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Transkript:

Pflegekammern Aktueller Stand Seit geraumer Zeit wird die Diskussion um die Errichtung von Pflegekammern verstärkt geführt. Verschiedene Bundesländer haben unterschiedliche Initiativen zum Umgang mit der Forderung nach Einrichtung von Pflegekammern ergriffen (Anlage 1). Rheinland Pfalz hat als erstes Bundesland nach Abschluss des Registrierungsverfahrens erklärt, eine Pflegekammer einrichten zu wollen. Die Pflegefachorganisationen und die Berufsverbände der Pflegekräfte sprechen sich überwiegend für die Einrichtung von Pflegekammern aus (Anlage 2). Die Wohlfahrtsverbände der Freien Wohlfahrtspflege votieren nicht einheitlich. Die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin z.b. hat am 25. März 2013 ein ablehnendes Votum veröffentlicht (Anlage 3). In der Debatte werden Pro- und Contra-Argumente vorgetragen und je nach Interessenlage besonders in den Vordergrund gerückt. Herausgegeben von Deutscher e.v. Präsidenten- und Vorstandsbüro Kontakt: Dr. Franz Fink Telefon-Durchwahl (07 61) 2 00-366 Franz.Fink@caritas.de Postfach 4 20, 79004 Freiburg i. Br. Karlstraße 40, 79104 Freiburg i. Br. Lorenz-Werthmann-Haus Telefon-Zentrale (07 61) 2 00-0

Die Befürworter von Pflegekammern betonen folgende Aspekte: Im Gegensatz zu den Trägerverbänden, den Ärztekammern und den Leistungsträgern werde die Pflegeprofession als Verhandlungspartner in politischen und strategischen Fragen des Gesundheitswesens nicht ernsthaft an Entscheidungen beteiligt. So seien die Richtlinien zur Verordnung häuslicher Krankenpflege von Krankenkassen und Ärztekammern erarbeitet und durch das Bundesministerium für Gesundheit gebilligt worden; die professionelle Pflege sei nicht beteiligt worden. Die Pflegekammer garantiere die formelle Gleichstellung mit der ärztlichen Standesvertretung sowie Selbst- statt Fremdbestimmung. Die Planung der Ausbildungskapazitäten in den Pflegeberufen unterläge ökonomischen Interessen und berücksichtigte nicht die Argumente der Pflegeprofession. Dabei hätten Studiengänge der Pflegewissenschaft an Universitäten und Hochschulen die wissenschaftliche Fundierung der Profession Pflege belegt. Pflegekammern könnten die Fort- und Weiterbildung einheitlich regeln. Pflegekammern könnten als Beschwerde- und Schiedsstelle für Bürgerinnen und Bürger fungieren. Der Schutz der Bevölkerung vor Pflegefehlern oder schwarzen Schafen, die Qualitätssicherung und -erweiterung in der Pflege sei durch die Pflegekammer gewährleistet. Pflegekammern könnten verbindliche Berufsordnungen, die Berufsethik und die wünschenswerte Selbstverwaltung des Berufsstandes garantieren. Die Gegner von Pflegekammern betonen folgende Aspekte: Die Organisation von Pflegekammern werde die Verhandlungsmacht der Pflegekräfte nicht entscheidend verbessern und stelle keine Garantie für die Beteiligung an relevanten fach(politischen) Entscheidungen dar. Pflegekammern hätten keine Befugnis, Einfluss auf die Ausbildungskapazitäten und auf die Inhalte der Ausbildung zu nehmen. Die Qualität in der Pflege lasse sich durch Interventionen der Pflegekammern nicht steigern. Der Erlass von Berufsordnungen, die Beförderung der Berufsethik und die geforderte Selbstverwaltung würden auf die berufliche Situation der Pflegekräfte keinen faktischen Einfluss gewinnen, da die überwiegende Mehrheit der Pflegenden abhängig beschäftigt sei. In der Praxis müssen in allen Lebenslagen, in denen Unterstützung und Pflege geleistet wird, unterschiedliche Professionen und Personal mit unterschiedlichem Ausbildungsniveau eng zusammenarbeiten. Die Mitgliedschaft in der Pflegekammer trägt nicht zur Teambildung bei, weil nur ein Teil des Teams in einer Pflegekammer Mitglied sein kann. Bewertung Einig sind sich Befürworter und Gegner der Pflegekammern in der kritischen Bewertung der aktuellen Lage der professionellen Pflege. Übereinstimmend werden das Fehlen eigenverantwortlicher Handlungs- und Aufgabenbereiche entsprechend der individuellen Qualifikationen und in Abgrenzung bzw. Abstimmung mit den ärztlichen Zuständigkeitsbereichen, das Fehlen einer systematischen Aus- und Weiterbildung, unzureichend flexible Arbeitszeitmodelle, die unzureichende Personalausstattung sowie die oft nicht leistungsgerechte Entlohnung beklagt. Auch der Deutsche teilt grundsätzlich die Kritik an der Lage der Pflege. Zuletzt hat er in seinen sozialpolitischen Positionen zur Kampagne 2010 Selbstbestimmte Teilhabe von Menschen im Alter Vorschläge zur Verbesserung der Situation vorgelegt. Er schließt sich ausdrücklich den Befunden und Verbesserungsvorschlägen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen an, die dieser in seinem Gutachten von 2009 beschrieben hat. Der Deutsche unterstützt ausdrücklich das Bemühen der Profession, in der Ge- Seite: 2

sundheitswirtschaft eine ihrer Bedeutung entsprechende Funktion wahrnehmen zu wollen. Der hohe Mobilisierungsgrad der Pflegekräfte im Rahmen der Vorbereitung der Pflegebefragungen und einzelnen Bundesländern wertet er als Beleg für die Bereitschaft der Pflegekräfte Verantwortung zu übernehmen. Der Deutsche anerkennt den Wunsch der Pflegekräfte nach stärkerer gesellschaftlicher Akzeptanz und nach Mitbestimmung über die zentralen Aspekte des Arbeitsfeldes. Er sieht mit Sorge, dass die bisherigen Pflegekampagnen, die zur Verbesserung des Images des Pflegeberufs beitragen sollten, nicht erfolgreich waren. Er unterstützt die Anstrengungen im Gesundheitsbereich, die die Stärkung der Pflege durch Delegation und Substitution von ärztlichen Leistungen an Pflegekräfte anzielen. Er nimmt zur Kenntnis, dass die bestehenden Berufsverbände, zu deren Kernkompetenz eigentlich die Vertretung der Interessen der beruflich Tätigen gehört und die in der Nationalen Konferenz zur Einrichtung von Pflegekammern in Deutschland zusammengeschlossenen Verbände, Förderkreise und Initiativen sich einhellig für Pflegekammern aussprechen. Dies ist insofern erstaunlich, als mit der Einrichtung von Pflegekammern eine Interessenvertretung der in der Pflege Tätigen durch unabhängige Organisationen auf der Grundlage freiwilliger Mitgliedschaft stark an Bedeutung verlieren wird. Vom Grundsatz her kann der Deutsche die Forderung nach einer Pflegekammer und die damit verknüpften Erwartungen nach Verbesserung der Gesamtlage der Pflege nachvollziehen. Als Berufskammer und Körperschaft des Öffentlichen Rechts können Pflegekammern hoheitliche Aufgaben übernehmen und als Selbstverwaltungsorgan wäre sie den bestehenden Heilberufskammern (Ärztekammer, Zahnärztekammer, Apothekenkammer) gleichgestellt. Wegen der Voraussetzung der Zwangsmitgliedschaft für alle Pflegekräfte würden Pflegekammern entstehen, die mitgliederstark sind und die anderen Kammern zahlenmäßig in den Schatten stellen könnten. Ob die angestrebte Pflegekammer politisch wirksam werden kann, ist aber letztlich keine Frage der Mitgliederstärke. Es kommt vielmehr darauf an, wie die Kammer finanziell ausgestattet und wie der konkrete Zuständigkeitsbereich ausgelegt ist. Trotz der grundsätzlichen Sympathie für eine Verbesserung der Lage der Pflege und dem Bemühen der Pflegekräfte, an den Entscheidungen beteiligt zu sein, die die eigene Profession betreffen, hält der Deutsche die Einrichtung von Pflegekammern auf Länder- und auf Bundesebene bis auf Weiteres aber nicht als das Mittel der Wahl, die oben angesprochenen Schwächen des Pflegesystems mit Aussicht auf Erfolg zu bearbeiten. Dies wird nachfolgend anhand der vier zentralen Argumente begründet: Steigerung der Verhandlungsmacht der Pflege Der Selbstverwaltung als wesentliches Steuerungselement im Gesundheitswesen eine weitere Berufsgruppe mit einer höheren Entscheidungskompetenz hinzuzufügen, mag aus Gründen der Gerechtigkeit angesichts der hohen Bedeutung und des gesellschaftlich akzeptierten Anspruchs der Berufsgruppe der Ärzte gerechtfertigt sein. Aber voraussichtlich wird weder die Innovationskraft des Systems auf diese Weise erwartbar vergrößert, noch wird die grundsätzlich wünschenswerte Partizipation der Nutzer von Gesundheitsförderung und medizinischer Versorgungsangebote verstärkt. Damit im Gesundheitswesen Dienstleistungen und damit auch Pflege nutzerorientiert, wirtschaftlich und effizient angeboten, organisiert und finanziert werden kann, ist es vielmehr erforderlich, dass der Gesetzgeber der Selbstverwaltung in Gesetzen und Verordnungen mehr eindeutige und konkretere Vorgaben zur Umsetzung macht. Dann genügen die bestehenden Beteiligungsrechte der Pflege. Denn der Gesetzgeber hat auch schon jetzt die Möglichkeit, Vereinigun- Seite: 3

gen aus dem Gesundheitswesen auf Bundesebene, die nicht in einer Kammer organisiert sind, mit Sitz und Stimme in die relevanten Entscheidungsgremien zu berufen. Einflussnahme auf Aus-, Fort und Weiterbildung Der Bund hat durch die Gesetzgebung über die Berufe in der Krankenpflege sowie mit dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnungen und die dafür zu verlangenden Voraussetzungen einschließlich der Aus- und Weiterbildung geregelt. Nur insoweit die Länder von der Verordnungsermächtigung der Länder Gebrauch gemacht haben, könnten sie entsprechende Kompetenzen an eine Pflegekammer übertragen. Die Pflegekräfte haben aufgrund ihres in aller Regel geltenden Arbeitnehmerstatus im Rahmen der jeweils geltenden Fortbildungsordnungen Zugang zu qualifizierten Fortbildungsangeboten und bei konfessionellen Trägern zusätzlich auch zu spirituellen Angeboten. Verbesserung der Pflegequalität Die Anforderungen an Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung richten sich in aller Regel nicht an den Berufsstand der Pflegkräfte, sondern an die Leistungserbringer, also an die Träger der stationären und ambulanten Pflege ( 113 SGB XI) und sind von ihnen sicherzustellen. Die bundesgesetzlichen Vorgaben und die rechtliche Konstruktion bedingen, dass nur die Krankenkassen aufgrund ihrer Vertragsbeziehungen zu den Leistungserbringern das Recht auf Qualitätskontrollen und Qualitätssicherung haben. Die Übertragung der Aufgabe der Qualitätssicherung an die Pflegekammer wäre somit seitens eines Landes nicht möglich. Ganz grundsätzlich vertritt der DCV die Auffassung, dass die Qualität der Leistungserbringung durch andere Mechanismen zu gewährleisten ist. Im Sinn der Sozialraumorientierung müssen z.b. Partizipationsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenzen an die Akteure vor Ort übertragen werden. Eine zielorientierte Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe und eine stärkere Gewichtung von nichtärztlichen Leistungserbringern, Selbsthilfe und kommunalen Einrichtungen sind dafür erforderlich. Die betroffenen Menschen, wie z.b. die pflegenden Angehörigen, die in unserer Gesellschaft den größten Anteil der erforderlichen Unterstützung und Pflege der pflegebedürftigen Menschen übernehmen, brauchen mehr Mitsprache und Vertretung ihrer Interessen. Für diese Maßnahmen und für die Veränderung zur Sicherstellung der Gesundheitsförderung sowie der medizinischen und pflegerischen Leistungen ist die Errichtung von Pflegekammern nicht erforderlich. Erhöhung des Stellenwerts der Pflegeberufe. Da Pflegekräfte überwiegend einen Arbeitnehmerstatus haben, ist die Festlegung einer Berufsordnung vermutlich kein vordringliches Problem. Die Frage der tariflichen Bezahlung und die konkreten Arbeitsbedingungen sind vom Grundsatz her geregelt und abhängig vom Anstellungsträger konkret ausdifferenziert. Eine Kammer wäre beispielsweise weder Tarifvertragspartei noch bei Pflegesatzverhandlungen involviert. Die jüngsten Erfahrungen in Rheinland-Pfalz könnten ein Indiz dafür sein, dass eine starke Vertretung der Pflege seitens der Politik letztlich nicht gewünscht ist. War zunächst von einer Höhe des Mitgliedsbeitrags in Höhe von 10,00 die Rede, sprach der zuständige Minister jüngsten Berichten zufolge von einem Mitgliedsbeitrag von max. 2,50 monatlich. Ob Pflegekammern politisch gewollt sind hängt letztlich von deren Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich ab. Die Entscheidung darüber, welche Aufgaben der Staat durch eine Pflegekammer erfüllen lässt, liegt in dessen gesetzgeberischen Ermessen. Es können nur Kompetenzen übertragen werden, die dem Land zustehen, nicht solche, die in der Verantwortung des Bundes liegen. Seite: 4

Positionierungsvorschlag Der Deutsche ist nach Abwägung der zentralen Gesichtspunkte der Auffassung, dass unter Berücksichtigung der Gesamtlage im Arbeitsfeld der Pflegeberufe die Errichtung von Pflegekammern nicht zur besseren Steuerung und Entwicklung der Pflege sowie zu nutzerorientierteren, wirtschaftlicheren und effizienteren Angeboten im Gesundheitswesen führen wird. Freiburg, 17.06.2013 Vorstand Seite: 5