Weite Wasserflächen im Nationalpark De Weerribben-Wieden, Provinz Overijssel, Niederlande, unweit der Norseeküste.

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Transkript:

Exkursionsbericht vom Donnerstag, 05. Mai 2016 Moosi-Himmelfahrt Weite Wasserflächen im Nationalpark De Weerribben-Wieden, Provinz Overijssel, Niederlande, unweit der Norseeküste. Ein Waldschrat-online. de Projekt. 1

Donnerstag, 05. Mai 2016 Exkursionsbeginn: Donnerstag, 05. Mai, 09.00h, Exkursionsende: ca. 15.30h. Thema: Studien zum Fortpflanzungsverhalten der Sibirischen Winterlibelle, Sympecma paedisca. (Odonata: Zygoptera, Lestidae). Habitat: Nationalpark De Weerribben-Wieden, Bereich Woldlakebos Provinz Overijssel, Niederlande. Koordinaten: 52 46 56.51 N 5 59 32.80 O. Wetter: Sonnig, wolkenloser Himmel. Leichter bis mäßiger Wind aus wechselnden Richtungen. Temperatur: Bei Exkursionsbeginn 14 C, zum frühen Nachmittag auf 20 C ansteigend. Einleitung Winterlibellen sind in vielerlei Hinsicht höchst interessante Studienobjekte. Sie überwintern als einzige Spezies dieser Tierart als Imagines und sind erst danach in der Lage sind sich erfolgreich reproduzieren zu können. Selbst während des Winters sind mit etwas Glück Beobachtungen möglich. Im Zyklus eines Jahres erscheinen in der Regel als erste an ihren angestammten Gewässern, um relativ konkurrenzlos mit ihren Fortpflanzungsaktivitäten zu beginnen. Bei einer konstant günstigen Witterung kann dies schon in der ersten Märzdekade geschehen. Meistens erfolgen derartige Beobachtungen jedoch in der ersten Hälfte des Aprils. Der aus meteorologischer Sicht durchaus wechselhafte Monat war in diesem Jahr jedoch größtenteils nasskalt, sodass wir unsere geplante Exkursion in den Mai verschieben mussten. So machen wir uns bei bestem Wetter um 06.00h auf den Weg in den 284 Kilometer entfernten und über 10.500 Hektar großen Naturpark De Weerribben-Wieden in der Provinz Overijssel, in den Niederlanden. Wohl wissend, dass in diesem Gebiet sowohl die Gemeine Winterlibelle, Sympecma fusca, als auch die wesentlich seltenere Sibirische Winterlibelle, Sympecma paedisca vorkommen und schon über interspezifische Reproduktionsversuche beider Arten berichtet worden ist und die Weibchen dieser Arten bei der Wahl ihrer Partner etwas wählerisch sind (female s choice), sind wir gespannt darauf, was wir an dem heutigen Himmelfahrtstag beobachten und dokumentieren können. Um dem Exkursionsverlauf ein wenig vorwegzugreifen, soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass, sofern die Hauptakteure aufgrund ihrer weit fortgeschrittenen Jahresphänologie und ihres Alters nicht mehr in Paarungsstimmung sein sollten, wir immer einen Plan B in petto haben, der die schier unglaubliche Individuendichte diverser früh im Jahr erscheinenden Spezies in diesem Lebensraum zu beschreiben versucht. Für weitere Informationen zum Paarungsverhalten von Winterlibellen verweisen wir auf die Links in den Literaturhinweisen am Ende dieses Exkursionsberichtes. 2

Verlauf Etwa gegen 09.00h erreichen wir unser Ziel, Woldlakebos. Vor uns erstreckt sich ein uns seit einigen Jahren bekannter, endlos erscheinender Damm, der das Gebiet zur Rechten mit einer von zahlreichen und mannigfaltigen Arten von Wasservögeln besiedelten, sehr großen Wasserfläche von einem zur Linken, von breiten Schneisen durchzogenen Waldgebiet trennt. Abb. 1: Ein kilometerlanger Damm trennt die offenen Wasserflächen von einem von breiten Schneisen durchzogenen Waldgebiet in Woldlakebos. Hier beginnen wir mit unserer Suche nach Sympecma paedisca, indem wir beide Seiten des Dammes auf mehreren Hundert Metern langsam abschreiten. An der Luv- bzw. Wasserseite des Dammes finden wir die robuste Große Pechlibelle, Ischnura elegans, in Anzahl sowie einige schlüpfende Gemeine Falkenlibellen, Cordulia aenea, und den Vierfleck, Libellula quadrimaculata, während der Emergenz vor. Der Wind weht mäßig von See her und so erkennen wir recht schnell, dass sich das Groß aller Libellen - vorwiegend Jungtiere - auf der windabgewandten Seite zum Wald hin aufhält. Auf der Leeseite erscheint die Biodiversität und Abundanz von früh im Jahr fliegenden Spezies zum einiges höher. So treffen wir auf viele Individuen der Fledermaus- Azurjungfer, Coenagrion pulchellum, und des Frühen Schilfjägers, Brachytron patrense, die im Schutz des Dammes jagen und sich gelegentlich absetzen. Nach etwa einer guten halben Stunde finden wir endlich einige wenige Objekte unserer Begierde, Alttiere der Sibirischen Winterlibelle, Sympecma paedisca (3 und 1 ). 3

Abb 2: Ein der Sibirischen Winterlibelle, Sympecma paedisca. Abb 3: Ein der Sibirischen Winterlibelle, Sympecma paedisca. Nach knapp zwei Stunden intensiver Suche nach Sympecma paedisca finden wir nicht mehr als ein halbes Dutzend Exemplare und selbst jetzt, da es beinahe Mittag ist, gibt es auch keinerlei Anzeichen von Fortpflanzungsaktivitäten der Art zu sehen. Da unter diesen Umständen eine Dokumentation ihres Paarungsverhaltens an diesem Ort eher unwahrscheinlich ist, verlegen wir unsere Suche in die breiten Waldschneisen, an deren jetzt besonnten und windgeschützten Seiten sich moorige Wassergräben entlang ziehen. 4

Abb. 4: Eine von vielen breiten Waldschneisen, die vom Damm aus in die Wälder von Woldlakebos führen. Dieses Bild wurde von der Oberseite des Dammes aufgenommen. Auf der linken Seite ist nur andeutungsweise ein etwa 2 Meter breiter, durchgängiger, tiefer Moorgraben zu sehen, der bis zum Wegesrand flach ausufert. Der dunkle Fleck, der im oberen Drittel des Fotos zu erkennen ist, ist die Tellerwurzel einer umgestürzten Kiefer. Sie fungiert als eine Art Orientierungshilfe. Hier befindet sich eine von vielen Kreuzungen von breiten und teilweise verwinkelten Waldwegen, die auf einer Strecke von mehreren Kilometern, teilweise ein- oder beiderseits von Wassergräben mit unterschiedlichen Vegetationen in mehr oder weniger fortgeschrittenen Sukzessionsstadien flankiert werden. Das Betreten der ebenfalls etwa 2 Meter breiten Flachwasserzone, die lediglich eine Wassertiefe von nur wenigen Zentimetern aufweist und im Bild als grüner Streifen zwischen Graben und Weg erkennbar ist, scheint nahezu unmöglich. An den nur wenige Zentimeter hohen Grünpflanzen hängen schlüpfende Libellen zu mehreren Individuen auf nur einem m 2. Diese immens hohe Individuendichte kann in Bildern ebenso wenig erfasst wie gezählt werden. Selbst vorsichtige Schätzungen sind nur schwer zu wagen. Rechnet man zum Beispiel die ungefähre Zahl der Emergenzen von nur zwei Arten wir legen hier die Gemeine Falkenlibelle, Cordulia aenea, und den Vierfleck, Libellula quadrimaculata, zugrunde, und jene der jungen Imagines, die das gleiche Gebiet als Jagd- und Reifehabitat nutzen, zusammen, so dürfte die Abundanz einer jeden Art mehrere Tausend Individuen stark sein. Wir wollen nun versuchen, einige unserer Eindrücke aus Woldlakebos zu vermitteln. 5

Abb. 5: Ein Blick in die Flachwasserzone des Moorgrabens. Links hängt ein frisch geschlüpftes der Großen Moosjungfer, Leucorrhinia pectoralis, an Binsen und rechts ein des Vierflecks, Libellula quadrimaculata, an der Exuvie. Abb. 6: Ein Suchbild, bitte genau hinschauen. Gemeine Falkenlibellen, Cordulia aenea, sonnen sich am Waldrand. 6

Abb. 7: Ein Pärchen der Frühen Adonislibelle, Pyrrhosoma nymphula. Das überträgt mit angekoppelten sein Sperma in das sekundäre Geschlechtsteil an der Unterseite des 2. Abdominalsegmentes. Abb. 8: Unmittelbar darauf erfolgt die eigentliche Kopula im klassischen Paarungsrad. Auch die Frühe Adonislibelle fliegt in Woldlakebos in hoher vierstelliger Anzahl. 7

Abb. 9 + 10: Die Fledermaus-Azurjungfer, Coenagrion pulchellum, hier 2, kann in ihrem Erscheinungsbild stark variieren. 8

Abb. 11. + 12: Dies gilt im Besonderen für die der Art. Das Foto unten zeigt die dunkle Variante. Die Thoraces (Brustabschnitte) sind noch blass rosa gefärbt, was besagt, dass es sich hierbei um Jungtiere handelt. Bis zur Geschlechtsreife färben sie sich ebenfalls blau ein. Coenagrion pulchellum fliegt in Woldlakebos auch in vierstelliger Abundanz. 9

Abb. 13 + 14: Die erste Edellibelle, die im Laufe eine Jahres fliegt ist der Frühe Schilfjäger, Brachytron patrense. Das Foto oben zeigt das, unten ist ein zu sehen. In dem von uns begangenen Gebiet schätzten wir die Anzahl der Individuen an diesem Tag auf weit mehr als Einhundert Exemplare, wobei das Verhältnis der Geschlechter ausgeglichen schien.. 10

Abb. 15 + 16: Der Vierfleck, Libellula quadrimaculata. Oben ein frisch geschlüpftes noch an der Exuvie sitzend und unten ein juveniles im Reifehabitat. Die extrem hohe Individuenzahl dieser Spezies wurde schon erwähnt. Die Geschlechter sind aus dieser Perspektive nur an ihren oberen Hinterleibsanhängen zu unterscheiden. 11

Der Höhepunkt unserer heutigen Exkursion findet sich zweifelsohne in den ausgiebigen Beobachtungen Dokumentationen der Großen Moosjungfer, Leucorrhinia pectoralis. Die in unseren heimischen Gefilden extrem seltene und vom Aussterben bedrohte Art stellt hierzulande noch eine der wenigen Spezies, die unter den Schutz der FFH (Fauna-Flora-Habitat) Richtlinien, Anhang II und IV dar, wonach eigens Schutzgebiete auszuweisen und die Tiere unter einen besonderen Schutz gestellt werden, dar. Um die Seltenheit der Großen Moosjungfer in unserer Heimat einmal zu verdeutlichen, schauen wir einmal in das jüngste Werk der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen (GdO) e.v., den Atlas der Libellen Deutschlands. Hier sind die Funddaten seit anno 1800 bis zum Jahr 2011 erfasst. Während dieser Zeitspanne von 211 Jahren konnten von Leucorrhinia pectoralis insgesamt 5.370 Datensätze verarbeitet werden. Dabei wurden bei etwa 3.600 Datenbankeinträgen lediglich von ein oder zwei beobachteten Tieren berichtet. Bei nur etwa 200 Meldungen lag die Anzahl bei 20 Exemplaren an einem Gewässer. Elf Meldungen bezeugen mehr als 100 Individuen, sechs davon stammen aus Brandenburg und vier aus Sachsen. Wir befinden uns nun seit dem frühen Morgen in einem der schönsten Lebensräume für Libellen Mitteleuropas, in den Niederlanden und beobachten mit Hingabe ein Naturwunder die Metamorphose eines der Großen Moosjungfer. Nachfolgend zeigen wir einige Sequenzen. Abb. 17: 13.27h. Leucorrhinia pectoralis hängt kopfunter halb aus der alten Larvenhülle heraus. Diese Ruhephase dauert etwa eine gute halbe Stunde. 12

Abb. 18: 13.44h. Die Große Moosjungfer hat sich aus ihrer Larvenhülle befreit und beginnt damit, Körper und Flügel mit Hämolymphe (Blutflüssigkeit) aufzupumpen. Abb. 19: 14.33h. Die Flügel sind nun glasklar, das Abdomen ist gestreckt und der Körper beginnt ich auszufärben. In etwa 20 bis 30 Minuten werden sich die Flügel entfalten. Danach erfolgt der Jungfernflug, der das Tier in die nahen Baumwipfel tragen wird. Auf den folgenden Seiten zeigen wir noch einigen Impressionen von Leucorrhinia pectoralis. 13

Abb 20: Ein junges kurz vor dem Jungfernflug. Abb. 21: Ein nach absolviertem Jungfernflug, der ausnahmsweise statt in den Baumkronen auf einem Schilfhalm endete. 14

Abb. 22: Nicht alle Emergenzen verlaufen reibungslos. Dieses ist jedoch trotz seiner deformierten Hinterflügel in der Lage zu fliegen. Abb. 23: Manche jugendliche Unvorsichtigkeit hatte auch fatale Folgen. Dieses flog in das Netz einer Schilfradspinne, Larinioides cornutus. 15

Abb. 24: Ein juveniles, wie an dessen Hinterleibsanhängen zu erkennen ist. Abb. 25: Auf dieser Aufnahme ist die für alle 16 weltweit vorkommenden und nur 5 in Europa vertretenen Moosjungfernarten charakteristische weiße Stirn sehr schön zu sehen, weshalb sie in Fachkreisen auch oft und liebevoll Weißnasen genannt werden. 16

Da wir auf unserer heutigen Exkursion und zum Beginn der Flugzeit der Großen Moosjungfer natürlich nur Jungtiere vorfanden, fügen wir diesem Bericht eine Aufnahme eines erwachsenen der Art zum direkten Vergleich bei. Abb 26: Ein adultes und somit ausgefärbtes der Großen Moosjungfer, Leucorrhinia pectoralis (Archivbild). Resümee: Auch wenn das eigentliche Schwerpunktthema Studien zum Fortpflanzungsverhalten der Sibirischen Winterlibelle, Sympecma paedisca mangels Verhalten der nur spärlich vorgefundenen Individuen vollkommen verfehlt worden ist, waren wir von dem was wir in Woldlakebos so alles von unseren Schützlingen geboten bekamen hellauf begeistert. Als wir am späten Vormittag die erste Große Moosjungfer fanden, waren wir glücklich, überhaupt eine dieser seltenen Spezies gesehen zu haben. Etwa vier Stunden später, als wir unsere Exkursion aus Zeitgründen beenden mussten, waren es etwas mehr als 100 Exemplare. So etwas erlebt man nicht alle Tage! Mit diesen nachhaltigen Eindrücken fuhren wir sichtlich zufrieden nach Hause. Dank: An dieser Stelle möchten wir es nicht versäumen, uns bei unseren niederländischen Freunden Jeroen Bredenbeek und Evert Ruiter, beides Ranger im Nationalpark De Weerribben-Wieden, auf das herzlichste für ihre überaus nützlichen Ratschläge und ihre Unterstützung zu bedanken. Unsere Funddaten wurden ihnen unmittelbar übersandt. 17

In den Monaten des Hoch- und Spätsommers werden wir dieses Gebiet wieder besuchen. Woldlakebos zeigt sich zu dieser Zeit in einem völlig anderen Bild. Jene Arten, die wir heute zu Gesicht bekamen werden dann verschwunden sein. Die Vegetation ist eine ganz andere und was die Libellen angeht, so werden wir hoffentlich einige Spezies sehen dürfen, die man in den heimischen Gefilden nur mit Glück alle paar Jahre zu sehen bekommt. Wir werden beizeiten darüber berichten. Literaturhinweise: BELLMANN, HEIKO (1993): Libellen beobachten - bestimmen, Naturbuch Verlag Augsburg, ISBN 3894401079 BROCKHAUS, T., H.-J. ROLAND, T. BENKEN, K.-J. CONZE, A. GÜNTHER, K. G. LEIPELT, M. LOHR, A. MARTENS, R. MAUERSBERGER, J. OTT, F. SUHLING, F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (2015): Libellula Supplement 14: Atlas der Libellen Deutschlands (Odonata) BROCHARD, CHRISTOPE, DICK CROENENDIJK, EWOUD VAN DER PLOEG, TIM TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuitjes van Libellen. ISBN 978-90-5011-409-7 DIJKSTRA, B, KLAAS-DOUWE (2006): Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe. ISBN 0-9531399-4-8 SCHMID, FRANZ (2012): Fehlpaarungen von Sympecma fusca und S. paedisca (Odonata: Lestidae), Mitteilungsblatt der Schutzgemeinschaft Libellen Baden-Württemberg, Mercuriale, Band 12, 33-36 STERNBERG, KLAUS, RAINER BUCHWALD (1999/2000): Die Libellen Baden-Württembergs Band 1, Zygoptera. Ulmer Verlag. ISBN 3-8001-3508-6 WENDLER, ARNE, JOHANN-HENDRIK NÜß, (1992): DJN Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung Libellen. ISBN 3-923376-15-4 WILDERMUTH, HANSRUEDI, ANDREAS MARTENS (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Verlag Quelle & Meyer, ISBN 978-3-494-01558-3 WÜNSCH, H.-WILLI, HEIDE GOSPODINOVA, WERNER HEYDRICH (2013):Beobachtungen zum Fortpflanzungsverhalten von Sympecma fusca (Odonata: Lestidae), Libellula 32 (3/4): 137-142. WÜNSCH, H.-WILLI, HEIDE GOSPODINOVA (2014): CD - ROM Die Libellen Nordrhein- Westfalens & darüber hinaus. NIBUK Verlag, Dieter Prestel, Ruppichteroth; Verlag Waldschrat-online.de, Amazon.de, ISBN 978-3-931-92114-9 18

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