Stellungnahme der Regierung der Bundesrepublik Deutschland zum Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung Die Bundesregierung begrüßt die Initiative der Kommission zur Harmonisierung des internationalen Güterrechts. Die Regelungen des Güterrechts sind für die Unionsbürgerinnen und -bürger im alltäglichen Leben von großer praktischer Bedeutung. Eine Vereinheitlichung der internationalen güterrechtlichen Regelungen verspricht einen erheblichen Zugewinn an Rechtssicherheit für die Bürger, der es ihnen auch erleichtern dürfte, die mit der Garantie der Freizügigkeit verbundenen Chancen zu nutzen. Die bereits bestehenden Regelungen sind insoweit nicht ausreichend. Das Haager Übereinkommen vom 14. März 1978 über das auf eheliche Güterstände anwendbare Recht wurde bisher lediglich von Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden ratifiziert. Auf Gemeinschaftsebene hat das internationale Güterrecht bisher keine Regelung erfahren. Der Regelungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (sog. Brüssel IIa Verordnung) erfasst die vermögensrechtlichen Wirkungen einer Ehe oder Partnerschaft nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (sog. Brüssel I Verordnung) ist auf die ehelichen Güterstände nicht anzuwenden. Eine gemeinschaftsrechtliche Regelung des internationalen Güterrechts ist grundsätzlich mit den gemeinschaftlichen Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Allerdings kommt es für eine entsprechende Prüfung auf den Inhalt des geplanten Rechtsaktes an. Das im Interesse der Unionsbürgerinnen und -bürger erstrebte Maß an Rechtssicherheit im internationalen Güterrecht kann nur durch eine Harmonisierung der Kollisionsnormen sowie der Regelungen zur internationalen Zuständigkeit, zur gegenseitigen Anerkennung und zur Vollstreckung erreicht werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die geplante Rechtsform der Verordnung verhältnismäßig. Eine Richtlinie, die den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung Spielräume lässt, könnte die angestrebte Einheitlichkeit der Regelungen nicht gewährleisten.
2 Angesichts der verfolgten Regelungsziele wird bei der Entwicklung der neuen Verordnung vor allem auf die Kohärenz mit den weiteren für das internationale Familienrecht relevanten bestehenden und zur Zeit verhandelten Gemeinschaftsrechtsakten d.h. mit den zuvor bezeichneten Verordnungen Brüssel I und Brüssel IIa, mit dem Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich ( Rom III ) und mit dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten zu achten sein. Dabei wäre es auch zweckmäßig darauf hinzuwirken, dass alle Rechtsfragen, die im Zuge der Beendigung eines Eheverhältnisses zu entscheiden sind (Scheidung, Unterhalt, Güterrecht), nach Möglichkeit nach einer Rechtsordnung entschieden werden können. Schließlich sollte der Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht als übergreifendes Regelungsziel Berücksichtigung finden. Als großer Nachteil für die Beantwortung des Fragenkatalogs erwies sich, dass das Arbeitspapier mit wesentlichen Erläuterungen zu den im Grünbuch gestellten Fragen nur in französischer Sprache vorgelegt wurde. Die Ausarbeitung einer fundierten Stellungnahme unter Beteiligung der Praxis wurde hierdurch leider erschwert. Im Einzelnen ist zu den Fragen wie folgt Stellung zu nehmen: Frage 1a: Sollten in die künftige Regelung bestimmte personenbezogene Aspekte des Güterstands einbezogen werden, die nicht in den vorgenannten Rechtsinstrumenten erfasst sind, oder sollten nur die vermögensrechtlichen Wirkungen, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, berücksichtigt werden? Wenn ja, welche und warum? Antwort: Im Interesse der Normenklarheit sollte der künftige Rechtsakt eine klare Definition seines Anwendungsbereichs enthalten. Dabei sollte das geplante Rechtsinstrument lediglich die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe erfassen. Unter vermögensrechtlichen Wirkungen in diesem Sinne sind sämtliche den Güterstand betreffende Regelungen zu verstehen. Dazu zählen insbesondere die Begründung und Beendigung des Güterstandes, die Verwaltung und die Nutznießung des Vermögens, die Vertretung der Eheleute, die Haftung für Verbindlichkeiten sowie mögliche Auskunftsansprüche. Eine auf die vermögensrechtlichen Wirkungen begrenzte, insoweit aber umfassende Regelung ermöglicht es, die unterschiedlichen und zum Teil voneinander abhängenden vermögensrechtlichen Fragen, die sich aus der Auflösung der Ehe ergeben, zu berücksichtigen und damit zu
3 widerspruchsfreien Entscheidungen zu gelangen. Zu erwägen ist, ob für die Nutzung der Ehewohnung und des gemeinsamen Hausrats eine gesonderte Kollisionsnorm zweckmäßig wäre. Frage 1b: Sollte die künftige Regelung für vermögensrechtliche Wirkungen gelten, die sich im Laufe der Ehe aus dem Eheverhältnis ergeben, oder nur für die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung oder Trennung? Antwort: Die Vermögensverhältnisse der Eheleute während der bestehenden Ehe beeinflussen nach deutschem Recht die Auseinandersetzung des Vermögens im Falle der Auflösung der Ehe. So ist beispielsweise vor der Berechnung des Zugewinnausgleichs die Frage nach Schulden der Eheleute und deren Tilgung oder Übernahme durch eine der Parteien zu beantworten. Die künftige Regelung sollte daher alle vermögensrechtlichen Wirkungen der bestehenden, der in Auflösung befindlichen und der aufgelösten Ehe berücksichtigen und damit ein ausgewogenes Gesamtergebnis ermöglichen. Frage 2a: Nach welchen Anknüpfungspunkten bestimmt sich das auf die ehelichen Güterstände anwendbare Recht? Und in welcher Rangfolge, wenn mehrere Anknüpfungspunkte gegeben sind (z.b. gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute, Staatsangehörigkeit)? Weitere Anknüpfungspunkte? Antwort: Grundsätzlich sollte eine Rechtswahl der Ehegatten zugelassen werden (vgl. Antwort zu Fragen 5a d). Für die Fälle, in denen die Ehegatten keine Rechtswahl vornehmen, sollten feste Anknüpfungspunkte in hierarchischer Reihenfolge vorgesehen werden. Dabei ist soweit möglich auf Kohärenz mit anderen Regelungen, etwa den Verordnungen Brüssel I und Brüssel IIa und dem Verordnungsvorschlag zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich ( Rom III ) zu achten. Bei Fehlen einer Rechtswahl sollte das eheliche Güterrecht vorrangig an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort der Ehegatten anknüpfen. Diese Anknüpfung trägt der wachsenden Mobilität der Unionsbürgerinnen und -bürger und den dadurch gewandelten Lebensverhältnissen in Europa am besten Rechnung. Sie fügt sich in die allgemeine Entwicklung im Internationalen Privatrecht ein, zunehmend den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort als vorrangigen Anknüpfungspunkt vor der gemeinsamen Staatsangehörigkeit zu benennen. Die gemeinsame Staatsangehörigkeit sollte daher in der geplanten Regelung zum Güterrecht nur an zweiter Stelle der Anknüpfungsleiter stehen. An dritter Stelle sollte
4 das Recht des Staates zur Anwendung kommen, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind. Rechte an Immobilien sollten weiterhin an die lex rei sitae angeknüpft werden. Frage 2b: Wenn die künftige Regelung für alle vermögensrechtlichen Wirkungen gilt, die sich aus einem Eheverhältnis ergeben, sollten dann während des Zusammenlebens der Eheleute und ab Beendigung des Eheverhältnisses dieselben Anknüpfungspunkte gelten? Antwort: Es sollten dieselben Anknüpfungspunkte gelten. Da die Vermögensregelungen für die bestehende Ehe die güterrechtliche Auseinandersetzung beeinflussen, ist eine Kongruenz erforderlich, um stimmige Gesamtergebnisse zu gewährleisten. Eine Übereinstimmung der Anknüpfungspunkte dient ferner der Vorhersehbarkeit und der Übersichtlichkeit der Regelungen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anknüpfung sollte die Eheschließung sein. Frage 3: Sollte für alle vom anwendbaren Recht erfassten güterrechtlichen Aspekte derselbe Anknüpfungspunkt gelten, oder könnten für verschiedene Aspekte unterschiedliche Anknüpfungspunkte herangezogen werden (Rechtsspaltung)? Wenn ja, welche Umstände sind zu berücksichtigen? Antwort: Eine Rechtsspaltung sollte nach Möglichkeit verhindert werden. Allerdings sollten die Rechte an unbeweglichen Sachen stets nach der lex rei sitae bestimmt werden. In diesem Fall kann eine Rechtsspaltung hingenommen werden. Frage 4: Soll sich das auf den Güterstand anwendbare Recht automatisch ändern, wenn sich bestimmte Anknüpfungspunkte (z.b. der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute) ändern? Antwort: Das anwendbare Recht sollte sich im Interesse der Rechtssicherheit nicht automatisch, sondern lediglich aufgrund einer entsprechenden Rechtswahl der Eheleute ändern. Der Wechsel des anwendbaren Rechts hat für die Eheleute häufig weitreichende Folgen: So kann sich nicht nur die Zuordnung von Vermögensgegenständen ändern, sondern die Ehegatten können je nach Rechtsordnung Ausgleichsansprüche verlieren oder gewinnen, ohne dass sie etwa bei einem Wohnsitzwechsel davon Kenntnis hätten. Die automatische Wandelbarkeit des Güterechtsstatuts steht daher dem Vertrauensschutz und dem Interesse an sicherer Zukunftsplanung entgegen.
5 Im Falle einer Rechtswahl sollte die Rückwirkung zum Schutz Dritter grundsätzlich ausgeschlossen werden. Andernfalls bestünde die Gefahr des nachträglichen Unwirksamwerdens von Verträgen. Allerdings können die Ehegatten ein Interesse an einer rückwirkenden Rechtswahl haben, da andernfalls güterrechtliche Fragen nach verschiedenen Rechtsordnungen beurteilt werden müssten, was in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann. In diesem Fall müsste zumindest sichergestellt werden, dass frühere Rechtsgeschäfte durch den Wandel des Güterrechtsstatuts nicht mehr in Frage gestellt werden können. Fragen 5a-d: Sollte den Eheleuten die Möglichkeit gegeben werden, das auf ihren Güterstand anwendbare Recht zu wählen? Wenn ja, welche Anknüpfungspunkte kämen hierzu in Betracht? Sollte eine Rechtswahl zugelassen werden, der zufolge bestimmte Güter einer anderen Rechtsordnung unterliegen würden? Muss diese Wahl jederzeit vor oder während der Ehe getroffen oder geändert werden können oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt (bei Auflösung der Ehe)? Muss in diesem Fall der Wechsel des anwendbaren Rechts rückwirkend gelten? Antwort: Die Eheleuten sollten die Möglichkeit der Rechtswahl haben. Dadurch wird die Privatautonomie der Ehegatten gestärkt, und sie können ihren Bedürfnissen entsprechende Vereinbarungen treffen, die ihnen gleichzeitig Rechtssicherheit geben. Die Wahlmöglichkeit sollte jedoch zum einen auf Rechtsordnungen begrenzt werden, denen die Eheleute z. B. aufgrund der Wahl ihres gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsortes oder ihrer Staatsangehörigkeit verbunden sind. Eine Ausnahme sollte für Immobilien gelten: Insoweit sollte die lex rei sitae zur Anwendung kommen. Die Rechtswahl sollte bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung bis zum Zeitpunkt der Stellung des Scheidungsantrags möglich sein. Frage 6: Müssen die Formvorschriften der Vereinbarung vereinheitlicht werden? Antwort: Die bei einer Rechtswahl zu beachtenden Formvorschriften sollten vereinheitlicht werden. So sollte beachtet werden, dass die Vereinbarung im Scheidungsverfahren nur Beweisfunktion erlangen kann, wenn sie schriftlich fixiert ist. Gleichzeitig sollte berücksichtigt werden, dass die Ehegatten eine sinnvolle Rechtswahl nur treffen können, wenn sie vorher über die Folgen der Rechtswahl aufgeklärt und beraten werden. Sinnvoll erscheint daher die Verpflichtung zur notariellen Beurkundung der Vereinbarung.
6 Frage 7a: Soll im Fall der Beendigung der Güterstandsregelung durch Scheidung oder Trennung das nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für Ehesachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstandes und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden? Antwort: Die internationale Zuständigkeit für güterrechtliche Auseinandersetzungen sollte mit der internationalen gerichtlichen Zuständigkeit in Ehesachen übereinstimmen. Die zukünftige Regelung sollte sich daher an Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für Ehesachen orientieren. Ein solcher Gleichlauf ist deshalb wichtig, weil viele Mitgliedstaaten für Scheidung und Scheidungsfolgen einen Entscheidungsverbund kennen (so etwa das deutsche Recht in 623 Zivilprozessordnung). Der Entscheidungsverbund hat sich in Deutschland bewährt. Er trägt den Wechselwirkungen zwischen den zur Entscheidung stehenden Fragen Rechnung, führt im Interesse der Parteien zu Kostenersparnissen und ermöglicht eine ausgewogene Gesamtentscheidung. Allerdings stellt sich die Frage, wie die Interessen verfahrensbeteiligter Dritter zu berücksichtigen sind. Die Prozesskonstellation ist bei güterechtlichen Auseinandersetzungen vielfach anders als in sonstigen Familiensachen. Frage 7b: Soll bei einem Erbfall das für Erbsachen zuständige Gericht auch über die Auflösung des Güterstandes und die Vermögensauseinandersetzung entscheiden? Antwort: In Deutschland findet keine Vermögensaufteilung durch ein Gericht statt, wenn die Ehe durch Tod eines Ehegatten aufgelöst wird. Das deutsche Nachlassgericht erteilt lediglich ein Zeugnis über das Erbrecht der Beteiligten, z.b. des überlebenden Ehegatten und der Kinder, und über die Erbquote. Für Streitigkeiten der Erben untereinander sind in Deutschland die Zivilgerichte zuständig. Dies gilt selbst dann, wenn der überlebende Ehegatte nicht Erbe ist und einen Ausgleich seines Zugewinns gerichtlich geltend machen will ( 1371 Bürgerliches Gesetzbuch). Aus unserer Sicht besteht daher keine Veranlassung, im Rahmen der internationalen Zuständigkeit eine Regelung über die Zuständigkeit der Nachlassgerichte in Bezug auf güterrechtliche Auseinandersetzungen zu treffen. Frage 8a: Welche Regeln für die internationale Zuständigkeit sind andernfalls zu erlassen, insbesondere für Fragen vermögensrechtlicher Art, die während der Ehe auftreten (z.b. Schenkungen, Verträge zwischen Ehegatten)? Antwort: Für die Beantwortung der Frage sollte zunächst unterschieden werden, ob es sich um eine Streitigkeit der Eheleute im Verhältnis zu Dritten oder um einen Streit der Eheleute untereinander handelt. Im ersten Fall dürften die Zuständigkeitsregeln der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 maßgeblich sein. Im zweiten Fall sollten sich die Regelungen der internationalen
7 Zuständigkeit in dem geplanten Rechtsakt im Interesse der Kohärenz des Gemeinschaftsrechts an den Zuständigkeitsregelungen der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 orientieren. Frage 8b: Soll ein einziger, allgemeiner Anknüpfungspunkt vorgesehen werden oder eher mehrere alternative Kriterien wie in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (z.b. gewöhnlicher Aufenthalt, gemeinsame Staatsangehörigkeit)? Antwort: Es sollten wie in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 mehrere alternative Kriterien vorgesehen werden (vgl. die Antwort zu Frage 8a). In diesem Zusammenhang wäre es wichtig zu prüfen, ob auch besondere Zuständigkeitsregeln für den Erlass einstweiliger gerichtlicher Maßnahmen geschaffen werden müssten. Sie könnten sich an Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 anlehnen. Ebenfalls zu erwägen ist eine gesonderte Norm in Bezug auf die Nutzung der gemeinsamen Ehewohnung. Frage 9a: Ist denkbar, dass nur ein Gericht über alle Arten von Gütern bewegliche und unbewegliche entscheidet, auch wenn sie sich in verschiedenen Mitgliedstaaten befinden? Antwort: Eine Konzentration in diesem Sinne ist sinnvoll. Sie bedeutet für die Parteien eine Kosten- und Zeitersparnis und dient ferner der Ausgewogenheit des Gesamtergebnisses. Aus diesem Grund sollte eine Zuständigkeitsspaltung für bewegliches und unbewegliches Vermögen grundsätzlich vermieden werden. Allerdings kann in Bezug auf die Vorschriften betreffend die Eigentumsverhältnisse eine Ausnahmeregelung erforderlich sein, zumal die Zuständigkeit nationaler Stellen für Eintragungen etwa in Grundbücher oder Register unberührt bleiben sollte. Frage 9b: Sollen die allgemeinen Vorschriften gelten, wenn Dritte am Rechtsstreit beteiligt sind? Antwort: Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der internationalen Zuständigkeit in güterrechtlichen Auseinandersetzungen sollten, auch soweit es um die Haftung für Verbindlichkeiten geht, lediglich für Streitigkeiten zwischen den Eheleuten, also im Innenverhältnis Anwendung finden. Soweit Dritte am Rechtsstreit beteiligt sind, d.h. im Außenverhältnis, sollte die internationale Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften bestimmt werden. Frage 10: Soll den Parteien die Wahl des zuständigen Gerichts überlassen werden? Wenn ja, in welcher Weise?
8 Antwort: Zur Stärkung der Privatautonomie sollte den Parteien die Wahl des internationalen Gerichtsstandes ermöglicht werden. Eine entsprechende Regelung sieht der Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für den neu zu schaffenden Artikel 3a der Verordnung vor, an dem sich die künftige Regelung für das Güterrecht im Interesse der Kohärenz der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften orientieren sollte. Wie in dem geplanten Artikel 3a der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sollte die Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaates unter der Voraussetzung eines engen Bezugs der Eheleute zu diesem Mitgliedstaat stehen. Als Kriterien kommen insbesondere der gemeinsame gewöhnliche Aufenthaltsort und die gemeinsame Staatsangehörigkeit in Betracht. Die Wahl des internationalen Gerichtsstandes sollte ferner nur einheitlich für Ehesachen und für güterrechtliche Fragen getroffen werden können (vgl. auch die Antworten zu Fragen 7a und 8a), sodass dasselbe Gericht über beide Bereiche entscheiden kann. Wie die Vereinbarung über die Rechtswahl sollte sie zudem formgebunden sein (vgl. die Antwort zu Frage 6). Darüber hinaus sollte erwogen werden, auch bei Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung die Begründung eines Gerichtsstands durch rügelose Einlassung zuzulassen. Dies kann z.b. dann im Interesse der Ehegatten liegen, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung zu Beginn der Ehe im Rahmen eines Ehevertrages getroffen wurde und sich im Lauf der Ehe die Voraussetzungen, unter denen die Vereinbarung getroffen wurde, derart geändert haben, dass der gewählte Gerichtsstand ihren Interessen nicht mehr entspricht. Frage 11: Wäre es zweckmäßig, in diesem Bereich die Verweisung an ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat zuzulassen? Wenn ja, unter welchen Umständen? Antwort: Die Möglichkeit der Verweisung an ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat sollte anders als in Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 nicht vorgesehen werden. Eine vergleichbare Interessenlage, die eine Parallelvorschrift erforderlich machen und die Eingehung der damit verbundenen Gefahren rechtfertigen könnte, besteht in güterrechtlichen Auseinandersetzungen nicht. Eine Verweisungsmöglichkeit birgt die Gefahr langwieriger, möglicherweise von einer Partei mit dem Ziel der Verfahrensverzögerung provozierter Kompetenzkonflikte und verursacht zudem stets zusätzliche Kosten. Es ist nicht ersichtlich, welche substantielle Verbesserung der Entscheidungen in güterrechtlichen Auseinandersetzungen durch eine Verweisung an die Gerichte eines anderen Mitgliedstaates erreicht werden kann. Eine andere Interessenlage könnte sich allenfalls im Hinblick auf Grundstücke ergeben, die in einem anderen Mitgliedstaat belegen sind.
9 Frage 12: Sind Zuständigkeitsvorschriften für außergerichtliche Stellen vorzusehen? Wenn ja, sollten für sie die gleichen Zuständigkeitskriterien gelten wie für Gerichte? Könnte hier die weit gefasste Definition des Begriffs Gericht in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen? Antwort: Der geplante Rechtsakt sollte sich für die Definition des Begriffs Gericht zur Bestimmung der Zuständigkeiten an Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 anlehnen. Für eine Ausweitung dieser Definition und die damit verbundene Erweiterung des Regelungsbereichs besteht kein Bedürfnis. Die Regelungen der innerstaatlichen Zuständigkeiten von außergerichtlichen Stellen sind als Vorschriften des nationalen Rechts ohnehin den Mitgliedstaaten vorbehalten. Frage 13 und 14: Sollte die mit der Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde auch dann zuständig sein, wenn ein Teil des Vermögens außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs belegen ist? Sollten gewisse Formalitäten bei den Behörden eines anderen Mitgliedstaats als dem erledigt werden können, der nach der allgemeinen Kollisionsnorm zuständig ist? Antwort: Grundsätzlich sollte die mit der güterechtlichen Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde aus Gründen der Verfahrenskonzentration auch dann zuständig sein, wenn Teile des Vermögens in einem anderen Mitgliedstaat belegen sind. Eintragungen in amtlichen Registern bzw. Verzeichnissen sollten jedoch der zuständigen Behörde im Belegenheitsstaat oder dem registerführenden Staat vorbehalten bleiben. Die mit der Auseinandersetzung des Vermögens befasste Behörde sollte jedoch zur Entgegennahme von Erklärungen, Anträgen u.ä. der Parteien berechtigt sein und diese Erklärungen dann an die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Sache belegen ist und die über die Entscheidungskompetenz verfügt, weiterleiten. Sie sollte also insoweit eine Empfangszuständigkeit besitzen. Frage 15: Sollte die künftige EU-Regelung das Exequaturverfahren für in ihrem Anwendungsbereich erlassene gerichtliche Entscheidungen aufheben? Welche Gründe für die Nichtanerkennung gerichtlicher Entscheidungen wären andernfalls vorzusehen? Antwort: Die Bundesregierung befürwortet eine Regelung der Anerkennung und Vollstreckung entsprechend Artikel 21 ff. der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 bzw. Artikel 32 ff. der Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Das dort für Anerkennung und Vollstreckung
10 vorgesehene Regel-Ausnahme-Verhältnis gewährleistet auch für Entscheidungen in güterrechtlichen Auseinandersetzungen einen angemessenen Ausgleich der kollidierenden Interessen: Den Interessen an einer Anerkennung der Entscheidung in sämtlichen Mitgliedstaaten ohne weiteren Aufwand von Zeit oder Kosten einerseits und dem Recht auf effektiven Rechtsschutz andererseits. Frage 16: Wäre es denkbar, dass in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Folgen einer Ehe von Rechts wegen anerkannt werden und eine Umschreibung der Grundbücher vorgenommen werden kann, ohne dass es hierzu eines weiteren Verfahrens in den übrigen Mitgliedstaaten bedarf? Könnte hier Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 als Vorbild dienen? Antwort: Hinsichtlich der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Folgen einer Ehe kann auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen werden. Eine automatische Umschreibung der Grundbücher ist aus Sicht der Bundesregierung nur vorstellbar, wenn hierdurch nicht das nationale Sachrecht umgangen wird. Soweit hiernach für eine Änderung des Grundbuchs neben einer rechtskräftigen Entscheidung weitere Erklärungen (z.b. die formwirksame Abgabe einer Auflassungserklärung) erforderlich sind, kann auf diese nicht verzichtet werden. Frage 17: Können auf von außergerichtlichen Stellen errichtete Urkunden wie Eheverträge dieselben Vorschriften angewandt werden wie für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen? Wenn nein, welche Vorschriften sind anzuwenden? Antwort: Soweit es um die Anerkennung und Vollstreckung öffentlicher Urkunden geht, sollte sich die künftige Regelung für das Güterrecht an den Artikeln 57 und 58 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 orientieren. Private Urkunden wie beispielsweise Eheverträge sollten zum Schutz des schwächeren Vertragspartners hinsichtlich ihrer Anerkennung und Vollstreckung nicht gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt werden. Eine Gleichsetzung würde insbesondere eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen, der in Deutschland große Bedeutung zukommt, in vielen Fällen verhindern. Frage 18: Wie lässt sich die Eintragung der Güterstände in der Union verbessern? Sollte beispielsweise in allen Mitgliedstaaten ein Güterrechtsregister eingeführt werden? Wie soll mit Hilfe dieses Registers die Unterrichtung betroffener Dritter sichergestellt werden?
11 Antwort: Ein europäisches Güterrechtsregister sollte nicht eingerichtet werden. Hierfür dürfte der Gemeinschaft schon die erforderliche Regelungskompetenz fehlen. Ziel eines europäischen Güterrechtsregisters ist der Gläubigerschutz, der allerdings eine Frage des materiellen Rechts ist. Zu Änderungen des materiellen Rechts ermächtigt Artikel 65 lit. c EG nicht. Darüber hinaus würde die Einrichtung und Führung eines europäischen Güterrechtsregisters einen erheblichen bürokratischen Aufwand erfordern, dem ein nur geringer zu erwartender praktischer Nutzen gegenüber stünde. In Deutschland existiert zwar ein Güterrechtsregister ( 1558 ff. Bürgerliches Gesetzbuch). Es hat sich aber als praktisch bedeutungslos erwiesen. Praktische Relevanz dürfte ein Register nur erlangen können, wenn eine allgemeine Eintragungspflicht für alle Güterstände vorgesehen wird. Eine solche allgemeine Verpflichtung zur Eintragung aller güterrechtlich relevanten Vereinbarungen wäre in Deutschland jedoch wohl verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich. Sie dürfte mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung selbst dann zweifelhaft sein, wenn die Einsicht in das Register nur demjenigen gestattet wird, der ein rechtliches Interesse hieran geltend machen kann. Fragen 19a-c: Soll es für vermögensrechtliche Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Kollisionsnormen geben? Soll sich das auf die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften anwendbare Recht nach dem Recht am Ort der Eintragung richten? Weitere mögliche Rechtsordnungen? Soll das durch die Kollisionsnormen bezeichnete Recht für alle Sachverhalte gelten oder sollen noch andere Anknüpfungspunkte herangezogen werden? Antwort: Bei der eingetragenen Partnerschaft handelt es sich nach deutschem Verständnis zwar um ein der Ehe ähnliches, dieser aber doch nicht vollumfänglich gleichgestelltes bzw. gleichzustellendes Rechtsinstitut. Das Rechtsinstitut ist außerdem nicht in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bekannt bzw. anerkannt, ferner erfasst es zum Teil nur Paare gleichen Geschlechts, zum Teil steht es auch heterosexuellen Paaren offen. Daher sollte für die vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften eine spezielle Kollisionsnorm geschaffen werden. Gleichwohl sollten sich die Anknüpfungspunkte an den für die Ehe geltenden Regelungen orientieren. Als subsidiärer Anknüpfungspunkt kommt der Ort der Eintragung in Betracht. Das hiernach anwendbare Recht sollte zur Vermeidung einer Rechtsspaltung den gesamten Sachverhalte erfassen. Lediglich die Rechte an unbeweglichen Sachen sollten sich wie bei der Ehe nach der lex rei sitae richten. Frage 20: Soll es zur Regelung der vermögensrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften spezielle Vorschriften über die internationale Zuständigkeit geben? Falls ja,
12 welche? Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Eintragung der Partnerschaft (das für die Auflösung der Partnerschaft zuständig ist)? Oder sonstige Anknüpfungspunkte (gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners oder einer der Parteien, Staatsangehörigkeit eines oder beider Partner)? Antwort: Nicht alle Mitgliedstaaten kennen die eingetragene Partnerschaft oder erkennen sie an. Gleichwohl sollten die Regeln über die internationale Zuständigkeit weitgehend an die für die Ehe geltenden Regelungen angeglichen werden. Ergänzend sollte als alternativer Gerichtsstand der registerführende Mitgliedstaat aufgeführt werden. Frage 21: Auf welche Weise sollen in einem Mitgliedstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen zu den vermögensrechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Partnerschaft in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden? Antwort: Die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen betreffend die vermögensrechtlichen Wirkungen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sollte wie auch die Anerkennung von Entscheidungen in güterrechtlichen Auseinandersetzung zwischen Eheleuten (vgl. die Antwort zu Frage 15) entsprechend Artikel 21 ff. der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 bzw. Artikel 32 ff. der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 geregelt werden. Fragen 22a-d, 23: Soll es für die Vermögensverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften spezielle Kollisionsnormen geben? Wenn ja, welche? Wenn nicht, sollte es wenigstens besondere Regeln in Bezug auf die Wirkungen der Auflösung dieser Gemeinschaften gegenüber Dritten geben (Haftung für Schulden, Ansprüche gegenüber Dritten [Bsp:Lebensversicherung])? Soll bei unbeweglichen Gütern ausschließlich das Recht des Ortes maßgeblich sein, an dem die Güter belegen sind? Antwort: Nichteheliche Lebensgemeinschaften sollten nicht in den Anwendungsbereich einer EU-Regelung zum internationalen Güterrecht einbezogen werden. Zum einen sind nichteheliche Lebensgemeinschaften in so vielfältigen Erscheinungsformen vorstellbar, dass eine trennscharfe Abgrenzung etwa von bloßen Wohngemeinschaften kaum möglich sein dürfte. Zum anderen und vor allem aber haben sich die Partner mit der Entscheidung gegen die Eheschließung oder die Eintragung auch oder gerade gegen ein Gemeinschaftsverhältnis mit rechtlichen Wirkungen entschieden. Diese Entscheidung sollte respektiert werden. Ihr entspricht das deutsche materielle Recht, das die nichtehelichen Lebensgemeinschaften ebenfalls keinem speziellen Regelungsregime unterstellt und die Vermögensverhältnisse nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen beurteilt.