals wären nämlich in einer neuen Heeresstruktur nach Wegfall der Wehrpflicht nicht mehr nötig. Militärisch ist unsere Wehrpflicht unsinnig. Bleiben also noch andere Gründe wie Katastrophenhilfe oder dass die Aufrechterhaltung des Zivildienstes die Wehrpflicht verlangt. Beides ist übrigens widerlegt beziehungsweise widerlegbar. Dass man den Wehrdienst nicht um des Zivildienstes willen braucht, hat Caritas-Präsident Franz Küberl dargelegt. Dass ein Profiheer mit einer starken Pionierkomponente und modernem Gerät große und rasche Hilfe im Ernstfall leisten könnte ist wohl zumindest ebenso einsichtig wie der angebliche Masseneinsatz schlecht ausgerüsteter und nicht ausgebildeter Grundwehrdiener. 26 Der Offizier 3-2012

B e r u f s h e e r o d e r We h r p f l i c h t in Die Presse Die Wehrpflicht könnte viel bringen und kostet wenig - jedenfalls weniger als jedes Berufsheer! 06 08 2012 / Manfred Gänsdorfer (Die Presse) Hon.-Prof. DDr. Erich Reiter ist ein ehrenwerter Mann. Er hat vor vielen Jahren im Rahmen seiner beamteten Tätigkeit im BMLV unschätzbare Dienste geleistet. Stets hat er es verstanden, in sicherheitspolitischen Belangen seiner Zeit voraus zu sein. Was die Realitäten der österreichischen Landesverteidigung betrifft sogar weit voraus. Sein wissenschaftliches Engagement und seine Vernetztheit im weltweiten Feld sicherheitspolitischer Theoretiker sind beachtlich. Und wieder einmal ist er seiner Zeit voraus zumindest nach dem, was er im Gastkommentar der Presse vom 31 08 dargestellt hat. Sein Befund am Zustand des österreichischen Bundesheeres mag berechtigt sein. Er widerspiegelt genau das, was Platter, Darabos und Co. unter kräftiger Mithilfe einiger Uniformierter, die mitunter den eigenen Futternapf im Auge hatten, im krassen Gegensatz zum Auftrag des Gesetzgebers gemacht haben: Das Heer ist alles andere, als nach den Grundsätzen der Miliz organisiert. Die Vorgenannten haben es geschafft, nach unzähligen Reformkommissionsstunden ein Heer zu schaffen, in dem ein ärmelschonerbewaffneter Apparat 25.000 junge Männer zu den Fahnen eilt, um sie auszubilden und danach als Karteileichen zu entlassen. Ohne jeden militärischen Nutzen. Der Herr Professor hat recht: Keine Frage, dass dies zu diskutieren und zu ändern sei! Nicht die Wehrpflicht ist am Ist-Zustand des Bundesheeres schuld Reiter kritisiert die angeblich nicht einmal ansatzweise Fähigkeit unseres Heeres zur modernen Kriegsführung. Es wäre jedoch weit gefehlt, dafür die Wehrpflicht als Begründung anzunehmen. Denn eine Berufarmee hätte angesichts der österreichischen Finanzierungsbereitschaft wohl kaum eine Stärke, die über jene einer Palastwache hinausgeht. Eine solche wäre wohl noch weniger zur modernen Kriegsführung (für welchen übrigens?) geeignet. Dafür fesch gekleidet und mit klingendem Spiel von neun Militärkapellen beim Aufmarschieren begleitet. Zum Gaudium bei Paraden und für fotografierende Touristen. Bei sinkenden Budgets. Es kann jedenfalls nicht der Wehrpflicht angelastet werden, dass unser Heer in dem Zustand ist, wie es eben ist. Es ist genau da, wo es die politische Führung mit tatkräftiger Mithilfe oberster Militärs hingebracht hat. Reiter stellt richtigerweise fest, dass der Sinn der Wehrpflicht die Aufstellung eines zahlenmäßig großen Heeres ist. Und genau das ist es, was im Bedrohungsbild der Gegenwart und nahen Zukunft gebraucht wird. Nicht unbedingt zur Territorialverteidigung im Stil der Zeit des Kalten Krieges. Die sich in der Gegenwart stellenden Herausforderungen im Bedrohungsfall, wo es gilt Einrichtungen unserer lebensnotwendigen Infrastruktur zu schützen oder gar nach terroristischen Anschlägen Aufräumungsarbeit zu leisten, bedarf im Anlass einer großen Anzahl von Soldaten. Keines stehenden Heeres, sondern einer im Bedarfsfall aufzubietenden Miliz, der einzigen Art, in einem Einsatz die notwendige Nachhaltigkeit sicherzustellen. Gestrige Vorstellungen von der Militärmacht Europa für welchen Krieg? In Zeiten, in denen beobachtet werden muss, dass die Mitglieder der Europäischen Union aus bekannten Gründen (es sei u.a. an die Affäre Guttenberg erinnert, den sich der österreichische Sportminister als Vorbild genommen hat und dennoch im Amt verharrt) höchst unkoordiniert abrüsten, anstatt ihre bewaffnete Macht koordiniert auf ein gemeinsames Ziel zuzusteuern, kann ein neutraler Kleinstaat Neutralitätsschmäh hin oder her nur der letzte sein, der sein Heer vernachlässigt. Bekanntlich ist ja die die Mehrheit der EU-Staaten Mitglied im Militärpakt der Nato und nutzt die militärische Beistandspflicht ihrer Mitglieder. Einer Organisation, die höchst reformbedürftig scheint und bekanntlich nicht aus der Zeit nach dem Kalten Krieg stammt. Hier drängt sich geradezu die Frage auf, wer denn hier gestrige Vorstellungen habe: Die Befürworter eines kleinen Heeres nach dem Milizprinzip, gekoppelt mit Katastrophenhelfern und Zivildienern für den Sozialbereich oder verspätetpubertärromantische Verfechter einer militärischen europäischen Großmacht mit österreichischer Beteiligung, die in weiter Ferne europäische Interessen durchsetzt? Mit einer Armee, die höchstens in den Köpfen jener existiert, denen die Heimkehr unserer Soldaten etwa als von afghanischen Freiheitskämpfern zusammengeschossene Krüppel oder gar in Särgen egal scheint. An der Spitze steht der Auftrag Wer auch immer in der Frage des Wehrsystems Position bezieht, möge doch das tun, was man bereits in der militärischen Taferlklasse gelernt haben sollte. Er möge vom Auftrag ausgehen, den es zu erfassen gilt. In diesem Fall dem politischen, vorgegeben vom Parlament. Nicht dem eines Ministers, dessen Expertise zur Genüge im In- und im Ausland bekannt ist. Und es ist die Politik, die auch die Mittel bereitzustellen hat, die mit dem Ziel in Einklang zu bringen sind. Ob in der bisher geübten österreichischen Wehr-Praxis allerdings weiterhin der Weg das Ziel sein kann, bleibt mehr als fraglich. 3-2012 Der Offizier 2 7

In t e r n a t i o n a l e s CIOR/CIOMR Summ Vom 29.7.12 bis 3.8.12 fanden in Kopenhagen der 66. CIOMR-und der 65. CIOR-Sommerkongress statt. Zeitgleich tagte das NATO Reserve Forces Committee. Österreich war mit einer Delegation von 8 Offizieren vertreten. CIOR/CIOMR ist der internationale Dachverband der (medizinischen) Reserveoffiziere von 36 NATO/PfP-Nationen und vertritt die Interessen von insgesamt 1,3 Millionen Reservisten (in Österreich Miliz genannt) in den Mitgliedsländern. Ziel ist, die internationale Zusammenarbeit und die Interoperabilität in multinationalen Einsätzen zu fördern. Um diese Zielsetzung zu unterstützen, fanden in Kopenhagen zahlreiche Übungen und Wettkämpfe statt: eine CIMIC-Übung, ein Young Reserve Officers-Workshop zum Thema Führungsverhalten, eine Erste Hilfe-Wettbewerb und ein Militärischer Fünfkampf, an dem 35 Dreier-Teams aus zahlreichen Nationen (ohne Österreich) teilnahmen. Weiters wurde über die laufenden Aktivitäten der Language Academy berichtet und das Symposium The role of Reserve in current NATO issues mit den Themenschwerpunkten Cyber Defence und Postdeployment and Reintegration mit hochrangigen Referenten durchgeführt. In einer Video-Botschaft berichtete Admiral James G. Stavridis (US), SA- CEUR (NATO), über den NATO Summit 2012 in Chicago, der Vorsitzende des NRFC MGen Kjell Ove Skare (NOR) skizzierte die Zusammenarbeit zwischen CIOR und NATO und der Chef des dänischen Generalstabes, Gen Peter Bartram, erläuterte die aktuellen Herausforderungen an die dänischen Streitkräfte. Dänemark ist seit Jahren intensiv in Afghanistan engagiert eine Kranzniederlegung für die Gefallenen würdigte diesen Einsatz. Rolle der Reserven Alle hochrangigen Referenten -u.a. auch Ambassador BGen (Ret) Dr Flemming (USA) und der frühere belgische Generalstabschef Admiral (Ret) Willy Herteleer betonten vor dem Hintergrund sinkender nationaler Verteidigungsbudgets die Sinnhaftigkeit des internationalen Pooling and Sharing- Ansatzes im Rahmen der der neuen Smart Defence -Politik. Dabei kommen den Reserven im Wesentlichen drei Rollen zu: 1. Bevorratung von Mannstärken, die nur dann bezahlt werden müssen, wenn ein Einsatz notwendig ist. Unter diesen Effizienzgesichtspunkten ist zum Beispiel der Anteil der Reserven in den US-Streitkräften von ursprünglich 30% auf derzeit ca. 70% angestiegen. Aktuell wird die US Army Reserve daher nicht mehr als strategische sondern als operative Reserve verstanden. Das drückt sich auch darin aus, dass seit 9/11 ca. 200.000 Reservisten im Irak und Afghanistan zum Einsatz gebracht wurden. Das entspricht etwa dem Umfang während des 2. Weltkrieges. 28 Der Offizier 3-2012

In t e r n a t i o n a l e s er Congress 2012 2. Die Reservisten sind das wichtigste Bindeglied des Militärs zur Zivilgesellschaft. In unsicheren Zeiten sind der Wille und die Fähigkeit zur Bewältigung großer Herausforderungen unverzichtbar. Die militärischen Fertigkeiten der Reservisten erhöhen demnach die Resilienz der westlichen Wertegemeinschaft. 3. Umgekehrt verfügen die Reservisten über ziviles Know-how, das für das Militär unverzichtbar ist. Es wurde besonders betont, dass die Herausforderungen der Cyber Defence ohne Zusammenarbeit mit zivilen Energie-und IKT-Versorgern nicht bewältigt werden können. Dabei können Reservisten in diesen Unternehmen durch ihr Verständnis für beide Welten eine wertvolle Ressource sein, die derzeit noch viel zu wenig genutzt wird. CIOR Committees Im Rahmen der verschiedenen Komitees wurden weitere wichtige Aspekte diskutiert und entschieden. Das Council verabschiedete den Rechnungsabschluss des Vorjahres und das nächste Budget. Außerdem wurden die zukünftigen Präsidentschaften und Tagungsorte erörtert. Weiters wurden nach Vorarbeit durch das Legal Committee die Statuten und die Geschäftsordnung adaptiert und das offizielle Dokument über die Zusammenarbeit mit der NATO zur Kenntnis genommen. Das DefSec Committee erarbeitete einen Reserve-Monitor, durch den die nationalen Reserven hinsichtlich ihrer Stärke und Aufbietbarkeit verglichen werden können. Das PfP Committee berichtete über den Status zur Aufnahme von Georgien und die Beziehung zu Russland, das mit dem International Advisory Council (IAC) offensichtlich ein post sowjetisches Gegenstück zu CIOR etablieren möchte. Rahmenprogramm Das offizielle Konferenzprogramm umfasste anspruchsvolle Arbeitseinheiten, die zeitig am Morgen starteten und bis in den frühen Abend reichten. Zum Ausgleich gab es am Abend Gelegenheit zur Kameradschaftspflege im Rahmen von Stadtbesichtigungen per Boot, dem Besuch des Royal Danish Arsenal Museum und einem dänischen Abend in der Three Crowns Naval Fortress. Abgeschlossen wurde die Konferenz mit einer stimmungsvollen Übergabe der Präsidentschaft und einem Gala-Dinner. ObstltdhmfD Mag. Erich Cibulka Was einer nicht kann, das schaffen viele dieser Gedanke hat Raiffeisen zur stärksten Gemeinschaft Österreichs gemacht. Das schafft Sicherheit und davon hat jeder Einzelne etwas. Seit über 125 Jahren. Mehr über Raiffeisen erfahren Sie unter www.raiffeisen.at 3-2012 Der Offizier 2 9

Me d i e n s p l i t t e r Bundesheer: Überparteiliche Plattform in Salzburg für Wehrpflicht SPÖ-Bürgermeister Schaden und ÖVP-Chef Haslauer als Proponenten Schaden kritisiert Bundesregierung und befürchtet abgewracktes Berufsheer Salzburg (APA) - Die Schar der Befürworter von Wehrpflicht und Zivildienst hat einen prominenten Mitstreiter erhalten: Salzburgs SPÖ- Bürgermeister Heinz Schaden wird eine überparteiliche Plattform unterstützen, die bis 20. Jänner die Werbetrommel für die Wehrpflicht rühren wird. Bei der Präsentation der Plattform übte Schaden am Montag scharfe Kritik an der Bundesregierung. Gegründet wird der Verein auf Initiative des Salzburger ÖVP-Chefs LHStv. Wilfried Haslauer. Ich erwarte, dass der Verteidigungsminister keine Freude mit mir haben wird, aber damit kann ich leben, sagte Schaden heute bei einem Pressegespräch. Zu Beginn der Debatte habe er durchaus Sympathien für ein Berufsheer aufgebracht, weil die Wehrpflicht zumindest Reformbedarf hat. Inzwischen teile er aber die Bedenken des Roten Kreuzes und anderer Organisationen, und er befürchte, dass sich die Aussage Darabos, mit zwei Milliarden Euro sei ein Berufsheer nicht schlecht aufgestellt, als Chimäre herausstellen könnte, und dann stehen wir mit einem abgewrackten Heer da. Dass die Bundesregierung die Information verweigert, ist eine echte demokratiepolitische Katastrophe, sparte der Bürgermeister nicht an Kritik. Ein Kräftemessen vor der Nationalratswahl bezeichnete er als Unfug. Er sei bei weitem nicht der einzige in den Reihen der Sozialdemokratie, der sich für Wehrpflicht und Zivildienst ausspreche. Eine Abstimmung in seiner Bezirksorganisation (SPÖ Stadt Salzburg) sei vor einem halben Jahr fifty-fifty ausgegangen. Mit der Gründung des Vereins Salzburg für Wehrpflicht, Zivildienst, Katastrophenschutz, Ehrenamt hat Haslauer den früheren Landesrettungskommandanten Gerhard Huber beauftragt, der auf eine große Erfahrung bei Katastrophenschutz und Zivildienst verweisen könne. Das ist keine Parteigründung, es geht ausschließlich um die Sache, sagte Huber. Ein Vorstand muss erst nominiert werden. Haslauer bezeichnete die Befragung als Nagelprobe, wie ernst wir es mit der direkten Demokratie meinen. Sie darf nicht bloß eine Worthülse sein. Es sei wichtig, dass nicht in der Kurzfristigkeit der politischen Auseinandersetzung etwas zerstört wird, was für das Land wichtig ist. Die Plattform sei als Signal zu verstehen, dass die Menschen partweiübergreifend abstimmen sollten, weil es in allen Parteien Befürworter und Gegner gebe. Finanzieren will der Verein seine Überzeugungsarbeit ausschließlich über Spenden und Fundraising-Aktionen. Gelder von Parteien oder der öffentlichen Hand werde es sicher nicht geben, so Huber. Auf große Plakate oder Hochglanzbroschüren werde verzichtet, eine Agentur werde man auch nicht beschäftigen. Man wolle auf Veranstaltungen Präsenz zeigen und jeder, der sich beteiligen wolle, werde dies ehrenamtlich tun. Der Verein wird seine Arbeit auf das Bundesland Salzburg beschränken. Unser Arbeitsplatz ist Salzburg, so Schaden, das Projekt sei aber zur Nachahmung empfohlen, ergänzte Haslauer. APA0259 2012-10-01/12:41 30 Der Offizier 3-2012

Me d i e n s p l i t t e r Wo man s erfährt: Zitate aus dem Kurier 29 09: Bundeskanzler a.d. Dr. Franz Vranitzky im Interview: Vranitzky: Wehrpflicht vorläufig erhalten Der ehemalige Kanzler feiert in Kürze 75. Geburtstag. Er vermisst eine klare Europapolitik und eine Strategie für das Heer. Wird die Volksbefragung über die Zukunft des Bundesheeres eine Art Ersatzwahl? Das kann sein. Wofür sind Sie? Man könnte den großen Wurf wagen. Was hindert Österreich, Allianzen zu suchen und für eine Verteidigungspolitik auf europäischer Basis einzutreten. Dann ist die ganze Debatte nicht auf Katastrophenschutz und Zivildienst reduziert. Bevor es ein solches Konzept nicht gibt, rate ich von der vorschnellen Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ab, die klaglose Rekrutierung bleibt fraglich. Gelingt es, die Zahl der Systemerhalter radikal zu kürzen, den Grundwehrdienern eine interessante Ausbildung zu geben mit der Aussicht auf eine sinnvolle Verwendung als Zeitsoldat wird die Heereszeit nicht als verlorene Zeit empfunden werden. 30 09: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer im Interview: Die kommende Volksbefragung über die Wehrpflicht haben Sie ausdrücklich begrüßt. Werden Sie dazu aufrufen, hinzugehen? Ich habe zu dieser Frage seit vielen Jahren eine klare Meinung, die sich nicht geändert hat... Sie bleiben Fan der Wehrpflicht? Ja, aber ich werde mich nicht als Teil des Wahlkampfes instrumentalisieren lassen. Darüber, ob ich die Österreicher aufrufe, sich an der Volksbefragung zu beteiligen, muss ich noch nachdenken. Wenn jene, die für die Wehrpflicht sind, ein Zitat von Ihnen verwenden und dies groß plakatieren, würden Sie sich ärgern oder mehr? Ich glaube, dass alle so vernünftig sein werden, den Bundespräsidenten nicht in diesen Wahlkampf hineinzuziehen; ich möchte nicht auf einem Plakat aufscheinen.. Sie sind als Oberbefehlshaber des Heeres oft in Kasernen. Teilen Sie den Eindruck, der jetzt im Zuge des Heeres-Wahlkampfes verbreitet wird: Die Mehrzahl der Soldaten sind nur Systemerhalter? Wenn es so wäre, hätte man das längst ändern müssen. Außerdem habe ich Probleme damit, dass man die Rolle des Heeres an Feiertagen lobt, es jetzt aber sehr harsch behandelt. Auch in einem Berufsheer wird es notwendig sein, dass für Soldaten gekocht wird, dass Uniformen gebügelt werden und dass es Lkw- und Jeepfahrer gibt. Natürlich kann man sagen, wir haben sehr viel Geld und übertragen diese Aufgaben nicht Rekruten, sondern engagieren uns Köche, Reinigungsfirmen, Fahrer und lassen das alles gegen Bezahlung machen. Aber wenn wir jetzt dafür kein Geld im System der Wehrpflicht haben, woher soll es dann in einem Berufsheer kommen? Ein Berufsheer käme also teurer? Dazu habe ich mich gerade geäußert. Zitat aus dem profil: 17 09: Dass Darabos bei wichtigen Entscheidungen gerne die Kronen Zeitung zurate zieht, zeigte sich jüngst wieder am 7. September. An diesem Freitag besprach Darabos zunächst in seinem Büro mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner den Text für die Volksbefragung. Einige Stunden später, um 16 Uhr, empfing er den Herausgeber der Krone, Christoph Dichand, zu einem Gespräch über aktuelle Heeresthemen, wie profil herausfand. Das war ein länger vereinbarter Termin und steht mit dem vorherigen Treffen mit Mikl-Leitner in keinerlei Zusammenhang, erklärt Darabos-Sprecher Stefan Hirsch. 3-2012 Der Offizier 3 1

P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien Aufgabepostamt 2620 Neunkirchen 02Z033917M Richtig bemerkt: Foto: Urrisk Unser Bundesheer braucht Profis vor allem in der politischen Führung! Foto: Bundesheer