den drastischen Unterschied, wenn er die Anschauung der Natur aus der vorliegenden Textstelle mit der Reise durch den Dschungel vergleicht.

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Der im Jahre 1957 erschienene Roman Homo Faber, welcher vom Schweizer Autor Max Frisch verfasst wurde, wird vom 50-jährigen Ingenieur Walter Faber, der vollkommenen Verkörperung einer technisch und rational denkenden Existenz, wiedergegeben. Gerade weil sich Faber vor dem Zufall und dem Schicksal sicher glaubt, lässt Frisch ihn mit der außertechnischen Welt, dem Irrationalen, zusammenstoßen. Gegen Ende des Berichts, den Faber überwiegend zur Rechtfertigung geschehener Ereignisse nutzt, ist ein deutlicher Wandel seiner selbst zu erkennen: Vom Rationalisten hin zum lebensbejahenden, frohen Menschen, der es sich erlaubt, die Schönheit in den Dingen des Lebens zu sehen. Zwar kann er durch seinen Wandel dem angedeuteten Tod nicht entkommen, er lernt jedoch, sich mit ihm abzufinden und ihn nicht mehr zu verdrängen. Der Roman Homo Faber beginnt mit dem Aufbrechen des Protagonisten Walter Faber nach Caracas, um dort seiner Arbeit als Ingenieur nachzugehen. Er fliegt von New York aus mit einer Super-Constellation. Die Maschine stürzt jedoch auf halbem Wege in der Wüste ab. Hier zeigt sich zum ersten Mal Fabers naturfernes, objektiv gehaltenes Weltbild. Er sieht die Welt so wie sie ist er findet keine vermeintlich wirren Gestalten in Naturobjekten wie seine Flugbegleiter, und bezeichnet den Absturz auch nicht als Erlebnis. In dieser Zeit erinnert sich Faber an seine Jugendliebe und ehemalige Freundin Hanna, mit der er ein Kind erwartete, jedoch eine Schwangerschaftsunterbrechung vereinbarte. Statt die Dienstreise nach dem Absturz fortzusetzen, macht sich Faber mit Mitreisenden auf den Weg zu einem alten Freund, quer durch schwer bezwingbare Natur. Der Leser erkennt ein zweites Mal Fabers starke Abneigung ja geradezu Fabers Hass gegenüber der Natur. Er versucht sich vor ihr in jeder Weise zu entziehen; rasiert sich, möchte wenn es so weit ist kremiert werden. Zurück in New York bucht Faber eine Schiffreise nach Europa. Er lernt dort, unwissentlich, seine Tochter Sabeth kennen, die nach Vereinbarung mit Hanna, nicht am Leben sein dürfte. Während der Autoreise quer durch Frankreich, Italien und Griechenland mit ihr, zeigt sich immer öfter, dass Sabeth Fabers Tochter ist. Walter Faber verdrängt diesen Gedanken jedoch und beginnt eine inzestuöse Beziehung mit ihr. Während der Reise mit Sabeth wird Faber mit einem gänzlich anderem Weltbild konfrontiert, welches weltoffen, naturfreudig und lebensbejahend ist. Nach Sabeths Tod und dem Wiedersehen mit Hanna widmet sich Faber diesem neuen, offenen Weltbild mehr und mehr. In Cuba zeigt sich dem Leser spätestens Faber Wende. Die vorliegende Textstelle zeigt Faber, wie er auch seinem letzten Flug über die Alpen die Natur auffasst. Er beschreibt die Schönheit der Natur sehr ausführlich und vergleicht sie spielerisch. In der Szene findet man Walter Faber mit zeitdeckendem Erzählverhalten wieder.

In den ersten Zeilen zeigt Faber wieder die übliche beschreibende Exaktheit, die ein Bericht nach seinem Geschmack verlangt. Er nennt das Flugzeug wieder beim Namen Super-Constellation und nimmt darin anschließend dezenten Bezug auf den unglücklichen Absturz mit einer baugleichen Maschine. Der Flug verläuft nun jedoch ruhig (Z. 3). Begründet wird dies mit dem Schwache[n] Föhn über den Alpen (Z. 3). In dem selben parataktischen Satz beschreibt Faber, welche Berge und Seen er sieht. Die einfache Syntax und die nüchterne Beschreibung prägen den Schreibstil Walter Fabers und machen dem Leser zugleich leicht erkennbar, dass Faber sich hier aus Jungen Jahren (Z. 3-4) noch geographisch auskennt. Offensichtlich zeigen sich hier ein wenig Kindheitsgefühle, auf die Faber jedoch nicht weiter eingeht; er hat anderes im Kopf. In einer rhetorischen Frage fragt er sich, was er wohl im Kopf hat. Er verdrängt die Frage jedoch und widmet sich erneut der Beschreibung des Blicks aus seinem Fenster. Er führt hier zum ersten Mal einen Vergleich auf, bei dem er eine Herde als weiße Maden (Z. 10). Erkennt. Er bezieht sich hier auf Sabeth und das Spiel das er mit ihr in jener Nacht spielte, als sie in der Natur schlafen mussten: Ein Spiel, bei dem die Natur mit etwas zutreffendem anderem beschreiben wird. Da Faber nun Sabeth nicht mehr hat, sondern nur sich selbst, überlegt er sich, was sie wohl sehen würde. Er kommt jedoch auf keinen Entschluss. Leicht deprimiert lehnt er seine Stirn ans kalte Fenster und kämpft wohl mit seinen Gedanken an die schöne Vergangenheit mit Sabeth. Er lässt hier mit einem darauffolgenden Gedankenstrich schicksalhafte Gedanken aus und gibt seine Gefühle nicht preis. Im Anschluss folgt ein typischer, scheinbar zusammenhangsloser Kommentar Fabers: Wunsch, Heu zu riechen! (Z. 12). Darauf folgt ein erneuter abschweifender Kommentar, in dem Faber erkennt, dass die sein letzter Flug ist. Obwohl Faber weit über der Erde fliegt, wünscht er sich auf der Erde zu sein und sie zu erleben, zu fühlen und genießen. Er möchte die Natur nun nicht mehr wie früher verachten und ablehnen, sondern auf neue Weise erfahren. Den Satz führt Faber mit: Wunsch[ ] (Z.14) auf. Gleichermaßen beginnt auch der Satz in Zeile 17: Wunsch, die Erde zu greifen. Stattdessen fliegt das Flugzeug schnell davon, weshalb ihm alles wie im Film vorbeigeht. Entgegen Fabers Wunsch auf der Erde sein zu wollen, steigt das Flugzeug immer höher. Im nächsten Abschnitt setzt sich Faber mit der Natur als Wunder auseinander. Er bezeichnet die Zone des Lebens als Oase und erkennt, wie unglaublich es eigentlich ist: Die Atmosphäre gewährt uns nur ein paar hundert Meter in der Leben möglich ist, und diese Zone beleben wir. Faber beschäftigt sich dann mit dem Rand des möglichen Lebens, mit Blumen und Insekten, die er nicht sieht, aber von denen er weiß, dass sie noch existieren. Er fühlt die Natur also regelrecht, wird eins mit ihr. Beim Erblicken eines Stausees führt Walter Faber wieder einen Vergleich auf, sieht den See wie Pernod, grünlich trüber [ ] (Z. 26). Wieder fällt die einfache Syntax auf, die eine simple Beschreibung gewährt. Die nachfolgenden Zeilen sind wieder mit vielen Vergleichen der Natur mit anderen Gegenständen

und Farben geprägt. Er erfindet jedes Mal Sabeths fiktive Antwort dazu. Hier zeigt sich die Gegensätzlichkeit der beiden. Auffällig ist ein Vergleich, bei dem Faber einen Felsen mit Knochen vergleicht. Seine Begründung: [ ] weil bleich und spröde (Z. 31). Er nimmt damit Bezug auf seine aktuelle körperliche Verfassung, die dem gleicht. Er ist bleich, spröde und nicht mehr fit. Das Gleiten des Flugzeugschattens auf der Erde, das Auf- und Ab bezeichnet Faber aus Sabeths fiktiver Sicht als Fledermaus. Er stellt sich vor in dem Spiel nun einen Punkt zu verlieren, a er sich hierzu nichts vorstellen kann (vgl. Z. 33). Faber schreibt wieder anderes im Kopf zu haben. Wie zu Beginn geht er jedoch nicht sofort drauf ein. Erst zwei Zeilen später gibt er das dem Leser preis. Er führt eine rhetorische Frage auf: Wenn ich jetzt noch auf einem Gipfel stehen würde, was tun? (Z. 38). Er erkennt dass es zu spät, um abzusteigen (Z. 39) wäre. Es dämmert schon in den Tälern (Z. 39). Faber wir hier ganz offensichtlich mit dem Tod und seinem Scheitern konfrontiert. Er sieht ein Gipfelkreuz und ein einsames Licht. Das Licht schenkt vielleicht ein wenig Hoffnung, doch diese verpfuscht, als er schreibt: [ ] ein Licht, das man als Bergsteiger niemals trifft [ ] (Z. 41). Er erwähnt den Tod auch direkt und beschreibt nach diesem Exkurs das Licht dennoch als sehr schön (Z. 42). Nach weiteren Naturvergleichen beschreibt Faber Wolken wie Vorhänge. Sie fliegen hindurch, aber Faber kommt es so vor als müsse unsere Maschine daran zerschellen (Z. 48). Er wird offensichtlich nochmals mit dem Tod konfrontiert, auch wegen des Absturzes in einer gleichen Super-Constellation vor ein paar Monaten. Die Vermutung liegt insofern nahem als dass sich Faber im Anschluss direkt an die Notlandung in Tamaulipas bezieht. Er habe sich seit diesem Ereignis stets so gesetzt, dass er das Fahrgestell sehen kann, wenn es ausgefahren wird. Er ist gespannt, ob die Piste sich im letzten Augenblick nicht doch in Wüste verwandelt (Z. 53). Mit diesen Worten endet die Textstelle. Man sieht vor allem hier den Wandel, den Faber durchlebt hat. In Fabers ursprüngliches Welt- und Selbstbild würde dieser letzte Satz nie und nimmer passen. Der frühere objektiv und rational denkende Walter Faber würde nie daran denken, dass sich der Boden unter den Füßen auf einmal verwandelt. Doch so wie es das letzte Wort in diesem Textabschnitt auch zeigt: Faber hat sich verwandelt. Der Grund für diese doch recht dubiose Vorstellung, dass sich der Boden in Wüste verwandelt, liegt jedoch nicht nur in Fabers neuem Weltund Selbstbildnis, nein. Er möchte am liebsten die Zeit zurückdrehen, von vorne anfangen. Er möchte in der Wüste von Tamaulipas landen, um die letzten Monate zu revidieren, sie nicht erlebt zu haben und seine eigene Tochter nicht umgebracht zu haben. Unter diesem Hintergrund und mit diesen Gedanken sehnt sich Faber die Wüste unter den Füßen herbei. Die Textstelle ist insofern von Bedeutung, als dass sie den Leser nochmals deutlich auf Fabers Wandel im Welt- und Selbstbild hinweist. Der Leser erkennt, wie positiv Faber die Natur auffasst, und sieht

den drastischen Unterschied, wenn er die Anschauung der Natur aus der vorliegenden Textstelle mit der Reise durch den Dschungel vergleicht. Das Verhältnis des Protagonisten zur Natur spielt in Homo Faber eine zentrale Rolle. Auch in Peter Stamms Agnes zeigt sich Natur als dominantes Motiv. Grund genug die beiden Romane im Verhältnis Protagonist Natur zu vergleichen. In seinem ersten Roman Agnes, aus dem Jahre 1998 lässt der zeitgenössische Autor Peter Stamm seinen namenlosen Ich-Erzähler seine Beziehung zu Agnes rekonstruieren, für die er ein erzählerisches Portrait ihrer Person verfasst hat, welches jedoch so die schockierende Behauptung gleich zu Beginn des Romans die Titelfigur getötet habe. Gleichzeitig vermischen sich, in der Rahmen- und Binnenhandlung des Romans, Schreiben, Wünsche und emotionale Konflikte zu einem gefährlichen Spiel um Liebe und Dominanz. In Agnes spielt Natur für den Protagonisten eine große Rolle. So geht der Ich-Erzähler mit Agnes gerne spazieren und in Nationalparks, in denen sie sogar in freier Wildnis übernachten und mehrere Tage verbringen. Auf Seite 58 nutzt der Ich-Erzähler sogar Begriffe aus der Natur um Agnes Verfassung zu beschreiben: Ich schaute sie an und erkannte sein nicht. Ihr Gesicht erschien mir wie eine unbekannte Landschaft. Die geschlossenen Augen waren zu zwei Hügeln geworden, die sich in den flachen Kratern der Augenhöhlen wölbten, [ ] (S. 58). Wer so naturverbunden beschreibt und redet, muss offensichtlich ein gutes, inniges Verhältnis mit der Natur haben. Im Gegensatz zu Homo Faber hat der Ich-Erzähler eine dauerhafte Affinität zur Natur, ein beständiges gutes Verhältnis. Bei Homo Faber ist das nicht der Fall. Er durchläuft einen starken Wandel bevor er die Schönheit der Natur erkennt. Walter Faber zeigt zu Beginn seines Berichts seine intensive Abneigung gegenüber der Natur, die sich am stärksten während der Fahrt durch den Dschungel zu Joachim äußert. Faber ekelt sich vor den Auswirkungen des tropischen Klimas. Die Passivität und Hitze geht ihm auf die Nerven, er reagiert polemisch. Er ist angeekelt von der Fortpflanzerei: [ ] es stinkt nach Fruchtbarkeit (S. 51). Dieser Fruchtbarkeit entzieht sich Faber so gut es geht, was sich vor allem in seiner Besessenheit nach Rasieren zeigt: Ich fühle mich nicht wohl, wenn unrasiert [ ]. Ich habe dann das Gefühl ich werde etwas wie eine Pflanze (S. 27). Bis Faber seinen Wandel durchlebt, welcher sich am meisten in Cuba äußert, zeigt Max Frischs Roman den Kampf zwischen Natur und Technik, Natur versus Walter Faber. Mit der Zeit ändert sich Walter Faber jedoch. Sein Welt-, Selbst- und Frauenbild ändert sich radikal. Er wird lebensbejahend, entdeckt die Schönheit in den Menschen und nicht zuletzt in der Natur, was sich in der vorliegenden Textstelle auch sehr gut zeigt. Die treibende Kraft hinter dem Wandel kam zwar nicht direkt aus eigenem Antrieb, aber dennoch zeigt sich gegen Ende von Walter Fabers

Bericht die Naturverbundenheit. Er hat sich gänzlich von seinem alten naturgebundenen Weltbild gelöst und gelernt sich mehr auf die Natur einzulassen. In beiden Romanen, Agnes und Homo Faber, zeigt sich neben dieser Verbundenheit der Protagonisten mit der Natur auch eine weitere entscheidende Tatsache: Die Natur hat in beiden Romanen mit dem Tod zu tun. So wird Agnes in der Natur bewusstlos und stirbt zum Schluss auch in der Natur. Bei Homo Faber stirbt Sabeth wegen einer Schlange bzw. wegen dem Hinunterfallen von einer Böschung. Abschließend lässt sich über das Verhältnis der Protagonisten zur Natur sagen, dass der Ich-Erzähler in Agnes ein konsistent gutes Verhältnis zur Natur hat, und nicht abgeneigt, aber auch nicht zu euphorische gegenüber der Natur ist. In Homo Faber durchlebt Walter Faber einen starken Wandel, der ihn von einer stark negativen, hassenden Einstellung in eine positive Gefühlslage und Verbundenheit zur Natur bewegt.