Schwangerschaften nach assistierter Reproduktion Bedürfen diese Schwangerschaften einer besonderen Betreuung?

Ähnliche Dokumente
Risikostratefizierung bei Mehrlingen. A. Geipel Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin Universitätsklinikum Bonn

Präeklampsie - Screening

NIPT Nicht-invasive pränatale Tests Integration ins heutige Screening gesetzliche Bestimmungen welcher Test, wann?

Zwillinge. Ersttrimesterdiagnostik. Dr. Robin Schwerdtfeger. Mittwoch, 24. April 13

Fragen Sie Ihren Gesundheitsdienstleister

Das Verfahren der FMF Deutschland zur Berechnung des Risikos von Chromosomenanomalien im 1. Trimester der Schwangerschaft. Erläuterungen zu den DoE

Dopplersonographie im I. Trimenon

ZELLFREIE FETALE DNA IM MÜTTERLICHEN BLUT UND ERSTTRIMESTERTEST

Auffälliges Ersttrimesterscreening und normaler Karyotyp- was nun? Susanne Fröhlich praenatal.de Düsseldorf

Ultraschalltagung.de. I.Trimester-Screening - Optimierung der Methode. PD Dr. Karl Oliver Kagan, Universitätsfrauenklinik Tübingen.

Risikomanagement von Zwillingsschwangerschaften

Abklärungen im 1. Trimester Informationen für die Arztpraxis

Aufklärung zu Schwangerschaft und Geburt nach assistierter Reproduktion

Abklärungen im 1. Trimester Informationen für die Arztpraxis

Kos, 25. Mai Nicht-INVASIVE DIAGNOSTIK IM I. Trimenon Nasal bone und andere Marker. E. Merz. Frauenklinik, Krankenhaus Nordwest.

Präeklampsie: Rolle des Ultraschalls in Prädiktion und Diagnostik

Ersttrimesterscreening

Progesteron zur Frühgeburtsprophylaxe?

Ersttrimester- Screening Was wird untersucht? MUSTER

PatienteninFormation. erst trimester untersuchung First trimester screening

PatienteninFormation. erst trimester untersuchung First trimester screening

Ersttrimestertest und Nicht-Invasiver Pränatal-Test Informationen für die Patientin

Ersttrimesterscreening

Anwendung pränataldiagnostischer Verfahren im 1. Trimenon

Mehrlingsschwangerschaft und Mehrlingsgeburt

NIPT update Integration ins heutige Screening gesetzliche Bestimmungen Aufklärung, welcher Test, wann?

Ultraschall bei Sterilitätspatientinnen Was muss man sehen? Sevgi Tercanli Universitätsspital Basel

42. Ärztekongress. Workshop Schwangerschaftskontrollen. Dr. med. Manja Scherer Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien Universitätsklinik für Frauenheilkunde Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin DVR:

Erhöhte sflt-1/plgf Ratio >38 - was und wie engmaschig sollte kontrolliert werden? 24. Thüringer Ultraschalltagung. Erfurt,

Risiken von Geminigraviditäten. Peter Kozlowski praenatal.de

Ersttrimester-Screening auf Präeklampsie und der ASPRE-Trial

Der sflt-1/plgf-quotient: Biomarker zur Diagnose und Vorhersage der Präeklampsie

GerOSS. Erste Ergebnisse zur Plazenta increta/percreta und Ausblick. Perinatalmedizin aktuell: Jahresversammlung der NPE 8.

Schwangerschaftsuntersuchungen, Bluttests, Ultraschall und Punktionen Frauenklinik

DOPPLER BEI IUGR. Dr. R.C. Müller Pränatalpraxis Winterthur Aerztezentrum Sihlcity Konsiliararzt Spital Uster

Einsatz von Magnesiumsulfat in der Geburtshilfe Fetale Neuroprotektion und Eklampsieprophylaxe

Hagman A, Källén K, Bryman I, Landin-Wilhelmsen K, Barrenäs ML, Wennerholm UB. Morbidity and Mortality after Childbirth in Women with Turner Karyotype

Vorsorge durch Nackentransparenzmessung. Frühschwangerschaft. Patienteninformation. Entdeckungsraten für das Down-Syndrom

Epidemiologie. Gestörte Frühschwangerschaft / "pregnancy of unknown localisation" Aborte. Abortrate

Pränatale Analytik Informationen für die Eltern

Geburtshilfe. Medizin. und feto-maternale. Risiken einer Schwangerschaft bei erhöhtem mütterlichem Alter. P. Husslein

Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen

Methoden der invasiven Pränataldiagnostik. Methoden zur Beurteilung der fetalen Kondition

Ersttrimesterscreening. US-Aufbaukurs

IUGR. mögliche Detek5on im ETS und Bedeutung der CPR (cerebroplazentare Ra5o) D. Schlembach

Information zum Ultraschall in der Schwangerschaft

Pränataldiagnostik und NIPT heute

Bluttransfer über die Plazenta - das fetomaternale Transfusionssyndrom. Maier JT, Schalinski E, Schneider W, Gottschalk U, Hellmeyer L

Nicht-invasive Pränataltest (NIPT) Die neue Generation

Später Kinderwunsch - Chancen und Risiken

1.-Trimester-Test (1.-TT) Informationen für die Eltern

The ROC curve in screening with multiple markers: An application to the triple test in prenatal diagnostics

Risikoassessment für Präeklampsie

Pränataldiagnostik Dr. med. Regina Rasenack Universitäts-Frauenklinik Freiburg

Endometriose und Schwangerschaft: eine herausfordernde Kombination

Ein Blick auf das Neugeborene ( und darüber hinaus ) A. Malzacher, Neonatologie KSSG

NIPT- konkret für die Praxis mit Fallbeispielen

1.-Trimester-Test (1.-TT) Informationen für die Arztpraxis

LABOR ENDERS. Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

Dopplersonographie des fetomaternalen Gefäßsystems. Horst Steiner Praxis für Pränataldiagnos4k Salzburg

Schwangerschaften im Alter > 40 und > 50 Jahren Bis zu welchem Alter kann ein Frau noch mit gutem Gewissen schwanger werden?

Ultraschall in der Frühschwangerschaft

Hebammen und Geburtshelfer: Zweckgemeinschaft oder Partnerschaft? Dr. med. Thomas Eggimann Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe 8280 Kreuzlingen

Unsere Patienten-Information. Pränatales Screening auf Chromosomenstörungen LABOR ENDERS. Leitfaden für werdende Mütter und Väter

24. Mai E. Merz. E. Merz Zentrum für Ultraschall und Pränatale Medizin Frankfurt/Main - Deutschland

Universitäts-Frauenklinik Basel O. Lapaire, G. Sartorius, W. Holzgreve, S. Tercanli

Ersttrimester-Ultraschall im Zeitalter der nicht-invasiven pränatalen Tests (NIPT)


Inaugural-Dissertation. zur Erlangung des Doktorgrades. der Hohen Medizinischen Fakultät. der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität.

81,9% 71,5% Abbildung 1: Inzidenz von neonataler und fetaler Makrosomie

Management und Entbindungsmodus bei Gemini und bei Beckenendlage. Holger Stepan Abteilung für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Leipzig

GerOSS German Obstetric Surveillance System

Qualität aus ärztlichen Händen. Nicht invasiver Pränataltest (NIPT) Information für werdende Mütter

Frauenklinik. Klinik für Reproduktionsmedizin und gyn. Endokrinologie

II Anwendungsbereich der Richtlinie

Die Messung der kindlichen Nackenfalte Der neue Standard in der vorgeburtlichen Risikoberechnung

Prävention der Mutter-Kind- Transmission von HIV

Beckenlage - wann vaginale Entbindung, wann Sectio?

Schwere fetale Wachstumsstörung und Präeklampsie Folgen für Mutter und Kind Thorsten Fischer In 9.interdisziplinärer SGA-Workshop, Proceedingband

ULTRASCHALL bei TROPHOBLASTTUMOREN

Hebamme sein zwischen Eminenz und Evidenz. PD Dr.med.Luigi Raio Chefarzt-Stellvertreter Geburtshilfe Universitätsfrauenklinik Bern

CGM UND SUP IN DER SCHWANGERSCHAFT

Was sind die Erfolgsfaktoren der IVF-Behandlung?

Erfolgreiche operative Behandlung einer heterotopen - interstitiellen und intrauterinen - Gravidität nach In-vitro-Fertilisierung (IVF).

Was bedeutet Pränataldiagnostik für mich in der Praxis?

HIV und Schwangerschaft

Auswirkung der Adipositas auf Schwangerschaft u. Geburt Gyn Allround Teneriffa, KTM Scheider, TU München

Was sagen uns Odds Ratio oder Risk Ratio in medizinischen Studien?

FIVNAT-CH. Annual report 2002

FIVNAT-CH Schweizerische Gesellschaft für Fertilität, Sterilität und Familienplanung Société Suisse de Fertilité, Stérilité et de Planning Familial

Die gestörte Frühschwangerschaft: Abklärung & Behandlung. Inhaltsverzeichnis. Blickdiagnose. US in der Frühschwangerschaft

5 ZUSAMMENFASSUNG Zusammenfassung

PraenaTest. Nicht-invasive Untersuchung auf Trisomien beim ungeborenen Kind. Qualität aus Deutschland JETZT NEU

Pränataldiagnostik. Sonographie-Screening (10., 20., 30. SSW) und weiterführende Sonographie Ersttrimesterscreening

Behandlung der manifesten und subklinischen Hypothyreose in der Schwangerschaft

D. Schlembach. Präeklampsie

Transkript:

FORTBILDUNG + KONGRESS Schwangerschaften nach assistierter Reproduktion Bedürfen diese Schwangerschaften einer besonderen Betreuung? A.K. Ludwig 1, M. Krapp 1, P. Kreiselmaier 1, B. Eiben 2, M. Ludwig 1 Ungefähr 3% der Kinder werden in Deutschland nach assistierter Reproduktion (ART) geboren. Berücksichtigt man auch Kinder nach Clomifenstimulation, ovarieller Stimulation oder Inseminationsbehandlung, ist die Rate mehr als doppelt so hoch. Das größte Risiko für Schwangerschaften nach ART ist das Mehrlingsrisiko. Allerdings treten auch bei Einlingsschwangerschaften nach ART häufiger Schwangerschaftskomplikationen oder neonatale Probleme auf. Noch immer ist nicht klar, ob es sich hierbei um eine Folge der Therapie oder wahrschein - licher um einen Effekt der Subfertilität der Eltern handelt. Wir stellen in diesem Beitrag die vorliegenden Daten zu Schwangerschaften nach ART und zu Schwangerschaften bei subfertilen Paaren einander gegenüber. Daraus wird deutlich, dass die Begleitung einer Schwangerschaft in beiden Fällen ähnliche Punkte zu berücksichtigen hat. Dieser Beitrag konzentriert sich auf Einlingsschwangerschaften. Besondere Risiken der Mehrlingsschwangerschaften würden den zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Einen Überblick über die Problematik gibt Abbildung 1. Frühaborte Die Abortrate ist nach Kinderwunschbehandlung erhöht. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei den Kinderwunschpatienten um ein besonderes Kollektiv handelt. Die Kinderwunschpatientinnen sind älter und weisen häufiger Pathologien (wie einen Tubenfaktor, uterine Faktoren, vorangegangene Operationen usw.) sowie endokrinologische Auffälligkeiten (wie das PCO-Syndrom, Schilddrüsenerkrankungen usw.) auf 1 Endokrinologie Kinderwunsch Pränatale Medizin im Barkhof, amedes-gruppe Hamburg 2 Institut für Labormedizin und Klinische Genetik Rhein/Ruhr, Essen als fertile Paare. Bei männlicher Subfertilität finden sich zudem häufiger genetische Faktoren wie Chromosomenanomalien, die das Abortrisiko steigern können. Eine Studie aus den USA hat subfertile Paare beobachtet, die auf der Warteliste für eine aktive Kinderwunschtherapie standen. Die Abortrate der Paare, die während der Wartezeit spontan konzipierten (26,2%), unterschied sich nicht von den Paaren, die nach Ovulationsinduktion (21,3%), IVF (19,8%) oder anderen Verfahren (31,6%) konzipierten (33). Für die nach Kinderwunschtherapie erhöhte Abortrate scheinen daher am ehesten Faktoren verantwortlich zu sein, die mit der Subfertilität einhergehen. Schwangerschafts - komplikationen und neonatales Outcome Einlingsschwangerschaften nach ART sind mit mehr Komplikationen und einem schlechteren neonatalen Outcome verbunden als Einlingsschwangerschaften nach Spontankonzep tion (16, 20). In Tabelle 1 sind Daten aus zwei großen Meta-Analysen zusammengestellt. Schwangerschaftskomplikationen nach Kinderwunsch - therapie oder bei Subfertilität Frühaborte vanishing twin chromosomale Aberrationen PAPP-A f-β-hcg Präeklampsie Implantationsprobleme Schwangerschaft nach Kinderwunschtherapie oder bei subfertilen Paaren mit Spontankonzeption nach > 12 Monaten Fehlbildungsrisiko Wachstumsretardierung (small for gestational age, SGA) Frühgeburtlichkeit Imprinting-Fehler Abb. 1: Überblick über Schwangerschaftskomplikationen nach Kinderwunschtherapie oder bei Subfertilität? 52 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1

Die Risiken für Präeklampsie, Wachstumsrestriktion und Frühgeburt sind nach ART deutlich erhöht. Auch eine Placenta praevia und eine vorzeitige Plazentalösung treten bei Schwangeren nach ART häufiger auf. Bei ART- Einlingsschwangerschaften ist das Risiko einer Frühgeburt doppelt so hoch und das Risiko der Geburt eines Kindes mit einem sehr niedrigen Geburtsgewicht (<1.500 g) dreimal so hoch wie bei spontan konzipierten Einlingsschwangerschaften (16, 20). Zu Schwangerschaften nach Insemination gibt es bisher wenig valide Daten. In einer gematchten Studie mit 126 Schwangerschaften nach IVF und 126 nach Insemination zeigten sich keine Unterschiede im Outcome (8). Zu Kindern nach ovarieller Stimula - tion existiert eine große Studie mit 4.467 Kindern, die auch für diese Kinder ein schlechteres perinatales und postnatales Outcome ergab als für spontan konzipierte Kinder (24). Diese Daten zu Schwangerschaften nach Insemination und nach ovarieller Stimulation deuten darauf hin, dass die Subfertilität einen nicht unwesentlichen Anteil am Verlauf von Schwangerschaft und Geburt hat. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass der unerfüllte Kinderwunsch selbst einen wichtigen Risikofaktor für Komplikationen in der Schwangerschaft und das neonatale Out - come der Kinder darstellt. In einer großen Kohorte von Paaren mit idiopathischer Sterilität unterschieden sich die Risiken für eine vorzeitige Plazentalösung, eine Prä - eklampsie und für eine Sectio nicht zwischen den Paaren, die spontan konzipierten, und denen, die mithilfe der assistierten Reproduktion konzipierten (32). Präeklampsien traten signifikant häufiger bei Paaren auf, bei denen es mehr als 12 Monate dauerte, bis sie spontan konzipierten, als bei normal fertilen Paaren (2, 32). Schon 1991 fand eine Studie ein erhöhtes Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht und eine Wachstumsretardierung bei Paaren mit einem Zeitraum von mindestens einem Jahr bis zur Konzeption (relatives Risiko: 2,3; 95% KI 1,2 4,4) (50). Ähnliche Daten wurden aus Dänemark zu zwei Kohorten mit über 8.000 und fast 4.000 Einlingsschwangerschaften publiziert. Das relative Risiko für eine Frühgeburt war um das 1,6 1,8fache erhöht bei einer Zeit bis zur Konzeption von mehr als 12 Monaten. Auch das Risiko für Präeklampsien zeigte eine Relation zur Zeit bis zur Konzeption mit einem relativen Risiko von 1,62 (95% KI 1,14 2,30) (2, 18). Eine bedeutende Studie zum Risikofaktor Subfertiltät wurde 2008 im Lancet publiziert. Eine norwegische Arbeitsgruppe verglich die Schwangerschaftsverläufe, Geburtsdaten und das neonatale Outcome von über 7.000 ART-Kindern mit Kindern nach Spontankonzeption. Die Schwangerschaften nach ART zeigten eine kürzere Schwangerschaftsdauer, ein niedrigeres Geburtsgewicht und ein höheres Risiko für Wachstumsretardierung. Innerhalb der Kohorte an ART-Kindern gab es 2.546 Kinder mit einem spontan konzipierten Geschwisterkind. Wurden die Geschwisterkinder verglichen spontane Konzeption und Konzeption mit assistierter Reproduktion, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede bezüglich Schwangerschaftsdauer, Geburtsgewicht und der Rate an Wachstumsretardierungen (40). Dies bestätigte die Auffassung, die aus den vorgenannten Studien gewonnen worden war: dass die Subfertilität per se ein Risikofaktor für einen komplizierten Schwangerschaftsverlauf ist. Zusammengefasst deuten die Daten zur Subfertilität (definiert als Konzeptionszeit >12 Monate) und zur Insemination darauf hin, dass nicht die invasiven Techniken wie IVF und ICSI für die beschriebenen Probleme verantwortlich sind, sondern eher die Subfertilität. Zumindest wird sie einen erheblichen Beitrag dazu leisten. Fehlbildungen Die Fehlbildungsrate ist nach ART um 30% erhöht. Allerdings unterscheidet sich die Fehlbildungsrate zwischen IVF und ICSI nicht (15, 23, 27, Schwangerschaftsrisiken und neonatales Outcome nach ART Helmerhorst (16) Jackson (20) Präeklampsie k.a. 1,55 (1,23 1,95) Placenta praevia k.a. 2,87 (1,54 5,37) Totgeburt k.a. 2,55 (1,78 3,64) Frühgeburt (< 37. SSW) 2,04 (1,80 2,32) 1,95 (1,73 2,20) frühe Frühgeburt (< 32. SSW) 3,27 (2,03 5,28) k.a. niedriges Geburtsgewicht (< 2.500 g) 1,70 (1,50 1,92) 1,77 (1,40 2,22) sehr niedriges Geburtsgewicht (< 1.500 g) 3,00 (2,07 4,36) 2,70 (2,31 3,14) small for gestational age (SGA) 1,40 (1,15 1,71) 1,60 (1,25 2,04) Sectio caesarea 1,54 (1,44 1,66) 2,13 (1,72 2,63) perinatale Mortalität 1,68 (1,11 2,55) 2,19 (1,61 2,98) Aufnahme auf die neonatale Intensivstation 1,27 (1,16 1,40) 1,60 (1,30 1,96) k.a. = keine Angabe FORTBILDUNG + KONGRESS Tab. 1: Daten aus Meta-Analysen zu Schwangerschaftsrisiken und neonatalem Outcome nach assistierter Reproduktion. Angabe von relativen Risiken bzw. Odds Ratios mit 95%- Konfidenz intervallen. FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1 53

FORTBILDUNG + KONGRESS 39). Für Inseminationsbehandlungen und ovarielle Stimulationen gibt es bisher keine verlässlichen Daten. Insbesondere Jungen nach ICSI werden häufiger mit urogenitalen Fehlbildungen geboren als spontan konzipierte Jungen, weswegen Jungen nach ICSI später auch häufiger operiert werden (6, 28). Besonders ins Interesse gerückt sind in den letzten Jahren epigenetische Veränderungen wie die sogenannten Imprintingfehler, z.b. das Beckwith- Wiedemann-Syndrom oder das Angelman-Syndrom. Hierbei kommt es zu Veränderungen der Genfunktion bzw. Genaktivität ohne Veränderungen der DNA-Struktur durch veränderte Methylierungsmuster. Dadurch werden Gene aktiviert oder deaktiviert. Es wird diskutiert, ob nach assistierter Reproduktion ein erhöhtes Risiko für Imprintingfehler besteht. Wenn aber tatsächlich Imprintingveränderungen gehäuft auftreten sollten, dann wäre dies ein potenzieller Erklärungsansatz für die beobachteten Komplikationen im Verlauf von Schwangerschaft und Geburt: Zahlreiche Gene, die in wichtige Regulationen von Plazentation und Wachstum eingreifen, unterliegen dem Imprinting. Auch beim Fehlbildungsrisiko scheint die Subfertilität der Eltern einen bedeutsamen Einfluss zu haben. So wurde in einer Studie auch ein Zusammenfang zwischen dem Fehlbildungsrisiko und der Zeit bis zur Konzeption beobachtet (12). Zudem konnte herausgearbeitet werden, dass auch Imprintingfehler abhängig von der Zeit bis zur Konzeption häufiger auftreten (10, 19). Fehlbildungen treten nach IVF und ICSI in gleicher Weise häufiger auf. Imprintingfehler haben möglicherweise eine Bedeutung für die komplizierteren Verläufe der Schwangerschaften. Risiko für Chromosomen aberrationen Bonduelle et al. (7) fanden bei Chromosomenanalysen von 1.586 ICSI- Feten eine höhere Indizenz von Denovo-Auffälligkeiten als in der allgemeinen Bevölkerung (1,6% vs. 0,5% bei Amniozentesen eines Vergleichskollektivs gleichen maternalen Alters). Die höhere Rate war hauptsächlich auf eine höhere Rate von Anomalien der Gonosomen und zusätzlich auf eine höhere Rate an strukturellen Anomalien der Autosomen zurückzuführen. De-novo-Auffälligkeiten wurden häufiger bei geringer Spermienanzahl und geringer Spermienmotilität gefunden. Zudem wurden bei den ICSI-Feten häufiger geerbte Anomalien beobachtet (1,4% vs. 0,3 0,4% im Vergleichskollektiv), was durch die höhere Rate von konstitutionellen Chromosomenanomalien bei den Vätern bedingt war. Daher sollte bei männlicher Subfertilität mit Spermienkonzentrationen <20 Millionen/ml eine Chromosomenanalyse beider Partner und gegebenenfalls eine fachhumangenetische Beratung erfolgen. Verschiedene aktuelle Studien haben gezeigt, dass sich die Aneuploidie - rate in Aborten im ersten Trimenon nach IVF- oder ICSI-Konzeption nicht von der nach Spontankonzeption unterscheidet (5, 26, 31). Jedoch wurden in den Aborten nach ICSI häufiger Anomalien der Gonosomen gefunden als nach IVF (26, 31). Eine Studie untersuchte auch Aborte nach ICSI mit testikulärer Spermienextraktion (TESE) und fand eine erhöhte Rate von Aneuploidien mit vermehrten Triploidien und Tetraploidien (5). Der Konzeptionsmodus sollte die Entscheidung über eine invasive Diagnostik zum Ausschluss von Chromosomenaberrationen nicht beeinflussen. Hier sind wie auch nach Spontankonzeption das maternale Alter und gegebenenfalls das Ergebnis des Ersttrimester - screenings sowie die persönliche Situation des Paares maßgeblich. Vanishing twins Schwangerschaften mit vanishing twins sind in letzter Zeit vermehrt in den Fokus des Interesses gerückt. Pinborg et al. (35) zeigten anhand einer Registerstudie, dass 10% aller Einlingsschwangerschaften nach ART aus einer Zwillingsschwangerschaft in der Frühschwangerschaft hervorgehen, bei der es zum Absterben eines Zwillings kommt (vanishing twin). Die hohe Rate an Schwangerschaften mit einem vanishing twin ist darauf zurückzuführen, dass in den meisten Ländern der Transfer von zwei oder mehr Embryonen die Regel war und in vielen Ländern immer noch ist. Einlingsschwangerschaften mit einem vanishing twin weisen ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftserkrankungen und ein schlechteres neo natales Outcome auf als Einlingsschwangerschaften, die von Beginn der Schwangerschaft an Einlingsschwangerschaften waren. In einer Auswertung des amerikanischen IVF-Registers von 21.535 ART-Einlingsgeburten war bei Schwangerschaften mit einem vanishing twin das Risiko einer Frühgeburt (<37 SSW) um den Faktor 1,7 erhöht und das Risiko einer Frühgeburt vor der 32. Schwangerschaftswoche um den Faktor 2,6. Das Risiko eines Kindes mit einem niedrigen Geburtsgewicht <2.500 g war doppelt so hoch wie bei normalen Einlingsschwangerschaften (OR 2,09) (29). Kinder aus Einlingsschwangerschaften mit einem vanishing twin haben zudem ein erhöhtes Risiko, small for gestational age (SGA) geboren zu werden. Das Risiko war in einer großen Kohorte von Pinborg et al. mit 642 Einlingsschwangerschaften mit vanishing twin um 50% erhöht (OR 1,50; 95% KI 1,03 2,20) und ist umso höher, je früher der vanishing twin verstarb (36). 54 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1

Der intrauterine Fruchttod eines Zwillings erhöht das Risiko für den überlebenden Zwilling erheblich (34). Bei Einlingsschwangerschaften nach ART sind jedoch die erhöhte Rate an Schwangerschaftskomplikationen und das schlechtere neonatale Outcome nur teilweise auf die Existenz eines vanishing twins zurückzuführen. Schieve et al. (41) konnten anhand einer großen Kohorte mit 6.377 IVF-Schwangerschaften mit nur einem Embryo mit Herzaktion in der Frühschwangerschaft belegen, dass auch diese Einlingsschwanger schaf - ten mit einem schlechteren perinatalen Outcome behaftet waren. Diskutiert werden muss daher, ob das Risiko für die Schwangerschaft tatsächlich von dem verstorbenen Zwilling ausgeht oder ob möglicherweise andere kausale Zusammenhänge bestehen. Unser Erklärungsansatz, der durch die publizierten Daten gestützt wird, ist, dass Probleme bei der Implantation und Plazentation bei entsprechend starker Ausprägung zum frühen Abort eines Zwillings führen können. Das schlechtere Outcome des überlebenden Zwillings wäre dann nicht Folge des Versterbens des anderen Zwillings, sondern Folge der zugrunde liegenden Implantationsschwächen. Je wesentlicher diese Faktoren, desto höher das Risiko für einen vanishing twin und desto höher das Risiko für den überlebenden zweiten Zwilling. Insofern würde es sich dann um eine Koinzidenz aufgrund einer gemeinsamen Ursache, nicht aber um eine Kausalkette handeln. Diese Zusammenhänge sind bis heute nicht eindeutig geklärt, passen jedoch sehr gut in das dargestellte pathophysiologische Gesamtkonzept (s. Abb. 1 auf S. 52). Ursache für die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines vanishing twins sind Implantationsprobleme. Eben diese führen vermutlich auch zu dem schlechteren Outcome des überlebenden Zwillings. Spezielle Aspekte der Pränataldiagnostik Ersttrimesterscreening: Veränderte Serummarker bei Kinderwunschpatienten Aufgrund des höheren Alters der Kinderwunschpatienten ist das Risiko möglicher Chromosomenanomalien ein wichtiges Thema bei der Betreuung der Schwangeren. Nach der Kinderwunschtherapie möchten diese Paare meist eine invasive Diagnostik vermeiden. Daher stellt das Ersttrimesterscreening für sie eine gute Möglichkeit dar, ihr Risiko genauer einzuschätzen und sich dann für oder gegen eine invasive Diagnostik zu entscheiden. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass die Serummarker PAPP-A und freies hcg (fhcg) in Schwangerschaften nach ART gegenüber spontan konzipierten Schwangerschaften verändert sind: die PAPP-A-Spiegel sind eher um 10% erniedrigt, die fhcg-spiegel eher um 10% erhöht (z.b. 22). Eine Studie aus Bonn (4) kommt zu dem Schluss, dass auch nach Ausschluss der SGA-Kinder die PAPP-A-Konzentrationen vermindert waren. Interessanterweise scheint jedoch nicht nur die aktive Kinderwunschtherapie einen Einfluss auf die Serummarker zu haben, sondern auch bereits die Subfertilität der Eltern. In einer aktuellen Studie (38) waren die PAPP-A-Konzentrationen bei Schwangeren, bei denen es mehr als 24 Monate bis zur spontanen Konzeption dauerte, ebenso erniedrigt wie bei Schwangeren nach IVF. Die niedrigen PAPP-A-Spiegel bei ART-Schwangerschaften und auch bei spontan konzipierenden subfertilen Paaren vor dem Hintergrund des erhöhten Risikos für Schwangerschaftskomplikationen und des schlechteren neonatalen Outcomes nach ART und spontaner Konzeption von subfertilen Paaren deuten darauf hin, dass am ehesten eine Störung der Implanta tion bei subfertilen Paaren für diese Risiken verantwortlich ist. Aufgrund der veränderten Serummarker nach Kinderwunschtherapie hat die FMF-England in ihren Algorithmus eine Adjustierung für eine assistierte Reproduktion eingefügt (21, 22). Dies scheint vor der heutigen Datenlage sinnvoll und wichtig zu sein, da die nach ART erniedrigten PAPP-A-Werte ohne Adjustierung zu einer höheren Falsch-positiv-Rate führen. Durch den unterschiedlichen Ansatz der Betrachtung der Biochemiewerte der FMF-Deutschland und der FMF-England (DoE vs. MoM) treten die Differenzierungsnotwendigkeiten nach derzeitigem Stand im deutschen System in den Hintergrund und können bei Risikokalkulation über die FMF-Deutschland aufgrund der Verwendung der DoEs vernachlässigt werden. Ersttrimesterscreening bei Mehrlingen? Durch die höhere Mehrlingsrate nach ART ergibt sich häufiger die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Ersttrimesterscreenings bei Mehrlingsschwangerschaften. Bei dichorialen Zwillingsschwangerschaften sind Detektionsrate und Falsch-positiv- Rate des fetalen Nackentransparenz(NT)-Screenings für die Trisomie 21 mit Einlingsschwangerschaften vergleichbar (42, 43). Bei monochorialen Zwillingsschwangerschaften ist die Falsch-positiv-Rate des Nackentransparenz-Screenings höher als bei Einlingsschwangerschaften, da eine erhöhte Nackentransparenz eine frühe Manifestation des fetofetalen Transfusionssyndroms (FFTS) darstellen kann (44). Eine erhöhte NT bei mindestens einem Feten findet man bei 30% der monochorialen Zwillingsschwangerschaften, die später ein FFTS entwickeln, verglichen mit 10% der monochorialen Zwillingsschwangerschaften, die kein FFTS entwickeln (44). FORTBILDUNG + KONGRESS FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1 55

FORTBILDUNG + KONGRESS Sinnhaftigkeit und Verlässlichkeit der Serummarker-Bestimmung beim Ersttrimesterscreening bei Zwillingsschwangerschaften werden kontrovers diskutiert. Jedoch können bei Zwillingsschwangerschaften durch die Adjustierung der MoM-Werte des fhcg durch Division durch 2,023 und der MoM-Werte des PAPP-A durch Division durch 2,192 bei dichorialen Gemini und durch 1,788 bei monochorialen Gemini die Spezifität und Sensitivität der Risikoberechnung in einen akzeptablen Bereich geführt werden. Insgesamt verbessert sich die Detektionsrate für die Trisomie 21 auch bei Gemini durch die zusätzliche Bestimmung von PAPP-A und fhcg im Rahmen des Ersttrimster - screenings, sodass man ein Ersttrimesterscreening mit Bestimmung der Serummarker auch bei Gemini mittlerweile empfehlen kann (30, 47). Ersttrimesterscreening bei vanishing twins? Bei Schwangerschaften mit einem vanishing twin stellt sich die Frage, wie verlässlich die Bestimmung der Serummarker im Ersttrimesterscreening ist, insbesondere bei spätem Absterben des Zwillings. Spencer et al. (48) konnten in einer aktuellen retrospektiven Auswertung von 270 Schwangerschaften mit einem vanishing twin zeigen, dass die Serummarker bei Einlingsschwangerschaften mit einer zweiten leeren Fruchthöhle sich nicht von normalen Einlingsschwangerschaften unterschieden. Wenn jedoch ein zweiter Embryo mit einer messbaren Scheitel- Steiß-Länge nachweisbar war, dann war der PAPP-A-Spiegel signifikant erhöht, während der fhcg-spiegel im Rahmen normaler Einlingsschwangerschaften lag. Durch die Erhöhung der PAPP-A-Konzentration bei vorhandenem zweitem, abgestorbenem Embryo sank die Detektionsrate für die Trisomie 21 von 85% auf 75% (48). Daher sollte bei Schwangerschaften mit einem vanishing twin mit nachweisbarem zweitem Embryo auf die Bestimmung der Serummarker im Rahmen des Ersttrimesterscreenings verzichtet werden, da dies zu Fehlern bei der Risikoeinschätzung führen kann (13, 48). Welche Bedeutung haben auffällige Serummarker für die weitere Schwangerschaft? Eine große Meta-Analyse konnte zeigen, dass nach Ausschluss von maternalen und fetalen Ursachen unerklärt niedrige PAPP-A-Konzentrationen (<0,4 MoM) und/oder niedrige fhcg-konzentrationen (<0,5 MoM) im Ersttrimesterscreening das Risiko für spätere Schwangerschaftskomplikationen und ein schlechteres neonatales Outcome erhöhen (11). In einer sehr großen Studie zu 34.271 Schwangerschaften, dem FASTER Trial, war bei einem PAPP-A-Wert 5. Perzentile das Risiko für einen Abort, ein niedriges Geburtsgewicht, eine Präeklampsie, einen schwangerschaftsinduzierten Hypertonus, einen verzeitigen Blasensprung, eine Plazentalösung, eine Frühgeburt und eine Totgeburt signifikant erhöht. Ein niedriges fhcg ( 1. Perzentile) war mit einer erhöhten Abortrate ( 24 SSW) verbunden (9). Das Risiko für eine Frühgeburt <34 SSW ist bei einem PAPP-A-Wert von <0,415 MoM um das 2,35fache erhöht, das für eine Frühgeburt <37 SSW um das 1,92fache (46). Das Risiko für einen intrauterinen Fruchttod vor der 24. SSW ist bei niedrigen PAPP-A- (<0,415 MoM) und niedrigen fhcg-spiegeln (<0,41 MoM) um das 3,3fache bzw. 3,1fache erhöht und für einen intrautinen Fruchttod 24. SSW um das 1,9fache bzw. 1,8fache (45). Bezüglich des Risikos für eine Wachstumsrestriktion konnte die BUN-Studie (25) zeigen, dass das Risiko bei einem PAPP-A-Wert <1er Perzentile (<0,29 MoM) um das 5,4fache erhöht ist, bei einem PAPP-A-Wert <5er Perzentile (<0,45 MoM) um das 2,7fache und bei einem fhcg-wert <1er Perzentile um das 2,7fache. Der positive prädiktive Wert für eine Wachstumsrestriktion lag bei einem PAPP- A-Wert <1er Perzentile bei 24%. Somit sollten Schwangere mit einem PAPP-A-Wert <0,3 MoM aufgrund des hohen IUGR-Risikos engmaschig überwacht werden. Zudem war in der BUN-Studie das Fehlgeburtsrisiko (<20. SSW) bei einem PAPP-A-Wert <1er Perzentile um das 5,4fache und bei einem Wert <5er Perzentile um das 2,8fache erhöht (14). Insgesamt zeigt sich, dass ein niedriger PAPP-A-Spiegel stärker mit Schwangerschaftskomplikationen assoziiert ist als ein niedriger fhcg- Spiegel (49). Ein nach Ausschluss maternaler oder fetaler Ursachen unerklärt hoher PAPP-A-Wert im Ersttrimesterscreening ist nicht mit einem schlechteren perinatalen Outcome verbunden. Bei einem extrem hohen fhcg-wert (>99. Perzentile entsprechend 3,06 MoM) konnte gezeigt werden, dass das Abortrisiko erhöht ist (14). Schwangere mit einem unerklärt niedrigen PAPP-A-Wert und einem auffälligen maternalen Doppler der Aa. uterinae haben ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung einer Wachstumsrestriktion oder einer Präeklampsie. Daher ist bei Schwangeren mit einem niedrigen PAPP-A- Wert eine Dopplersonographie der Aa. uterinae empfehlenswert, um die Schwangeren zu identifizieren, die einer besonders engmaschigen Betreuung bedürfen. Die Betreuung kann jedoch nur die frühe Erkennung von Komplikationen ermöglichen, da es keine Interventionsmöglichkeiten gibt. Schwangere mit einem PAPP-A- Wert <0,3 MoM (<1er Perzentile) bedürfen jedoch einer besonderen Überwachung aufgrund der stark erhöhten Schwangerschaftsrisiken. Eine Zusammenfassung der Studien findet sich in Tabelle 2. 56 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1

Welche Konsequenz ergibt sich aus dem erhöhten Risiko für Präeklampsie, Wachstumsrestriktion und Frühgeburtlichkeit? Obwohl das Risiko für eine Prä - eklampsie und eine Wachstumsrestriktion bei Schwangerschaften nach ART sowie nach längerer Zeitdauer bis zur Konzeption erhöht ist, können keine klaren Empfehlungen für die Betreuung dieser Schwangeren ausgesprochen werden. Sowohl bei der Präeklampsie als auch bei der Wachstumsrestriktion kann die Betreuung nur auf die frühe Dia gnose und dann engmaschige Überwachung abzielen, da es keine Präventionsoder Interventionsmöglichkeiten gibt. Trotz der relativen Risikoerhöhung muss eine Doppler sonographie der Aa. uterinae zur weiteren Risikoabschätzung nicht generell bei allen ART- Schwangeren empfohlen werden. Bei zusätzlichen Risikofaktoren wie einer positiven Anamnese oder z.b. einem niedrigen PAPP-A-Wert (<0,3 MoM) im Ersttrimesterscreening ist eine Dopplersonographie der Aa. uterinae (um die 24. SSW) zur weiteren Risikoabschätzung empfehlenswert. Noch nicht abschließend beurteilt werden kann der Nutzen eines Prä - eklampsie-screenings im ersten Trimenon. Die Arbeitsgruppe von Nicolaides hat 2009 Daten publiziert, nach denen durch die Bestimmung von PAPP-A und Plazentawachstumshormon (PGF) sowie die Messung des mittleren arteriellen Blutdrucks und der Pulsatilität der Aa. uterinae zwischen der 11+0 und 13+6 SSW 93% der Frauen mit einer frühen Präeklampsie, 36% mit einer späten Präeklampsie und 18% mit einem schwangerschaftsinduzierten Hypertonus erkannt werden können (Falsch-positiv-Rate von 5%). Trotz der hohen Entdeckungsrate der frühen Präeklampsien entwickelte nur eine von fünf Frauen, die einen positiven Screening-Test aufwies, einen Hypertonus (37). In einer anderen aktuellen prospektiven Studie (1) konnten im ersten Trimenon über eine Kombination von klinischen Charakteristika und der Bestimmung von PAPP-A, Inhibin A und PGF 75% der Fälle mit früher Präeklampsie entdeckt werden bei einer Falsch-positiv-Rate von 10%. Eine zusätzliche Dopplersonographie der Aa. uterinae im ersten Trimenon verbesserte die Entdeckungsrate in dieser Studie nicht. Bei Auffälligkeiten im ersten Trimenon könnte noch eine Gabe von niedrig dosierter ASS erwogen werden. Hierzu gibt es jedoch derzeit keine ausreichende Datenlage. Generell sollten sich die betreuenden Frauenärzte der vermehrten Schwangerschaftsrisiken, insbesondere für eine Präeklampsie und eine Wachstumsrestriktion, bewusst sein, sodass frühe Symptome wahrgenommen werden und die Betreuung der individuellen Situation angepasst werden kann. Welche Konsequenz ergibt sich aus dem erhöhten Fehlbildungsrisiko? Aufgrund des um 30% höheren Fehlbildungsrisikos der ART-Schwangerschaften kann diskutiert werden, ob eine differenzierte Fehlbildungsdiagnostik bei allen Schwangeren nach ART durchgeführt werden sollte. Zum Benefit gibt es bisher keine Daten. Ein Teil der nach ART häufiger beobachteten Fehlbildungen der vermehrten urogenitalen Fehlbildungen bei Jungen nach ICSI (wie z.b. Hypospadien) entgeht jedoch dem Ultraschall. Zum erhöhten Fehlbildungsrisiko kommen aber häufig das höhere Alter der Schwangeren nach ART, der Verzicht auf eine invasive Diagnostik, häufigere Begleiterkrankungen und das vermehrte Sicherheitsbedürfnis dieser oft sehr ängstlichen Patientengruppe. Anhand all dieser Gesichtspunkte muss der betreuende Frauenarzt individuell entscheiden, ob er eine spezielle Ultraschalldiagnostik als indiziert sieht. FORTBILDUNG + KONGRESS Bedeutung auffälliger Serummarker Risiko für PAPP-A freies hcg freies hcg Abort IUGR/niedriges Geburtsgewicht Präeklampsie schwangerschaftsinduzierter Hypertonus vorzeitiger Blasensprung Plazentalösung Frühgeburt Totgeburt/IUFT Tab. 2: Bedeutung auffälliger Serummarker für die weitere Schwangerschaft orientierende Übersicht Eine generelle Indikation zu einer differenzierten Fehlbildungsdiagnostik für alle ART-Schwangerschaften besteht derzeit jedoch nach unserer Auffassung nicht. Fazit für die Praxis Folgende Punkte sollten in der Praxis Eingang in die Betreuung von Schwangeren nach ART finden: Die meisten Kinder, die aus einer Kinderwunschbehandlung hervorgehen, werden genauso gesund geboren wie diejenigen, die spontan konzipiert wurden. FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1 57

FORTBILDUNG + KONGRESS Das größte Risiko in der Schwangerschaft sind Mehrlinge. Das Risiko von Fehlgeburten ist etwa auf das 1,3fache erhöht, dies ist aber vermutlich Folge der Subfertilität und deren spezifischer Gründe (Alter, PCO-Syndrom, Schilddrüsen - erkrankungen, genetische Faktoren) und nicht Folge der Therapie. Im Verlauf der Schwangerschaft ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit von Präeklampsien (1,5fach), Placenta praevia (3fach), Totgeburten (2,5fach), niedrigem Geburtsgewicht (1,7fach) und Wachstumsretardierungen (1,5fach) zu rechnen. Die vermehrten Schwangerschaftskomplikationen sind am ehesten Folge der Subfertilität der Eltern. Das Risiko großer Fehlbildungen ist etwa 1,3fach erhöht. Dieses Risiko wird nicht beeinflusst durch die Durchführung einer ICSI anstelle einer IVF. Auch hinsichtlich des Fehlbildungsrisikos weisen Daten auf einen Einfluss der Subfertilität hin. Im Ersttrimesterscreening weisen ART-Schwangerschaften niedrigere PAPP-A-Konzentrationen auf als spontan konzipierte Schwangerschaften. Wenn daher die Risikokalkulation nach der FMF-England nicht bezüglich des Konzeptionsmodus adjustiert wird, führt dies zu einer höheren Falsch-positiv-Rate. Bei Risikokalkulation nach der FMF-Deutschland erfolgt aufgrund der anderen Berechnungsgrundlage keine Adjustierung. Die Verwendung der Serummarker im Ersttrimesterscreening ist bei Schwangerschaften mit einem vani - shing twin fragwürdig. Zumindest bei spätem Versterben des einen Zwillings sollte auf die Bestimmung der Serummarker verzichtet werden. Bei unerklärt niedrigen PAPP-A- Werten besteht ein erhöhtes Risiko für eine Wachstumsrestriktion, Frühgeburtlichkeit und ein schlechtes neonatales Outcome. Schwangere nach ART, die per se ein erhöhtes Risiko für eine Wachstumsrestriktion haben, sollten bei niedrigen PAPP-A-Werten (insbesondere <1er Perzentile, <0,3 MoM) engmaschig überwacht werden. Aufgrund des höheren Alters, der häufigeren maternalen Begleiterkrankungen, des höheren Fehlbildungs - risikos und des höheren Risikos für Wachstumsrestriktion, Prä eklamp sie und andere Schwangerschaftskomplikationen bedürfen Schwangerschaften nach ART einer besonderen Aufmerksamkeit und einer auf diese Risiken und die individuelle Situation abgestimmten Betreuung. Literatur 1. Audibert F et al.: Screening for pre - eclampsia using first-trimester serum markers and uterine artery Doppler in nulliparous women. Am J Obstet Gynecol (2010) Aug 4. Epub ahead of print. 2. Basso O et al.: Subfecundity as a corre - late of preeclampsia: a study within the Danish National Birth Cohort. Am J Epidemiol 157 (2003) 195 202. 3. Basso O, Baird DD: Infertility and preterm delivery, birthweight, and Caesarean section: a study within the Danish National Birth Cohort. Hum Reprod 18 (2003) 2478 2484. 4. Bender F et al.: Altered first-trimester screening markers after IVF/ICSI: no relationship with small-for-gestational-age and number of embryos transferred. Reprod Biomed Online 20 (2010) 516 522. 5. Bettio D et al.: Chromosomal abnorma - lities in miscarriages after different assisted reproduction proce dures. Placenta 29 (2008) Oct; Suppl B:126 128. 6. Bonduelle M et al.: Medical follow-up study of 5-year-old ICSI children. Reprod Biomed Online 9 (2004) 91 101. 7. Bonduelle M et al.: Prenatal testing in ICSI pregnancies: incidence of chromosomal anomalies in 1586 karyotypes and relation to sperm parameters. Hum Reprod 17 (2002) 2600 2614. 8. De Sutter P et al.: Comparison of out - come of pregnancy after intra-uterine insemination (IUI) and IVF. Hum Reprod 20 (2005) 1642 1646. 9. Dugoff L et al.: First-trimester maternal serum PAPP-A and free-beta subunit human chorionic gonadotropin concentrations and nuchal translucency are associated with obstetric complications: a population-based screening study (the FASTER Trial). Am J Obstet Gynecol 191 (2004) 1446 1451. 10. Edwards RG, Ludwig M: Are major defects in children conceived in vitro due to in - nate problems in patients or to induced genetic damage? Reprod Biomed Online 7 (2003) 131 138. 11. Gagnon A et al.: Society of Obstetricians and Gynaecologists of Canada Genetics Committee: Obstetrical complications associated with abnormal maternal serum markers analytes. J Obstet Gynaecol Can 30 (2008) 918 949. 12. Ghazi HA et al.: Delivery outcome after infertility a registry study. Fertil Steril 55 (1991) 726 732. 13. Gjerris AC et al.: (2009) The effect of a 'vanishing twin' on biochemical and ultrasound first trimester screening markers for Down's syndrome in pregnancies conceived by assisted reproductive technology. Hum Reprod 24 (2009) 55 62. 14. Goetzl L et al.: Pregnancy-associated plasma protein A, free beta-hcg, nuchal translucency, and risk of pregnancy loss. Obstet Gynecol 104 (2004) 30 36. 15. Hansen M et al.: Assisted reproductive technologies and the risk of birth defects a systematic review. Hum Reprod 20 (2005) 328 388. 16. Helmerhorst FM et al.: Perinatal outcome of singletons and twins after assisted conception: a systematic review of controlled studies. BMJ 328 (2004) 261. 17. Henningsen AKA et al.: Perinatal outcome of singleton siblings born after assisted reproductive technology and spontanous conception: Danish national sibling-cohort study. Fertil Steril 2010 epub. 18. Henriksen TB et al.: Time to pregnancy and preterm delivery. Obstet Gynecol 89 (1997) 594 599. 19. Horsthemke B, Ludwig M: Assisted reproduction the epigenetic perspective. Hum Reprod Update 11 (2005) 473 482. 20. Jackson RA et al.: Perinatal outcomes in singletons following in vitro fertilization: a meta-analysis. Obstet Gynecol 103 (2004) 551 563. 21. Kagan KO et al.: Prospective validation of first-trimester combined screening for trisomy 21. Ultrasound Obstet Gynecol 34 (2009) 14 18. 22. Kagan KO et al.: First-trimester screening for trisomy 21 by free beta-human chorionic gonadotropin and pregnancy-associated plasma protein-a: impact of maternal and pregnancy characteristics. Ultrasound Obstet Gynecol 31 (2008) 493 502. 23. Katalinic A, Rösch C, Ludwig M; German ICSI Follow-Up Study Group: (2004) Pregnancy course and outcome after intracytoplasmic sperm injection: a controlled, prospective cohort study. Fertil Steril 81 (2004) 1604 1616. 24. Klemetti R et al.: Health of children born after ovulation induction. Fertil Steril 93 (2010) 1157 1168. 25. Krantz D et al.: First Trimester Maternal Serum Biochemistry and Fetal Nuchal Translucency Screening (BUN) Study Group: Association of extreme first-trimester free human chorionic gonadotropin-beta, pregnancy-associated plasma protein A, and nuchal translucency with intrauterine growth restriction and other adverse pregnancy outcomes. Am J Obstet Gynecol 191 (2004) 1452 1458. 26. Kushnir VA, Frattarelli JL: Aneuploidy in abortuses following IVF and ICSI. J Assist Reprod Genet. 26 (2009) 93 97. Epub 2009 Feb 18. 27. Lie RT et al.: Birth defects in children conceived by ICSI compared with children conceived by other IVF-methods; a meta-analysis. Int J Epidemiol 34 (2005) 696 701. 58 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1

28. Ludwig AK et al.: Physical health at 5.5 years of age of term-born singletons after intracytoplasmic sperm injection: results of a prospec tive, controlled, single-blinded study. Fertil Steril 91 (2009) 115 124. 29. Luke B et al.: The effect of early fetal losses on single ton assisted-conception pregnancy out comes. Fertil Steril 91 (2009) 2578 2585. 30. Madsen H et al.: A re-assessment of biochemical marker distributions in T21 affected and unaffected twin pregnancies in the first trimester. Ultrasound Obstet Gynecol. 2010 Epub. 31. Martínez MC et al.: Cytogenetic analysis of early nonviable pregnancies after assisted reproduction treatment. Fertil Steril 93 (2010) 289 292. Epub 2009 Sep 11. 32. Pandian Z et al.: Review of unexplained infertility and obstetric outcome: a 10 year review. Hum Reprod 16 (2001) 2593 2597. 33. Pezeshki K et al.: Bleeding and sponta - neous abortion after therapy for inferti - lity. Fertil Steril 74 (2000) 504 508. 34. Pharoah PO, Adi Y: Consequences of inutero death in a twin pregnancy. Lancet 355 (2000) 1597 1602. 35. Pinborg A et al.: Consequences of vanish - ing twins in IVF/ICSI pregnancies. Hum Reprod 20 (2005) 2821 2829. 36. Pinborg A et al.: Vanishing twins: a predictor of small-for-gestational age in IVF singletons. Hum Reprod 22 (2007) 2707 2714. 37. Poon LC et al.: First-trimester prediction of hypertensive disorders in pregnancy. Hypertension 53 (2009) 812 818. 38. Ranta et al.: Hum Reprod 25 (2010) 412 417. 39. Rimm AA et al.: A meta-analysis of controlled studies comparing major malformation rates in IVF and ICSI infants with naturally conceived children. J Assist Reprod Genet 21 (2004) 437 443. 40. Romundstad LB et al.: Effects of techno - logy or maternal factors on perinatal outcome after assisted fertilisation: a population-based cohort study. Lancet. 2008 Aug 30;372(9640):737 43. 41. Schieve LA et al.: Perinatal outcome among singleton infants conceived through assisted reproductive technology in the United States. Obstet Gynecol 103 (2004) 1144 1153. 42. Sebire NJ et al.: Screening for trisomy21 in twin pregnancies by maternal age and fetal nuchal translucency thicknessat 10 14 weeks of gestation. BJOG 103 (1996) 999 1003. 43. Sebire NJ et al.: Fetal karyotyping in twin pregnancies: selection of technique by measurement of fetal nuchal translucency. BJOG 103 (1996) 887 890. 44. Sebire NJ et al.: Early prediction of severe twin-to-twin transfusion syndrome. Hum Reprod 15 (2000) 2008 2010. 45. Spencer K et al.: First-trimester ultrasound and biochemical markers of aneuploidy and the prediction of impending fetal death. Ultrasound Obstet Gynecol 28 (2006) 637 643. 46. Spencer K et al.: First-trimester ultrasound and biochemical markers of aneuploidy and the prediction of preterm or early preterm delivery. Ultrasound Obstet Gynecol 31 (2008) 147 152. 47. Spencer K et al.: Screening for trisomy 21 in twin pregnancies in the first trimester: an update of the impact of chorionicity on maternal serum markers. Prenat Diagn 28 (2008) 49 52. 48. Spencer K et al.: First trimester aneuploidy screening in the presence of a vanishing twin: implications for maternal serum markers. Prenat Diagn 30 (2010) 235 240. 49. Van Ravenswaaij R et al.: First trimester serum PAPP-A and fbhcg concentrations and other maternal characteristics to establish logistic regression-based predictive rules for adverse pregnancy outcome. Prenat Diagn 2010 epub 50. Williams MA et al.: Subfertility and the risk of low birth weight. Fertil Steril 56 (1991) 668 671. Für die Autoren Prof. Dr. med. Annika K. Ludwig Endokrinologie Kinderwunsch Pränatale Medizin im Barkhof amedes-gruppe Hamburg Mönckebergstr. 10 20095 Hamburg A.K.Ludwig@me.com FORTBILDUNG + KONGRESS FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 1 59