zement + beton 5_10 35 Therme Wien Architektur 4a Architekten Text ALPINE Bau GmbH, Therme Wien Bilder ALPINE Bau GmbH Pläne 4a Architekten Am 27. September 2010 eröffnete in Wien Oberlaa eine der modernsten Stadtthermen Europas. Auf einer Gesamtfläche von 75.000 m 2 bietet die neue Stadttherme ca. 4.000 m 2 Wasserfläche, rund 3.000 m 2 Saunaareal und einen über 6.000 m 2 umfassenden Gesundheitsbereich. Das topmoderne und vier Stockwerke umfassende Gesundheitszentrum wurde bereits im Jänner 2010 eröffnet und bietet über 200 Behandlungs und Therapieplätze, mit neuen Anwendungen aus dem Kur und Rehabilitationsbereich sowie zahlreichen ganzheitlichen Angeboten. 40 Jahre Thermenbetrieb 1934 wurde im Rahmen einer Erdölversuchsbohrung am linken Liesingbachufer erstmals eine heiße Schwefelquelle entdeckt. Aus damaliger geschäftspolitischer Sicht uninteressant, wurde sie sogleich wieder verschlossen. Erst 1965, über 30 Jahre später, wurde im Auftrag der Stadt Wien erneut nach der Schwefelquelle gesucht, diesmal am rechten Ufer des Liesingbaches. In 380 m Tiefe stellte sich bereits der Erfolg ein. Im Dezember 1968 wurde die Heilquelle Oberlaa Kurbetriebsges.m.b.H. gegründet. Knapp ein Jahr später wurde auch schon der provisorische Kurbetrieb in der Quellenstation an der Liesing mit 300 bis 400 Behandlungen am Tag aufgenommen. Das Thermalbad wurde 1974 eröffnet und zählte mehr als 35 Jahre lang zu den beliebtesten Erholungsoasen der Wiener Bevölkerung mit über 23 Millionen Besuchern. Weiterführung des Betriebs trotz Bauarbeiten Da das bestehende Thermalbad den Betrieb weiter aufrechterhielt, mussten zahlreiche Vorkehrungen getroffen werden, um den Gästen trotz der Bauarbeiten weiterhin ein hochwertiges Erholungserlebnis zu ermöglichen. Zum anderen wurden Konzepte für die stufenweise Umsetzung des Rohbaus zur Therme Wien neu entwickelt. So entstand in der ersten Phase (ab Juni 2008) an Stelle der abgetragenen Kurhalle Oberlaa die Therme Wien Med. Dann arbeiteten bis zu 120 Mitarbeiter mit Hochdruck am Herzstück der neuen Thermenland ErlebnisStein Lazy River Kleinkinderbecken ErlebnisStein Außenbecken
36 zement + beton 5_10 Thermen nutzung der neuen Therme in Zukunft zu bereits 55 Prozent durch das heiße Wasser der Thermalquelle geregelt. Die Übergabe des Rohbaus erfolgte pünktlich im Herbst 2009. Die zuverläs sige Abwicklung gewährleistete, dass die Innenausstatter unverzüglich ans Werk gehen konnten und die Therme Wien drei Monate vor dem geplanten Termin eröffnet wurde. Thermenlandschaft 2 Therme Wien Haupteingang schaft mit ihren Pools, Thermenhallen und anderen Einrichtungen. Technisch höchste Ansprüche stellte die Funda mentlegung. Um der Therme und den insgesamt 26 Pools die notwendige Stabilität zu verleihen, wurden tausende von duktilen Pfählen bis zu 14 Meter tief in den tragenden Untergrund gerammt. Weil sich in einem auch nur minimal ge neigten Becken Keime entwickeln können, erforderte dies Maßarbeit im Millimeter Bereich. Als weitere Besonderheit zeichnet den Bau ein ausgeklügeltes Recycling Kon zept aus. Praktisch das gesamte Be tonabbruchmaterial im Ausmaß von 17.000 m³ wurde für den Unterbau wie derverwendet. Die Stahl und Eisenteile wurden verkauft. Ein Musterbeispiel dafür, wie ressourcenschonend, umwelt freundlich und Kosten sparend gebaut werden kann! Im Rahmen der Bauarbei ten wurde auch die Energieeffizienz der Anlage verbessert: Über Wärmeaustau scher wird die generelle Wärmeenergie Schnitt von SaunaStein bis zur Thermenlandschaft 2 Schnitt A - A Schnitt von Thermenlandschaft 1 bis zum Stein der Schönheit und Foyer Schnitt A - A
zement + beton 5_10 Finanziert und gebaut Auf Schiene gebracht wurde das Projekt von der Wien Oberlaa Projektentwicklung GmbH, einer Tochter der Wien Holding GmbH. Ihre Aufgaben war unter ande rem die Erarbeitung einer Gesamtkon zeption und eines Masterplans für das gesamte Areal Oberlaa NEU. Bis zu 400 Personen waren an der Fertigstellung des 115 Millionen Euro Projektes beteiligt. Finanziert wurde die Therme Wien von der Wien Holding GmbH gemeinsam mit der VAMED AG sowie der Vienna Insurance Group Wiener Städtische Versicherung AG, der Unicredit Bank Austria AG, der Erste Group Bank AG und der Raiffeisen Holding Niederösterreich Wien. Für die Realisierung zeichnet die VAMED in Form eines Totalunternehmermodells verantwortlich. Individuelle Themenbereiche und Bachlauf Die Anlage wurde vom Stuttgarter Archi tekturbüro 4a Architekten geplant und im Grundriss einem Bachverlauf nach empfunden. Die großzügigen Badebe reiche wurden dabei wie große Steine entlang dieses Wasserlaufs positioniert. Verbunden sind diese Bereiche Stein der Schönheit, Stein der Ruhe, Erlebnis Stein, SaunaStein und FitnessStein durch große Thermenlandschaften, die mit weitläufigen Innen und Außen becken, Wärmebänken und Liegebetten zum Verweilen einladen. Auf einer Gesamtfläche von über 75.000 Quadratmetern bietet die neue Therme nicht nur hochkarätige Architektur und ansprechendes Design, sondern auch zahlreiche neue Einrichtungen. 37
38 zement + beton 5_10 Thermen Gleich neben dem Eingang zur Therme Wien liegt der Stein der Schönheit. In diesem Bereich dreht sich alles um Kosmetik für Körper und Gesicht: Die Besucher erwartet 50 Grad Celsius warme Laconien, ein Duftraum mit Wasserbetten und ausgedehnte Ruhe und Liegebereiche. Gleich hinter der Eingangshalle wird in der Thermenlandschaft I die enorme Dimension der neuen Therme sichtbar: ein 300 m2 großes Becken mit integrier tem Whirlpool, zahlreichen Massage düsen und einem Durchschwimmkanal in das ebenso große Außenbecken. Um randet von großzügigen Liegebereichen gibt die voll verglaste Seitenfront an der Ostseite den Blick auf den Kurpark frei. Im nordwestlichen Teil der Thermen landschaft I liegt der Stein der Ruhe. ErlebnisStein Innenbecken Auf insgesamt drei Ebenen ist in diesem Bereich alles auf Ruhe und Rückzug ausgerichtet. Drei Becken ein in sanft gedimmtes Licht getauchtes Grotten becken, ein Sprudelbecken mit Massage liegen (beide mit einer Wassertempera tur von 36 Grad Celsius) und ein Be cken der Stille (mit einer Wassertempe ratur von 35 Grad Celsius) laden zum Abschalten ein. Im Stein der Ruhe fin den sich auch Österreichs erste Ther menbibliothek und eine Hörbuchlounge. Im Außenbereich der Thermenland schaft II offenbart sich dann nochmals eine eigene Badelandschaft: Neben einem Solebecken mit Liquid Sound steht ein Sportbecken zur Verfügung. Angrenzend an die Thermenlandschaft II kommen alle aktiven Thermenbesucher auf ihre Kosten. Einrichtungen wie Breit, Reifen und Erlebnisrutschen, ein Wild wasserkanal, Sprungtürme und Wasser spielpark sorgen für Spiel und Spaß für Jung und Alt. Den Jüngsten steht ein Kleinkinderbecken zur Verfügung. Auch für Aktivitäten in der freien Natur gibt es reichlich Möglichkeiten: Im Außenbereich des ErlebnisStein, der so genannten Wildnis, befinden sich ein großes Außen becken von 300 m2, die Breitrutsche, der Wasserspielpark, das Kleinkinder becken und ein Beach Volleyball Platz sowie ein großer, gemütlicher Liegebe reich. Gleich hinter der Thermenland schaft II erhebt sich der riesige Sauna Stein. Hier finden Anhänger des kulti vierten Schwitzbades alles, was die Herzen echter Sauna Enthusiasten höherschlagen lässt: Getrennt in einen Damen, Herren und gemischten Sau nabereich verfügt jede der einzelnen
zement + beton 5_10 39 Therme Wien Med Gesundheitszentrum für den Stütz und Bewegungsapparat Zonen über unterschiedliche Saunakabinen, diverse Dampfbäder und Laconien, eigene Tauch becken, Tepidarien sowie getrennte Ruhebereiche. In der aufpreispflichtigen Solewelt besteht die Möglichkeit, im Floating Pool zu schweben oder in der Salzsauna der Haut etwas Gutes zu tun. Eine Besonderheit stellt das Gradierwerk der Therme Wien dar: Durch herab rieselnde Sole wird die Luft in der Nähe des Gradierwerks mit Salz angereichert, was ebenfalls eine wohltuende Wirkung hat. Um alle 26 Becken zu füllen, sind 5,5 Millionen Liter Wasser notwendig. Oberlaaer Schwefel-Heilquellen gehören zu den wirkungsvollsten Europas Zur Sicherung der Thermalwasserversorgung auf dem neuesten Stand der Technik wurde auf dem Areal der Therme am Rande des Kurparks Oberlaa auch eine zweite Thermalquelle erschlossen. In einer Tiefe von 450 Metern und nach der Überwindung von zwei Gesteinsschichten stieß das Geologenteam auf ein Thermalwasserreservoir. Die Bohrköpfe wurden noch weitere 350 Meter tief vorangetrieben. Denn in der Tiefe von 800 Metern hat das Thermalwasser die optimale Temperatur von rund 50 Grad Celsius. Nach Abschluss des Dauerpumpversuchs wurde die endgültige Thermalwasserförderung als Quelle Oberlaa TH 2 installiert. Der große Vorteil der neuen Quelle: Sie ist erstmals drosselbar, wodurch eine bedarfsorientierte Wasserförderung nach neuestem Stand der Technik möglich wird. Ein weiteres Plus bildet die thermische Nutzung des Quellwassers für die Warmwasseraufbereitung und die Beckenheizung der neuen Therme Wien. Somit gewährleistet die Erweiterungsbohrung den ausfallssicheren, nachhaltig ressourcenschonenden, ökolo gischen Umgang mit dem Thermal wasser. Projektdaten: Bauherrschaft: Vamed Standortentwicklung & Engineering GmbH & CoKG Planung: Städtebauliches Konzept: BUS Architektur und Partner Architektur: 4a Architekten, Stuttgart Statik: Arge Büro Fischer & Friedrich, Waiblingen + Toms Ziviltechniker GmbH Bau und Betrieb: VAMED, ALPINE Bau GmbH Baubeginn: Beginn Aushubarbeiten ab Sommer 2007, Baubeginn Oktober 2008 Fertigstellung: Phase 1: Jänner 2010 Therme Wien Med, Phase 2: September 2010, Phase 3: Sommer 2011 Investitionssumme: EUR 115 Mio. Grundstücksfläche: 75.721 m 2 Bebaute Fläche: 28.587 m² (inkl. Tiefgarage) Bruttogeschoßfläche: inkl. Bestand und Tiefgarage 64.115 m 2 Gesamtthermalwasserflächen: 3.856 m 2 bzw. 5.205 m 3 Autoren: Therme Wien www.thermewien.at ALPINE Bau GmbH www.alpine.at