Neue Taktik im Gesellschafterstreit: der Fall Suhrkamp. Dr. Harald Gesell Corporate Summit 2014 Frankfurt am Main, 25. Juni 2014

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

Transkript:

Neue Taktik im Gesellschafterstreit: der Fall Suhrkamp Dr. Harald Gesell Corporate Summit 2014 Frankfurt am Main, 25. Juni 2014 718402

1. Suhrkamp die Ausgangslage der wichtigste Verlag des deutschen Geisteslebens (Die Zeit, 2013) Teufelskreis aus gegenseitigen Vorwürfen und komplizierten Rechtstreitigkeiten (FAZ, 2009) Ulla Unseld-Berkewicz Stiftung Hans Barlach Medienholding AG Geschäftsführung 55% 45% Komplementärin 61% 39% Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG 2

1. Suhrkamp der Schlagabtausch Unseld/Stiftung 11/2009: Umzug nach Berlin 2012: Aushungern der Medienholding: Keine Auszahlung von Gewinnen 04/2013: Forderung gegen Verlag ihv EUR 5 Mio (ua Gewinnentnahme) Barlach/Medienholding 11/2009: Zustimmung gegen Erhöhung des Einflusses (Genehmigungskatalog) 03/2013: Urteil gg. Verlag zur Zahlung von EUR 2,1 Mio (Gewinnentnahme) 05/2013: Verlag stellt Insolvenzantrag 08/2013: Insolvenzverfahren eröffnet Eigenverwaltung; Vorlage Insolvenzplan 3

1. Suhrkamp der Insolvenzplan Insolvenzplan 100% (!) Befriedigung für Fremdgläubiger keine nennenswerten Maßnahmen der operativen Sanierung aber: gesellschaftsrechtliche Maßnahmen Formwechsel KG in AG Wegfall des Genehmigungskatalogs/kein Vetorecht mehr gegen Geschäftsführungsmaßnahmen kein Einfluss des Minderheitsgesellschafters mehr auf Auswahl der Geschäftsleitung Geschäftsleitung durch Stiftungsvorstand 4

1. Suhrkamp der Schlagabtausch Unseld/Stiftung Barlach/Medienholding 08/2013: Insolvenzverfahren eröffnet Eigenverwaltung; Vorlage Insolvenzplan 10/2013: dagegen OLG Frankfurt a.m.: keine Treuepflicht im Insolvenzverfahren 09/2013: LG Frankfurt (einstw. Vfg.): Stiftung darf Insolvenzplan nicht zustimmen; Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Treuepflicht 10/2013: Annahme Insolvenzplan mit den Stimmen der Gläubiger und der Stiftung 01/2014: AG Charlottenburg: Bestätigung Insolvenzplan 03/2014: LG Berlin: Sofortige Beschwerde zurückgewiesen 01/2014: Sofortige Beschwerde beim LG Berlin 03/2014: Rechtsbeschwerde beim BGH (zugelassen durch LG Berlin) 5

2. Rechtliche Zulässigkeit /Abwehrmöglichkeiten Darf die (Mehrheitsgesellschafterin) das? JA. Ist das nicht treuwidrig? Darauf kommt es nicht an. 6

2. Rechtliche Zulässigkeit/Abwehrmöglichkeiten Konfliktlösung à la Suhrkamp möglich und (wohl) zulässig, da Mehrheitsgesellschafter zugleich Geschäftsführer (Vorlage Insolvenzplan) Vorfahrt des Insolvenzrechts gegenüber dem Gesellschaftsrecht (seit ESUG) Kaum Abwehrmöglichkeiten für den Minderheitsgesellschafter: 1. Ansatz: Rechtsschutz gegen missbräuchliche Insolvenzpläne keine Stimmrechtsbeschränkung wg. gesellschaftsrechtl. Treuepflicht (vgl 238a InsO) keine sachliche Rechtfertigung für Strukturmaßnahmen erforderlich ( 225a III InsO) 2. Ansatz: Rechtsschutz gegen missbräuchliche Insolvenzanträge Zurückweisung wg. Rechtsmissbrauchs absolute Ausnahme (nur bei 18 InsO) Kein Rechtsschutz gegen Eröffnungsbeschluss für Gesellschafter (vgl 34 II InsO) 3. Ansatz: Schadensersatz (greift ex-post/wirkt ex-ante) Haftung nach 826 BGB (nicht bei Vorliegen von Unternehmensinteresse) 7

3. (Vorläufige) Lehren aus dem Fall Suhrkamp aus Sicht des Mehrheitsgesellschafters Strategischer Einsatz des Insolvenzverfahrens erfolgversprechend, wenn Geschäftsführung mit eingebunden ist das eigenständige Interesse des Unternehmens an der Entmachtung des Minderheitsgesellschafters begründbar ist und das Geschäftsmodell des Unternehmens stabil genug ist, die (vorübergehende) Insolvenz unbeschadet zu überstehen aus Sicht des Minderheitsgesellschafters Nach Insolvenzantragstellung kommen Abwehrmaßnahmen regelmäßig zu spät Daher: Schutzschrift (gestützt auf 826 BGB) bei potentiellem Insolvenzgericht hinterlegen 8

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 9

Dr. Harald Gesell Partner Konrad-Adenauer-Ufer 23, 50668 Köln Tel.: +49 (0) 221 2091-403 harald.gesell@oppenhoff.eu 10