Gemeinnützigkeit im Umbruch Ein Beitrag zur Reformdebatte

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Transkript:

Gemeinnützigkeit im Umbruch Ein Beitrag zur Reformdebatte Erstellt von MMag. Dr. Sabine Heidenbauer, LL.M, 8600 Bruck/Mur im Auftrag der Caritas Österreich, 1160 Wien Forderungspapier 17.03.2015 Update 15.04.2015

Reformate Das österreichische Gemeinnützigkeitsrecht sieht mit den Kriterien der Ausschließlichkeit und der Unmittelbarkeit gemeinnützigen Tätigwerdens zwei in der österreichischen Finanzverwaltungspraxis wohl gepflogene das bürgerschaftliche Engagement jedoch in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigende Voraussetzungen für die Gewährung abgabenrechtlicher Begünstigungen vor. Auch im Rechtsvergleich erweisen sich die genannten Kriterien als überaus streng. Als gemeinnütziges Wirken stark hemmend erweist sich überdies die andauernde Unsicherheit der Non-Profit-Organisationen in Hinblick auf ihren Gemeinnützigkeitsstatus. Das österreichische Recht räumt keine Möglichkeit ein, einen verbindlichen Gemeinnützigkeitsbescheid zu erwirken. Das Vorliegen der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen wird vielmehr erst im Nachhinein im Rahmen der Steuerveranlagung überprüft. Unmittelbar finanziell belastet wird gemeinnütziges Handeln in Österreich außerdem durch die Kapital- bzw. Immobilienertragsteuerpflicht von beispielsweise Zinserträgen aus Bankeinlagen, von realisierten Wertsteigerungen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen und von Einkünften aus Grundstücksveräußerungen. Einen gemeinnützigkeitsrechtlichen Lichtblick stellt das aktuelle Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 1 dar, dessen ausgesprochenes Anliegen die Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen ist. Mit dem am 24. März 2015 im Rahmen der Regierungsklausur vereinbarten Gemeinnützigkeitspaket für mehr Beschäftigung, nachhaltiges Wachstum und eine starke Zivilgesellschaft 2 setzt die Regierung einen ersten wichtigen Impuls zur Stärkung des Gemeinnützigkeitssektors. Die Caritas Österreich unterstützt diese Entwicklung ausdrücklich und trägt mit folgenden auf den nachfolgenden Seiten präzisierten zur Reformdebatte bei: Forderungen 1. Entfall des Kriteriums der Ausschließlichkeit gemeinnützigen Tätigwerdens (mit dem Ziel der Zulässigkeit gemischter Zweckverfolgung) 2. Entfall des Kriteriums der Unmittelbarkeit gemeinnützigen Tätigwerdens (mit dem Ziel der Zulässigkeit der bloßen Mittelbeschaffung und ähnlichen mittelbaren Tätigwerdens) 3. Möglichkeit des Erlangens eines Gemeinnützigkeitsbescheids (mit dem Ziel der Erhöhung der Rechtssicherheit) 4. Entfall der Besteuerung von Kapitaleinkünften und Grundstücksveräußerungen (mit dem Ziel der steuerlichen Entlastung gemeinnütziger Organisationen durch Steuerfreiheit der gemeinnützigen und vermögensverwaltenden Sphären) 1 Vgl. Bundeskanzleramt, Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 2013 2018, Dezember 2013, 91 f. 2 Vgl. Dokument Konjunkturpaket zur Regierungsklausur vom 23./24. März 2015, Krems an der Donau, 3 f (abrufbar unter https://www.bka.gv.at/site/6694/default.aspx; zuletzt besucht am 15.04.2015). Seite 2 von 7

Kriterium der Ausschließlichkeit Die österreichische Bundesabgabenordnung knüpft die gemeinnützigkeitsrechtlichen Steuerbegünstigungen an die Voraussetzung, dass die gemeinnützige Organisation nach ihrer Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich der Förderung gemeinnütziger Zwecke dient. Vor allem die in diesem Zusammenhang normierte Voraussetzung der Verfolgung ausschließlich begünstigter Hauptzwecke stößt in der Praxis oftmals auf Schwierigkeiten. Vorgesehen ist nämlich, dass die Körperschaft, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige Zwecke verfolgen darf. Vom Vorliegen völlig untergeordneter Nebenzwecke kann nach Auffassung der Finanzverwaltung nur ausgegangen werden, wenn die auf die nicht gemeinnützigen Nebenzwecke entfallende Tätigkeit nicht mehr als 10 % der Gesamttätigkeit beträgt. Eine gemischtnützige Zweckverfolgung führt damit zum Ausschluss von abgabenrechtlichen Begünstigungen. Eine gespaltene Betrachtungsweise dahingehend, dass zwei Zwecksphären nämlich die gemeinnützige und die nicht gemeinnützige unterschieden und entsprechend unterschiedlich behandelt werden, ist nicht zulässig. Entfall des Kriteriums der Ausschließlichkeit gemeinnützigen Tätigwerdens Zulässigkeit gemischter Zweckverfolgung Schweden: Nach dem Gebot der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke sind gemeinnützige Organisationen nach schwedischem Recht verpflichtet, einen oder mehrere als gemeinnützig anerkannte Zwecke zu verwirklichen. Seit 01.01.2014 ist es dabei nicht mehr erforderlich, dass ausschließlich oder fast ausschließlich gemeinnützige Zwecke verwirklicht werden gemischte Zwecke sind damit zulässig. Die den nicht gemeinnützigen Zwecken zuzuordnenden Einkommensteile unterliegen der Steuerpflicht, verwirken den Gemeinnützigkeitsstatus der Organisation aber nicht. Das Gebot der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke wird durch das Tätigkeitsgebot ergänzt. Das Tätigkeitsgebot verlangt, dass die Organisation den oder die verfolgten gemeinnützigen Zweck(e) ausschließlich oder fast ausschließlich verfolgt. In der Praxis wird hierfür eine Hürde von 90 bis 95 % angenommen. Die im vorhergehenden Absatz dargestellte Möglichkeit, neben den vom Tätigkeitsgebot betroffenen gemeinnützigen Zwecken auch andere nicht gemeinnützige Zwecke zu verfolgen, bleibt davon unberührt! Schweiz: Auch nach schweizerischem Gemeinnützigkeitsrecht ist die gemischte Zweckverfolgung zulässig. Zwar muss auch hier die steuerbefreite Aktivität ausschließlich auf die öffentliche Aufgabe oder das Wohl Dritter ausgerichtet sein; daneben können aber andere, nicht ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, für die eine Steuerbefreiung zwar nicht zusteht, die die Steuerbefreiung für besagte steuerfreie Aktivitäten aber nicht verwirken. Entwicklungstendenzen im aktuellen politischen Geschehen: Die Reformbedürftigkeit des Kriteriums der Ausschließlichkeit bleibt in dem am 24. März 2015 vereinbarten Gemeinnützigkeitspaket unberücksichtigt. Seite 3 von 7

Kriterium der Unmittelbarkeit Die österreichische Bundesabgabenordnung knüpft die gemeinnützigkeitsrechtlichen Steuerbegünstigungen an die Voraussetzung, dass die gemeinnützige Organisation nach ihrer Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung unmittelbar der Förderung gemeinnütziger Zwecke dient. Die Körperschaft muss den gemeinnützigen Zweck also selbst erfüllen und darf sich (von völlig untergeordneten Nebenzwecken und von dem Sonderregime für Dachverbände abgesehen) nicht darauf beschränken, nur die Voraussetzungen für eine gemeinnützige Betätigung anderer gemeinnütziger Körperschaften zu schaffen. Entfall des Kriteriums der Unmittelbarkeit gemeinnützigen Tätigwerdens Zulässigkeit der bloßen Mittelbeschaffung und ähnlichen mittelbaren Tätigwerdens Deutschland: Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht sieht formal zwar ein Unmittelbarkeitsgebot vor, vor dem Hintergrund der umfassenden gesetzlichen Ausnahmen stellt sich dieses allerdings als nahezu bedeutungslos dar: Auch Körperschaften, die andere Körperschaften fördern (Mittelbeschaffungskörperschaften), können als steuerbegünstigt anerkannt werden. Erfasst sind nicht nur Förderund Spendensammelvereine, sondern auch Körperschaften, die aus ihren Erträgen steuerbegünstigte Zwecke mittelbar unterstützen (die also auf andere Art Mittel beschaffen ). Dabei kommen sowohl vermögensverwaltende Tätigkeiten als auch das Unterhalten wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe in Frage. Auch die mehrfache Mittelweitergabe ist zulässig! Auch die teilweise Zuwendung von Mitteln an andere, ebenfalls steuerbegünstigte Körperschaften zu steuerbegünstigten Zwecken ist zulässig. Die Mittel können auch aus Vermögensverwaltung oder aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben stammen. Zulässig ist auch die Weitergabe von Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (einschließlich Zweckbetriebe), von Überschüssen aus der Vermögensverwaltung sowie von höchstens 15 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zur Vermögensausstattung einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ( Endowment ). Ebenso zulässig ist schließlich die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften und Räumen für steuerbegünstigte Zwecke. Die Personal- und Raumüberlassung darf dabei allerdings nur neben einer unmittelbar gemeinnützigen Betätigung erfolgen. Schweden: Auch nach schwedischem Recht müssen gemeinnützige Organisationen den gemeinnützigen Zweck nicht selbst erfüllen. Abgeleitet wird dies in der Praxis aus dem im Zusammenhang mit den zulässigen Zwecken verwendeten Wort främja, was so viel wie fördern bedeutet. Die Zulässigkeit der bloß mittelbaren Förderung kommt damit bereits durch den Normtext zum Ausdruck. Schweiz: Ein Unmittelbarkeitsgebot im österreichischen Begriffsverständnis ist auch dem schweizerischen Gemeinnützigkeitsrecht fremd. Auch eine juristische Person, die für eine andere juristische Person Gelder sammelt, kann daher grundsätzlich von einer Steuerbefreiung profitieren. Eine Verpflichtung zur unmittelbaren Mittelverwendung ist nicht vorgesehen. Seite 4 von 7

Entwicklungstendenzen im aktuellen politischen Geschehen: Das am 24. März 2015 vereinbarte Gemeinnützigkeitspaket sieht im Hinblick auf das Kriterium der Unmittelbarkeit folgende Verbesserungen vor: Ermöglichung der Mittelweitergabe an andere gemeinnützige Einrichtungen bei gleichem oder ähnlichem gemeinnützigen Zweck; Steuerlich begünstigte Kapitalausstattung von spendenbegünstigten, gemeinnützigen Stiftungen bis zu 10 % der Jahreseinkünfte und maximal 500.000 Euro für fünf Jahre. Die konkrete Umsetzung und Ausgestaltung dieser Maßnahmen bleibt abzuwarten. Seite 5 von 7

Gemeinnützigkeitsbescheid Ob einer Körperschaft an die Förderung begünstigter Zwecke geknüpfte abgabenrechtliche Begünstigungen zustehen, ist nach österreichischem Gemeinnützigkeitsrecht von der zuständigen Finanzverwaltungsbehörde (Finanzamt) im Zuge des jeweiligen Abgabenverfahrens zu entscheiden. Der Erlass vorgelagerter Grundlagenbescheide über das Bestehen der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen ist nicht vorgesehen. Insbesondere sind die sog. Spendenbegünstigungsbescheide nur für die Spendenbegünstigung als solche maßgebend und somit für die Besteuerung der gemeinnützigen Organisation selbst nicht bindend. Dies verursacht erhebliche Rechtsunsicherheit; mögliches Anpassungspotential bleibt ungenutzt. Möglichkeit des Erlangens eines Gemeinnützigkeitsbescheids Erhöhung der Rechtssicherheit Deutschland: Durch eine Gesetzesnovelle im Jahr 2013 wurde im deutschen Gemeinnützigkeitsrecht das Instrument eines Feststellungsbescheides, mit dem über die Einhaltung der satzungsmäßigen Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen vom zuständigen Finanzamt bindend abgesprochen wird, vorgesehen. Eine Anerkennung, dass auch die tatsächliche Geschäftsführung den für die Anerkennung der Steuerbegünstigung notwendigen Erfordernissen entspricht, ist mit der bescheidmäßigen Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nicht verbunden dies kann (naturgemäß) erst im Nachhinein festgestellt werden. Der Feststellungsbescheid kann mit den üblichen Rechtsbehelfen angefochten werden. Schweiz: Auch die schweizerischen Steuerbehörden erlassen auf Antrag der werbenden Organisation nach Prüfung der Voraussetzungen eine Feststellungsverfügung, in der die Befreiung von der Steuerpflicht (oder gegebenenfalls deren Verweigerung) ausdrücklich festgehalten wird. Alternativ kann auch im Veranlagungsverfahren über die Steuerbefreiung entschieden wird. Sowohl im Feststellungs- als auch im Veranlagungsverfahren ergeht eine anfechtbare Verfügung. Entwicklungstendenzen im aktuellen politischen Geschehen: Die Notwendigkeit, zivilgesellschaftlich engagierten Organisationen Rechtssicherheit über das Vorliegen gemeinnützigkeitsrechtlicher Voraussetzungen zu verschaffen, ist nicht Gegenstand des am 24. März 2015 vereinbarten Gemeinnützigkeitspakets. Seite 6 von 7

Besteuerung von Kapitaleinkünften und Grundstücksveräußerungen Gemeinnützige Organisationen unterliegen mit allen Arten von in- und ausländischen Einkünften aus Kapitalvermögen, unabhängig davon, ob diese dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen oder nicht, der Steuerpflicht. Materiell handelt es sich bei diesen steuerpflichtigen Einkünften vor allem um Zinserträge aus Bankeinlagen, Erträge aus einer Beteiligung als echter stiller Gesellschafter, realisierte Wertsteigerungen aus der Veräußerung von Kapitalvermögen und Einkünfte aus Derivaten (Dividenden sind von der Steuerpflicht ausgenommen). Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen unterliegen seit Einführung der Immobilienertragsteuer ebenfalls der Steuerpflicht. Die durch die entsprechende Kapital- bzw. Immobilienertragsteuer hervorgerufene Belastung beeinträchtigt gemeinnütziges Wirken erheblich. Im Rechtsvergleich stellt sie sich als einzigartig dar. Entfall der Besteuerung von Kapitaleinkünften und Grundstücksveräußerungen Steuerliche Entlastung gemeinnütziger Organisationen durch Steuerfreiheit der gemeinnützigen und vermögensverwaltenden Sphären Deutschland: Das deutsche Körperschaftsteuergesetz befreit gemeinnützige Organisationen von der Körperschaftsteuer. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen, sodass die gemeinnützige Organisation diesfalls der partiellen Körperschaftsteuerpflicht unterliegt. Eine Gegenausnahme von der Steuerpflicht für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ist für sogenannte Zweckbetriebe vorgesehen. Der steuerfreien Sphäre zuzuordnende Zinsen und Dividenden steuerfrei bleiben. Die Befreiung wird durch eine gleichlaufende gesetzliche Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug ergänzt. Schweden: Das schwedische Recht räumt gemeinnützigen Organisationen eine partielle Steuerbefreiung ein: Steuerpflicht besteht grundsätzlich nur für betriebliche Einkünfte (und das mit Ausnahme von Veräußerungsgewinnen). Dividenden, Zinsen und Veräußerungsgewinne sind von der Steuer befreit. Eine Abzugsteuer ist dabei im rein innerstaatlichen Sachverhalt offenbar von vornherein nicht vorgesehen. Für gemeinnützige Vereine sind weiters Einkünfte aus Zweckbetrieben, Einkünfte aus Tätigkeiten, die traditionellerweise zur Finanzierung gemeinnütziger Zwecke ausgeführt werden (zb Lotterien, Bingospiele und die Ausrichtung von Flohmärkten), sowie Einkünfte aus der Vermietung von für gemeinnützige Zwecke verwendeten Grundstücken von der Befreiung erfasst. Schweiz: Gemeinnützige Organisationen sind nach schweizerischem Recht für den Gewinn, der ausschließlich und unwiderruflich gemeinnützigen Zwecken gewidmet ist, von der Steuerpflicht befreit. Die vom schweizerischen Bund allgemein erhobene Verrechnungssteuer in Höhe von 35 % auf den Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (also zum Beispiel auf Zinsen und Dividenden) wird auch in Zusammenhang mit an gemeinnützige Organisationen gezahlte Kapitalerträge erhoben. Wie jedem anderen relevanten Empfänger von um die Steuer gekürzten Kapitalerträgen wird die Verrechnungssteuer bei Erfüllung der Voraussetzungen allerdings auch gemeinnützigen Organisationen zurückerstattet. Im Ergebnis ergibt sich hieraus daher keine spezifische Steuerbelastung. Entwicklungstendenzen im aktuellen politischen Geschehen: Die ertragsteuerliche Entlastung gemeinnütziger Organisationen durch Entfall der Besteuerung von Kapitaleinkünften und Grundstücksveräußerungen hat in das am 24. März 2015 vereinbarte Gemeinnützigkeitspaket nicht Eingang gefunden. Seite 7 von 7