ADLISWILER PREDIGT. Gottesdienst zu Ostern Reformierte Kirche Adliswil Sonntag, 27. April 2016, Uhr

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Transkript:

ADLISWILER PREDIGT Gottesdienst zu Ostern Reformierte Kirche Adliswil Sonntag, 27. April 2016, 10.00 Uhr Predigt: Pfr Bettina Krause Pfrn. Titel: «Aus Aus dem Tod das Leben» Predigttext: Johannes 20, 1+2, 11-18 11

Die Gnade Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen. Liebe Gemeinde, Im Johannesevangelium wird uns im 20. Kapitel von der Auferstehung Jesu berichtet. Eine Frau spielt dort eine besondere Rolle: Maria aus Magdala. Von Maria aus Magdala möchte ich ihnen heute vorlesen; Aus dem Johannesevangelium Kap 20, 1+2, 11-18 Am Tag nach dem Sabbat ging Maria aus Magdala in aller Frühe, als es noch dunkel war, zum Grab. Sie sah, dass der Stein vom Eingang entfernt war. Da lief sie zu Simon Petrus und zu dem Jünger, den Jesus liebte, und berichtete ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab genommen, und wir wissen nicht, wohin er gebracht worden ist. Maria stand noch vor dem Grab und weinte. Dabei beugte sie sich vor und schaute hinein. Da sah sie zwei weissgekleidete Engel. Sie sassen an der Stelle, wo Jesus gelegen hatte, einer am Kopfende und einer am Fussende. Warum weinst du? fragten die Engel. Maria antwortete: Sie haben meinen Herrn fortgetragen, und ich weiss nicht, wohin sie ihn gebracht haben! Als sie sich umdrehte, sah sie Jesus dastehen. Aber sie wusste nicht, dass es Jesus war. Er fragte sie: Warum weinst du? Wen suchst du? Sie dachte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Wenn du ihn fortgenommen hast, so sage mir, wohin du ihn gebracht hast. Ich möchte hingehen und ihn holen. Maria, sagte Jesus zu ihr. Sie wandte sich ihm zu und sagte: Rabbuni! Das ist hebräisch und heisst: Mein Herr! Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht zurück! Ich bin noch nicht zu meinem Vater zurückgekehrt. Aber geh zu meinen Brüder und sag ihnen von mir: Ich gehe zu dem, der mein und euer Vater ist, mein Gott und euer Gott. Maria aus Magdala ging zu den Jüngern und sagte: Ich habe den Herrn gesehen! Und sie berichtete ihnen, was er ihr aufgetragen hatte. Liebe Gemeinde, die Frau, von der ich eben las, heisst Maria. Sie ist aber nicht die Mutter von Jesus, die heisst ja auch Maria sie ist eine Frau, die zu denen gehört, die mit Jesus mitgegangen sind. Die zu dem Kreis gehört, der um Jesus herum war vor fast 2000 Jahren. Maria, hebräisch Mirjam, war ein sehr beliebter Name. Damit man die verschiedenen Frauen, die diesen Namen trugen, voneinander unterscheiden konnte, hat man z.b. den Herkunftsort dazu genannt, hier ist das Magdala. Heute heisst dieser Ort Migdal, es ist ein Ort am See Genezareth. Maria aus Magdala hat Grund zur Freude, zu ganz tiefer Freude; zu Freude, die erst begriffen werden will, deren Bedeutung sich erst mit der Zeit erschliesst: Ich habe Jesus gesehen, teilt sie mit; er ist nicht mehr im Grab, er lebt. 1

Er hat mit mir gesprochen; wir sollen weitermachen, wir sollen von ihm erzählen, er ist nicht endgültig tot, es ist nicht alles zu Ende. Dass das damals nicht so ganz einfach zu begreifen war, können wir uns vorstellen. Auch für uns mit unseren naturwissenschaftlichen Denkkategorien ist das schwer nachvollziehbar. Wenn ein Mensch tot ist, dann ist er tot. Das dachte Maria wohl auch, deshalb war sie ja eigentlich so traurig. Deshalb hat sie so weinen müssen. Ihre Geschichte will uns zeigen, was es heisst zu begreifen, dass das doch nicht so einfach ist, dass tot eben nicht einfach tot ist. Ich lade sie ein, sich diese Geschichte einmal genauer anzuschauen. Dazu möchte ich ihnen einfach von Maria erzählen, so, wie es wohl gewesen sein mag. Genau wissen wir das natürlich nicht. Aber es kann so gewesen sein: Maria ist traurig. Sie steht am Grab Jesu. Sie hat ihn gesucht. Sie wollte nach allem, was geschehen war, wenigstens seinem Körper die letzte Ehre erweisen. Nun kann sie nicht einmal dies. Das Grab ist leer. Sie muss annehmen, dass man den Leichnam von Jesus verschleppt hat. Maria weint. Die Ereignisse überwältigen sie. Zuviel war in den letzten Tagen geschehen: Sie war immer in der Nähe von Jesus gewesen. Sie hatte die anstrengenden Gespräche miterlebt; die Gespräche mit den Menschen, von denen sie spürte, dass sie Jesus nicht wohl gesonnen waren. Ganz im Gegenteil, es war offensichtlich, dass man versuchte, Jesus etwas anzuhängen, um ihn anklagen zu können. Und dann musste sie miterleben, wie das tatsächlich geschah: Jesus wurde gefangen genommen, verhört, gefoltert, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Diese Entwürdigung, diese Demütigung mitzuerleben, das hat sie kaum ertragen können. Tiefe Hoffnungslosigkeit macht sich breit und lähmt sie und alle anderen, die mit Jesus gegangen waren. Nun ist alles vorbei, zerstört; das, wofür sie gelebt hatten, wofür sie alles aufgegeben hatten; wie ein schöner Traum scheint es ihnen. Jetzt das böse Erwachen: der, der ihnen vom Reich Gottes erzählt hat, ist nun tot. Also stimmte das ja alles nicht; Zweifel machen sich breit, Zweifel an der Botschaft Jesu, Zweifel an der Verbindung Jesu zu Gott, an der Göttlichkeit Jesu. Da kommen einem die Tränen: Tränen der Hoffnungslosigkeit, der Trauer, aber auch der Wut: alles war sinnlos! Maria kennt dies, Erinnerungen werden wach, Erinnerungen an frühere Zeiten in ihrem Leben. An die Zeit, als sie selbst krank war, ohne Aussicht auf Heilung; sie war krank in ihrer Seele, in ihrem Gemüt, nur lähmende Gedanken breiteten sich aus, das Gefühl: alles ist sinnlos, warum lebe ich überhaupt noch? Eines Tages kam Jesus nach Magdala, auf seinen Wanderungen in der wunderbaren Landschaft um den See Genezareth. Er hat Maria gesund gemacht, er hat ihr neue Hoffnung gegeben. Für Maria war dies wie ein neues Leben, wie neugeboren kam sie sich vor, ihr Leben war völlig verändert. Und sie zeigte das auch nach aussen: sie zog mit Jesus mit, sie wollte ihn begleiten. 2

Sie spürte, dass er das brauchte: Menschen, die ihn begleiten. Genauso spürte sie, wie sie es brauchte, von ihm begleitet zu werden, noch mehr von ihm zu hören und zu erleben. So gehört Maria zu dem Kreis der engsten Vertrauten um Jesus. Sie begleiten Jesus, nehmen Anteil an dem, was er erlebt. Sie hören das, was er sagt und sie sehen, wie er sich den Menschen gegenüber verhält; vor allem auch, wie er sich Frauen gegenüber verhält. Und es gibt immer mehr Frauen, die sich in seine Nähe trauen, weil sie spüren: er sieht mich nicht in erster Linie als Angehörige eines Geschlechtes, er sieht mich als Mensch. Nicht alle Menschen sind von dem begeistert, was Jesus sagt und tut; vor allem nicht, als er zum Passahfest in Jerusalem ankommt. Maria muss das gespürt haben, das Misstrauen mancher Menschen Jesus gegenüber. Misstrauen, das ja eigentlich mit Angst zu tun hat. Angst, das Gewohnte über den Haufen werfen zu müssen, Angst, das Leben zu hinterfragen; Angst, die eigene Meinung zu hinterfragen. Maria spürt, dass sich da was zusammenbraut, und sie bleibt in der Nähe von Jesus. Sie mag gespürt haben, dass er jetzt ganz besonders Menschen in seiner Nähe nötig hat; gerade jetzt, als die Jünger im Garten Gethsemane eingeschlafen waren und als Petrus dreimal voller Angst erklärt hat, dass er keine Ahnung habe, wer dieser Jesus sei und dass er noch nie mit ihm zu tun gehabt habe. Maria und die anderen Frauen bleiben in der Nähe von Jesus, auch als alle Freunde ihn verlassen haben; von ihr wird uns erzählt, dass sie ihm folgt von einem Verhandlungsort zum nächsten und dann zum Kreuz. Und in diesen Stunden erlebt sie etwas, was sie schon kennt, was sie in ihrem Leben schon einmal erlebt hat: Hoffnungslosigkeit, Trauer, das Gefühl der Einsamkeit und Sinnlosigkeit. Sie stellt sich dem, sie läuft nicht davon. Sie mag gespürt haben, dass auch dies im Leben ganz wichtig ist: Zeiten der Hoffnungslosigkeit, der Trauer, das Gefühl der Leere, der Ohnmacht, der Hilflosigkeit. Auch das Gefühl, dass Gott ganz weit weg ist. Maria bleibt Jesus treu, sie lässt nicht von ihm, auch als er dann am Kreuz stirbt. Sie überlegt, was sie weiterhin für ihn tun kann. Ihre Trauer hat sie nicht ganz und gar gelähmt. So möchte sie auf keinen Fall darauf verzichten, den Leichnam einzubalsamieren, wie es Sitte war in ihrem Volk und in ihrer Religion. Allerdings war dies mit Gefahr verbunden. Maria weiss, dass es Angehörigen von Menschen, die gekreuzigt wurden, nicht einmal erlaubt war, das Grab zu besuchen. Deshalb geht sie ganz früh am Morgen los zum Grab, sie muss in seiner Nähe sein. Und da erlebt sie die grosse Überraschung: Der Stein, mit dem das Grab verschlossen war, ist fort. So nimmt sie an, dass der Leichnam von Jesus fort ist. Und da muss sie weinen; von selbst steigen die Tränen und das Schluchzen herauf, sie kann nichts mehr dagegen tun, sie muss nur noch weinen. 3

Und das ist gut, denn die Tränen waschen die Augen. Sie machen den Blick klar. So schaut sie erst einmal in das Grab hinein. Es ist nicht ganz leer, sie sieht zwei Engel, der Leichnam von Jesus ist tatsächlich nicht da. Die Anwesenheit der beiden himmlischen Wesen gibt ihr einen Hinweis: nämlich dass das Verschwinden von Jesus mit himmlischem Eingreifen zu tun hat. Doch so schnell ist das für Maria nicht zu begreifen, sie wendet sich zurück, dreht sich um. Sie sucht Sicherheit in dem, was war. Das Neue, das ihr da entgegenkommt, ist zu überwältigend, zu ungewohnt, das schüttelt alles durcheinander. Das ist ihr zu unsicher. Und, wenn man sich zurückwendet, betritt man wieder sicheren, gewohnten Boden, kann sich an dem halten, was bewährt ist. Also wendet sich Maria um. Doch es geht weiter: Maria entdeckt, dass jemand dasteht: Wer kann das anderes sein als der Friedhofsgärtner, der sich schon frühmorgens, wenn es noch kühl ist, um die Pflanzen kümmert? Und in ihrer Verzweiflung fragt sie ihn nach dem Leichnam von Jesus: Wenn du ihn fortgenommen hast, so sage mir, wohin du ihn gebracht hast. Ich möchte hingehen und ihn holen. Doch dieser spricht sie an: Maria! Und sie begreift, wen sie vor sich hat und spricht ihn an: Mein Herr! Und sie will ihn anfassen, begreifen, dass er es ist; sie will ihn festhalten. Doch er stellt sich dem entgegen: es ist jetzt eine andere Zeit, ich bin da und doch nicht da. Ich gehe zu meinem Vater. Und weiter: Aber berichte den anderen, was du gesehen hast. Maria muss begreifen, dass sie Jesus nicht für sich behalten kann; sie muss begreifen, dass etwas Neues begonnen hat. Maria erfährt: ich muss jetzt auf eigenen Füssen stehen, allein losgehen und weitererzählen: er lebt, ich habe ihn gesehen. Maria begreift, dass sie nach vorn schauen muss. Das Umdrehen und Zurückschauen in das Bekannte und Vertraute hilft ihr nicht. Das lässt sie nur verzweifeln. Maria muss jetzt selbstständig sein, auf eigenen Füssen stehen. Es wird ihr nicht mehr gesagt, wo es langgeht, welche Entscheidung sie treffen soll, was sie tun soll. Sie kann auch nicht mehr nachfragen. Das wird nicht einfach sein. Denn nun muss sie sich auf das besinnen, was sie gehört und gesehen hat, als sie in der Nähe von Jesus war. Daran muss sie sich orientieren. Entscheiden muss sie selbst und in eigener Verantwortung. Und mancher, den sie für einen Feind hält, ist ein Freund; sowie sie Jesus für den Gärtner gehalten hat. Sie muss ihre Meinungen immer wieder hinterfragen können. Das wird nicht leicht sein. Denn sie hat zwar erlebt, dass sich Jesus erfolgreich dem Tod entgegengestellt hat; damit ist aber der Tod aus der Welt noch nicht verschwunden. Aber sie weiss: er lebt. Wir können auch sagen: Maria ist erwachsen geworden. Sie ist aufgestanden, auferstanden. 4

Und so wie ihr geht es der christlichen Gemeinde. Auch wenn dies bis heute - nicht leicht ist; aber erwachsen werden ist ja auch nicht einfach. Maria hat weitergesagt, was heute noch gilt: Jesus hat sich mit seinem Sein dem Tod entgegengestellt; er verkörpert selbst die Botschaft vom neuen Leben. Er ist selbst das neue Leben. Aus dem Tod das Leben! Gegen alles, was tödlich ist, gegen alle Sicht zurück gegen alles, was lähmt und Stillstand verbreitet. Gegen alle Sinnlosigkeit, Angst, Verlassenheit und Einsamkeit. Für eine Sicht nach vorn ins Leben. Für ein Aufstehen, Auferstehen in die Lebendigkeit, erwachsen, mit eigener Entscheidung. Gegen die unversöhnliche Haltung mancher Staaten in Konfliktregionen und die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die fliehen müssen. Für alles, was Menschen leisten in dieser Situation, freiwillig uneigennützig; Tage, Woche, monatelang wird geholfen und damit Hoffnung verbreitet. Gegen die Gewalt, die sich im Terrorismus äussert, aber auch im privaten Bereich. Für ein sich-davon-nicht-unterkriegen-lassen ; den Mut, nicht ängstlich zuhause zu bleiben, sondern trotzdem auf die Strasse zu gehen. Das, was Maria damals erlebt und weitergesagt hat, lässt uns mit ihr aufstehen; nach vorn schauen, es ermutigt uns, neue Möglichkeiten zu finden und zu ergreifen und darauf zu vertrauen, dass Jesus mit seinem Geist uns begleitet. So werden aus den Tränen der Trauer Freudentränen. Und noch etwas: ohne Maria wüssten wir womöglich gar nichts von allem. Amen. 5