Was nichts kostet, ist nichts wert? Naturkapital und Klimapolitik Synergien und Konflikte

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Transkript:

Was nichts kostet, ist nichts wert? Naturkapital und Klimapolitik Synergien und Konflikte Volkmar Hartje (TU Berlin) Henry Wüstemann (TU Berlin), Aletta Bonn, Bernd Hansjürgens (UFZ) sowie Christine Bertram, Alexandra Dehnhardt, Ralf Döring, Ulrike Doyle, Peter Elsasser, Dietmar Mehl, Bernhard Osterburg, Katrin Rehdanz, Irene Ring, Matthias Scholz, Katrin Vohland

Ausgangspunkt/Motivation Klimapolitik in Deutschland fokussiert (richtigerweise!) auf Emissionen aus Industrie, Kraftwerken, Industrie, privaten Haushalten, Verkehr. Aber 1. THG-Emissionen aus der Landwirtschaft und infolge Landnutzung relevant (ca. 11 % der deutschen THG) 2. Klimapolitik hat zum Teil negative Wirkungen auf die Naturleistungen (vor allem: Bioenergie) 3. Ökosystembasierte Klimapolitik: Die Leistungen der Natur für Klimaschutz und Klimaanpassung nutzen! Warum? Kostengünstige Vermeidung durch Naturkapital Synergien zwischen Klimapolitik und Biodiversitätsschutz 2

Klima- und Energiepolitik Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2012 3

Klima- und Energiepolitik 4

Energie- und Klimapolitik und biologische Vielfalt Anbau von Energiepflanzen wird ausgeweitet Beitrag zu Intensivierung der landwirtschaftlichen Bodennutzung, vermehrtem Grünlandumbruch und Entwässerung von Mooren. Folgen: Häufig vermehrter Ausstoß von Treibhausgasen anstatt Minderung Verlust von Ökosystemleistungen Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt 5

Landwirtschaft: Emissionen reduzieren und Grünland erhalten Ausgangslage: 50% der Fläche in DE landwirtschaftlich genutzt Emissionen aus Landwirtschaft ca. 105 Mio. t CO2-Äq etwa 11% der Emissionen in DE Ca. 20 % (20,3 Mio. t CO₂-Äq.) Methan aus Tierhaltung Ca. 33 % (34,6 Mio. t CO₂-Äq.) Lachgas aus landwirtschaftlicher Bodennutzung (Stickstoffeintrag) Ca. 40 % (41 Mio. t CO₂) Emissionen aus Landnutzung (Landwirtschaft auf ehemaligen Moorstandorten und Moorböden) 6

Landwirtschaft: Emissionen reduzieren und Grünland erhalten Mögliche Handlungsfelder: 1. Erhaltung von (ökologisch hochwertigem) Grünland 2. Effektivere landwirtschaftliche Produktion (?) 3. Optimierung der Gewinnung von Biomasse Deckelung des intensiven Biomasse-Anbaus (EEG) Verwendung von Reststoffen (Landschaftspflegematerial) Kurzumtriebsplantagen im Streifenbau 7

Moore und kohlenstoffreiche Böden: Die wahren Schätze! Ausgangslage: größter terrestrischer Kohlenstoffspeicher (1.200-2.400 Mio. t C) dauerhafte Kohlenstoff- Senke in naturnahem Zustand 95 % der Moorflächen in Deutschland entwässert und für landwirtschaftliche Zwecke genutzt (8 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche) große THG-Quelle von etwa 41 Mio. t CO 2 -Äq. pro Jahr 40 % der THG-Emissionen aus Landwirtschaft 4,3 % der deutschen THG-Emissionen Hohes Einsparungspotential von 5-35 Mio. t CO 2 -Äq. pro Jahr Relativ kostengünstiges Einsparpotential (ca 35 Euro pro vermiedener t CO 2 -Äq.) 8

Kosten/Nutzen: Silomaisanbau auf Moorböden Schätzung für Standorte in Nordwestdeutschland (Berghöfer, A., Röder, N. et al) 9

Wiedervernässung von Moorböden Handlungsfelder: Absoluter Schutz bestehender Moore Wiedervernässung als kostengünstige Klimaschutz- Investition (z.b. 300.000 ha Wiedervernässung 217 Mio. Euro/Jahr vermiedene Klimaschäden) Ausbau der Förderinstrumente (Vertragsklimaschutz; Moorklimafond, ) Entwicklung von nassen (Paludi)Kulturen, die mit hohen Wasserständen kompatibel sind 10

Netto-Senkenleistung des deutschen Waldes (2010) CO 2 - Emission oder Bindung durch Wald- Kompar9mente oder Waldnutzung Emission bzw. Bindung in Tausend t CO 2 - Äq./Jahr [BHh1]Peter Elsasser: bitte prüfen; siehe oben Text CO 2 - Bindung durch lebende Biomasse (ober- und unterirdisch) CO 2 - Bindung durch Totholz (ober- und unterirdisch) - 21.772-3.638 CO 2 - Bindung durch Streuschicht - 593 Emission durch Entwässerung organischer Böden 675 Emission aus mineralischen Böden nach Umwandlung Emission durch Kalkung 58 Emission durch Waldbrand 4 Summe 333-24.933 25 Mio. t CO 2 - Äq / Jahr 11

Klimaschutz durch Waldspeicher und Holzproduktespeicher 1. Walderhaltung in Deutschland gesichert Positive Wirkung als Klimaspeicher 2. Neuanlage von Wald (bisher: ca. 1 % jährlich) Aufbau des Kohlenstoffspeichers: 5-18 t C/ha/Jahr 3. Waldbewirtschaftung: Waldspeicher, Holzproduktespeicher sowie Substitutionseffekte (stofflich/energetisch) Schwierig, positive Effekte weiter zu verstärken: Weitere Vergrößerung des Waldspeichers geht zu Lasten des Holzproduktspeichers und umgekehrt. 12

Szenarien für Waldnutzung und Klimaleistung Rüter, S., Rock, J., Köthke, M., Dieter, M. (2011) 13

Fazit Wald: Bei der Diskussion um die Waldstrategie im Rahmen des Klimaschutzes ist die Systemgrenze zentral: Wald- und Holzproduktspeicher sollen zusammen betrachtet werden. Bei der Diskussion um die optimale Holznutzung des Waldes sollte bei dieser nicht nur auf Klimaschutzaspekte, sondern auf alle Ökosystemleistungen (inkl. seiner Leistungen zur Klimaanpassung) geachtet werden. 14

Auen: Den Flüssen mehr Raum geben Ausgangssituation: ca. 70 % der natürlichen Auen-Überschwemmungs- Flächen in DE verloren Verlust bedeutsamer Lebensräume Mit Klimawandel weitere Zunahme von Starkregen- Ereignissen & Extrem-Hochwasser möglich Hohe gesellschaftliche Kosten durch Auenverlust Schäden Hochwasser: 2002 11 Milliarden Euro 2013 7-8 Milliarden Euro 15

Fallbeispiel Auen und Hochwasserschutz Optionen: Maximale Deichrückverlegung (neue Retentionsflächen von ca. 35.000 ha) Gesteuerte Polder (3.248 ha) Kombination beider Maßnahmen mit Deichrückverlegung (3.402 ha) und Poldern (4.143 ha) Bewertung der Optionen: Vergleich von Kosten und Nutzen aus Projektkosten Hochwasserschutz Nährstoffretention Biodiversität Grossmann, M., Hartje, V., Meyerhoff, J. (2010) 16

Fallbeispiel Auen und Hochwasserschutz Grossmann, M., Hartje, V., Meyerhoff, J. (2010) 17

Auen: Den Flüssen mehr Raum geben Handlungsfelder: Hohe gesellschaftliche Kosten durch Verlust von Auen (Hochwasser/Gewässer/Klimaschutz etc.) Schadensminimierung durch technische Hochwasserschutzmaßnahmen und Wiederherstellung großräumiger Rückhalteräume Intakte Auen wichtig für Anpassung an Klimawandel Bedeutung auch für Klima Mitigation über kohlenstoffreiche Böden 18

Ökosystembasierte Klimapolitik: Zielfestlegungen 4 Forderungen 1. Erhaltung und absoluter Schutz von Ökosystemen mit besonders hohem Speicherpotenzial 2. Restaurierung degradierter Ökosysteme Priorisierungsprogramm 3. Klimaschutzorientierte Landnutzung: Zielfestlegungen für hochwertiges Grünland 4. Klimaschutzorientierte Landnutzung: Deckelung von Energiemais für Biogasanlagen 19

Ökosystembasierte Klimapolitik: Instrumente 5 Forderungen 1. Fonds für ökosystembasierte Klimapolitik 2. Landwirtschaft: Umbau der Agrarförderung Verstärkte Grünlandförderung über 2. Säule 3. Moore: Erweiterung der Schutzprogramme 4. Wald: Anreize zur Erhöhung des Holzproduktespeichers und Schaffung geschlossener Kreisläufe 5. Auen: Gewässerschutz: Effektiver Auenschutz durch EU-Wasserrahmenrichtlinie 20

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.naturkapital-teeb.de

Moore und kohlenstoffreiche Böden: Die wahren Schätze! (Wichmann, S. et al) 22