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Transkript:

LANDESBETRIEB LANDWIRTSCHAFT HESSEN Bedarfsgerechte Proteinversorgung von Schweinen 1) Die Veränderung des Proteinbedarfs wachsender Schweine Kassel, 03.11.11 Eiweiße oder Proteine sind aus Aminosäuren aufgebaute Makromoleküle. Sie gehören zu den Grundbausteinen aller Zellen. Proteine verleihen den Zellen nicht nur Struktur, sondern transportieren Stoffe, pumpen Ionen, katalysieren chemische Reaktionen und erkennen Signalstoffe. Aminosäuren, die Bausteine der Proteine, sind durch Peptidbindungen zu Ketten verbunden. Die Aminosäurenketten können eine Länge von bis zu mehreren tausend Aminosäuren haben, wobei man Aminosäurenketten mit einer Länge von unter ca. 100 Aminosäuren als Peptide bezeichnet und erst ab einer größeren Kettenlänge von Proteinen spricht. Beim Schwein handelt es sich im Wesentlichen um 20 verschiedene 1) Quelle Wikepedia abgeändert Aminosäuren. Zu Beginn des Wachstums beim Schwein besteht der Ansatz vorwiegend aus Protein. Der Proteinbedarf pro kg Futter sinkt aber annähernd linear im Laufe des Wachstums der Schweine. Zunächst wird ein enges Protein- (Lysin-) Energieverhältnis im Futter benötigt. Sobald die Tiere ein Gewicht von 60 bis 80 kg besitzen, nimmt der tägliche Proteinansatz (Muskelfleischansatz) kaum noch zu. Ein steigender Anteil des Zuwachses besteht nun aus Fett. Bei schweren Schlachtkörpern besteht deshalb die Gefahr der Verfettung. Der Proteinansatz verringert sich ab diesem Gewicht. Im letzten Mastdrittel kann durch überhöhte Proteingaben kein höherer Fleischansatz mehr erreicht werden, da überschüssiges Protein wie andere Nährstoffe auch, in Fett umgewandelt wird. Zu geringe Proteingaben während des Jugendwachstums führen zu einem geringeren Fleischansatz und können speziell in der Endmast nicht mehr kompensiert werden. Die Entsorgung von überschüssigem Protein belastet zudem den Stoffwechsel besonders die Leber und die Umwelt durch eine überhöhte Ammoniakemission, die beim Proteinabbau entsteht. Dieser Sachverhalt verdeutlicht die Notwendigkeit einer Anpassung der Proteinversorgung während der Mast. Dies geschieht in zwei oder mehreren Stufen oder Phasen. Man spricht deshalb von der Zwei-, Drei- oder Multiphasenmast. Gegenwärtig können durch eine proteinangepasste Fütterung in Form einer 2-phasigen Mast gut 3 /Mastschwein (MS) gegenüber Fütterung mit einem Futter (Universalfutter) eingespart werden. Bei der 3-phasigen Mast sind derzeit nur noch geringe weitere Kosteinsparungen möglich. Nur über eine Multiphasenfütterung sind noch höhere Einsparpotentiale realisierbar. 2) Der Aminosäurenbedarf von wachsenden Schweinen Die Bausteine der Proteine sind die Aminosäuren. Chemisch sind sie charakterisiert durch mindestens eine Carboxylgruppe ( COOH) und einer Aminogruppe ( NH 2 ). Man unterscheidet hierbei zwischen essentiellen, semi-essentiellen und nicht-essentiellen Aminosäuren. Essentielle Aminosäuren sind Aminosäuren, die der Organismus benötigt, jedoch nicht selbst herstellen kann. Sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Für Schweine sind Histidin (His) Valin (Val), Methionin (Met), Leucin (Leu), Isoleucin (Ile), Phenylalanin (Phe), Tryptophan (Trp), Threonin (Thr) und Lysin (Lys) essentielle Aminosäuren. Semi-essentielle Aminosäuren müssen nur in bestimmten Situationen mit der Nahrung aufgenommen werden, z.b. während des Wachstums oder bei schweren Verletzungen. Die übrigen Aminosäuren werden entweder direkt synthetisiert oder aus anderen Aminosäuren durch Modifikation gewonnen. Cystein kann zu einem Großteil aus Methionin synthetisiert werden. Bei den Schweinen sind es von den essentiellen Aminosäuren nach dem heutigen Stand der Wissenschaft 5 Aminosäuren, die in getreidereichen Futterrationen im Mangel vorliegen können und Kajo Hollmichel Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Telefon: 0561 7299-257 E-Mail: kajo.hollmichel@llh.hessen.de Tierproduktion Telefax: 0561 7299-210 Internet: www.llh-hessen.de

nach dem Minimumgesetz das Wachstum bzw. die Leistung begrenzen. Diese 5 Aminosäuren werden auch als erstlimitierende Aminosäuren bezeichnet (EAS). Die wichtigste EAS ist das Lysin gefolgt von Methionin/Cystein, Threonin und Thrytophan. Zukünftig könnten auch das Valin, das Isoleucin und Leucin als EAS eine Bedeutung in der Schweinefütterung erhalten. Diese EAS müssen trotz bedarfsgerechter Proteinversorgung je nach Rationszusammensetzung dem Mineralfutter oder dem Ergänzungsfutter im richtigen Verhältnis und in einer bedarfsangepassten Menge zugeführt werden, ansonsten kommt es zu Leistungsdepressionen wegen nicht bedarfsgerechter Versorgung mit EAS! Das Aminosäurenverhältnis in der Ration sollte nach den neuesten Empfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) von 2006 in etwa wie folgt aussehen (siehe folgende Tabelle 1): Tabelle 1: optimales Aminosäurenverhältnis in Schweinefutter Lysin Methionin/Cys Threonin Tryptophan Ferkel 1 0,54 0,64 0,18 Vormast Eber 1 0,56 0,63 0,18 Mast 1 0,56 0,65 0,18 Nach diesen Fütterungsempfehlungen ist das Verhältnis von Met/Cys zum Lys (außer bei den Sauen) und das Verhältnis von Trp zum Lys gesenkt worden, dafür das Verhältnis von Thr zum Lys erhöht worden. Hierauf haben die Mineralfutter- und Ergänzungsfutterproduzenten insbesondere beim Thr bisher nur vereinzelt und zögerlich reagiert. Auf die Thematik Erfüllen Mineralfutter die Ansprüche der neuen Versorgungsempfehlungen wird in einem gesonderten Beitrag eingegangen. Es muss aber nicht nur das Verhältnis der EAS untereinander annähernd stimmen sondern wie eingangs schon erwähnt, auch das Verhältnis von Lys (Protein) zur Energie (siehe Tabelle 2). Tabelle 2: Verhältnis Lysin zu ME bzw. pcv Lysin zu ME Vormast Schweinemast gemischtgeschlechtlich bei 850 g Tageszunahmen nach DLG 2010 Anfangsmast Mittelmast Endmast LM 28-40 kg 40-50 kg 50-60 kg 60-70 kg 70-80 kg 80-90 kg 90-100 kg 100-110 kg 110-120 kg Lys / ME 0,86 0,80 0,74 0,68 0,64 0,60 0,56 0,52 0,47 pcv Lys / ME 0,77 0,70 0,65 0,60 0,55 0,52 0,48 0,44 0,40 Jungebermast bei 850 g Tageszunahmen nach Rechenmeister 2010 abgewandelt Lys / ME 0,94 0,85 0,83 0,76 0,74 0,69 0,67 0,67 0,63 pcv Lys / ME 0,84 0,75 0,73 0,67 0,64 0,59 0,58 0,57 0,54 Ferkelaufzucht nach DLG 2008 abgewandelt Absetzferkel 8-12 kg LM (Startfutter) Ferkel 12-20 kg LM (FAZ I) Ferkel 20-30 kg LM (FAZ II) Lys / ME 1,00 0,95 0,90 pcv Lys / ME 0,91 0,85 0,81 Das Mineral- oder Ergänzungsfutter sollte möglichst exakt auf die Zusammensetzung bzw. Gehalte an Aminosäuren in der Futterration angepasst sein, insbesondere im Hinblick auf die EAS, Calcium (Ca) und Phosphor (P). Eventuelle Mehrkosten kompensieren sich i.d.r. über bessere biologische und dann auch ökonomische Leistungen! Wie das Mineral- bzw. Ergänzungsfutter für Ihre betriebsspezifischen Mischungen aussehen muss, wird auf Basis von Tabellenwerten oder Analysewerten kalkuliert. Dies kann von Hand oder mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen durchgeführt werden. Das LLH stellt im Internet kostenlos ein Programm zur Futterberechnung zur Verfügung. Sie können es herunterladen unter folgender Adresse: http://www.llh-hessen.de/landwirtschaft/tierproduktion/schweine.html unter der Rubrik Fütterung. Für Fragen zur Rationsberechnung können sie auch die Hilfe der LLH-Berater für Schweineproduktion in Anspruch nehmen. Für Fragen zum Programm rufen Sie Herrn Hollmichel, LLH Kassel, an 0561 7299-257 oder schreiben Sie eine E-Mail an: kajo.hollmichel@llh.hessen.de Weiterhin wurde nach den neuen Versorgungsempfehlungen der GfE insbesondere für Ferkel und für Mastschweine im Vor- und Anfangsmastbereich der Lysinbedarf angehoben. Die aktuellen Werte für die einzelnen Leistungs- und Wachstumsabschnitte finden Sie auch in der rosa Tabelle des LLH (http://www.llh-hessen.de/landwirtschaft/tierproduktion/schweine/fuetterung.html) oder im Schweinefütterungsprogramm unter o.g. Web-Adresse. 2

3) Die Bedeutung der praecaecalen (Dünndarm) Verdaulichkeit (pcv) der Aminosäuren Bei früheren Futterberechnungen wurde nur der absolute Gehalt der Aminosäuren berücksichtigt und nicht deren tatsächliche Verdaulichkeit für das Schwein. Dieses Vorgehen ist ungenau, da native (natürliche im Futter vorkommende) Aminosäuren eine ganz unterschiedliche Verdaulichkeit haben und nicht in voller Höhe dem Organismus zur Verfügung stehen. Nur synthetische Aminosäuren (AS) z.b. aus Mineralfutter können zu 100% aufgenommen werden. Daher ist zukünftig für die Futteroptimierung nicht der absolute Gehalt an EAS maßgebend, sondern die praecaecal verdaulichen AS (pcv AS) und sowie das Verhältnis von pcv Lys zur Energie. Die nachfolgende Tabelle veranschaulicht die Unterschiede zwischen der praecaecalen Verdaulichkeit des AS in Abhängigkeit von den Futterkomponenten. Tabelle 3: Verdaulichkeit unterschiedlich Praecaecale Verdaulichkeit der Aminosäuren von Getreide in % (GfE 2006 und Evonik 2011*) Limitierende Aminosäuren Weizen Gerste Triticale Roggen* Hafer Mais Lysin 88% 73% 84% 76% 95% 79% Methionin & Cystein* 89% 81% 90% 82% 78% 84% Threonin 90% 76% 81% 75% 90% 83% Tryptophan 88% 77% 77% 76% 77%* 82% Praecaecale Verdaulichkeit der Aminosäuren von Proteinträgern in % (GfE 2006 und Evonik 2011*) Limitierende Aminosäuren Sojaschrot Rapsschrot Ackerbohnen Erbsen Lupinen Fischmehl Lysin 80% 73% 82% 84% 84% 87% Methionin & Cystein* 86% 75% 62% 70% 85% 85% Threonin 75% 69% 75% 75% 83% 79% Tryptophan 74% 68% 71% 70% 85% 85% *Methionin- und Cysteinwerte sowie Werte von Roggen und Tryptophan Hafer nach Evonik 2011 4) Die Proteingehalte, Proteinpreise und Aminosäurenmuster verschiedener Rohproteinträger im Vergleich Getreide hat in der Proteinfraktion relativ hohe Gehalte an dem schwefelhaltigen Met/Cys während Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen und auch die Sojabohne niedrige Met- (Cys)- Gehalte besitzen. Zur Veranschaulichung dienen die Darstellungen 1 3, wo die Rohproteingehalte und die Gehalte an erstlimitierenden Aminosäuren (Schwein) von eiweißreichen Futterkomponenten im Vergleich dargestellt sind. Zur Verdeutlichung der Unterschiede zum Getreide sind die Werte von Weizen (Durchschnitt Hessen 2011) mit aufgeführt. Tryptophan wird nicht dargestellt, da diese AS außer bei Ferkeln selten in Mangel gerät. Setzt man den Gehalt von Met/Cys und Thr. ins Verhältnis zu Lysin, werden die Unterschiede zwischen der Proteinzusammensetzung von Leguminosen, Raps und Getreide noch deutlicher. Man kann aber auch erkennen, dass Leguminosenprotein und Getreideprotein sich in der Aminosäurenzusammensetzung gegenseitig ergänzen können. Deshalb erreichen sie in Futtermischungen zusammen eine höhere biologische Wertigkeit für das Schwein im Vergleich zum Einzelfuttermittel. 3

Darstellung 1: Rohprotein- und Aminosäurengehalte von Proteinträgern im Vergleich (Gehalte pro kg Futter bei 88% Trockenmasse) Darstellung 2: Aminosäurenmuster pro g/100 g Rohprotein von Proteinträgern im Vergleich 4

Darstellung 3: Aminosäurengehalte von Futtermitteln für Schweine im Vergleich Tabelle 4: Preiswürdigkeit von Proteinträgern im Austausch gegen Sojaextraktionsschrot (SES) und Weizen auf der Basis verdauliches Lysin und Umsetzbare Energie (ME) nach Einzelfutterformel Rohpr. (XP) in 88% TM Kalkulationspreise in /dt Sojaschrot 42,9% 36,00 34,00 32,00 30,00 30,00 30,00 Weizen 11,1% 22,00 20,00 18,00 16,00 16,93 16,93 preiswürdig bis zum Preis von: hess. Marktpreise am 01.11.11 preiswürdig Erbsen 22,1% 29,30 27,30 25,30 23,30 23,70 21,00 ja Ackerbohnen 26,2% 27,80 26,00 24,10 22,30 22,60 21,50 ja Lupinen blau 29,3% 28,00 26,00 24,00 22,00 22,50 21,50 ja Rapsschrot 33,4% 24,50 23,00 21,50 20,00 20,10 20,50 nein Rapskuchen 28,0% 29,30 27,20 25,20 23,10 23,60 24,50 nein Die letzte Tabelle verdeutlicht eindrucksvoll, dass gegenwärtig Rapsextraktionsschrot (RES) und Rapskuchen preislich keine wirtschaftlich attraktiven Rohproteinquellen für Schweinefutter sind. Bei Raps sind wegen spezieller Inhaltsstoffe, die den Geschmack beeinflussen und damit die Futteraufnahme, maximale Einsatzmengen in den Rationen zu beachten. Es wird empfohlen in der Anfangsmast maximal 5-10% und in der Endmast nur max. 10-15% einzusetzen! Der Rohproteinbedarf 5

kann somit allein über RES nicht komplett abgedeckt werden! Der Gleichgewichtspreis von RES liegt momentan bei ca. 65% vom Sojapreis. Für die Berechnung der Preiswürdigkeit von Einzelfuttermitteln gibt es eine spezielle Tabelle im Futterrationsberechnungsprogramm des LLH. Sie berücksichtigt allerdings nur den Futterwert von dünndarmverdaulichem Lysin und der umsetzbaren Energie Schwein (ME S ) und nicht den Futterwert von z.b. Mineralien, der Rohfaser oder anderen qualitätsbestimmenden Inhaltsstoffen. Sie ist daher nur eine Orientierungshilfe für den Einkauf von Futtermitteln. 5) Getreide eine nicht zu vernachlässigende Proteinquelle In Anfangsmastmischungen werden je nach Proteingehalt des Getreides ca. 34 48% des Proteinbedarfs über das Getreide abgedeckt und in Endmastmischungen sogar ca. 52 74%! Die großen Schwankungen im Getreide werden von verschiedenen Faktoren wie Standort, Witterung, Düngung, Sorte u.a. beeinflusst. Deshalb ist es sicherer nicht nur mit Tabellenwerten, sondern auch mit Analysewerten des hofeigenen Getreides zu arbeiten. Diese ermöglichen die Erstellung einer angepassten, bedarfsgerechten und kostengünstigen Futteroptimierung von Schweinerationen. Aber auch andere Einzel- und Zukauffuttermittel sollten regelmäßig auf ihre Inhaltsstoffe analysiert werden. Dafür steht bei den Untersuchungsanstalten das kostengünstige NIRS-Verfahren (Nah-Infrarot-Spektroskopie-Analyse) zur Verfügung. Ohne Analysewerte und ohne Optimierung der Futterration füttert man i.d.r. zu teuer und oder es sind Leistungseinbußen bei den Tieren festzustellen, die dann das Betriebszweigergebnis verschlechtern. 6) Ermittlung der Aminosäurengehalte Die landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LUFA) ermittelt die AS-Gehalte von Einzelfuttermitteln i.d.r. nicht chemisch, sondern rechnerisch nach Regressionsformeln der Firma Evonik (früher Degussa). Diese werden regelmäßig aktualisiert. Im Rationsberechnungsprogramm des LLH sind die aktuellen Formeln hinterlegt, so dass es genügt den Rohproteingehalt der eigenen Futtermittel einzugeben. Die Gehalte der 5 EAS inklusive deren pc. Verdaulichkeiten werden dann berechnet. Kajo Hollmichel (Tel.: 0561 7299-257 E-Mail: kajo.hollmichel@llh.hessen.de) und Dr. Gerhard Quanz LLH - Fachinformation Tierhaltung 6