11. Kernzerfälle und Kernspaltung

Ähnliche Dokumente
5. Kernzerfälle und Kernspaltung

Physik V. Kern- und Teilchenphysik. Dr. Daniel Bick. 12. Januar Daniel Bick Physik V WS 2015/ Januar / 25

Physik V. Kern- und Teilchenphysik. Dr. Daniel Bick. 15. Januar Daniel Bick Physik V WS 2015/ Januar / 25

Physik V. Kern- und Teilchenphysik. Dr. Daniel Bick. 12. Januar Daniel Bick Physik V WS 2015/ Januar / 25

Fortgeschrittene Experimentalphysik für Lehramtsstudierende. Teil II: Kern- und Teilchenphysik

41. Kerne. 34. Lektion. Kernzerfälle

Thema heute: Aufbau der Materie: Kernumwandlungen, Spaltung von Atomkernen

Kernchemie und Kernreaktionen

15 Kernphysik Der Atomkern 15.2 Kernspin Zerfallsgesetz radioaktiver Kerne

Kernchemisches Praktikum I. Kernspaltung. Institut für Kernchemie Universität Mainz

Kernreaktionen. d + 2 H 3 He + n, Q= 3.26MeV d + 3 H 4 He + n, Q= 17.6MeV Quellstärke /s mit keV Deuteronen Energieabhängigkeit

42. Radioaktivität. 35. Lektion Radioaktivität

2) Kernstabilität und radioaktive Strahlung (2)

Übungen zu Moderne Experimentalphysik III (Kerne und Teilchen) Sommersemester 2017

Radioaktiver Zerfall des Atomkernes: α-zerfall

15 Kernphysik Physik für E-Techniker. 15 Kernphysik

Wiederholung: Spaltung und Fusion

15 Kernphysik Der Atomkern 15.2 Kernspin 15.3 Radioaktivität 15.4 Zerfallsgesetz radioaktiver Kerne

Radioaktive Zerfallsarten

Kerne und Teilchen. Moderne Physik III

Physik für Mediziner Radioaktivität

Kern- und Teilchenphysik

Kerne und Teilchen. Physik VI

n U f 1 * + f 2 * + ν n

4.3 α-zerfall. Zerfälle lassen sich 4 verschiedenen Zerfallsketten zuordnen: T 1/ a a a a

Moderne Experimentalphysik III: Kerne und Teilchen (Physik VI)

Radioaktivität. den 7 Oktober Dr. Emőke Bódis

Kernphysik. Elemententstehung. 2. Kernphysik. Cora Fechner. Universität Potsdam SS 2014

Radioaktivität und Strahlenschutz. FOS: Energie von Strahlungsteilchen und Gammaquanten

1938/39 zufällige Entdeckung: Experiment: 1939 Korrekte Interpretation: 1942 erste kontrollierte Kettenreaktion: (Argonne, Chicago)

Hauptseminar Quantenmechanisches Tunneln WS 2010/2011. Thema: Tunneln durch einfache Potentialbarrieren und Alphazerfall

3) Natürliche und künstliche Radioaktivität (1)

Dieter Suter Physik B3

Vorlesung Allgemeine Chemie (CH01)

A Z+1T + e + ν e. symbolisieren. Die Erhaltung der in III.4.1 b aufgelisteten Quantenzahlen ist trivial erfüllt.

Abgabetermin

β - -Tag Kernchemisches Praktikum I Institut für Kernchemie Universität Mainz

Moderne Experimentalphysik III: Kerne und Teilchen (Physik VI)

Einführung in die Physik II für Studierende der Naturwissenschaften und Zahnheilkunde. Sommersemester VL #47 am

(in)stabile Kerne & Radioaktivität

Physik 4: Skalen und Strukturen

Röntgenstrahlen. Röntgenröhre von Wilhelm Konrad Röntgen. Foto: Deutsches Museum München.

9. Kernphysik 9.1. Zusammensetzung der Atomkerne

Theoretische Grundlagen Physikalisches Praktikum. Versuch 8: Radioaktivität

Lernziele zu Radioaktivität 1. Radioaktive Strahlung. Entdeckung der Radioaktivität. Entdeckung der Radioaktivität

Radioaktiver Zerfall Strahlung Nukliderzeugung. Nukliderzeugung

27. Vorlesung EP V. STRAHLUNG, ATOME, KERNE

Versuch A07: Zählstatistik und β-spektrometer

Masse etwa 1 u = e-27 kg = MeV/c^2. Neutron (Entdeckung 1932 James Chadwick)

Kernenergie. Handout zum Vortrag im Rahmen des Fortgeschrittenenseminars im SS 13. Sonja Spies. Betreuung: Prof. Dr. Frank Maas

Experimentalphysik 4 - SS11 Physik der Atome und Kerne

Einführung in die Vorlesung "Radioaktivität und Radiochemie"

d 10 m Cusanus-Gymnasium Wittlich Das Bohrsche Atomodell Nils Bohr Atomdurchmesser 10 Kerndurchmesser 14 d 10 m Atom

Physik V. Kern- und Teilchenphysik. Dr. Daniel Bick. 15. Januar Daniel Bick Physik V WS 2015/ Januar / 25

Elektronen, Protonen und Neutronen haben folgende Eigenschaften, die in Tabelle 2.1 wiedergegeben sind:

Atome. Definition: das kleinste Teilchen eines chemischen Elementes, das mit chemischen Verfahren nicht mehr zerlegbar ist.

Dieter Suter Physik B3

Strahlungslose Übergänge. Pumpen Laser

Stodienbücherei. der Grundlagen. Moleküle, Atomkern und Elementarteilchen. Mit 106 Abbildungen. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1977

Radiologie Modul I. Teil 1 Grundlagen Röntgen

Das Neutron. Eigenschaften des Neutrons m n = 1.001m p m i = m g ± 10 4 τ n = ± 0.8 s

10 Schwache Wechselwirkung und Elektroschwache Vereinigung

7 Ausblick auf Kerntechnik und Elementarteilchenphysik

Kalibrieren der Effizienz von Siliziumstreifenzählern im LINTOTT Spektrometer durch Aufnahme eines Beta-Spektrums

Globale Eigenschaften der Kerne

2. Der Aufbau der Atome wird mit dem Rutherford schen und dem Bohr schen Atommodellen beschrieben. Ordne die Aussagen zu und verbinde.

Radioaktivität und Radiochemie. Dr. Udo Gerstmann

Jetzt noch die Strahlung aus der Elektronenhülle. Hüllenstrahlung. Kein Radioaktiver Zerfall. Kapitel 4 1

Vorlesung Allgemeine Chemie (CH01)

Gammaspektroskopie. Typische Detektoren: Szintillationszähler: (NaI, CsI, Plastik- oder Flüssigszintillator, ) Ge Detektoren (hohe Energieauflösung)

1. Physikalische Grundlagen

12.8 Eigenschaften von elektronischen Übergängen. Übergangsfrequenz

Physik der massiven Neutrinos. WS 2008/09 Fr. 12:30 14:00

SMART. Sammlung mathematischer Aufgaben als Hypertext mit TEX. Kernphysik (Physik)

Struktur der Materie II (L) Kern und Teilchenphysik

Neutrino - Oszillationen

Leistungskurs Physik Sporenberg Jahrg. 13/1 Datum:

Wechselwirkung Strahlung-Materie Kernreaktionen

Primordiale Nukleosynthese


Kerne und Teilchen. Physik VI

Experimentalphysik Modul PH-EP4 / PH-DP-EP4

Natürliche Radioaktivität

4. Radiochemie und Kerntechnik

r 2 /R 2 eine sehr gute Näherung. Dabei hängen die Parameter wie folgt von Massen- und Ladungszahl ab.

Wintersemester 2011/2012. Radioaktivität und Radiochemie. Kernphysik Udo Gerstmann

1. Aufbau des Atomkerns

Die Bausteine der Natur

Kernreaktionen chemisch beschrieben

Auf der Suche nach den "elementaren" Bausteinen der Welt

1 Natürliche Radioaktivität

4) Wechselwirkungen zwischen Strahlung und Materie (1) Ionisationswirkung unterschiedlicher Teilchen Energie der Teilchen in MeV

P3 Kernphysik. 25. Mai 2009

Radioaktivität. Die Nuklidkarte. Der Alpha-Zerfall I. Zerfallsarten. Alphazerfall (α) Beta-minus-Umwandlung (β-) Beta-plus-Umwandlung (β+)

Aufbau des Atomkerns a) Gib an, aus wie vielen Protonen und Neutronen die

Cluster-Struktur in Kernen. Cluster: Aus mehr als einem Nukleon zusammengesetzten und identifizierbarem Subsystem

Kernenergie A = N + Z. A Massenzahl N Neutronenzahl Z Protonenzahl

Projekt Poltergeist und der Beta-Zerfall Carsten Hof

Transkript:

11. Kernzerfälle und Kernspaltung 1. Zerfallsgesetz 2. α Zerfall 3. Kernspaltung 4. ß Zerfall 5. γ - Zerfall 1

11.1 Das Zerfallsgesetz 2

Zerfallsketten 3

4

11.2 α-zerfall Abspaltung eines 4 He Kerns 5

Zusammenhang von E α und λ 6

Gamow-Modell des α-zerfalls (1929) klassisch ist α-zerfall verboten. QM: Tunneleffekt α-teilchen durchtunnelt die Coulomb-Barriere. Wahrscheinlichkeit für α-zerfall: w v 2R T λ w α v α T α Zerfallskonstante Präformationswahrscheinlichkeit Geschwindigkeit des α-teilchens Transmissionswahrscheinlichkeit 7

Berechnung der Transmission durch die Coulomb-Barriere 8

11.3 β-zerfall n u d d u d u p W - e - n p e v e v e (A,Z) (A,Z 1) e v e Gesamte kinetische Energie Q maximale kinetische Energie des Elektrons 9

10 10 Man beobachtet drei Arten von β-zerfällen: e e e n e p EC e n p e p n : : : Kontinuierliches Spektrum der Elektronen aus β - Zerfall Neutrino! (Pauli 1930)

Energiebilanz beim β-zerfall 1. β - Zerfall ist möglich, falls M(A,Z) > M(A, Z+1) 11 11 Be e B e 4 4 e Q 4 5 e 2. β + Zerfall ist möglich, falls M(A,Z) > M(A, Z-1) + 2m e 11 11 6C 6e 5 B 6e e e Q 3. EC / K=Einfang ist möglich, falls M(A,Z) > M(A, Z-1) 11

Fermi-Theorie des β-zerfalls 12

Kurie-Darstellung des Elektronspektrums 13

Bestimmung der Neutrinomasse im Tritium β-zerfall: Experiment von Mainz/Troitsk 3 H 3 He e - e E 0 = 18.6 kev dn/de = K F(E,Z) p E tot (E 0 -E e ) [ (E 0 -E e ) 2 m 2 ] 1/2 Mainz Data (1998,1999,2001) 2 2 m v 1.2 2.2 2.1 ev m v 2.2eV 95%CL 14

KATRIN Experiment: Lieferung des Vakuum Tanks des Spektrometers (Wird gerade in Karlsruhe aufgebaut, Start etwa 2015) Ziel ist es Neutrinomassen bis 0.2eV/c 2 zu messen (d.h. die aktuelle Grenze von 2eV um eine Größenordnung zu verbessern) 15

11.4 γ-zerfall Übergänge zwischen verschiedenen Kernzuständen unter Emission von γ-strahlung Elektromagnetische Strahlung Reihenentwicklung als Überlagerung unterschiedlicher Multipolaritäten (mit den entsprechenden Winkelverteilungen) Elektrische Dipol-, Quadrupol-, Oktupolstrahlung: E1, E2, E3, Magnetische Multipole: M1, M2, M3, Erhaltungssätze für Drehimpuls und Parität bestimmen, welche Übergänge möglich: Für J f J i muss gelten: J f - J i < < J f + J i Übergangswahrscheinlichkeit umso größer, je niedriger Multipolarität. Ml hat gleich große Wahrscheinlichkeit wie E(l+1). Energieabhängigkeit der Wahrscheinlichkeit: 16

γ-zerfall und innere Konversion Anregungsenergie des Kerns wird auf Elektron der Atomhülle übertragen Tritt vor allem dann auf, wenn Abstrahlung eines Photons unterdrückt ist: hohe Multipolarität, geringe Energie schwerer Kern (größere Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Kern) Übergänge 0 + 0 + sind mit Emission eines Photons unmöglich 17

Natürliche Zerfallsketten Name Typ Endkern Startkern (langlebigster Kern) T 1/2 (Startk.) in Jahren Thorium 4n 208 Pb 232 Th 1.41x10 10 Neptunium 4n+1 209 Bi 237 Np 2.14x10 6 ausgestorben Uran 4n+2 206 Pb 238 U 4.47x10 9 Actinium 4n+3 207 Pb 235 U 7.04x10 8

Uran 238 Zerfallsreihe

Radonkonzentration in der Bodenluft (Deutschland) Quelle: PTB 20

11.5 Kernspaltung Tritt auf bei schweren Kernen, wenn Z 2 /A > 48. Man unterscheidet: spontane Spaltung induzierte Spaltung durch Beschuß mit Teilchen (Neutronen) oder Photonen Historischer Ablauf: 1938: Entdeckung der n-induzierten Spaltung des 238 U durch Hahn, Straßmann. Erste korrekte Interpretation der Experimente durch Meitner und Frisch. Wenig später: theoretische Beschreibung im Tröpfchenmodell durch Wheeler und Bohr. 1940 Entdeckung der spontanen Spaltung von 238 U durch Flerov, Petrzhak. 1942 Erste kontrollierte Kettenreaktion durch Fermi in Chicago. (Isotopenzusammensetzung von natürlichem Uran: 0.7% 235 U, 99.3% 238 U) 21

Otto Hahn Lise Meitner Arbeitstisch von O.Hahn an dem U-Spaltung entdeckt wurde 22

Chicago Pile 1 (CP1), erster Kernreaktor, an der Chicago University E. Fermi 23

Energieverhältnisse und Mechanismus der Spaltung 24

Induzierte Spaltung Sehr schwere Kerne (Z 92): Spaltbarriere nur ca. 6 MeV Nach Einfangreaktionen von Neutronen entsteht angeregter Kern. Falls Anregungsenergie > Spaltbarriere Spaltung des Kerns Besonders günstig: Einfang von Neutronen in Kernen mit N = ungerade. Denn: zusätzlich wird dann die Paarungsenergie frei! Beispiel: Induzierte Spaltung von 238 U und 235 U n + 238 U 239 U * dabei wird Bindungsenergie B = 4.8 MeV frei. Die Spaltbarriere beträgt: T a = 6.3 MeV. E n > 1.5 MeV für Spaltung. n + 235 U 236 U* dabei wird Bindungsenergie B = 6.4 MeV frei. Die Spaltbarriere beträgt: T a = 5.8 MeV. Schon thermische Neutronen lösen Spaltung aus. Auch 233 Th, 239 Pu eignen sich sehr gut. 25

n th 235 U Induzierte Spaltung von 235 U 236 U * f * 1 f * 2 mn f e Q n th thermische Neutronen: E kin 25 mev. f 1, f 2 angeregte Spaltfragmente (neutronenreich), zerfallen weiter durch β-zerfälle. n f schnelle Neutronen: E kin einige MeV. Im Mittel m = 2.43 Energiebilanz: 1. Kinetische Energie der Spaltfragmente 2. Kinetische Energie der Spaltneutronen 3. Prompte γ-strahlung 4. Verzögerte γ-strahlung aus den Spaltfragmenten 5. β-strahlung der Spaltfragmente 6. Kinetische Energie der Antineutrinos Maximal absorbierte Energie pro Spaltung: (204 12)MeV = 192 MeV = 3 10-11 Ws. Leistung 1 W: 3.25 10 10 Spaltungen / s. 1 g Uran: 2.55 10 21 Atomkerne, 22 MWh 26

Verteilung der Spaltfragmente 27