Die Echtheit sächsischer Wildbirnenbestände Morphologische und genetische Betrachtungen Frank Lochschmidt und Dr. Stefanie Reim Grüne Liga Osterzgebirge e.v. + Staatsbetrieb Sachsenforst Zinnwald, 18. Juni 2016 1
Modell- und Demonstrationsvorhaben Erhaltung der innerartlichen Vielfalt gebietsheimischer Wildobstarten in Sachsen Projektlaufzeit: Juli 2012 Juli 2017 Bearbeitung: Grüne Liga Osterzgebirge e.v. und Staatsbetrieb Sachsenforst Dieses Projekt wird gefördert durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert. 2
Gliederung 1. Historische Betrachtungen zur Wild- und Kulturbirne 2. Vorkommen in Deutschland und Sachsen 3. Genetische Aspekte: Abgrenzung und Populationsstruktur 4. Was gilt als echt? Morphologische Abgrenzung der Wildbirne 5. Fazit für die Kartierarbeit 3
1. Historische Betrachtungen zur Wild- und Kulturbirne Pyrus pyraster seit etwa 4000Jahren im natürlichen Vorkommensgebiet selektiert frühe Funde in Pfahldorfbauten am Bodensee aus Neolithikum + Bronzezeit seitdem nicht nachvollziehbare Hybridisierungen mit Kulturarten und anderen Pyrus-Arten eigentliche Referenz für Pyrus pyraster wahrscheinlich nicht mehr existent! sämtliche morphologische Beschreibungen sollen dieser möglichst nahe kommen 4
2. Vorkommen in Deutschland und Sachsen deutschlandweit 221 Vorkommen mit 14.136 Individuen kartiert (BLE 2013) Schwerpunkte Brandenburg, Elbauen Sachsen-Anhalt, Alb- Landschaften Süddeutschland, Insel Vilm (900 Individuen!) Bildquelle: BLE, 2013 5
Und Sachsen? mehr als gedacht und bisher erfasst!!! 60 Indiv. 50 Indiv. 50 Indiv. 50 Indiv. 60 Indiv. 8 Indiv. 36 Indiv. 30 Indiv. Vorkommen Sachsen: etwa 350 Individuen in 8 Beständen 6
3. Genetische Aspekte: Abgrenzung und Populationsstruktur 313 potentielle P. pyraster Individuen in 8 Beständen sowie 35 Kulturbirnen als Referenz genetisch analysiert Nutzung von Mikrosatelliten-Markern zur Identifizierung von: dem Grad der Echtheit bzw. Hybridbirnen Klonen, Klongruppen genetischer Diversität innerhalb der Population genetischen Unterschiede zwischen Populationen 7
Echtheit sächsischer Wildbirnenbestände 246 der untersuchten Wildbirnen sind echt (86 %) 100,0 80,0 60,0 40,0 20,0 Pyrus pyraster Hybrid 0,0 8
Identifizierung von Klonen 70 60 50 40 30 20 10 0 37,7% 6,3% 6,9% Osterzgebirge Pöhl/Vogtland Zadel Klone Gesamtzahl Klone konnten lediglich in drei Beständen identifiziert werden In Summe 16 Klone mit insgesamt 28 Ramets (Wiederholungen) höchster Anteil in Zadel, dort extremste Standortverhältnisse 9
Populationsstruktur und genetische Unterschiede zwischen den Beständen genetische Diversität innerhalb der Genotypen insgesamt hoch geringe genetische Distanz zwischen den Gruppen 10
4. Was gilt als echt? Morphologische Abgrenzung der Wildbirne Abgrenzungskriterien Blattgröße und Blattform, Blattstiellänge Fruchtgröße, -form und -farbe Bedornung (junger) Triebe 11
Blattgröße und Blattform, Blattstiellänge Richtwerte nach HOFMANN (1993): Blattform: eiförmig bis rundlich, selten kürzer als breit, nie dicht filzig behaart Blattgröße: Spreitenbreite <50mm, Spreitenlänge <60mm Spreitenrand und -grund variabel Blattstiel: meist lang bis etwa 60mm ABER: Merkmale sehr variabel und abhängig von Triebart und Position im Baum! Zur Bestimmung sind die mittleren Blätter beschattete Kurztriebe zu verwenden 12
Blattgröße und Blattform, Blattstiellänge links Kurztrieb, rechts Langtrieb Grafik aus: HOFMANN 1993 13
Blattgröße und Blattform, Blattstiellänge Blätter je eines Kurztriebes (gleicher Baum) links: Kulturbirne rechts: Wildbirne 14
Fruchtgröße, -form und farbe rundlich oder kurz-birnenförmig (kreiselförmig), Höhe und Breite < 28mm, Stiellänge bis 40mm Farbe grün bis gelb, aber nie rotbackig stark steinzellenhaltig 15
Bedornung (junger) Triebe stark ausgeprägt, insbesondere bei Jungbäumen im Altholz bisweilen fehlend Verwilderte Kulturbirnen (Sämlinge) bzw. durchgewachsene Unterlagen oft auch stark bedornt! 16
Untersuchung morphologischer Merkmale hinsichtlich Variation morphologischer Merkmale zwischen Hybrid und echten Wildbirnen möglicher Korrelationen mit genetischen Parametern dafür Erfassung von: Blattgröße (Länge, Breite, Verhältnis), Blattform, Blattstiellänge Fruchtgröße (Höhe, Durchmesser, Verhältnis), Fruchtform Dornigkeit 232 (Wild-)Birnen in 7 Beständen, diese auch genetisch untersucht 17
Ergebnisse Morphologie Variation morphologischer Merkmale kaum Unterschiede zwischen echten und Hybriden große Variation innerhalb der Art! 18
Ergebnisse Morphologie - Genetik Signifikante aber geringe Korrelation zu Blattlänge Blattbreite Verhältnis Fruchtbreite zu Fruchtlänge ( Fruchtform) Keine Korrelation zu Blattstiellänge Fruchtlänge Fruchtbreite Dornigkeit 19
Zusammenfassung Morphologie Vielfalt möglicher Blattformen, quantitativ (Blattgrößenquotient) schwer fassbar weite Spanne bei Blattgröße möglich, aber alle innerhalb der Grenzwerte Fruchtform als Trennmerkmal, in Kombination mit Maximalgröße (bis 28mm), relativ gut geeignet Bedornung zur Abgrenzung von Hybriden nicht geeignet 20
5. Fazit für die Kartierarbeit Großteil der Wildbirnen in zusammenhängenden Beständen Sachsens ist echt Baumgruppen & Einzelbäume sind kritischer zu bewerten Betrachtung einzelner morphologischer Merkmale eignet sich nicht zur Identifizierung von Hybriden! Gesamtheit ausgewählter morphologischer Merkmale eignet sich zur einer halbwegs sicheren Vorauswahl für eine Absicherung der Echtheit ist eine genetische Analyse notwendig 21
Grüne Liga Osterzgeb. e.v.: Frank Lochschmidt + Anke Proft Tel: 03504-618585 Email: f.lochschmidt@wildobstsachsen.de a.proft@wildobstsachsen.de Staatsbetrieb Sachsenforst: Dr. Stefanie Reim Email: stefanie.reim@smul.sachsen.de www.wildobstsachsen.de Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 22